Geothermiekraftwerk Unterhaching
Das Geothermiekraftwerk Unterhaching ist ein Erdwärmekraftwerk mit einer Leistung von ca. 3,36 Megawatt Strom[1] und 38 Megawatt Fernwärme[2]. Das Projekt im bayrischen Unterhaching wurde 2004 als Geothermieprojekt Unterhaching gestartet und lieferte ab 2007 Fernwärme an die Haushalte der Gemeinde.
Ziel war zum einen in Deutschland erstmals das von der prinzipiellen Fündigkeit wichtige Thermalwassergebiet des Süddeutschen Molassebeckens für ein kombinierte Strom- und Fernwärmekraftwerk zu nutzen. Zum anderen kommt in der von Siemens errichteten Stromerzeugung erstmals in Deutschland der Kalina-Kreisprozess zur Anwendung, während das erste deutsche Erdwärmekraftwerk das GKW Neustadt-Klewe und das erste industrielle GKW Landau auf das herkömmliche Organic Rankine Cycle-Verfahrens setzten. Während beim ORC-Verfahren das Thermalwasser genutzt wird, um Kohlenwasserstoffverbindungen, wie Isopentan, zu verdampfen, die dann eine Turbine antreiben, wird beim Kalina-Verfahren ein Ammoniak-Wassergemisch verdampft. Das Kalinaverfahren ermöglicht prinzipiell einen höheren Wirkungsgrad, ist technisch aber noch wenig erprobt. Die Stromerzeugung wurde am 2. Juni 2009 offiziell in Betrieb genommen.[3]
Das Kraftwerk gewinnt seine Nutzwärme aus 122 Grad heißem Tiefenwasser[4], von dem 150 Liter je Sekunde[5] aus einer 3.350 Meter tiefen Malmkarstschicht gewonnen werden.
Die Betreiber des Pilotprojekt Unterhaching
In Angriff genomen wurde das Geothermieprojekt Unterhachimg von der Gemeinde Unterhaching in enger Kooperation mit dem Bundesumweltministerium mittels der eigens gegründeten Geothermie Unterhaching GmbH & Co. KG. Die Projektbetreuung erfolgte seitens des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Rödl & Partner.
Förderung
Der Weg für das Projekt wurde zum einen durch eine eigens konzipierte Fündigkeitsversicherung und zum anderen durch die Förderung des Bundesumweltministeriums bereitet.
Projektfortschritt
26. Januar 2004 | Startschuss für die Bohrung des ersten Bohrlochs. |
18. Februar 2004 | Bohrauftaktveranstaltung in Unterhaching mit dem damaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin, dem Vertreter des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie Bernhard Wiesner und dem damaligen Bürgermeister von Unterhaching Dr. Erwin Knapek. |
27. September 2004 | Fündigkeit der Förderbohrung ist erreicht. |
2. Juni 2006 | Bohrbeginn der zweiten Bohrung (Injektionsbohrung). |
21. November 2006 | Richtfest der Kalina-Anlage. |
18. Januar 2007 | Erreichung der vorläufigen Endteufe der zweiten Bohrung. |
18. Juni 2007 | Start des Probebetriebs der Wärmeversorgung, zunächst über das Redundanzheizwerk mit Heizöl. |
4. Oktober 2007 | Wärmeversorgung mit geothermischer Energie. |
2. Juni 2009 | Offizielle Inbetriebnahme der Stromversorgung durch den Bundesumweltminister[6]. |
Geologie und Verfahren in Unterhaching
In Unterhaching wird das Verfahren zur hydrothermalen Geothermie angewendet: In einer Tiefe von ca. 3.000 - 3.500 Metern befindet sich der Malmkarst, eine wasserführenden Gesteinsschicht (Aquifer). Von dort wird das heiße Wasser zur weiteren Nutzung an die Oberfläche gepumpt. Zur Nutzung des Thermalwassers wurde eine Dublettenbohrung ausgeführt: Ein Bohrloch wird zur Förderung des sehr mineralhaltigen Thermalwassers und das andere zu dessen Rückführung in die Gesteinsschicht, zur Reinjektion, verwendet. Die beiden Bohrungen wurden durch eine 3,5 km lange Thermalwasserleitung verbunden.
Bohrung | Tiefe | Temperatur | Schüttung |
---|---|---|---|
Förderbohrung | 3.350 m | 122 °C | 150 l/s |
Injektionsbohrung | 3.580 m | 133 °C | >150 l/s |
Stromerzeugung
Die Stromerzeugungsanlage wurde von der Siemens AG errichtet und kann max. 4,1 MWel elektrische Leistung (durchschnittlich 3,36 MWel) produzieren. Dadurch können bis zu 10.000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Deutschlandweit wurde in Unterhaching zum ersten Mal eine Stromerzeugungsanlage nach dem Kalina-Prozess gebaut. Diese hochinnovative Technologie ist vor allem bei niedrigen Thermalwassertemperaturen vorteilhaft, da eine Stromgewinnung bereits ab 90 bis 100 °C möglich ist. Dies wird durch die Nutzung eines Ammoniak-Wasser-Gemischs erreicht, das bei wesentlich geringeren Temperaturen als z. B. reines Wasser verdampft.
Fernwärme
Im Jahr 2006 wurde mit dem Bau des Fernwärmenetzes begonnen, welches bis Mitte 2008 eine Länge von mehr als 22 km umfasste und eine Anschlussleistung von fast 40 MW erreichte. Mit Beginn der Versorgung durch geothermische Energie (4. Oktober 2007), konnten allein in der ersten Heizperiode bis einschließlich April 2008 7.000 Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden. Da Geothermie jederzeit und ohne Schwankungen genutzt werden kann, wird die Grundlast ausschließlich durch Geothermie gedeckt. In Spitzen- und Ausfallzeiten hingegen wird die Versorgung durch ein Redundanzheizwerk sichergestellt, das mit fossilen Brennstoffen betrieben wird.
Bedeutung der Geothermie
Besonders in Hinblick auf die Preisentwicklung von fossilen Energieträgern wird Geothermie trotz der hohen Investitionskosten immer profitabler. In Deutschland ist Geothermie die Energieressource mit den höchsten potenziellen Wachstumsraten in den nächsten Jahren. Die Bedeutung, die dieser Energieform durch die Politik beigemessen wird, kann beispielsweise an den Fördermöglichkeiten im Rahmen des EEG und EEWärmeG abgelesen werden.
Quellen und Einzelnachweise
- ↑ http://www.geothermie-unterhaching.de/cms/geothermie/geothermie_web.nsf/id/pa_stromerzeugung.html
- ↑ http://www.geothermie-unterhaching.de/cms/geothermie/geothermie_web.nsf/id/pa_waermeversorgung.html
- ↑ http://www.klimaktiv.de/article159_8175.html
- ↑ http://www.geothermie-unterhaching.de/cms/geothermie/geothermie_web.nsf/id/pa_technologieundbohrungen.html
- ↑ http://www.geothermie-unterhaching.de/cms/geothermie/geothermie_web.nsf/id/pa_projekt_philosophie.html
- ↑ |4. Oktober 2007 |Wärmeversorgung mit geothermischer Energie.
Weblinks
- Offizielle Website der Geothermie Unterhaching
- Informationsportal zu Geothermieprojekten der Firma Rödl & Partner
- Spiegel online: Wie sich eine Kleinstadt mit sauberer Energie versorgt
- Bundesumweltministerium: Demonstrationsvorhaben "Errichtung und Betrieb eines Geothermie-Kraftwerkes zur Strom- und Wärmeerzeugung", Stand: 30. September 2008
- Bundesumweltministerium: Fördernehmer: Geothermie Unterhaching GmbH & Co. KG, Stand: 30. September 2008
- Offizielle Webseite der Gemeinde Unterhaching
Koordinaten: 48° 3′ 24,7″ N, 11° 35′ 53″ O