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Stülcken-Werft

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H. C. Stülcken Sohn
Rechtsform
Gründung 1892
Auflösung 1967
Sitz Hamburg
Branche Schiffswerft
Blick von St.Pauli Landungsbrücken auf die Stülckenwerft, um 1960

Die Werft H. C. Stülcken Sohn (auch Stülckenwerft) wurde 1840 in Hamburg-Steinwerder gegründet. Der direkt an der Norderelbe zwischen Fährkanal und der Reiherstiegwerft liegende Betrieb wurde nach der Übernahme durch Blohm + Voss Ende der 1960er Jahre geschlossen.

Geschichte

Heinrich Christoph Stülcken mietete 1846 ein Gelände für eine Segelschiffwerft. Nachdem anfangs nur Reparaturen durchgeführt wurden, baute Stülcken 1853 als ersten Neubau die Bark Hermann. 1858 wurde ein hölzernes Kastendock hergestellt, das bis 1911 in Betrieb war. 1868 übernahm er das benachbarte Areal, wo sein Vater Johann Hinrich Friedrich Stülcken von 1845 bis 1852 eine kleine Werft betrieb.

Werftgründung

Werbung der Werft H.C.Stülcken Sohn in der Fachzeitschrift "Hansa" von 1913

Heinrich Christoph Stülcken starb 1873; seine Witwe Dorothea führte die Werft unter dem Namen H. C. Stülcken Wwe weiter. Nach einer Vergrößerung des Unternehmens 1884 wurde 1885 die erste Schiffsdampfmaschine gebaut. Der Sohn Julius Cäsar Stülcken übernahm nach dem Tod der Mutter 1892 den Betrieb, der sich nun H. C. Stülcken Sohn nannte. Um 1890 war Stülcken eine von acht Werften in Hamburg, die eiserne Seeschiffe baute. Die Aufträge für den Bau und die Reparatur von hölzernen Segelschiffe gingen zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer mehr zurück und daher wurde 1904 mit der Neptun auch der Bau von Fischdampfern als neuer Geschäftszweig aufgenommen. 1913 lief ein kleiner Frachtdampfer vom Stapel. Sie entwickelte sich zu einer der Großwerften Hamburgs; 1914 hatte sie 895 Beschäftigte. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges baute die Stülckenwerft Fischdampfer zu Vorpostenbooten um; weitere Aufträge der Kaiserlichen Marine blieben jedoch aus. Als Unterlieferant der Germaniawerft in Kiel wurde bei Stülcken der Rumpf von SM U 156 gebaut - ursprünglich ein Handels-U-Boot. Das Kriegsende verhinderte den Bau weiterer Schiffe für die Marine. Die Umwandlung des Unternehmens in eine Kommanditgesellschaft erfolgte noch vor dem Tod Cäsar Stülckens im Jahre 1925. Neuer Chef wurde Heinrich von Dietlein, ältester Enkel des Gründers H. C. Stülcken.

Zweiter Weltkrieg

In der Zeit des Nationalsozialismus profitierte H. C. Stülcken Sohn vom Rüstungsprogramm des Deutschen Reichs. Die bereits während des Ersten Weltkriegs geplante Modernisierung wurde ab 1939 mit der Erweiterung des Geländes und dem Bau einer 230 Meter langen Kabelkrananlage über einer vergrößerten Helling durchgeführt. Die Arbeiten mit einem Zuschuss der Kriegsmarine von 7 Mio. Reichsmark (ein Drittel der Summe) dauerten von Februar 1940 bis Ende 1942. Die beiden markanten Gerüste der Kabelkrananlage waren jahrzehntelang ein Wahrzeichen des Hamburger Hafens.[1]

Trotz Umbauarbeiten war die Werft bereits ab 1940 mit dem Bau von U-Booten des Typs VII C beauftragt. Im Jahre 1942 war eine jährliche Ablieferung von acht U-Booten unter Einsatz von 1.550 Arbeitern vorgesehen. Eine eigens hierfür eingerichtete Abteilung konnte jährlich zwölf Dieselmotoren für U-Boote herstellen. Von 1941 bis 1944 lieferte die Werft zusammen 24 Boote ab.[2] Ab 1943 war Stülcken nur noch als Unterlieferant für den Rohsektionsbau für die neuen U-Boote der Klasse XXI vorgesehen, die bei den Deutschen Werken in Kiel und der Danziger Werft komplettiert werden sollten. Im November 1944 wurde auf dem Firmengelände ein Außenlager des KZ Neuengamme für 250 ungarische Juden errichtet. Als Kapos wurden Deutsche und Niederländer eingesetzt.

Im Krieg wurde die Stülckenwerft durch Luftangriffe Mitte 1943 und Mitte 1944 schwer beschädigt; nach zwei erneuten Angriffen am 17. Januar und 11. März 1945 war ein Weiterbetrieb nicht mehr möglich.

Nachkriegszeit

Stülcken-Schwergutbaum

Nach dem Wiederaufbau ab 1948 entwickelte die Werft in den 1950er Jahren den sogenannten Stülcken-Schwergutbaum, einen Schiffskran, der aus zwei typisch angeordneten Schwergutbäumen in V-Form besteht. Mit Hilfe der beiden schrägen Masten, die einzeln bis zu 350 t Hubkraft verzeichneten, konnten ohne Einsatz eines zusätzlichen Hafenkrans auch bis zu 600 t Stückgut mit einem kombiniert eingesetzten Ladegeschirr verladen werden. H.C. Stülcken und die DDG Hansa in Bremen nahmen damit eine zentrale Position im seeseitigen Schwertransport ein. Schwergutbäume nach Stülcken-Bauweise befinden sich noch heute auf Stückgut- und Schwergutschiffen im Einsatz. Wesentliche Vorteile des Stülcken-Schwergutbaums sind die günstigen Baukosten und die einfache Wartung.

Auflösung

Daneben konnte sich die Stülcken-Werft durch den Bau von Zerstörern der Hamburg-Klasse und Fregatten der Köln-Klasse für die Bundesmarine zur führenden deutschen Werft für Überwasserkampfschiffe entwickeln. Noch 1959 galt sie als Großwerft, doch in der Werftenkrise Anfang der 1960er Jahre ging die Auftragslage zurück. Die Werft wurde 1966 von Blohm + Voss übernommen, welche die von Stülcken begonnenen Neubauten fertigstellte. Das letzte Schiff, die Steigerwald, ein Minentransporter der Sachsenwald-Klasse für die Bundesmarine, lief am 10. März 1967 vom Stapel. Anschließend wurden die Werftanlagen demontiert und das Gelände lag brach.

Nachleben

Das Gelände der ehemaligen Werft heute mit dem Musicalzelt

1988 wurde das Areal an die Stadt Hamburg zurückgegeben und endgültig planiert. Bis 1991 wurde aufgrund von hoher Schadstoffbelastung und Mineralölverschmutzung eine Altlastensanierung mit Bodenaustausch durchgeführt, die Kosten beliefen sich auf umgerechnet 9,1 Millionen Euro.[3]

Heute befindet sich auf dem Gelände das Hafentheater, in dem seit dem November 2001 das Musical König der Löwen gespielt wird.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Arnold Kludas, Dieter Maass, Susanne Sabisch: Hafen Hamburg. Die Geschichte des Hamburger Freihafens von den Anfängen bis zur Gegenwart, Hamburg 1988, ISBN 3-8225-0089-5, S. 348 ff.
  2. uboat.net (engl.)
  3. Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt [1], abgerufen am 18. April 2009