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Alfréd Rényi

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Datei:Alfred Renyi.jpg
Alfréd Rényi.

Alfréd Rényi [ˈɒlfreːd ˈreːɲi] (* 20. März 1921 in Budapest; † 1. Februar 1970 ebenda) war ein ungarischer Mathematiker, der sich vor allem mit Wahrscheinlichkeitstheorie und Zahlentheorie befasste.

Leben und Werk

Renyi´s Vater Artur war Ingenieur (dessen Vater ursprünglich Rosenthal hieß und aus Deutschland einwanderte) und seine Mutter Barbara Alexandra die Tochter des Professors für Philosophie in Budapest Bernát Alexander. Auf dem Gymnasium neigte Renyi zunächst eher den klassischen Sprachen und der Astronomie zu, wandte sich unter dem Einfluss seiner Lehrerin, der Mathematikerin Rózsa Péter aber der Mathematik zu. Da der Zugang für jüdische Studenten begrenzt war, konnte er 1939 trotz glänzenden Abiturs als Bester seiner Schule zunächst nicht studieren, sondern arbeitete ein halbes Jahr in einer Fabrik und auf einer Schiffswerft. Er studierte an der Universität Budapest unter anderem bei Lipót Fejér und Pál Turán und machte dort 1944 seinen Abschluss. 1944 war er kurz in einem Arbeitslager der ungarischen Faschisten, es gelang ihm aber vor dem Abtransport in den Westen zu entkommen und in Budapest unterzutauchen, wobei er auch als Soldat verkleidet seine Eltern aus dem Ghetto befreite. Im März 1945 promovierte er an der Universität Szeged bei Frigyes Riesz über Analysis. 1946 war er bei Juri Linnik und Iwan Matwejewitsch Winogradow in Leningrad, wo er eine zweite These schrieb, die die sogenannte quasi-Goldbach-Vermutung (siehe unten) löste.

Im Herbst 1947 wurde Rényi Assistenzprofessor und Privatdozent an der Universität von Budapest und war zusätzlich 1949 bis 1950 außerordentlicher Professor an der Universität von Debrecen. 1950 wurde er Direktor am Institut für Angewandte Mathematik der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, dem späteren Mathematischen Forschungsinstitut (heute als Alfred Renyi Institut nach ihm benannt). 1952 wurde Rényi Dekan der Fakultät für Wahrscheinlichkeitstheorie der Lorand Eötvös Universität Budapest. Er behielt beide Positionen bis zu seinem Tod inne. Er war unter anderem Gastprofessor an der University of Michigan, der University of North Carolina, der Stanford University, der Universität Erlangen und Fellow des Churchill College der Universität Cambridge.

Rényi befasste sich neben Zahlentheorie und Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik mit vielen Gebieten der Mathematik, unter anderem mit Kombinatorik, Graphentheorie, Analysis und Informationstheorie, wo er als Verallgemeinerung der Shannon-Entropie die Rényi-Entropie einführte. Er gilt als Begründer der ungarischen Schule der Wahrscheinlichkeitstheorie. Er gab eine wahrscheinlichkeitstheoretische Formulierung von Linnik´s Großem Sieb der analytischen Zahlentheorie und wandte nicht nur wahrscheinlichkeitstheoretische Methoden in der Zahlentheorie an, sondern auch umgekehrt zahlentheoretische Methoden in der Wahrscheinlichkeitstheorie, wo zum Beispiel die Mischungssätze von Renyi aus Linniks Großer Sieb-Methode folgen. Er publizierte 32 Arbeiten zusammen mit Paul Erdős, von denen insbesondere eine Arbeit über Zufallsgraphen bekannt ist. Er war an der Philosophie der Mathematik interessiert, an antiker Mathematikgeschichte, Mathematikpädagogik und Unterhaltungsmathematik. Er schrieb mehrere populärwissenschaftliche Bücher. Das Buch Dialoge über Informationstheorie konnte er nicht mehr vollenden, es wurde nach seinem Tod von seiner Frau herausgegeben.

Er führte eine neue axiomatische Begründung der Wahrscheinlichkeitstheorie ein (mit Räumen bedingter Wahrscheinlichkeiten), über die er 1954 auf dem Internationalen Mathematikerkongress in Amsterdam vortrug und über die er 1970 ein Buch veröffentlichte.

1947 machte er durch den Beweis der Quasi-Goldbach-Vermutung auf sich aufmerksam[1]. Er bewies, dass jede gerade Zahl als Summe einer Primzahl und einer Fast-Primzahl dargestellt werden kann, das heißt einer Zahl aus einer festen Menge S von natürlichen Zahlen mit höchstens K Primfaktoren. Er bewies dies ganz allgemein für eine universelle Konstante K. Resultate in dieser Richtung hatten schon Viggo Brun 1920[2] und Theodor Estermann 1932[3] bewiesen.[4] Estermann bewies: jede genügend große Zahl ist darstellbar als Summe einer Primzahl und einer Fast-Primzahl mit maximal K=6 Faktoren. Estermann konnte dies aber nur unter Voraussetzung der Gültigkeit der verallgemeinerten Riemann-Vermutung für Dirichlet-L-Funktionen beweisen. Renyi gelang der Beweis ohne solche Voraussetzungen nur unter Benutzung eines von ihm bewiesenen Satzes über die Nullstellen Dirichletscher L-Funktionen und mit Methoden des Großen Siebes von Juri Linnik. 1966 bewies dann Chen Jingrun die Darstellbarkeit jeder genügend großen geraden Zahl als Summe einer Primzahl und einer Pseudo-Primzahl mit K=2.

Rényi war seit 1949 korrespondierendes und seit 1956 volles Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. 1949 und 1954 erhielt er den Kossuth-Preis. 1949 bis 1955 war er Sekretär der Mathematischen Gesellschaft Janos Bolyai. 1965 bis 1969 stand er dem International Statistical Institute vor. Er war Fellow des Institute of mathematical Statistics. Er war Herausgeber von Studia Scientiarum Mathematica Hungarica und im Herausgebergremium unter anderem der Acta Mathematica, Zeitschrift für Wahrscheinlichkeitstheorie, Journal of Applied Probability und Journal of Combinatorial Analysis.

Er war seit 1946 mit der Mathematikerin Katalin Schulhof (1924-1969, auch als Kató Renyi bekannt) verheiratet, mit der er auch publizierte. Zusammen hatten sie eine Tochter Zsusza.

Abstammung

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Rosenthal
Einwanderer aus Deutschland
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Artur Rényi
Ingenieur
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Alfréd Rényi
Mathematiker
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Bernát Alexander
Professors für Philosophie in Budapest
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Barbara Alexandra
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Schriften

  • Wahrscheinlichkeitsrechnung. Mit einem Anhang über Informationstheorie, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1962, 4. Auflage 1973 (englische Ausgabe North Holland 1970)
  • Dialoge über Mathematik, Birkhäuser 1967
  • Briefe über Wahrscheinlichkeit, Birkhäuser 1969
  • Tagebuch über die Informationstheorie, Berlin, Deutscher Verlag der Wissenschaften 1982
  • Foundations of probability 1970

Zitat

Ein Mathematiker ist eine Maschine die Kaffee in Theoreme verwandelt[5]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Renyi Über die Darstellung einer geraden Zahl als Summe einer Primzahl und einer Fast-Primzahl, Doklady Akad. Nauka SSR, Bd.56, 1947, S.455-458 (Russisch), wieder abgedruckt in Yuan Wang The Goldbach Conjecture, World Scientific, sowie ausführlicher in Izvestija Akad. Nauka SSR, Ser.Math., Bd.12, 1948, S.57-78
  2. Er bewies, das jede genügend große gerade Zahl als Summe zweier Fast-Primzahlen darstellbar ist mit maximal K=9 Primfaktoren
  3. Journal für Reine und Angewandte Mathematik, Bd.168, 1932, S.106
  4. N. G. Tschudakow bewies außerdem 1938 mit Methoden von Winogradow (der 1937 die Goldbach-Vermutung für genügend große ungerade Zahlen löste - sie sind immer als Summe dreier Primzahlen darstellbar) bewiesen, dass fast alle geraden Zahlen als Summe zweier Primzahlen darstellbar sind.
  5. McTutor Artikel zu Renyi. Häufig wird der Ausspruch auch Paul Erdös zugeschrieben.