Tiflis
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Tiflis (georgisch თბილისი, Tbilissi) ist die Hauptstadt Georgiens. Es ist die bevölkerungsreichste und größte Stadt des Landes. Tiflis hat 1,08 Millionen Einwohner, die Gesamtfläche beträgt 200 Quadratkilometer, das bebaute Gebiet 70 Quadratkilometer.
Geographie
Geographische Lage
Die Stadt liegt im Zentrum der Kaukasus-Landenge im östlichen Teil Georgiens. Sie erstreckt sich in einer Gebirgsniederung zu beiden Seiten des Flusses Kura (georgisch Mtkvari). Im Westen wird Tiflis vom Berg Mtazminda, im Osten von der Hügelkette Machata, im Süden vom Mtabori und dem Gebirgszug Solalaki begrenzt.

Entsprechend dem gebirgigen Bodenrelief haben die Bezirke Höhenunterschiede zwischen 380 und 727 Metern über dem Meeresspiegel. Viele Wohnviertel wurden in Terrassen an die Hänge gebaut.
Klima
Das Klima in Tiflis ist gemäßigt. Die Temperatur beträgt im Jahresdurchschnitt 13,2 °C, die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge 505 mm. Milde Berg- und Talwinde aus wechselnden Richtungen sorgen für saubere Luft.
Weil Tiflis auf einem seismisch aktiven Gebiet liegt, ist es im Laufe der Geschichte immer wieder zu Erdbeben gekommen. Das letzte schwere Beben am 25. April 2002 hatte eine Magnitude von 4,8 auf der Richterskala. Es tötete sechs Menschen und beschädigte 2.000 Wohnnungen, hauptsächlich in den Altstadtgebieten Mtatsminda, Tschughureti, Isani und Krtsanisi. Der Schaden an den Wohnhäusern betrug rund 62 Millionen US-Dollar.
Name
Der georgische Name Tbilisi bedeutet soviel wie heiße Stadt, leitet sich vom Wort tbili, zu deutsch warm ab. An den Nordosthängen des Mtabori sprudelt bis zu 46,5 °C heißes, kohlensäurehaltiges Schwefel-Quellwasser aus der Erde, das seit Jahrhunderten in Badehäusern genutzt wird.
Die Überlieferung berichtet, dass der georgische König Wachtang Gorgassali auf der Jagd in einem bewaldeten Tal einen Fasanen erlegte. Das Tier fiel in eine heiße Quelle und wurde vom sprudelnden Wasser sofort gar gekocht. Der König ließ die Umgebung genau erforschen. Als er erfuhr, dass es dort viele heiße Quellen gab, gründete er 485 an diesem Ort die Stadt Tiflis.
Geschichte

Tiflis wurde erstmals im 4. Jahrhundert unter persischer Besetzung urkundlich erwähnt. Sie errichteten die Festung Narikala oberhalb der Stadt. Im 5. Jahrhundert verlegte der georgische König Wachtang I. Gorgassali seine Hauptstadt nach Tiflis und baute sie zur Metropole aus. Im 6. Jahrhundert nahm ein oströmischer Provinzverwalter seinen Sitz in Tiflis. Zwischen 627 und 1783 wechselte die Stadt mehrfach die Besitzer. Im 7. Jahrhundert wurde sie von den Arabern erobert.
1121 wurde sie wieder georgisch und dank der Lage am europäisch-asiatischen Handelsweg zu einer der reichsten Städte des Mittelalters. Marco Polo berichtete, es gäbe in Georgien eine herrliche Stadt namens Tiflissi, die von Vororten und vielen Festungen umgeben ist.
Im 15. Jahrhundert fielen die die Mongolen in Tiflis ein. Im 17. Jahrhundert fiel die Stadt unter türkische Herrschaft, wurde vom georgischen König Rustum zurückerobert und befestigt. Im 18. Jahrhundert bemächtigten sich die Türken abermals der Stadt, wurden aber 1735 von Schah Nadir von Persien wieder vertrieben, der den georgischen König Theimuras einsetzte. Dessen Sohn Irakli brachte die Stadt zu hoher Blüte.

Bei einem Überfall der Perser unter Schah Aga Mohammed Khan (georgisch Aga Mohammed Chan Irakli) wurde Tiflis 1795 völlig zerstört und 22.000 Menschen in Sklaverei verschleppt. Im November 1799 besetzte der russische Generalmajor Lasarus Tiflis. 1801 wurde es Teil des Russischen Reiches und Hauptstadt des Gouvernements Tiflis (russisch Tiflisskaja Gubernija). Die Bevölkerung von Tiflis verdoppelte sich von 8.500 im Jahr 1811 auf 20.000 im Jahr 1825.
Das heutige Stadtbild prägte sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus. Auf Initiative des russischen Vizekönigs Prinz Michail Woronzow wurde die Stadt nach 1848 modernisiert und erweitert. Er berief den Italiener Giovanni Skudieri als Chefarchitekten. Die alten Stadtmauern wurden abgerissen und Tiflis dehnte sich nach Norden und Westen aus. Im heutige Stadtzentrum am Rustaweli Prospekt und um den Freiheitsplatz wurden elegante Wohnhäuser, Paläste und Kirchen im Stil des Spätklassizismus und der Renaissance gebaut, ein Theater- und ein Operngebäude errichtet. Um den Handel zu stärken, wurden die Tiflisstraße gebaut und Tiflis an die Poti-Baku-Eisenbahn angeschlossen.
Im Jahr 1886 hatte Tiflis 104.024 Einwohner. Es handelte sich hauptsächlich um Georgier, Armenier und Russen, aber auch um Deutsche, Tataren, Perser und Polen. 1897 lebten in der Stadt bereits rund 169.000 Menschen. 1883 fuhr in Tiflis die erste Pferdestraßenbahn. Ab 1904 wurden elektrische Straßenbahnen eingerichtet.
Am 16. Mai 1918 wurde Tiflis Regierungssitz der Demokratischen Republik Georgien. Am 25. Februar 1921 besetzte die 11. Armee der Roten Arbeiter- und Bauernarmee unter Sergo Ordschonikidse Tiflis und gliederte es der Sowjetunion an. 1936 Hauptstadt der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik.
Unter sowjetischer Herrschaft dehnte sich die Stadt von 53 Quadratkilometern im Jahr 1920 auf 365 im Jahr 1989 aus. Durch Industrieansiedlung in den 1940er Jahren wuchs die Bevölkerung von Tiflis enorm an. Es entstanden große Trabantenstädte mit einförmigen Wohnblöcken. 1969 wurden zwei U-Bahnlinien eröffnet, 1972 auf dem Berg Mtatsminda ein Fernsehturm von 274,5 Metern Höhe errichtet.
1989 kam es in Tiflis zu Demonstrationen gegen die Kommunistische Partei (KP) und für staatliche Unabhängigkeit. Das Vorgehen von sowjetischen Truppen gegen Hungerstreikende im Zentrum von Tiflis am 9. April mit scharf geschliffenen Spaten und Giftgas endete mit 20 Toten. Nach der Unabhängigkeit des Landes 1991 wurde Tiflis die Hauptstadt Georgiens. Ein Militärputsch gegen Präsident Swiad Gamsachurdia führte zwischen Dezember 1991 und Januar 1992 zum Tifliser Krieg, bei dem die Innenstadt um den Rustaweli Prospekt durch Panzer, Artillerie und Raketen stark beschädigt wurde. Im November 2003 fand vor und im Parlamentsgebäude die samtene Revolution statt, die eine reformerische Wende in Georgien einleitete.
Bevölkerung
24,7% der Einwohner Georgiens leben in Tiflis. Es ist eine multikulturelle Stadt. Rund 60% (Zählung 1989) der Bevölkerung sind Georgier. Knapp 40% der Stadtbewohner zählen sich zur russischen, armenischen, aserbaidschanischen, griechischen, jüdischen oder ossetischen Volksgruppe. Die Religionen sind vielfältig. Tiflis beherbergt alte georgisch-orthodoxe, armenisch-gregorianische und römisch-katholische Kirchengebäude, eine große Synagoge, eine sunnitische Moschee und einen zoroastrischen Tempel.
Politik
Das Stadtoberhaupt von Tiflis ist der Bürgermeister. Stellvertreter des Bürgermeisters ist der Premier. Ihm untersteht die Stadtverwaltung (georgisch Mtawroba) mit rund 1.700 Mitarbeitern in 40 verschiedenen Abteilungen und die Pflicht, das Stadtbudget festzulegen. Bürgermeister und Premier werden vom georgischen Präsidenten ernannt. Bürgermeister von Tiflis ist Surab Tschiaberaschwili. Er war von November 2003 bis April 2004 Vorsitzender der Zentralen Wahlkommission Georgiens. Premier ist Temur Kurchuli.
Sie werden von einem von den Bürgern gewählten Stadtrat (georgisch Sakrebulo) kontrolliert. Der Stadtrat hat 49 Mitglieder und tritt alle drei Monate zusammen. Er wurde zuletzt am 2. Juni 2002 gewählt. Mehrheitsfraktion im Stadtrat ist die Nationale Bewegung - Demokraten mit 19 Sitzen. Die Georgische Arbeiterpartei hat 16 Sitze, die Neuen Konservativen zehn Sitze und die Politische Union Einheit zwei Sitze. Vier Abgeordnete sind parteilos. Sie gehörten früher der inzwischen aufgelösten Union für Demokratische Wiedergeburt an. Stadtratsvorsteher ist Sasa Begaschwili. Sein Vorgänger von Juni 2002 bis Januar 2004 war Micheil Saakaschwili.

Tiflis hat zehn Stadtbezirke. Jeder hat eine Bezirksverwaltung, die von einem Bezirkspremier geleitet wird. Der Bezirkspremier wird vom Staatspräsidenten berufen.
Als politische Probleme Tiflis gelten das überlastete Straßensystem mit einer großen Anzahl von Minibussen und Taxis sowie das illegale Errichten von Gebäuden. Unzureichend ist auch die Energieversorgung der Stadt. Wegen schlechter Zahlungsmoral der Bevölkerung können die private Stromgesellschaft Telasi und die staatlichen Gaswerke Tbilgasi ihre Lieferanten nicht bezahlen. So werden regelmäßig ganze Stadtteile abgeschaltet.
Partnerstädte von Tiflis sind Saarbrücken (1975), Nantes (1979), Innsbruck (1982), Bristol (1987), Palermo (1987), Ljubljana, Atlanta und Bilbao. Die Verbindung mit Saarbrücken gehörte zu den ersten deutsch-sowjetischen Städtepartnerschaften. Im März 2005 schloss Tiflis ein Kooperationsabkommen mit der kasachischen Hauptstadt Astana.
Kultur
Museen
Tiflis hat zwölf große Museen. Die bedeutendsten sind das Staatliche Museum der Künste Georgiens nahe dem Freiheitsplatz und das Staatliche Janaschia Museum Georgiens am Rustaweli Boulevard. Ersteres beherbert Gold- und Silberschätze der georgischen Könige, darunter das Brustkreuz der Königin Tamara sowie Zeugnisse georgischer Malerei des 18., 19. und 20. Jahrhunderts mit einer wertvollen Sammlung des georgischen Volksmalers Niko Pirosmani. Das zweite zeigt Dokumente der Geschichte Georgiens und des Kaukasus von der Altsteinzeit über die Antike bis zur Gegenwart.
Theater
Tiflis verfügt über eine vielfältige Theaterszene mit 33 Bühnen. Zu den wichtigsten zählen das 1845 gegründete Gribojedow Theater für russisches Drama, das 1921 gegründete Staatliche Akademische Theater Schota Rustaweli, die 1851 gegründete Paliaschwili Oper sowie die, zwischen 1969 und 1971 erbaute, Große Halle des Philharmonischen Orchesters. Daneben gibt es Theater der armenischen, aserbaidschanischen, ossetischen und jüdischen Volksgruppen. Es gibt zwei Jugend-, ein Komödien-, ein Musical-, ein Filmschauspieler-, ein Pantomimen- und ein Marionettentheater. Am Heldenplatz steht der im stalinschen Baustil errichtete Zirkus.
Wissenschaft
Tiflis ist Georgiens wissenschaftliches Zentrum. Die Staatliche Universität Tiflis wurde 1918 gegründet. Heute studieren dort 30.000 Studenten an 18 Fakultäten. Die Universitätsbibliothek umfaßt rund 3,7 Millionen Bücher und Periodika. Die Georgische Akademie der Wissenschaften hat zehn wissenschaftliche Abteilungen und 63 Forschungsinstitute. Daneben beherbergt Tiflis die Georgische Technische Universität, die Staatliche Pädagogische Universität, die Staatliche Medizinische Universität und die Staatliche Universität für Sprache und Kultur. In der Hauptstadt sind mehr als 20.000 Menschen in Forschungseinrichtungen beschäftigt.
Denkmalpflege
Seit Dezember 2003 wird die Denkmalpflege in Tiflis mit Hilfe des Europarats reorganisiert, um möglichst viele Baudenkmale der alten und der modernen Stadt zu erhalten. Tiflis bietet dafür sehr günstige Voraussetzungen, da die Stadt seit Mongoleninvasion 1795 kaum beschädigt worden ist.
Sehenswürdigkeiten

Auf dem rechten Ufer der Kura, über der Altstadt, liegen die Ruinen der Festung Narikala aus dem 3. Jahrhundert. Oberhalb der Wehranlagen steht die Monumentalstatue Kartlis Deda (dt. Mutter Georgiens), darunter erstreckt sich ein 128 Hektar großer Botanischer Garten. Er wurde 1845 auf dem Gelände des Festungsparks angelegt.
Die Altstadt Meidani mit engen, gewundenen Kopfsteinpflaster-Straßen gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Dort liegen die Sioni-Kathedrale aus dem 5. Jahrhundert, die Metechi-Kirche der georgischen Könige aus dem 13. Jahrhundert, die Antschißchati-Basilika aus dem 6. Jahrhundert und die Synagoge. Durch die Altstadt führte einst die Seidenstraße. Noch heute stehen ihre alten Karawansereien. Die Häuser sind zumeist aus Holz und haben geschnitzte überhängende Balkone. Im Bäderviertel Abanotubani finden sich Schwefelbäder des 17. Jahrhunderts.
An die Altstadt schließen sich die Prachtbauten des 19. Jahrhunderts an. Herzstück ist die mit Platanen gesäumte Flaniermeile Rustaweli Boulevard zwischen Freiheitsplatz und Platz der Republik. Er beherbergt die Staatliche Gemäldegalerie, das Historische Museum, das Staatliche Rustaweli-Theater, das Opernhaus und das Parlamentsgebäude. Die Kura wird von breiten Uferboulevards gesäumt. Die Stadtteile am Berg Mtatsminda sind durch eine Seilbahn erschlossen. Der Fernsehturm mit einem Restaurant auf seiner Spitze gewährt einen weiten Blick über die Stadt.
Der Tschawtschawadse Boulevard im Bezirk Wake beherbergt das Hauptgebäude der Staatlichen Universität Tiflis, Banken, elegante Modeläden und exklusive Bars. Er ist die bevorzugte Einkaufsmeile der neuen Reichen in Georgien.
Am linken Ufer des Flusses liegen im 20. Jahrhundert erbaute kulturelle und staatliche Institutionen. Dort liegen die Staatliche Medizinische Universität, verschiedene wissenschaftliche Institute, das Boris Paitschadse Stadion, Heimspielstätte des FC Dinamo Tbilisi, und der Bahnhof.
Literatur
- Georgi Chuzischwili: Tbilissi: Reiseführer. Verlag Planeta, Moskau 1989, ISBN 5-85250-112-3
- Tamas Gvenetadze: Chronik einer Freundschaft: 20 Jahre Städtepartnerschaft Saarbrücken-Tbilissi, 10 Jahre Partnerschaft Saarland-Georgien. Verl. für Entwicklungspolitik, Saarbrücken 1996, ISBN ISBN 3-88156-775-8
Siehe auch
Weblinks
- Tiflis: Bilder
- Restaurant- und Shopping-Guide Tiflis (en, ge)
- Backpacker-Tipps für Tiflis (de)
- Museeen in Tiflis (en)
- Stadtteile von Tiflis (de)
- Klima von Tiflis (en)
- Interaktive Luftaufnahme des Stadtzentrums von Tiflis (en)
- Topografische Generalstabskarte Tiflis und Umgebung, 1:100.000 (ru)
- Geschichte von Tiflis (en)
- Historische Stadtpläne von Tiflis (en)
- Unabhängigkeitsdemonstationen 1989 in Tiflis (en)
- Kommunalrecht Tiflis: Hauptstadtgesetz, Satzung, Geschäftsordnung (de)
- Denkmalpflege in Tiflis (en)