Reiki

Reiki [jap. レイキ/霊気, dt. etwa „spirituelles/geistiges Qi“) ist ein alternativmedizinisches Behandlungsverfahren, das Anfang des 20. Jahrhunderts von Mikao Usui in Japan entwickelt wurde.
] (Der Begriff Reiki stammt von den japanischen Worten rei (Geist, Seele) und ki (Lebensenergie) und wird in der Regel in westlichen Publikationen als „universelle (Lebens-)Energie“ übersetzt. Reiki bezeichnet dabei sowohl die Behandlungsform selbst als auch die Energie, die der erhofften Wirkung zugrunde liegen soll. Angestrebt wird damit Heilung von Krankheiten, aber auch eine verbesserte Vorbeugung und allgemeines Wohlbefinden. Die therapeutische „Energiearbeit“ erfolgt mit Hilfe der Hände des Reikigebenden. Die Wirksamkeit der Praktiken im Hinblick auf die Heilung von Krankheiten konnte, trotz zahlreicher teilweise widersprüchlicher Studien, wissenschaftlich bisher nicht belegt werden.[1]
Zugeschriebene Eigenschaften
Als erstes Ziel von Reiki wird eine ganzheitliche körperliche und seelische Heilung angegeben. Bei der Anwendung von Reiki soll durch den Praktizierenden eine „Verbindung“ zwischen einer angenommenen „universellen Energie“ und dem Empfangenden hergestellt werden. Nicht der Praktizierende gebe Reiki, er stelle sich als Kanal zur Verfügung, so die Anhänger dieser Methode. Reiki soll beim Empfänger ganz von alleine dorthin fließen, wo es benötigt werde. Laut Praktizierenden verhilft es dem Empfangenden zu einer tiefen Entspannung. Es soll die Selbstheilungskräfte des Körpers stärken und beispielsweise helfen, eine Krankheit schneller zu überwinden. Als Unterschied zu anderen sogenannten „Energiemethoden“ wird hervorgehoben, dass Reiki von Disharmonie automatisch angezogen werde, dass es unabhängig von Glauben oder geistigen Fähigkeiten wirke, dass es keine Diagnose erfordere, dass es nicht manipulativ eingesetzt werden könne und dass es nach den Einweihungen ohne Training ein Leben lang verfügbar sei.
Entstehungsgeschichte
Auf welche religiösen oder philosophischen Einflüsse Usuis System direkt zurückgeführt werden kann, ist ungeklärt. Es existieren nur wenige unabhängige Dokumente über die ursprünglichen Fassungen der Lehre. Es gibt jedoch oberflächliche Ähnlichkeiten zum chinesischen Daoismus und zu buddhistischen Philosophien bei Form und Namen der Reikisymbole. Die Reikilehre beinhaltet jedoch keine zentralen buddhistischen Lehren wie beispielsweise der Lehre der Drei Daseinsmerkmale.
Der Legende nach war Mikao Usui seit seiner Jugend auf der Suche nach einer besonderen Heilungsmethode. Er studierte Bücher und Schriften über Heilkunde in der ganzen Welt. Als er mit seinen Forschungen nicht weiterkam, begab er sich 1922 zum Fasten auf einen heiligen Berg in der Nähe Kyotos. In der Nacht zum einundzwanzigsten Tag habe er am Himmel ein helles Licht gesehen, das ihn einhüllte. Er soll vom Universum die Reikieinweihung erhalten haben. Am folgenden Morgen stieß er seinen Fuß an einen Stein, so dass der Fuß blutete. Als Usui seine Hände auf die Wunde legte, sei die Blutung gestillt worden. Am selben Tag habe Usui erfolgreich die Zahnschmerzen einer Frau behandelt. So begann Usui, das Phänomen in der Praxis zu beobachten und dann zu unterrichten.
Seitdem wird Reiki von Lehrer zu Schüler durch Initiation (man unterscheidet verschiedene Grade) weitergegeben.
Es wird vermutet, dass über 99 % der heute Reiki Praktizierenden aus der Linie Usui-Hayashi-Takata stammen. Die Verbreitung von Reiki im Westen geht insbesondere auf die Hawaiianerin Hawayo Takata zurück, die die einzige Reiki-Meisterin (Meister heißt hier „Lehrbefähigter“) im Westen war, bis sie gegen Ende ihres Lebens 22 weitere Meister ausbildete.
Usuis ursprüngliche Lehre nannte sich Usui Reiki Ryōhō (臼井靈氣療法), die vereinfachte durch Takata im Westen verbreitete Variante wird in Japan „westliches Reiki“ (西洋レイキ, seiyō reiki) genannt.
Die Reiki-Grade

Traditionell gibt es im Reiki drei Grade, die nachfolgend beschrieben werden. Mittlerweile haben sich allerdings auch Schulen entwickelt, die diese weiter aufgeteilt oder mit anderen Systemen vermischt haben. Bei Abänderungen des Systems kann man möglicherweise nicht mehr von Reiki sprechen. Mikao Usui selbst hat sein Reiki-System als in sich geschlossen und vollständig bezeichnet.
Mit Ausnahme der Meisterausbildung werden die verschiedenen Reikigrade gewöhnlich in Wochenendseminaren unterrichtet.
Der erste Grad
Der erste Grad repräsentiert den körperlichen Bereich. Die vom Reikilehrer vorgenommene Initiation des ersten Grades besteht aus traditionell vier Einweihungen, mit denen dem Schüler Reiki sofort und für das ganze Leben zur Verfügung stehen soll. Dieser soll dann sowohl sich selbst als auch andere Menschen, aber auch Tiere und Pflanzen über seine Hände direkt mit Reiki behandeln können. Für die Behandlung anderer bzw. die Selbstbehandlung wird eine bestimmte Abfolge von Handpositionen für das Auflegen der Hände auf dem Körper gelehrt. Weiterhin wird bei der ersten Initiationsstufe Grundlegendes über Reiki vermittelt: die Geschichte des Reiki, Reiki-Wirkungsweise, Grundpositionen, Aura und Chakren, Merkmale der Reiki-Energie und die sogenannten fünf Lebensregeln.
Der zweite Grad
Beim zweiten Grad steht der mentale Aspekt im Vordergrund. Der Schüler bekommt bei der Initiation zwei weitere Einweihungen und lernt drei Reikisymbole (Kraftsymbol, Mentalsymbol, Verbindungssymbol) und die dazugehörenden Kotodamas oder Jumons[2] – ähnlich Mantras – kennen. Damit soll es ermöglicht werden, jedes beliebige Energiefeld über Zeit und Raum hinweg mit Reiki zu behandeln, z. B. Konzepte, die Wirkung vergangener Ereignisse oder einen Menschen an einem entfernten Ort. Ein Schüler wird damit kein besserer Praktizierender, sondern verfügt lediglich über mehr Anwendungsmöglichkeiten. Die tägliche Selbstbehandlung wird auf allen Stufen als Grundstein zur persönlichen Weiterentwicklung angesehen. Eine wichtige Voraussetzung für den zweiten Grad ist deshalb auch eine längere Praxis mit dem ersten Grad und die ernsthafte Arbeit und Auseinandersetzung mit sich selbst.
Der dritte Grad (Meistergrad)
Beim dritten Grad liegt der Schwerpunkt auf dem seelischen Aspekt und die Zugangsebene zum astralen Bereich. Der dritte Grad wird heute in zwei Teile unterteilt: Meistergrad und Lehrergrad. Ursprünglich handelte es sich aber nur um einen Grad. Der Schüler bekommt bei der Übertragung zwei weitere Einweihungen und erhält ein weiteres Symbol (Meistersymbol) mit dazugehörigem Mantra. Der Lehrergrad beinhaltet das Wissen um die Einweihungsrituale und befähigt dazu, andere Menschen in Reiki zu initiieren. Die Ausbildung zum Lehrer nimmt gewöhnlich ein bis zwei Jahre in Anspruch, um angemessene didaktische Fähigkeiten zu entwickeln und in die Aufgabe der Reiki-Meisterschaft hineinzuwachsen. Der Lehrergrad unterscheidet sich von den anderen Graden grundsätzlich darin, dass hierbei keine Einweihung mehr stattfindet.
Wirksamkeit
Das angenommene Modell, welches der Wirkungsweise von Reiki zugrunde liegt, ist nach bisherigem wissenschaftlichem Verständnis nicht vollständig erklärbar. Studien zu dieser Thematik liefern widersprüchliche Ergebnisse: In einigen klinischen Studien, mit denen die Wirksamkeit von Reiki belegt werden sollte, zeigte sich entweder kein positiver Effekt oder es wurden entscheidende methodische Schwächen gefunden, die darauf hinweisen, dass der gemessene positive Trend nicht mit der eigentlichen Wirkung des Reiki zusammenhängt. In einigen anderen Studien zeigten sich positive Effekte auf das autonome Nervensystem wie z. B. die Verringerung der Herzschlagsrate und des diastolischen Blutdrucks innerhalb der Experimentalgruppe, sowie positive Effekte bezüglich Schmerz bzw. Angstwahrnehmung und Stress[3][4][5][6].
Eine weitere Studie aus dem Jahr 2007 bezeugt auch eine positive Wirkung von Reiki auf Tiere. An der Universität von Arizona testeten in einer wissenschaftlichen Untersuchung unter Laborbedingungen die Professoren Ann Baldwin[7] und Gary Schwartz[8] die Wirksamkeit von Reiki auf Laborratten.
In seinem Werk The Energy Healing Experiments[9] beschreibt Gary E. Schwartz Versuchsprämissen, Versuchsaufbau und Resultate wie folgt: Ratten zeigen Stresssymptome, wenn sie erhöhter und dauerhafter Lärmbelastung ausgesetzt sind. Dies äußert sich in Schäden an den mikrovaskulären Blutgefäßen (Ausblutungen im Kapillarbett). Messparameter sind bei dem Experiment sowohl Häufigkeit der Ausblutungen, als auch die betroffene Fläche. Aufgrund Sichtkontakt zwischen den Laborratten im Käfig und dem Reiki-Praktizierenden wurde (in Analogie zu einem Placebo-Test mit einfacher Blindstudie) eine Vergleichssituation geschaffen, indem ein Laie an einer weiteren Kontrollgruppe dieselben Handbewegungen wie der Reiki-Praktizierende mit gleicher Intensität und Dauer ausführte.
Insgesamt wurden über mehrere Wochen vier Gruppen von Ratten untersucht:
- Gruppe 1: normale und stressfreie Gruppe ohne Beschallung, um Kontroll- und Basisinformationen zu mikrovaskulärer Entzündung ohne Lärmstress zu erhalten
- Gruppe 2: mit Lärm beschallte Gruppe, um dieselben Werte in einer stressgeplagten Gruppe zu messen
- Gruppe 3: mit Lärm beschallte Gruppe, die gleichzeitig mit Reiki behandelt wurde
- Gruppe 4: mit Lärm beschallte Gruppe, die als Kontrollgruppe mit „Schein“-Reiki behandelt wurde
Gruppen 3 und 4 erhielten somit eine tägliche 15-Minuten-Behandlung mit Reiki oder „Schein“-Reiki von jeweils zwei Reiki-Praktizierenden (Gruppe 3) bzw. Reiki-Imitatoren (Gruppe 4). Das Experiment dauerte insgesamt über drei Wochen und wurde dreimal wiederholt. Die Ergebnisse aus allen vier Durchläufen sind konsistent und statistisch signifikant:
Zwischen den unbehandelten Gruppen (1 und 2) beträgt der lärmstressbedingte Anstieg der Häufigkeit (erster Messparameter) mikrovaskulärer Entzündungen 600 %. Zwischen der Basisgruppe (1) und der mit Reiki behandelten Gruppe (3) beträgt der Anstieg nur 240 %. Zwischen der Basisgruppe (1) und der mit „Schein“-Reiki behandelten „Placebo“-Gruppe (4) beträgt der Anstieg 420 %. Unterschiede beim Anstieg der Fläche (zweiter Messparameter) sind sogar noch signifikanter, wie an einer Grafik[9] abgelesen werden kann (genaue Prozentzahlen hierzu werden von Schwartz nicht genannt). Die Ergebnisse für Gruppe 4 deuten laut Gary Schwartz auf die „beruhigende Präsenz“ einer menschlichen Person für die Ratten hin. Dies erklärt seiner Auffassung nach jedoch nicht den noch erheblich geringeren Anstieg bei Reiki-behandelten Ratten (240 % gegenüber 600 % bei unbehandelten bzw. 420 % bei „scheinbehandelten“ Ratten). Für Schwartz ist die hypothetische Schlussfolgerung aus der höheren Effektivität der echten Behandlung, dass neben den „psychologischen“ Effekten „nachweisbare Biofeld- und Bewusstseinseffekte“ (demonstrable biofield and consciousness effects) bestehen.
Kosten
Da es für Reiki-Anwendungen und -Ausbildungen keine feste Gebührenordnung gibt, können die Kosten dafür – je nach Anbieter und Art der Ausbildung – unterschiedlich sein. Eher selten wird Reiki auch kostenlos weitergegeben.
Die Kosten für eine Reiki-Anwendung liegen etwa bei denen einer herkömmlichen Massage, gehen gelegentlich auch weit darüber hinaus. Krankenkassen übernehmen die Kosten in der Regel nicht.
Einzelnachweise
- ↑ MS Lee, MH Pittler, E Ernst: Effects of reiki in clinical practice: a systematic review of randomized clinical trials. In: International Journal of Clinical Practice. 62. Jahrgang, 2008, S. 947, doi:10.1111/j.1742-1241.2008.01729.x (blackwell-synergy.com [abgerufen am 2. Mai 2008]).
- ↑ der Begriff „Jumon“ wird im Jikiden Reiki in der Nachfolge von Chujiro Hayashi verwendet. Yamaguchi, Tadao (2006): Jikiden Reiki. Traditionelles japanisches Reiki. 1. Auflage, Aitrang, Windpferd (Seite 138)
- ↑ N. Mackay, S. Hansen, O. McFarlane: Autonomic Nervous System Changes During Reiki Treatment: A Preliminary Study. The Journal of Alternative and Complementary Medicine. December 2004, 10(6): 1077–1081.Link
- ↑ A. T. Vitale, P. C. O’Connor (2006): The Effect of Reiki on Pain and Anxiety in Women With Abdominal Hysterectomies: A Quasi-experimental Pilot Study.Holistic Nursing Practice:November/December 2006 - Volume 20 - Issue 6 - p 263–272Link
- ↑ K. L. Tsang, L. E. Carlson (2007). Crossover Trial of Reiki Versus Rest for Treating Cancer-Related Fatigue. Integrative Cancer Therapies, Vol. 6, No. 1, 25–35Link
- ↑ Shore,-A-G.(2004). Long-term effects of energetic healing on symptoms of psychological depression and self-perceived stress. Altern-Ther-Health-Med. 2004 May-Jun; 10(3): 42-8 Link
- ↑ Ann Baldwin
- ↑ Gary E. R. Schwartz
- ↑ a b Gary E. R. Schwartz: The Energy Healing Experiments Atria Books, NY 2008, ISBN 978-0743292399, S. 143–147 (Abbildung: Zusammenfassung)
Literatur
- Andreas Dalberg: Der Weg zum wahren Reiki-Meister. Knaur, München 2007, ISBN 3-426-76161-0.
Weblinks
- Alternative Therapies in Health and Medicine Review-Artikel über bisherige Reiki-Studien (Englisch)
- Artikel des US-amerikanischen National Council Against Health Fraud über Reiki