Hagiographie
Die Hagiographie (aus altgriech. Vorlage:Polytonisch „heilig“ und Vorlage:Polytonisch „schreiben“), auch Hagiografie, umfasst sowohl die Darstellung des Lebens von Heiligen, als auch die wissenschaftliche Erforschung solcher Darstellungen. Ein neuerer Vorschlag geht dahin, nur ersteres als Hagiographie, letzteres hingegen als Hagiologie zu bezeichnen.[1] Als Hagiologion bzw. Hagiologium wird dementsprechend ein Buch mit Lebensbeschreibungen von Heiligen bezeichnet. Im übertragenen Sinne bezeichnet der Begriff Hagiographie oder die adjektivische Verwendung hagiographisch eine unkritische und euphemistische Biographie, die den Beschriebenen als „Heiligen“ im Sinne eines vorbildhaften Menschen ohne Makel darstellt.
Geschichte
Die Geschichte der Hagiographie begann im 2. Jahrhundert mit Lebensbeschreibungen von Märtyrern, Asketen und Mönchen. Im Mittelalter, der Blütezeit der Hagiographie, gab es Lebensbeschreibungen fast aller bedeutenden Heiligen der Kirche. Eine wichtige Sammlung von Heiligenlegenden des Mittelalters ist die von 1263 bis 1273 entstandene Legenda aurea des Jacobus de Voragine.
Historischer Erkenntnisgehalt
Der historische Erkenntnisgehalt einer hagiographischen Forschung liegt nicht in der Authentizität der Überlieferung, sondern in der Erforschung des kollektiven Gedächtnisses beziehungsweise dem Umgang mit demselben.
Quellentypen
Hagiographische Quellen sind vita, miraculum, Translationsberichte und Heiligenverzeichnisse.
vita. Diese Quelle hagiographischer Forschung entwickelte sich aus den Prozessakten (acta) und der Darstellung der wegen ihres Glaubens zum Tode verurteilten Menschen (passio); später wurden Lebensbeschreibungen (vitae) der Märtyrer verfasst. Als die Verfolgung von Christen abnahm, nahm die Aufmerksamkeit gegenüber den Merkmalen eines Heiligen im Leben von Bekennern (confessores), Asketen und Bischöfen zu, sodass deren vitae als Quelle hagiographischer Historiographie diente. Der Begriff vita wird auch in einer allgemeineren Form der Überlieferung eines Lebenswandels gebraucht.
miraculum. Ein markantes Beispiel hagiographischer Historiographie ist die Überlieferung von Wundern in der vita eines Menschen. Ein plausibles miraculum (Bericht eines Wunders) als Kriterium der Heiligsprechung ist in hagiographischen Quellen zwar mit Vorzug überliefert, jedoch nicht vorausgesetzt worden.
Siehe auch
www.wfum-dm-ldedg.de
Literatur
Handbücher
- René Aigrain, L’ hagiographie. Ses sources, ses méthodes, son histoire, Paris 1953 [Repr. 2000].
- Réginald Grégoire, Manuale di agiologia. Introduzione alla letteratura agiografica (Bibliotheca Montisfani 12), 2. Aufl., Fabriano 1996.
- Guy Philippart (Hg.), Hagiographies: Histoire internationale de la littérature hagiographique de latine et vernaculaire, en Occident, des origines à 1550, Tournhout 1994ff.
- Dieter von der Nahmer, Die lateinische Heiligenvita. Eine Einführung in die lateinische Hagiographie, Darmstadt 1994.
Einzelfragen
- T.J. Heffermann, Sacred Biography. Saints and their Biographers in the Middle Ages, New York/Oxford 1988.
- D. Hoster, Die Form der frühesten lateinischen Heiligenviten von der Vita Cypriani bis zur Vita Ambrosii und ihr Heiligenideal, Diss. phil. Köln 1963.
- Friedrich Prinz, Hagiographie und Kultpropaganda. Die Rolle der Auftraggeber und Autoren hagiographischer Texte des Frühmittelalters, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 103 (1992) 174–194.
- Friedrich Prinz, Der Heilige und seine Lebenswelt. Überlegungen zum gesellschafts- und kulturgeschichtlichen Aussagewert von Viten und Wundererzählungen, in: ders., Mönchtum, Kultur und Gesellschaft, München 1989, 251–268.
Einzelnachweise
- ↑ Guy Philippart: Hagiographes et hagiographie, hagiologes et hagiologie: des mots et des concepts. Erschienen in: Hagiographica. Band 1 1994
Weblinks
- {{{Autor}}}: Hagiografie. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- http://www.heiligenlexikon.de