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Medien in Russland

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Mitte der achtziger Jahre, in der Zeit der Glasnost, wurden die russischen Medien von einem Mittel der Parteipropaganda zu einem Forum verschiedener Meinungen. Seit dem Amtsantritt von Präsident Putin werden kritische Meinungen - ganz besonders zum Vorgehen Putins in Tschetschenien - wieder zunehmend unterdrückt.

Obwohl die Pressefreiheit in der russischen Verfassung festgeschrieben ist, haben NGOs wie Reporter ohne Grenzen Putin auf die Liste der Feinde der Pressefreiheit gesetzt und führen Russland unter jenen 21 Staaten auf, in denen Journalisten entführt, ermordet und gequält werden und die Täter straffrei ausgehen.

Es gibt zwar heute in Russland eine große Anzahl an elektronischen und Printmedien, der allergrößte Teil davon befindet sich allerdings in staatlicher Hand, d.h. er wird zu 100 Prozent aus dem Staatshaushalt finanziert und muss sich deshalb auch in der Berichterstattung nach den Wünschen der Regierung richten. Außerhalb von Moskau sind etwa 98 Prozent der Printmedien staatlich kontrolliert.

Daneben gibt es einige wenige oppositionelle Medien sowie einige, die sich in der Hand der so genannten Oligarchen befinden und deren Duldung sehr stark von der jeweiligen Stellung dieser Finanzmagnaten zur Regierung abhängt.

Die wenige oppositionellen Medien, die sich zum Großteil um eine kritische und ausgeglichene Berichterstattung bemühen, werden auf vielfältige Weise unterdrückt und schikaniert, wobei manche der Methoden seit der Zeit des Kommunismus um einiges subtiler geworden sind.

Dass Journalisten während der Ausübung ihres Berufes verschwinden und oft nur mehr tot gefunden werden, ist keine Seltenheit: 2001 sind in Russland 17 Journalisten ermordet worden.

Während in solchen Fällen die Ermittlungen oft aus unerklärlichen Gründen eingestellt werden, wird die Rechtsprechung andererseits als Mittel gegen unliebsame Journalisten missbraucht. So wurde etwa im Dezember 2001 der Korrespondent der Zeitung Bojewaja Wachta Grigorij Pasko zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, da er japanischen Medien Filmmaterial darüber zur Verfügung gestellt hatte, wie die russische Marine Atommüll in den Pazifik kippt. Im Dezember 2002 bekam Pasko den Menschenrechtspreis von Reporter ohne Grenzen.

Die finanzielle Situation der oppositionellen Medien ist äußerst schlecht. Aufgrund der geringen Kaufkraft der Bevölkerung und der - auch aufgrund der Angst der Inserenten vor Unterdrückung - schlechten Anzeigenlage bewegen sie sich zumeist am Rande der wirtschaftlichen Existenz und sind auf ausländische Unterstützung angewiesen. Die üblichen Schikanen durch die Steuerbehörden können deshalb leicht das Ende einer Zeitung oder eines Fernsehsenders bedeuten. Auch die häufige Weigerung der großteils staatlichen Druckereien kann in den Ruin führen.

Dass auch die Medien der Oligarchen nur solange geduldet werden, solange sie im Sinne des Staates berichten, zeigt der Fall um den Medienmogul Wladimir Gusinskij, der auch im Westen große Aufmerksamkeit fand.

Im April 2001 übernahm der staatliche Energiegigant Gasprom die Kontrolle über den Fernsehsender NTV, den einzigen landesweit zu empfangenden Sender, der kritisch über das Vorgehen der russischen Armee in Tschetschenien berichtete. Offizielle Begründung war, dass Gusinskijs Mediengruppe Media-Most, zu der auch NTV gehörte und deren Haupteigentümer die Gasprom war, überschuldet wäre. Dass dies in erster Linie ein Vorwand war, wurde klar, als nach der Übernahme die kritische Berichterstattung schlagartig aufhörte. Gleichzeitig gab es Sanktionen gegenüber zwei Printmedien der Media-Most, die ebenfalls kritisch über Tschetschenien sowie über den ungeschickten Umgang der Regierung Putin mit dem Untergang des Atom-U-Boots Kursk berichtet hatten: Die Tageszeitung Sewodnja (Heute), wurde eingestellt, der Chefredakteur des erfolgreichen Wochenmagazins Itogi (Schlussfolgerungen) wurde gefeuert.

Im Jänner 2002 wurde TV 6, der Sender des inzwischen in Ungnade gefallenen Oligarchen Boris Beresowskij geschlossen.

Neben den Schikanen der Regierung steht aber auch mangelndes Bewusstsein sowohl in der Bevölkerung als auch bei manchen Journalisten und Vertretern der Rechtssprechung der Bildung einer freien Medienlandschaft im Wege. Nicht wenige in der Sowjetunion sozialisierte Journalisten und Richter sind es gewohnt, im Sinne der Regierung zu berichten bzw. Menschen, die gegen die Interessen des Staates handeln zu verurteilen.

Bei einer Umfrage im Juli 2001 in Russlands Regionen meinten 29 Prozent, dass die Existenz von nicht-staatlichen Medien schädlich sei. Bei einer anderen Umfrage im September des gleichen Jahres fanden 38 Prozent, dass eine wachsende Kontrolle der Medien für den Staat positiv sei.

Literatur

Barbara Oertel: Viel Presse - wenig Freiheit. Medien und Macht in Rußland, der Ukraine und Belarus. In: Osteuropa 1/2003. S.19-32