Großer Lauschangriff
Die Änderung des Artikels 13 des Grundgesetzes in Deutschland im Jahre 1998 wird umgangssprachlich als Großer Lauschangriff bezeichnet. Er hat eine Einschränkung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung zum Inhalt und ist bis heute umstritten.
Die Änderung ermöglicht den Einsatz der akustischen Wohnraumüberwachung für den Bereich der Strafverfolgung, außerdem wird die bereits in der alten Fassung des Art. 13 GG enthaltene Möglichkeit der Wohnraumüberwachung zu Zwecken der Gefahrenabwehr modifiziert. Die Ausführungsbestimmungen finden sich im Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität.
Abgehört werden darf grundsätzlich jeder. Nicht abgehört werden dürfen u.a. Geistliche, Strafverteidiger, Abgeordnete, Rechtsanwälte, Ärzte und Journalisten.
Der "Große Lauschangriff" wurde am 16. Januar 1998 vom Bundestag und am 6. März 1998 vom Bundesrat verabschiedet.
Die Einführung des "Großen Lauschangriffs" geschah unter erheblichem Widerstand, sowohl aus Teilen der Bevölkerung, als auch aus der Politik selbst. Vor allem liberalen Juristen ging der Eingriff in die Unversehrtheit der Wohnung, die in der Verfassung als ein sehr hohes Gut verankert ist, zu weit. Von Kritikern wurde die Befürchtung geäußert, die Grundgesetzänderung sei der Beginn der Einrichtung eines Überwachungsstaates.
Schon vor 1998 versuchte die Bundesregierung den "Großen Lauschangriff" einzuführen. Meist scheiterte dies an der damaligen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, FDP. 1995 führte die FDP dazu eine Urabstimmung durch, in der sich die Mehrheit der Mitglieder für den "Großen Lauschangriff" aussprach, in der Folge trat Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von ihrem Amt als Bundesministerin zurück.
Am 3. März 2004 entschied das Bundesverfassungsgericht nach Verfassungsbeschwerde unter anderem von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Gerhart Baum und Burkhard Hirsch in 1 BvR 1084/99, dass große Teile des Gesetzes zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität gegen die Menschenwürde verstoßen und deshalb verfassungswidrig sind. Insbesondere dürfe die Überwachung nur noch bei dem Verdacht auf besonders schwere Straftaten angeordnet werden. Von der besonderen Schwere einer Straftat im Sinne des Artikel 13 Absatz 3 Grundgesetz ist nur auszugehen, wenn sie der Gesetzgeber mit einer höheren Höchststrafe als fünf Jahre Freiheitsstrafe bewehrt hat. Gespräche zwischen engen Angehörigen dürfen nur noch abgehört werden, wenn alle Beteiligten verdächtig sind. Das Urteil muss bis zum 30. Juni 2005 in einem neuen Gesetz umgesetzt sein. Solange der Gesetzgeber nicht gehandelt hat, muss die Polizei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts trotzdem ab sofort umsetzen.
Den Richterinnen Renate Jaeger und Christine Hohmann-Dennhardt ging das Urteil nicht weit genug. Über die entsprechenden Regelungen der Strafprozessordnung hinaus sei auch die Grundgesetzänderung verfassungswidrig, heißt es in ihrem abweichenden Votum, vom 3. März 2004.