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Moschee Sendling

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Die Moschee in Sendling in der Schanzenbachstraße im Münchner Stadtteil Sendling existiert seit 1989 als islamisches Bethaus für hauptsächlich türkische Muslime. Der offizielle Name der Moschee und zugleich des Moscheevereins mit 42 Mitgliedern lautet D.I.T.I.M. (Diyanet İşleri Türk İslam Merkezi, Türkisch Islamisches Zentrum der Anstalt für Religion e.V.). Der Verein ist dem Dachverband D.I.T.I.B. (Diyanet İşleri Türk İslam Birliği) angeschlossen und steht damit unter der Leitung und Aufsicht des Türkischen Religionsministeriums. Der Konsul beziehungsweise der Religionsattaché im Konsulat sind die leitenden Autoritäten für München. D.I.T.I.B. wählt auch den Imam der Moschee aus. Dieser spricht in der Regel nur wenig Deutsch und ist Beamter des Türkischen Staates. D.I.T.I.B. betreibt in München außer der Sendlinger Moschee noch zwei weitere in Pasing und Allach. Die Moschee Schanzenbachstraße als größte der drei ist für 110 Besucher ausgelegt, was sich in der Praxis als auf Dauer unhaltbar erweist, da zwar selten, aber an hohen Feiertagen eben doch, bis zu 500 Besucher zum Gebet erscheinen. Aus diesem Grund plant D.I.T.I.B. derzeit einen Neubau am Gotzinger Platz, der umstritten ist, die Presse kommentiert die Auseinandersetzungen unter dem Schlagwort Sendlinger Moscheenstreit.

Moschee in der Schanzenbachstraße

Das bisherige Bethaus ist eine der typischen „Hinterhof-Moscheen“ der Stadt und von außen als Moschee nicht zu erkennen. Abgesehen vom Gebet in Arabisch wird vorwiegend Türkisch gesprochen, da der Großteil der Besucher Türken sind, es finden aber auch Predigten auf Deutsch statt.

D.I.T.I.B. ist ein am Laizismus des türkischen Staates orientierter Religionsverein, seine Mitglieder sind Türken, die nicht fundamentalistisch orientiert sind und die Trennung von Staat und Religion anerkennen, Menschen, die zugleich religiös und integrationsorientiert sind.

Grundstück und Räume

Das Grundstück gehört D.I.T.I.B., diese Institution hat es D.I.T.I.M. zur Verfügung gestellt. Der Ort gilt als Allgemeines Wohngebiet, eine Moschee wäre aber auch in einem reinem Wohngebiet statthaft.

Auf einer Grundfläche von etwa 656 m² liegen auf zwei Etagen verteilt:

  • der Gebetsraum für Männer (OG) mit einer Kapazität von 90 Personen
  • der Gebetsraum für Frauen (OG) mit einer Kapazität von 40 Personen
  • ein großer Mehrzweckraum (EG)
  • Verwaltungsräume
  • eine Bibliothek
  • eine Teestube als Treffpunkt
  • die Wohnung des Vorbeters
  • die Sanitäranlagen (EG)

Gebetszeiten und andere Angebote

Täglich werden zwischen fünf und 23 Uhr fünf Gebete von jeweils zehn bis 20 Minuten Dauer abgehalten, besonderes Gewicht hat dabei vor allem das Freitagsgebet mittags mit oft bis zu 200 Gläubigen.
Die Teestube mit nicht-kommerzieller Bewirtung, Fernseher und Billard dient als Treffpunkt und steht auch Gästen offen, ebenso die Bibliothek. Es gibt Angebote speziell für Frauen, etwa samstags und sonntags von 10.00 - 15.00 Uhr Koranunterricht mit einer islamischen Theologin oder ein großes Muttertagsfest; für Mädchen Gruppen zur Besprechung religiöser Themen und eine Theater- und Chorgruppe für Elf- bis Vierzehnjährige; für Jungen ebenfalls Stunden zur Besprechung religiöser Themen.
Ein besonders wichtiger Anlauf- und Treffpunkt ist die Moschee für Senioren und Seniorinnen, sie bietet Beratung und Hilfe bei Anträgen, Pflege- und Wohnungsproblemen.
Der interreligiöse Dialog wird mit verschiedenen Mitteln gepflegt, etwa dem Tag der offenen Moschee (nächster Termin 10. Juli 2005), verschiedenen ökumenischen Veranstaltungen, durch Nachbarschaftskontakte und Besuche in Schulen.

Platz- und andere Probleme

Als die Moschee Ende der 80er Jahre des 20. Jahrunderts in das Gebäude einzog, gab es Vorbehalte in der Nachbarschaft vor allem hinsichtlich erwarteter Ruhestörung sowie möglicher Parkplatz- und Verkehrsprobleme, da das Anwesen über lediglich zehn eigene Parkplätze verfügt. Die bisherigen Erfahrungen der Polizei und der Anwohner haben gezeigt, dass die nähere Umgebung der Moschee zu keinem Brennpunkt für Gehsteigparken oder sonstiges Falschparken geworden ist, im Vergleich zu anderen Straßenzügen Sendlings ist die Zahl der Gehsteigparker sogar verschwindend gering. Allerdings ist für einige Stunden am Freitagmittag zum Freitagsgebet und zweimal im Jahr anlässlich der großen Festtage ein erhöhter An- und Abfahrverkehr zu beobachten.
Ein Problem ergibt sich aus der Aufheizung des Daches. Der darunter liegende Gebetsraum für Männer wird bei stärkerer Sonneneinstrahlung so heiß, dass die Fenster während des Gebets offen gehalten werden müssen. Dadurch dringt das Gebet nach außen und wird für die näheren Nachbarn hörbar. Die Geräuschentwicklung vom Hof her ist dagegen allgemein gering und nur bei den wenigen großen religiösen Festen auffallend.
Zu den Gebeten erscheinen täglich zwischen etwa 20 bis 50 Personen, zum mittäglichen Freitagsgebet jedoch drängen sich über 200 Männer in den beiden Gebetsräumen, die eigentlich nur für etwa 130 Personen ausgelegt sind. An wenigen großen religiösen Feiertagen schließlich kommen bis zu 700 Personen; ihr Gebet findet dann praktisch auf jedem verfügbaren Quadratmeter der Moschee, also auch außerhalb der Gebetsräume statt.
Insgesamt wird die Moschee als solche auch von der Nachbarschaft akzeptiert, zur Behebung der angesprochenen Probleme plante der Moscheeverein zunächst einen Umbau mit Erweiterung des bestehenden Gebäudes.

Umbau des bestehenden Gebäudes

Die geschilderten Probleme sowie der Wunsch, die Moschee auch nach außen hin als solche erkennbar werden zu lassen, veranlassten den Träger D.I.T.I.M. im Jahr 2004, Pläne für einen zweckmäßigen Umbau mit Erweiterung erstellen zu lassen.
Die Planungen beinhalten ein zusätzliches Stockwerk und ein flaches, dezentes Kuppeldach, kein Minarett. Die Fassade würde mit Lichtbändern und dezenten Symbolen wie Schiebeläden mit Halbmond umgestaltet, der Innenhof verschönert. Durch die Maßnahmen würde die Grundfläche von 656 m² auf insgesamt 774 m² erhöht, durch bessere Raumaufteilung entstünde 140 m² mehr Gebetsfläche, die Kapazität stiege auf 170 statt bisher 130 Personen. Zugleich würden das Raumklima und der Schallschutz verbessert, die Fenster könnten nach dem Umbau geschlossen bleiben, das Gebet wäre für die Nachbarn nicht mehr hörbar.
Die städtischen Behörden haben diese Pläne geprüft und genehmigt, der Bezirksausschuss 6 stimmte mit großer Mehrheit zu. Allerdings gab und gibt es Widerstand seitens der Nachbarn, unterstützt von der CSU Sendling und der CSU-Fraktion im Sendlinger Bezirksausschuss.

Einwände der Gegner

Die Gegner des Projektes erwarten bei einer Erweiterung eine Vergrößerung der Probleme, schon jetzt kämen mehr Besucher als genehmigt. Sie erwarten bis zu 75% Besucher von außerhalb des Stadtteils und befürchten eine dramatische Störung der Anwohner durch Lärm (An- und Abfahrten) und Verparken der Straßen. Außerdem stören sie sich an der erhöhten Sichtbarkeit und Erkennbarkeit der Moschee, Symbole des Islam passen ihrer Auffassung nach nicht nach Sendling und seien „unverträglich“, der Wert der Wohnungen in der Nachbarschaft würde angeblich um ca. 30% sinken.

Argumente der Befürworter

Die Befürworter halten den Umbau und die Vergrößerung für gerechtfertigt, es handele sich um eine Anpassung an die tatsächliche Besucherzahl, die Betenden wären beim mittäglichen Freitagsgebet nicht mehr so eng zusammengepfercht. Die Hauptquelle der monierten Lärmbelästigung – die Hörbarkeit des Gebets für die Nachbarn durch die offenen Fenster – würde gerade durch den Umbau beseitigt. D.I.T.I.M. sei integrations-offen und vertrete keinen radikalen Islamismus, die Verkehrslage sei nach Aussagen der Polizei kein Problem, das zu besonderen Maßnahmen herausfordere und bliebe auch nach dem Umbau im Rahmen, und schließlich sei die Sichtbarkeit der Moschee erfreulich, ein bisher hässlicher Zweckbau werde dadurch verschönert und nicht verunstaltet, die Gegend gewönne an Qualität. Die Befürworter weisen darauf hin, dass die Häuser neben der Moschee erst nach deren Einrichtung in dem ehemaligen Gewerbebau errichtet wurden, wobei die Moschee großzügig auf eine Abstandsfläche verzichtete. Und grundsätzlich garantiere das GG Artikel 3 und 4 die Religionsfreiheit. Eine Diskriminierung des Islam sei verfassungswidrig, alle Religionen hätten gleiches Recht auf eine Kirche, Synagoge oder Moschee, auch in einem Wohngebiet.

Alternative: ein Neubau

Um den Konflikt um einen Umbau am bestehenden Objekt eventuell umgehen zu können, bat der Moscheeverein die Stadt München alternativ um Hilfe bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück für einen Neubau der Moschee. Der zweite Bürgermeister der Stadt München, Hep Monatzeder (Die Grünen), beauftragte die zuständigen Referate mit der Suche, diese empfahlen die bestehende Baulücke am Gotzinger Platz, Ecke Kochelsee- und Thalkirchner Straße, worauf diese dem Moscheeverein angeboten wurde. Das Gebiet wird als Mischgebiet eingestuft, in einem solchen Gebiet ist der Bau eines Sakralbaus erlaubt. Der neue Standort, auf dem sich derzeit ein Parkplatz mit rund 150 Stellplätzen befindet, wäre weniger als einen Kilometer vom bisherigen entfernt.
Mit den Planungen beauftragt wurde der Architekt Walter Höfler, der bereits den Umbau des Gebäudes Schanzenbachstraße geplant hatte. Die Finanzierung aus eigenen Mitteln des Moscheevereins ist gesichert durch drei Säulen: Verkauf des Grundstückes Schanzenbachstraße, Eigenleistungen des Vereins und seiner Mitglieder und Bankkredite.

Pläne für den Neubau

Perspektivische Skizze der geplanten Moschee am Gotzinger Platz

Die als Parkplatz dienende Baulücke soll durch den Bau der Moschee, eines kleinen Verwaltungsgebäudes daneben in der Kochelseestraße, sowie zwei Wohnbauten, die an die beiden bestehenden Häuser in der Kochelseestraße und Thalkirchner Straße anschließen, geschlossen werden. Die Moschee käme ans Eck und bildete damit die Ostseite des Gotzinger Platzes direkt gegenüber der Kirche St. Korbinian auf der Westseite. Der Südseite des Gotzinger Platzes wird durch die bestehenden Schulen (Grundschule, Hauptschule, Maria-Probst-Realschule) begrenzt. Über die Straße auf der Nordseite befindet sich das abgeschlossene Areal der Großmarkthalle, ein Stück weiter der Frucht- und Gemüsehof mit vielen Geschäften. Der Platz würde durch die Neubauten nicht ganz abgeschlossen, das Großmarkthallen-Eck auf der Nordseite bliebe offen. Insgesamt gewönne der Platz an Qualität, sowohl durch die Bebauung selbst, da eine unansehnliche Lücke geschlossen würde, als auch durch die Art der Bebauung, da die geplante Moschee ein ebenso interessantes und ansehnliches Bauwerk wäre wie die gegenüberliegende Kirche. Die jetzigen Parkplätze gingen verloren und könnten durch die neue Tiefgarage sowie das anderweitige Angebot der Großmarkthalle nicht vollständig ersetzt werden.

Details

Es handelt sich hierbei um vorläufige Planungen. Im Einzelnen kann es noch Änderungen geben, weder die Fassadengestaltung noch das Innenraumprogramm liegen bereits endgültig fest. Fest steht, dass die Moschee eine gut sichtbare Kuppel und zwei 35 Meter hohe Minarette bekommen soll (die Türme von St. Korbinian sind 55 Meter hoch). Die Position der Moschee direkt gegenüber der Kirche wird auch vom Denkmalamt ausdrücklich gewünscht.

Für das Hauptgebäude (Moschee) sind vorgesehen:

  • Im EG 650 m² mit zwei Läden und einem Friseur, Foyer, Büro, Bibliothek, Dialograum, Teestube/Teeküche als Treffpunkt, WCs, dazu ein teilweise überdachter Innenhof
  • Im 1. OG 650 m² mit einem Konferenzraum für ca. 250 Personen, ein Brunnen, WCs, ein Schuhraum, und weiterer Platz für die Bibliothek
  • Im 2. OG 650 m² mit dem Gebetsraum der Männer für ca. 250 Personen, dem Raum für den Vorbeter u.a.
  • Im 3. OG 570 m² mit dem Gebetsraum der Frauen für ca. 150 Personen, einem Aufenthaltsraum für Frauen, etc.

Im Nebengebäude Kochelseestraße sind geplant:

  • EG: Verwaltung
  • 1. OG: mehrere Kursräume (zusammen 80 m²), Teeküche
  • 2. und 3. OG und Dachgeschoß: 5 Appartements (je 45 – 48 m²), Hausmeisterwohnung, Beherbergung von ausländischen Gästen u.a.
  • Im Kellergeschoß Stellplätze und Kellerräume

Das Nebengebäude westlich der Moschee in der Thalkirchner Straße ist geplant als Wohngebäude mit Läden im EG.

Die Kapazität der beiden Gebetsräume zusammen beträgt 400 Personen. Konferenzraum, Dialograum, Bibliothek und Kursräume machen die Moschee zugleich zu einem Kulturzentrum.

Stand des Bauvorhabens

Derzeit läuft die Bauvoranfrage bei der Lokalbaukommission und die Denkmalschutz-Prüfung. Das Bauvorhaben wird auf verschiedenen Ebenen kontrovers diskutiert, neben den unterschiedlichen Ansichten der betroffenen Anwohner im Stadtteil gibt es eine öffentliche Debatte im Bezirksausschuss und auch im Stadtrat von München gibt es verschiedene Meinungen über das Für und Wider des Moscheeneubaus. Bürger der beiden Nachbarschaften Schanzenbachstraße und Gotzinger Platz und Umgebung haben eine Interessengemeinschaft gegen Um- oder Neubau der Moschee gegründet.

St. Korbinian am Gotzinger Platz

Am 16. Juli 2005 fand eine Sendlinger Bürgerversammlung unter Leitung des Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude statt, bei der das Thema Moschee Hauptgegenstand war und Gegner wie Befürworter ausführlich zu Wort kamen. Bei der abschließenden Abstimmung über den eingebrachten Ablehnungsantrag konnten die Gegner 252 Stimmen mobilisieren, mussten aber auch 212 Gegenstimmen für ihren Antrag hinnehmen. Ude verkündete, ermutigt durch das knappe Abstimmungsergebnis, am nächsten Tag: „Die Moschee wird gebaut“, wohl wissend, dass dezidierte Gegner wie Befürworter ihre Anhängerschaft zum Großteil zur Abstimmung mobilisiert hatten, der weitaus überwiegende Teil der Sendlinger Bürger dem Bauvorhaben aber neutral, wohlwollend oder gleichgültig gegenüberstehen dürfte und zur Abstimmung erst gar nicht erschien. So gesehen macht die Zahl der entschiedenen Gegner wohl nur einen minimalen Prozentsatz der Sendlinger Wohnbevölkerung aus.
Der Münchner Stadtrat stimmte am 22. Juli dem Bau mit deutlicher Mehrheit zu., eine Koalition aus SPD, den Grünen, FDP und fraktionslosen Stadträten setzte sich gegen die CSU durch, die Bedenken gegen das Projekt angemeldet hatte. Die christlichen Kirchen unterstützen das Projekt, für das nun das Baugenehmigungsverfahren beginnt, welches einige Monate dauern dürfte. Die Gegner hoffen auf gerichtliche Klagen betroffener Anwohner und erwägen, ein Bürgerbegehren mit dem Ziel eines Bürgerentscheids gegen den Bau herbeizuführen, falls solche Klagen scheitern.

  • Initiativgruppe e.V. Ausführliche Dokumentation zur geplanten Moschee
  • D.I.T.I.B. Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V., deutsche Seite des Dachverbands