Tacitus
Publius (oder Gaius) Cornelius Tacitus (* ca. 55; † nach 115) war ein römischer Historiker und Politiker (Senator).
Leben
Über Tacitus' (wörtlich: „der Schweigsame“) Leben existieren nur verstreute Zeugnisse von ihm selbst oder von seinen Zeitgenossen, vor allem dem jüngeren Plinius. Seine Familie stammte eventuell aus einer der römischen Provinzen, vielleicht Gallia cisalpina oder Gallia Narbonensis. Tacitus begann unter Kaiser Vespasian die typische politische Karriere eines römischen Senators (cursus honorum), die ihren formalen Höhepunkt mit dem Consulat im Jahre 97 und dem Proconsulat der Provinz Asia (auf dem Gebiet der heutigen Türkei) zwischen 112 und 116 erreichte.
Werke
Tacitus galt als einer der bedeutendsten Redner seiner Zeit; der Redekunst widmete er unter stilistischer Anlehnung an Marcus Tullius Cicero, den bedeutendsten Redner der goldenen Latinität, seine wohl früheste Schrift, den Dialogus de oratoribus. Nach dem Konsulat begann er mit der Arbeit an seinen großen Geschichtswerken, die sich vielleicht noch bis in die beginnende Herrschaft des Kaisers Hadrian hinzog. Tacitus schrieb seine Geschichtswerke aus der Perspektive des Senators, der die Zeit der römischen Kaiser von Tiberius bis Domitian danach beurteilte, wie weit sie noch den Idealvorstellungen der römischen Republik entsprach. Seine scharfen und auch sprachlich brillanten Analysen haben das moderne Bild vom römischen Reich im 1. Jahrhundert n. Chr. wesentlich geprägt. Dabei ist zu beachten, dass Tacitus sich zwar der Maxime "sine ira et studio" (lat. "ohne Zorn und Eifer") - also einer objektiven Berichterstattung - verschrieben hat, sich bisweilen aber selbst nicht daran hielt.
Die Werke in vermuteter Entstehungsfolge:
- Dialogus de oratoribus -- über den Verfall der Beredsamkeit.
- Agricola (De vita Iulii Agricolae) -- Biographie des Feldherrn Gnaeus Iulius Agricola, seines Schwiegervaters, mit einer geographischen Beschreibung Britanniens.
- Germania (De origine et situ Germanorum) -- Geographie und Kultur der Germanen, teilweise seinen Landsleuten als Gegenbild einer nicht korrupten und dekadenten Gesellschaft vor Augen gehalten. (Siehe unter Agricola und Germania).
- Historien (Historiae) -- Geschichte des römischen Reiches von Galba (69) bis Domitian (96) (nur teilweise erhalten).
- Annalen (Annales bzw. ab excessu divi Augusti) -- Geschichte des römischen Reiches vom Tod des Augustus (14) bis Nero (68) (etwa zur Hälfte erhalten)
Tacitus und der Prinzipat
Tacitus war ein scharfer Kritiker der von Augustus begründeten staatlichen Ordnung des Prinzipats. Als Anhänger der alten Republik kritisierte er die Alleinherrschaft, die er als ursächlich für den Verfall von Gerechtigkeit und virtus ansah. Geprägt vom Erlebnis der als Tyrannis empfundenen Herrschaft Domitians (81-96), schilderte er die julisch-claudischen Kaiser von Tiberius bis Nero (Annales) sowie die Flavier Vespasian, Titus und jenen Domitian (Historiae), wobei sich sein Geschichtsbild allmählich verdunkelte: Die Absicht, Zeugnis gegenwärtigen Glücks (testimonium praesentium bonorum) abzulegen, trat in den Hintergrund und wich dem Bestreben, die Erinnerung an frühere Knechtschaft (memoria prioris servitutis) wachzuhalten. In dem Bewusstsein, dass die Zeiten knapp bemessen seien, in welchen man frei seine Meinung äußern könne, geriet ebendies zu seinem Hauptaugenmerk: den Taten der historischen Personen Würdigung oder Schmach zuteil werden zu lassen. Zur geplanten Schilderung der positiver erscheinenden Zeit unter Augustus, Nerva und Trajan kam es nicht mehr.
Tacitus' Geschichtsschreibung ist demnach nicht wie beispielsweise die eines Titus Livius didaktisch-moralisch, sondern eher kalt-moralisch. Er glaubt kaum an eine Besserung der Situation, da die Heilmittel gegen die Laster der Zeit langsam wirkten, zumal die meisten Träger der virtus den Tyrannen zum Opfer gefallen seien und der Rest der Bürgerschaft (civitas) in Lethargie versunken sei.
Tacitus und der Aufstand des Arminius
Tacitus beschreibt in seinen Annalen den Krieg gegen die Germanen eingehend. Von den zeitgenössischen Autoren unterscheidet sich Tacitus gerade durch seine bittere Kritik am Ausgang des Krieges. Hinsichtlich seiner verwendeten Quellen in Bezug auf die Germanicusfeldzüge sind keine sicheren Angaben möglich. Sowohl Aufidius Bassus als auch Plinius der Ältere werden als Quellen in Anspruch genommen. Für die Germanicusfeldzüge erlaubt die Darstellung des Tacitus nur bedingt eine sachliche Rekonstruktion der Ereignisse; vor allem die hinter den einzelnen Feldzügen stehenden Ziele und Absichten bleiben unklar.
Der kompositorisch zentrale Aspekt der ersten beiden Bücher der Annalen des Tacitus ist der scharfe Gegensatz zwischen dem Helden Germanicus und dem Tyrannen Tiberius (Parallele zu Tacitus' Schwiegervater Agricola und Domitian). Der Marserfeldzug nach der Niederschlagung der Meuterei der Rheinlegionen (Herbst 14 n. Chr.) wird zum eigentlichen Neubeginn sieg- und ruhmreicher römischer Offensiven gegen das rechtsrheinische Germanien. Auch erzeugt Tacitus die Vorstellung, dass Rom bereits unter Augustus das einzig ehrenvolle Ziel einer expansiven Wiederherstellung der römischen Herrschaft über Germanien (bis an die Elbe) definitiv aufgegeben habe. Für Tacitus - und nur für ihn - begann "der" germanische Krieg im Herbst 14 und endete im Herbst 16. Aus der Natur der Sache ergab sich die Auffassung des Tacitus keineswegs. Die moderne Geschichtsschreibung ist ihm dennoch hierin z. T. gefolgt.
Literatur
- Peter Horst Herzog: Die Funktion des militärischen Planens bei Tacitus. Der Kriegsrat von Bedriacum im zweiten Buch der Historien als Paradigma für das Verhältnis von Rat und Tat, Frankfurt/a.M. u.a. 1996, 403 S.
- Ronald Syme: Tacitus, 2 Bde., Clarendon Press, Oxford 1958. Wichtiges Standardwerk.
- Heubner, Heinz / Wolfgang Fauth: P. Cornelius Tacitus. Die Historien. Buch 1-5. Kommentar, Heidelberg 1963-1982. 5 Bde.
Zitate
- Ohne Zorn und blinden Eifer.
- Odium humani generis (=Hass auf das Geschlecht der Menschen): Tacitus warf den Christen u.a. mit diesem Satz generellen Menschenhass vor.
Weblinks
- Werke auf Latein
- Werke in englischer Übersetzung
- Facharbeit über Tacitus - Leben und Werk
- Werke auf Latein und in Übersetzungen
Personendaten | |
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NAME | Tacitus, Cornelius |
ALTERNATIVNAMEN | Publius Cornelius Tacitus, Gaius Cornelius Tacitus |
KURZBESCHREIBUNG | Römischer Historiker und Politiker |
GEBURTSDATUM | um 55 |
STERBEDATUM | nach 115 |