Derrick
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Derrick war die erfolgreichste Krimiserie im deutschsprachigen Fernsehen und entstand als Gemeinschaftsproduktion von ZDF, ORF und SF DRS (heute: SF). Drehbuchautor Herbert Reinecker schrieb alle insgesamt 281 Episoden, die im Zeitraum vom 20. Oktober 1974 bis 16. Oktober 1998 im ZDF erstausgestrahlt wurden. Produzent war Helmut Ringelmann mit seiner Firma Telenova-Fernsehproduktion. Derrick ist die meistverkaufte deutsche Serie der bisherigen Fernsehgeschichte. Die Drehorte waren größtenteils im Großraum München angesiedelt.
Autor: Herbert Reinecker
Reinecker hatte zuvor bereits die Drehbücher für die Serie Der Kommissar verfertigt. Noch bevor diese sehr erfolgreiche deutsche Krimireihe 1976 auslief (97 Folgen), schrieb er parallel dazu bereits Episoden für Derrick. Herbert Reinecker blickte auf eine lange Krimierfahrung zurück: Er hatte Drehbücher für Edgar-Wallace-Filme und für Krimi-„Straßenfeger“ wie Babeck oder 11 Uhr 20 verfasst. Das künstlerische Vorbild für ihn war „Maigret“-Autor Georges Simenon, der die Psychologie der Figuren in den Vordergrund stellt. Den Namen Derrick hatte Reinecker bereits 1973 in der Folge Rudek der Serie Der Kommissar verwendet: Sky Du Mont spielte dort den Zuhälter Manuel Derrick. [1]
Beginn
Die Hauptrolle des Oberinspektors Stephan Derrick übernahm Horst Tappert, während Fritz Wepper seinen Assistenten, Inspektor Harry Klein, spielte.
Die erste gezeigte Episode war Waldweg (nach der Chronologie der Drehtermine war die allererste Folge eigentlich Mitternachtsbus, gedreht im Sommer 1973) und wurde wie die nächsten Folgen zunächst jeweils am Sonntag ausgestrahlt. Erst 1978 rückte der Sendetermin auf den angestammten ZDF-Krimitermin am Freitag um 20:15 Uhr. 31 Millionen Zuschauer saßen bei der ersten Derrick-Folge vor den Geräten – zu einem Zeitpunkt, als es noch keine kommerziellen Fernsehsender in Deutschland gab.
Reaktionen
Die ersten Reaktionen waren niederschmetternd. Reinecker und Produzent Helmut Ringelmann hatten die Krimistorys umgekehrt erzählt: Der Mörder ist bekannt, und das Publikum schaut den Kriminalisten zu, wie sie dem Täter auf die Schliche kommen. Das Schema, den Mord am Anfang des Filmes zu zeigen und danach erst die Aufklärung, war zuvor erfolgreich in der US-amerikanischen Serie Columbo mit Peter Falk (ab 1971). Der Zuschauer deutscher Serien war aber an das alte Schema („Wer ist der Täter?“) zu sehr gewöhnt. Das Konzept der Serie, deren einzelne Folgen ursprünglich auf 90 Minuten angelegt waren, wurde nun Schritt für Schritt geändert und dem Geschmack der Zuschauer angepasst.
Die Beliebtheit der Serie bei den Zuschauern stieg in den nächsten Jahren rasant an. Sie wurde im Laufe der Jahre in mehr als 100 Länder auf allen Kontinenten exportiert.
Ende
In der letzten Episode Das Abschiedsgeschenk wurde Derrick zu Europol befördert und nahm Abschied von München. An der Abschiedszeremonie gratulierten ihm die Kollegen Leo Kress, Gerd Heymann, Axel Richter und Werner Riedmann aus der Serie Der Alte. Ebenfalls anwesend waren die Kollegen Batic und Leitmayr vom Münchner Tatort der ARD sowie TV-Produzent Ringelmann. Reinecker hätte die Erfolgsproduktion gerne weitergeführt, doch Tappert wollte nicht mehr. Ihm waren die Stoffe laut Interviews allmählich „zu philosophisch“ geworden. [2]
Stephan Derrick
Derrick ist (in den späteren Folgen) eingeschworener Nichtraucher. In einem Restaurant nimmt er Mineralwasser oder Wein zu sich, seltener ein Glas Bier. In seinem Büro trinkt er meistens Kaffee. Derrick trägt Maßanzüge, einen hellen Trenchcoat, dunkle Lederschuhe und als Uhr entweder eine goldene Rolex Day Date oder eine IWC Da Vinci. Seine Waffe, eine Walther PPK 7,65 und, später, eine 38 special Smith & Wesson, gebraucht er nur im äußersten Notfall.
Beachtlich ist auch, dass die Figuren Derrick und Klein die Amtsbezeichnungen Kriminaloberinspektor bzw. Kriminalinspektor führen, obwohl es diese Dienstgrade im bayerischen Polizeivollzugsdienst seit 1972/75 gar nicht mehr gibt. In späteren Folgen wird die Nennung des Titels meist vermieden.

Stephan Derrick ist nicht verheiratet und lebt in einer Eigentumswohnung. Zweimal wurde ihm eine Freundin zur Seite gestellt: die Psychologin Renate Konrad (Johanna von Koczian, in Folge 11 „Pfandhaus“ und Folge 20 „Schock“) und die Innenarchitektin Ariane (Margot Medicus).
Derricks ausgeprägte Tränensäcke inspirierten den Redakteur einer Automobilzeitschrift, den 3er BMW des Modelljahres 1998 wegen seiner Scheinwerferform als „Modell Derrick“ zu bezeichnen, was schnell von Kollegen und der Leserschaft aufgenommen und kopiert wurde, sodass sogar BMW-Mitarbeiter intern den 3er der Modellreihe BMW E46 zeitweise so bezeichneten.
Derricks Kollegen
Nach den schlechten Reaktionen auf die ersten Folgen, in denen Derrick und Harry alleine den dem Publikum schon bekannten Täter aufspüren, lenkte Drehbuchautor Reinecker um. Er liess den Täter etwas mehr im dunkeln, und zeigte mehr Polizeiarbeit. In der 5. Folge "Tod am Bahngleis" sieht das publikum zum ersten mal Derricks Büro im Polizeipräsidium und einige Polizeikollegen. Die Kollegen, mit Ausnahme von Berger, sind nur mit dem Nachnamen bekannt und werden im Abspann erst als "Herr ..." später als "Kriminalbeamter ..." aufgeführt.
- Kriminalrat Harder (Hermann Lenschau) ist Derricks Vorgesetzter in 4 Folgen, zuerst in Folge 5 "Tod am Bahngleis", zuletzt in Folge 36 "Mord im TEE 91". Die letzte wurde am 10. Juli 1977 erstmals ausgestrahlt, und Lenschau verstarb einen Monat danach.
- Schröder (Günther Stoll) - 19 Folgen, zuerst Folge 5 "Tod am Bahngleis", zuletzt Folge 35 "Das Kuckucksei". Die letzte wurde am 12. Juni 1977 erstmals ausgestrahlt, doch war Stoll schon im Januar überraschend nur 52 Jahre alt verstorben.
- Franz Berger (Willy Schäfer) - zuerst als Polizist in Folge 8 "Zeichen der Gewalt", Schäfer spielt dann in Folge 10 "Hoffmanns Höllenfahrt" einen Zeugen, bleibt dann aber doch als Polizist dabei. In Folge 36 "Mord im TEE 91" wird für einen Undercover-Einsatz ein falscher Firmenausweis mit dem "richtigen" Namen des Polizisten "Franz Berger" ausgestellt. Später wurde Berger irrtümlich (vor laufender Kamera) von Harry mit "Willy", dem richtigen Vornamen des Schauspielers, angeredet, was dazu führte, dass die Rolle auch als "Willy Berger" angegeben wird.
- Echterding (Gerhard Borman)
- Lippert (Claus Richt) - zuerst in Folge 40 "Der Fotograf"
Musik
Die Titelmelodie zu Beginn jeder Folge stammt von Les Humphries. Frank Duval, Komponist, Sänger und Arrangeur, „Chefkomponist“ der Serie, steuerte außerdem einige Songs bei, die zu Hits in den Charts aufstiegen (Love 1977, Angel of Mine 1980). Die Musikuntermalung der ersten Folge Waldweg (Regie: Dietrich Haugk) stammt von Krimi-Spezialist Peter Thomas, der auch noch sieben weitere Folgen vertonte und später für die Titelmusik zu Der Alte verantwortlich war. Sein Kollege Martin Böttcher war mit neun Filmmusiken dabei. Helmut Trunz und Eberhard Schoener waren auch Komponisten für Derrick.
Parodien und Hommagen
Eine Parodie auf den behäbigen Stil der Derrick-Folgen und die charakteristische Art der Dialoge in Reineckers Drehbüchern brachte um 1995 Jochen Busse in der Comedy-Show RTL Samstag Nacht. Dort fuhren Derrick und Assistent Klein zu einem „Brock“, um einen Mord aufzuklären. Der Fakt, dass sie zu „Brock“ fahren, wird dabei ständig wiederholt, ebenso wie der folgende nachgestellte Dialog zwischen Derrick und einem Verdächtigen im Hause von Brock, der aus ständigen Fragen und Gegenfragen besteht: „Es ist ein Mord geschehen.“ – „Ein Mord?“ − „Ja, jemand ist ermordet worden.“ – „Ermordet?“ Und so weiter. Später wurden die Derrick-Persiflagen ständiger Bestandteil der Show. Die Rolle des Derrick spielte dabei Stefan Jürgens, Harry Klein gab Tommy Krappweis.
Im April 2004 erschien in den Kinos der Derrick-Zeichentrickfilm Derrick – Die Pflicht ruft mit den Originalstimmen von Tappert und Wepper.
Im Film Zugvögel – einmal nach Inari wird der Hauptcharakter von einem Kommissar „Stefan“ und seinem Assistenten „Harry“, die im Verlauf des Filmes eine immer engere Beziehung eingehen, bis nach Finnland verfolgt.
Nachdem 2000 in den Niederlanden eine Telefonnummer eingeführt wurde, unter der sich Bürger in nicht dringenden Fällen an die Polizei wenden sollen, zeigte ein Infospot, wie Tappert beim Bereiten von Bratwurst und Sauerkraut ständig von Anrufern gestört wurde, die etwas bei der Polizei melden wollten.
Im Januar 2009 wurde bekannt, dass Peter Jung (Oberbürgermeister von Wuppertal) Horst Tappert den Platz vor dem Schauspielhaus widmen möchte. [3]
DVD-Veröffentlichung
Seit April 2008 wird die Reihe von MORE Music and Media in Collector's Boxen zu jeweils 15 Episoden herausgegeben. Momentan sind 6 Boxen erhältlich (Stand: März 2010).
Regisseure
Sonstiges
Die Mordszene in der Premierenfolge Waldweg wird im deutschsprachigen Raum seit geraumer Zeit nur in einer gekürzten, deutlich entschärften Version ausgestrahlt, welche ebenfalls in der Collector's Box 1 enthalten ist. Die ungekürzte Szene wird jedoch beispielsweise in Frankreich weiterhin original gesendet, zuletzt am 2. März 2010 (France 3). [4]
In der Folge 19 – Tote Vögel singen nicht kam es zu fünf Todesfällen (drei erschossen, davon eine Person zusätzlich mit Säure verätzt, eine Person erstochen, eine Person im Moorbad ertränkt). Es kam zu Kritik sowohl von Seiten der Zuschauer als auch von den Verantwortlichen selbst. Fortan blieb es bei maximal drei Opfern pro Sendung.
Die Folge 20 – Schock wurde aus ähnlichen Gründen zunächst nicht wiederholt: ein Kind wurde getötet.
Fritz Wepper hatte zuvor in der ebenfalls in München angesiedelten Fernsehserie Der Kommissar den Kriminalhauptmeister Harry Klein (bis Folge 71) gespielt.
Der berühmte Satz "Harry, hol schon mal den Wagen!" ist so nie gesprochen worden. Ein ähnlicher Satz fiel allerdings in der Vorgänger-Serie "Der Kommissar" (Folge "Ende eines Tanzvergnügens"), und in der Derrick-Folge 2 ("Johanna") sagt Derrick zu Klein: "Wir brauchen den Wagen, dringend!", worauf Klein aus dem Zimmer stürzt und den Wagen holt.[5]
Einzelnachweise
- ↑ http://www.imdb.de/title/tt0394703/
- ↑ Artikel Wiener Zeitung
- ↑ Artikel Redaktion DerWesten vom 15. Januar 2009
- ↑ Vergleich cut/uncut-Version
- ↑ Ausschnitt aus Folge 2: "Wir brauchen den Wagen, dringend!"
Literatur
- Umberto Eco: Derrick oder Die Leidenschaft für das Mittelmaß. Hanser, München 2000, ISBN 3-44619-906-3.
- Katrin Hampel: Das Derrick-Buch. Alles über die erfolgreichste deutsche Krimiserie. Henschel, Berlin 1998, ISBN 3-89487-313-2.
- Ulrike Kabyl: Derrick. Eine Erfolgsgeschichte des deutschen Fernsehens. Teiresias, Köln 2001 (= Fernsehwissenschaft; 3), ISBN 3-934305-29-6.
- Claus Legal, Hans-Wilhelm Saure: Derrick. „Harry hol schon mal den Wagen“. Ullstein, Berlin 1998, ISBN 3-548-35830-6.
- Laura Morretti: Die Derrick Story. Fotos, Fakten, Fans. Der offizielle Bildband. Burgschmiet, Nürnberg 1998, ISBN 3-932234-63-4.
- Thomas Sandoz: Derrick. L’ordre des choses. Grolley, Éditions de l'Hèbe, 1999.
- Klaus Schmeh: Der Kultfaktor – Vom Marketing zum Mythos: 42 Erfolgsstorys von Rolex bis Jägermeister. Redline Wirtschaft, Frankfurt 2004 (enthält ein ausführliches Kapitel über Derrick und den dazu gehörenden Kult)
- Franz Stummel, Georg F. W. Tempel: Derrick - Wer ist eigentlich Harry?. Ehapa, Stuttgart 1999, ISBN 3-7704-1413-6.
- Horst Tappert: Derrick und ich. Meine zwei Leben.
Weblinks
- Vorlage:IMDb Titel
- Episodenliste
- privates Derrick-Blog
- Derrick-Fanclub
- Andere Wahrheiten auf dem Waldweg – Essay zum 30. Geburtstag der Serie Derrick
- Kompletter Episodenführer
- Category:Inspecteur Derrick|uselang=de}} Commons: Derrick] – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien