Oldersum
Oldersum ist ein Ortsteil der Gemeinde Moormerland im ostfriesischen Landkreis Leer.
Geographie
Oldersum liegt an der Mündung des Oldersumer Sieltiefs in die untere Ems, zwischen den Städten Emden, Leer und Aurich. In Oldersum trifft die Landesstraße 1 von Aurich auf die Landesstraße 2 (Abschnitt Leer–Emden). Nachbarorte sind Gandersum, Rorichum und Tergast. Politisch-administrativ gehört Oldersum seit 1973 zur Gemeinde Moormerland, seit 1932 zum Landkreis Leer (vorher zum Landkreis bzw. Amt Emden), Land Niedersachsen (vor 1949 zur britischen Besatzungszone, im Deutschen Reich zum Land Preußen).
Siedlungsform, Topographie und Bodenverhältnisse
Oldersum wurde vermutlich um 700–800 n. Chr. aufgrund seiner verkehrlichen und strategischen Lage (siehe oben) und wegen der günstigen wirtschaftlichen Lage in der ertragreichen Flussmarsch (Überschwemmungsgebiet) der Ems auf einer Langwarft gegründet. Oldersum entspricht dem klassischen Typ einer Langwarft, mit der Kirche auf der einen und einem „festen Steinhaus“, einer Burg, auf der anderen Seite. Auf dem Scheitel der Warft verläuft eine Straße, etwa 3,5 m ü. NN, die ehemalige Kirchstraße, jetzt Am Großen Tief, etwa in Nord-Süd-Richtung, von der Kirche bis zum ehemaligen Marktplatz. Entlang der Kirchstraße lagen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts dicht gedrängt kleine Wohn- und Geschäftshäuser, entlang mehrerer Querstraßen auch größere Bauernhäuser. Der höchste Punkt der Warft, bei etwa 4,30 m ü. NN, ist der Standort der Kirche, die um Oldersum liegenden Grünlandflächen (Niedermoorstandorte, Hammrich genannt) liegen etwa auf Meeresniveau.
Schriftliche Ersterwähnung, älteste Schreibweise und Erklärung des Ortsnamens
Oldersum bedeutet „Altes Heim“ (viele Orte an der Ems und im niederländischen Bereich tragen die Endsilbe –um oder –sum, aus altfriesisch hem). Urkundlich wird der Ort erst im April 1381 erwähnt, als der Ritter Ocko, heer van Broecmerlant (Brookmerland) ende van Averkerland (Ocko I. tom Brok) seine Ländereien in Ostfriesland an den Herzog Albrecht von Bayern übergab und als Lehen zurückerhielt, darunter twee burghe in Oldersem („zwei Burgen“).[1] Der Name selbst und die Tatsache, dass sich keine frühere urkundliche Erwähnung finden lässt (zum Beispiel in den Urbaren des Klosters Werden, in dem auch die kleineren Nachbarorte Gandersum und Rorichum erwähnt werden) ist bemerkenswert und unterstreicht die Bedeutung und das Alter dieses Ortes.
Geschichte

Aus der Zeit der Gründung des Ortes ist wenig bekannt, Grabungen im Bereich der Warft haben bisher nicht stattgefunden. Möglich ist, dass eine Warft bereits vor der Völkerwanderungszeit vorhanden und besiedelt war. Auch der Standort der zweiten Burg, die im Bereich „Tuitjebült“ gestanden haben soll, ist abschließend noch nicht geklärt (siehe unten).
Etwa um das Jahr 1000 begann der Deichbau an der Nordseeküste und entlang der Mündungsbereiche der Flüsse und Ströme, der etwa um 1300 abgeschlossen war. Ab da wurde die Entwässerung über das Tief, einer natürlichen Abflussrinne, und der Hochwasser- und Sturmflutschutz mit einem Siel, viereckigen und selbsttätig schließenden Wasserdurchlässen, geregelt. Im Laufe der Zeit und mit Rücksicht auf die Schifffahrt wurde das Siel mehrfach verlegt und immer komplizierter und aufwändiger.
Nachdem durch den Deichbau auch tieferliegende Gebiete bebaut werden konnten wurde die Neustadt, östlich der Warft, errichtet. In den fruchtbaren Niederungsgebieten liegen zum Teil sehr große und alte Bauernhöfe. Monnikeborgum („Mönchsburg“) war bis zur Säkularisation zur Zeiten der Reformation ein ehemaliges Vorwerk des Klosters Ihlow.
Oldersum gehörte in der ersten Zeit der schriftlichen Erwähnung zu dem Häuptling tom Brok, ab 1427 zu den Häuptlingen aus Neermoor (Focko Ukena und dem Sohn Uko Fockena). Unter anderem 1433 intervenierte eine Hamburger Streitmacht in Ostfriesland, vor allem aufgrund starker Seeräubertätigkeit. Bei diesen Feldzügen wurden beide Oldersumer Burgen zerstört, nur eine wiederaufgebaut. 1438 wurde Wiard Haiken neuer Herr und Häuptling von Oldersum. Seine Nachfahren regierten die Herrlichkeit Oldersum bis 1631.
Oldersum hatte den Rang eines Marktfleckens, war also eine Kommune mit mehreren, aber nicht allen städtischen Rechten, weitgehend unabhängig vom ostfriesischen Grafenhaus. Die Ortschaften der Herrlichkeit Oldersum (Oldersum, Gandersum, Rorichum, Tergast und Simonswolde) wurden durch Schüttemeister oder Bauermeister verwaltet (= Bürgermeister; in der „Franzosenzeit“ Maire), Oldersum, aufgrund seiner Größe, zeitweise durch zwei. Ab 1840 hießen diese Gemeindevorsteher oder Fleckensvorstand, später Bürgermeister. Weitere Untereinheiten des Fleckens waren die Rotts, im Wesentlichen Steuer- und Feuerlöschbezirke, denen ein Rottmeister vorstand. Daneben gab es andere „Angestellte“ der Gemeinde wie Ausrufer, Nachtwächter, Leichenbitter, Torfmesser (Kontrolle der Maßeinheiten bei der Torfverladung).
1631 wurde die hochverschuldete Herrlichkeit Oldersum an die damals auf einem wirtschaftlichen Höhepunkt befindliche Stadt Emden verkauft. 1744 wurde Oldersum mit der Eingliederung Ostfrieslands nach Brandenburg preußisch.
Erst ab Anfang des 20. Jahrhunderts gab es weitere Siedlungstätigkeit in Oldersum, zuerst einige Villen wohlhabenderer Bürger an der Bahnhofstraße (heute An der Rotbuche), dann kleinere Wohnhäuser an der Auricher Landstraße (ab 1926) und an der Tergaster Straße (1935). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Siedlungsfläche erheblich erweitert.
Am 1. Oktober 1932 trat ein Gesetz zur Verwaltungsreform in Kraft: verschiedene Gemeinden östlich von Emden, darunter Oldersum, und der Kreis Weener, wurden in den neuen Landkreis Leer eingegliedert.
Am 28. September 1972 sprach sich der Oldersumer Gemeinderat nach langer Diskussion für den Beitritt zur neu zu gründenden Gemeinde Moormerland aus, vier Ratsmitglieder stimmten für eine künftige Zugehörigkeit zur Stadt Emden.
Nahezu alle wichtigen Bauzeugnisse aus der wechselvollen Geschichte Oldersums wurden im vergangenen Jahrhundert zerstört. Die Kirche fiel einem Schadensfeuer zum Opfer, den anderen Gebäuden wie Burg, Mühle, Bahnhof und vielen Bürgerhäusern wurde die „Nutzung entzogen“, sie verfielen und wurden schließlich abgerissen oder standen dem Ausbau von Verkehrswegen im Wege.
Einwohnerentwicklung (amtliche Zählungen):
- um 1600: rund 800 Personen (Schätzung)
- 1751: 706 Einwohner
- 1808: 840
- 1842: 990
- 1855: 1110
- 1910: 1170
- 1939: 1291
- 1950: 1902 (darunter 397 Heimatvertriebene)
- 1973: etwa 1600
Oldersumer Kirchen
Etwa um 1400 wurde auf dem höchsten Punkt der Warft im gotischen Stil eine steinerne, einschiffige Kirche errichtet, vermutlich anstelle einer älteren, möglicherweise hölzernen, Kirche. 1526 fand hier im Zuge der Reformation das für die ostfriesische Kirchengeschichte bedeutende Oldersumer Religionsgespräch statt; seitdem ist der weitaus überwiegende Teil der Herrschaft Oldersum evangelisch-reformiert. In der Kirche befand sich ein Grabgewölbe für die Oldersumer Häuptlinge, eine erste Orgel wurde vermutlich um 1450 eingebaut. 1580 hatte die Kirche vermutlich einen Zwiebelturm, ab 1633 vermutlich Umbau zur achteckigen Spitze. 1796 wurde eine neue Orgel von Johann Friedrich Wenthin, Emden, eingebaut. Die alte Oldersumer Kirche brannte in der Nacht vom 8. auf den 9. Januar 1916 aufgrund eines technischen Defektes völlig aus und wurde noch im selben Jahr abgerissen, einschließlich des Turms, des sogenannten „schiefen Turms von Oldersum“.[2] Auch die Wenthin-Orgel sowie Kanzel und Kirchenbänke wurden zerstört.
Nach einer Übergangszeit mit Gottesdiensten im Saal des Hotels Brand wurde 1921/22 eine neue Kirche errichtet, einschließlich Kanzel und Bänke, 1925/26 eine Empore eingebaut, 1927 ein Messingleuchter angeschafft und 1935 eine Orgel von Friedrich Klassmeier, Lemgo, eingebaut. Die Kirche erhielt erst 1956 einen separaten Glockenturm, nachdem man übergangsweise einen hölzernen Glockenturm nutzte, 2009 mit drei Glocken. 1965 erhielt die Kirche eine Orgel von Karl Schuke, Berlin, die im Jahre 2004 durch ein Instrument des Orgelbauers Jürgen Ahrend, Leer-Loga, ersetzt wurde.
Weitere Kirchen
1461 wird in Monnikeborgum, einem Vorwerk des Klosters Ihlow, eine Kapelle erwähnt.
1954 wurde am Heereweg eine römisch-katholische Kirche für die vielen aufgenommenen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge gebaut.
Bis nach dem Zweiten Weltkrieg existierte auch eine Kirche der Baptisten in Oldersum, die heute als „Klottjehus“ des Heimatvereins dient.
Infrastruktur
Heute sind an wichtigen „zentralörtlichen Funktionen“ vorhanden: ein Arzt, ein Zahnarzt, eine Apotheke, weitere medizinische Berufe wie Physiotherapeut, ein Verbrauchermarkt, eine Grundschule und ein Kindergarten.
Oldersum in der Literatur
Der Schriftsteller Fritz Gerhard Lottmann veröffentlichte 1918 den niederdeutschen Roman Dat Hus sünner Lücht, der die Geschichte eines Oldersumer Lehrers und weiterer Personen sowie das „alte“ Oldersum beschreibt.
Weblinks
- Private Seite für Oldersum
- Oldersum im 20. Jahrhundert
- Geschichte der Juden in Oldersum
- Jüdische Genealogien (Oldersum)
Einzelnachweise
- ↑ Ostfriesisches Urkundenbuch Nr. 143, 144; weitere Schreibweise laut Urkundenbuch: 1428 ff. Uldersum).
- ↑ vgl. plattdeutscher Roman Dat Hus sünner Lücht von Fritz Gerhard Lottmann
Koordinaten: 53° 20′ N, 7° 20′ O