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Kammerwinkel

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Der Kammerwinkel (Angulus iridocornealis) ist die Struktur des Auges, die sich zwischen Hornhaut (Cornea) und Iris befindet. Durch ihn fließt das Kammerwasser ab. Ist er krankhaft verändert, kann es zur Ausbildung eines Glaukoms kommen.

Anatomie

Es lassen sich (von vorne nach hinten) folgende Strukturen unterscheiden:

  • Schwalbe-Linie: Sie liegt am weitesten vorne und erscheint als zarte graue Linie; sie ist die Grenze zwischen Hornhautendothel und Trabekelmaschenwerk.
  • Trabekelwerk: Man unterscheidet einen vorderen, unpigmentierten Anteil im Anschluss an die Schwalbe-Linie mit weißlicher Farbe und einen hinteren funktionellen, meist pigmentierten Anteil. Im hinteren Anteil erfolgt der Kammerwasserabfluss über den Schlemm-Kanal.
  • Skleralsporn: vorderster Anteil der Sklera; er erscheint als prominente, weiße Linie zwischen funktionellem Trabekelwerk und Ziliarkörperband, es sei denn, die Struktur ist durch eine starke Pigmentierung überlagert.
  • Ziliarkörperband: Teil des Ziliarmuskels zwischen Irisbasis und Skleralsporn; es erscheint grau bis dunkelbraun.

Klinische Bedeutung

Weite des Kammerwinkels

Die Weite des Kammerwinkels ist von klinischer Bedeutung, da ein enger Kammerwinkel mit einem erhöhten Risiko für die Ausbildung eines akuten Glaukomanfalls oder eines chronischen Engwinkelglaukoms einhergeht.

Zur Einteilung der Kammerwinkelweite wurden mehrere Systeme vorgeschlagen, wobei sich die Einteilung nach Shaffer durchgesetzt hat:

  • Grad 0 (0°): verschlossener Kammerwinkel (irido-kornealer Kontakt).
  • Grad I (10°): sehr enger Kammerwinkel (nur Schwalbe-Linie sichtbar), Verschluss sehr wahrscheinlich.
  • Grad II (20°): mäßig enger Kammerwinkel (Trabekelwerk sichtbar), Verschluss möglich.
  • Grad III (20–35°): offener Kammerwinkel (bis hin zum Skleralsporn einsehbar), Verschluss unwahrscheinlich.
  • Grad IV (35–45°): sehr weiter Kammerwinkel (Ziliarkörperband sichtbar), Verschluss unmöglich.

Eine analoge, alternative Einteilung erfolgt nach Scheie. Ziel dieser Einteilungen ist es im wesentlichen, das Risiko eines Glaukomanfalls durch Winkelblock abzuschätzen.

Das hierfür notwendige Untersuchungsverfahren heisst Gonioskopie (s.u.) und erfolgt mit Hilfe eines Kontaktglases. Eine indirekte Beurteilung der Kammerwinkelweite durch Abschätzen des Abstands zwischen der Hornhautrückfläche und der Iris erfolgt durch eine Spaltlampenuntersuchung (Methode nach van Herick). Als bildgebende Verfahren zur Beurteilung der Kammerwinkelweite stehen die Ultraschallbiomikroskopie sowie die Scheimpflugkamera zur Verfügung.

Bei höherer Weitsichtigkeit, Katarakt und bei Asiaten ist der Kammerwinkel oft enger.

Erkrankungen

Operationen des Kammerwinkels

Bei der Lasertrabekuloplastik ist der Kammerwinkel auch das Ziel eines operativen Verfahrens zur Senkung des Augeninnendrucks.

Untersuchungstechnik

Das augenheilkundliche Verfahren zur Untersuchung des Kammerwinkels im Auge nennt sich Gonioskopie.

Aus optischen und anatomischen Gründen wird Licht, das in Richtung Kammerwinkel fällt, von der Hornhautoberfläche reflektiert, sodass diese Region einer direkten Beobachtung nicht zugänglich ist. Deshalb ist die Untersuchung des Kammerwinkels nur mit einer zusätzlichen optischen Hilfe, dem Kontaktglas (oder Gonioskop), möglich.

Durchführung

Die Gonioskopie wird mit einem Kontaktglas durchgeführt, das in diesem Zusammenhang auch als Gonioskop bezeichnet wird. Man unterscheidet zwischen direkter und indirekter Gonioskopie. Gläser für die indirekte Gonioskopie (z.B. Goldmann-Dreispiegelglas, Zeiss-Vierspiegelglas) sind am gebräuchlichsten.

  • Das Goldmann-Dreispiegelkontaktglas hat 3 Spiegel: 2 Spiegel für die Untersuchung der Netzhautperipherie sowie einen weiteren für die Untersuchung des Kammerwinkels (Neigungswinkel von 59°). Die Untersuchung erfolgt an der Spaltlampe nach Oberflächenanästhesie, wobei eine visköse Substanz zwischen Hornhaut und Kontaktglas erforderlich ist. Durch Drehen des Dreispiegelkontaktglases um 360° kann der Kammerwinkel zirkulär eingesehen werden.
  • Das Zeiss-Glas hat 4 Spiegel mit einem Neigungswinkel von 64° . Es ist daher keine Drehung des Glases bei der Untersuchung erforderlich. Aufgrund des flacheren Krümmungsradius ist eine visköse Substanz nicht erforderlich. Durch Druck auf die Hornhaut kann mit dem Zeiss-Glas eine Flüssigkeitsumverteilung in der vorderen Augenkammer erreicht werden, sodass der Kammerwinkel aufgeweitet wird. Dadurch kann ein spitzwinkliger, nicht einsehbarer Kammerwinkel so weit aufgeweitet werden, dass Goniosynechien eingesehen werden können. Durch diese sog. Eindellgonioskopie kann ein akutes Winkelblockglaukom ohne Goniosynechien von einem chronischen Winkelblockglaukom mit Goniosynechien unterschieden werden.

Siehe auch