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Theodor Fischer

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Theodor Fischer 1933

Theodor Fischer (* 28. Mai 1862 in Schweinfurt; † 25. Dezember 1938 in München) war ein deutscher Architekt und bedeutender Stadtplaner von der Jahrhundertwende bis in die 1920er Jahre.

Leben

Theodor Fischer studierte nach dem Abitur am humanistischen Gymnasium ab 1880 bis 1885 Architektur in München. Er war ein Schüler von Friedrich von Thiersch, wandte sich aber bald von dem von Thiersch gelehrten Historismus ab und verließ die Hochschule ohne Diplom. Zunächst arbeitete er 1886–89 im Bau-Büro des Reichstags für Paul Wallot in Berlin. An eine Bürogemeinschaft mit dem Dresdner Architekten Richard Reuter 1889–1892 schloss sich eine Zusammenarbeit mit Gabriel von Seidl in München an. 1893 wurde er Vorstand des Münchner Stadterweiterungsreferats (bis 1901). In dieser Position stellte er einen Generalbebauungsplan für München auf, der bis zum Zweiten Weltkrieg verbindlich galt und die Staffelbauordnung, die bis Anfang der 1990er Jahre akzeptiert wurde. 1901–1908 folgte er einem Ruf an die Technische Hochschule Stuttgart als Professor für Bauentwürfe einschließlich Städteanlage. Vertreter der „Stuttgarter Schule“ (z.B. Bonatz, Schmitthenner, Wetzel) betrachteten ihn als ihren „geistigen Vater“. 1908 erhielt Fischer einen Ruf als Professor für Baukunst an die damalige Technische Hochschule München (Aufnahme der Lehrtätigkeit 1909). Im gleichen Jahr verlieh ihm die Universität Jena den Titel Dr. h.c. (1908 Fertigstellung des von F. entworfenen Universitätsgebäudes). 1919 wurde er Mitglied der Berliner Akademie der Bildenden Künste. 1928 emeritierte Fischer.

Fischer starb 1938 in München und wurde auf dem Waldfriedhof in München bestattet. Er war verheiratet und hatte einen Sohn (Wilhelm, 1894-1945) und eine Tochter (Lore, 1896-1987).

Fischer war Mitbegründer und 1. Vorsitzender des Deutschen Werkbundes (1907) sowie Mitglied der deutschen Gartenstadtgesellschaft. Er war beratend und gestalterisch an der Entstehung der ersten deutschen Gartenstadt, Hellerau, beteiligt. Er ist bekannt für seinen eigenen Stil zwischen Historismus und Jugendstil, die er beide als alleinige Grundlage für das Entwerfen ablehnte: Er versuchte stets mit den Gegebenheiten vor Ort zu arbeiten und sich in die regionalen Besonderheiten zu vertiefen (sozio-kulturell). Die sozialen Auswirkungen seiner Ideen und Pläne auf die zukünftigen Bewohner und Nutzer waren ihm wichtig.

Berühmte Schüler Fischers sind beispielsweise: Richard Riemerschmid, Dominikus Böhm, Paul Bonatz, Ella Briggs, Hugo Häring, Ernst May, Erich Mendelsohn, J. J. P. Oud, Bruno Taut, Heinz Wetzel, Lois Welzenbacher, Oskar Pfennig, Martin Elsaesser und Paul Schmitthenner. Die Architekten Sigurd Lewerenz, Herbert Rimpl und Willibald Braun, Siegmund von Suchodolski waren Mitarbeiter Fischers; der Münchner Architekt Oskar Pixis war von 1908 bis 1936 Chef des Architekturbüros von Fischer in München-Laim.

Auszeichnungen

Bauten

Die Liste nennt die ausgeführten Werke Fischers chronologisch nach dem Jahr der ersten Entwürfe. Die tatsächliche Realisierung war teilweise etwas später.

Schönbergturm bei Pfullingen
  • Leichenhaus in Rothenburg ob der Tauber, 1902
  • Gmindersdorf, Arbeiterkolonie der Ulrich Gminder GmbH in Reutlingen, 1903–1915
  • Wohnhaus in Stuttgart, 1903
  • Postgebäude in Friedrichshafen, 1904
  • Lagerhaus in Ostheim (Württemberg), 1904
  • Pfullinger Hallen („Ton- und Turnhalle“ für die Pfullinger Vereine), Pfullingen, 1904–1907
  • Erlenhof bei Pfullingen, 1904
  • Umbau des Bahnhofes in Plochingen, 1904
  • Landesbank in Stuttgart, 1904
  • Arbeiterwohnhäuser an der Weberstraße in Stuttgart, 1904
  • Hauptgebäude der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 1904–1908
  • Einfamilien-Wohnhaus in Kiel, 1905
  • Volksschule an der Hirschstraße in München 1905
  • Schönbergturm auf dem gleichnamigen Berg südlich von Pfullingen, über dem Echaztal, 1905
  • Gustav-Siegle-Haus (heute Philharmonie) in Stuttgart, 1905 (realisiert 1910-1912, im Krieg zerstört und 1953-1954 von Prof. Martin Elsaesser wiederaufgebaut)
  • Gemeinschaftshaus „Cornelianum“ in Worms 1905–1913
  • Volksschule in Binsdorf (Württemberg), 1906
  • Renovierung der evangelischen Johanneskirche in Brackenheim, 1906
  • Arbeiterwohnhäuser in Pfullingen, 1906
  • Heusteigschule in Stuttgart, 1906
  • Zeitungskiosk in Stuttgart, 1906
  • Erlöserkirche in Stuttgart, 1906–1908
  • Restaurant im Konversationshaus in Baden-Baden, 1907
  • Einfamilienhaus in Fischbach (Bodensee), 1907
  • Volksschule in Friedrichshafen (Bodensee), 1907
  • Volksschule in Höfen an der Enz, 1907
  • Hessisches Landesmuseum in Kassel, 1907–1912
Hessisches Landesmuseum in Kassel
  • Studentenheim „Seeburg“ in Kiel, 1907
  • Höhere Mädchenschule in Sondershausen (Württemberg), 1907
  • Evangelische Erlöserkirche in Stuttgart, 1907
  • Sparkasse in Freudenstadt, 1908
  • Universitätshauptgebäude in Jena, 1908
  • Camsdorfer Brücke in Jena, 1908
  • Pauluskirche, ehem. evangelische Garnisonskirche, Frauenstraße in Ulm, 1908–1910
  • Einfamilienhäuser in der Gartenstadt Hellerau bei Dresden, 1909
  • Haus der Studentenverbindung „Germania“ in Jena, 1909
  • Volksschule und Betsaal in Lana (Südtirol, damals Österreich), 1909
  • Neues Polizeigebäude in München, 1909–1915
  • Wohnbauten in München-Neu-Westend, 1909
  • Einfamilienhäuser in München-Neuwittelsbach, 1909
  • Einfamilienhaus in Schweinfurt, 1909
  • Kunstgebäude am Schlossplatz in Stuttgart, 1909–1913 (1956–1961, nach Kriegszerstörung, durch Paul Bonatz und Günther Wilhelm verändert wiederhergestellt)
  • Einfamilienhaus und Grabdenkmal in Tübingen, 1910
  • Postgebäude in Hall in Tirol (Österreich), 1910
  • Wohnbauten der Baugesellschaft Westend in München, 1910
  • Haus Glöckle in Schweinfurt, 1910
  • Arbeiterwohnkolonie in Limburgerhof (Pfalz), 1911
  • Siedlung in München-Laim 1911
  • Sommerhaus Fischer in Schlederloh (Isartal), 1911
  • Umbau ehem. Augustiner-Kirche in München (Weißer Saal)", 1914/15 Einbau der Treppenanlage im ehemaligen Chor
  • Schlossanlage in Forbach (Moselle), 1912–1914
  • Museum in Wiesbaden, 1912–1915
  • Einfamilienhaus in Kassel, 1913
  • Evangelische Interimskirche in München-Laim (heute: Paul-Gerhardt-Kirche), 1913
  • Einfamilienhaus in Traunstein (Obb.), 1913
  • Landwirtschaftliche Winterschule in Fürth (Bayern), 1914
  • Haupthalle der Werkbundausstellung in Köln, 1914
  • Volksschule in Landau in der Pfalz, 1914
  • Haushaltsschule in Lindenberg im Allgäu, 1916
  • „Gasthof zum Rößle“ in Lindenberg im Allgäu, 1916
  • Fabrikanlage für die Bayerischen Geschützwerke in München-Freimann, 1916
  • Einfamilienhaus in Blaichach (Bayern), 1918
  • Wohnbauten der Baugenossenschaft in Marktredwitz, 1918
  • Siedlung „Alte Haide“ München-Nordschwabing, 1919–1930
  • Bauten für eine Wohnbaugenossenschaft in Nördlingen, 1918
  • Gasthaus der Baugenossenschaft in Marktredwitz, 1918
  • Einfamilienhaus in München-Bogenhausen, 1919
  • Wohnbauten des Bauvereins in Schweinfurt, 1919
  • Silo „Mühlturm“ in Bad Tölz, 1919
  • Evangelisch-lutherische Pfarrkirche in Gauting, 1921-1928
  • Umbau des Rathauses in Nördlingen, 1921
  • Wohnhaus in Bad Orb, 1921
  • Sparkassengebäude in Würzburg, 1921–28
  • Industrie-Verwaltungsgebäude in Schweinfurt, 1923
  • Landwirtschaftsschule in Kaufbeuren, 1924
  • Evangelische Waldkirche in Planegg, 1925–1926 (wichtigstes Spätwerk)[1]
  • Einfamilienhaus in Sonthofen, 1925
  • Evangelische Kirche und Gemeindesaal in München-Laim, 1925
  • Landwirtschaftsschule in Nördlingen, 1925
  • Einfamilienhaus in Bamberg, 1926
  • Ledigenheim München, 1927
  • Kunsthaus an der Goethestraße in München, 1928
  • Garage und Fahrschule in München, 1928
  • Wohnhaus an der Luisenstraße in München, 1928
  • Gewerbehalle in Bad Tölz, 1928
  • Erweiterungsbau der Löwenbrauerei in München, 1935
„Laimer Schlössl“

Außerdem erwarb er das verfallene, unter dem Bayerischen Kurfürsten Max Emanuel errichtete Wirtschaftsgebäude an der Agnes-Bernauer-Straße in München und ließ es umfangreich renovieren. Das „Laimer Schlössl“ stellt heute eines der Sehenswürdigkeiten von München-Laim dar.

Denkmäler

  • Familiengrabstätte Fischer in Schweinfurt, 1895
  • Zierbrunnen in der Au, 1897
  • Winthirbrunnen in München-Neuhausen, 1901 (im Krieg zerstört)
  • Denkmal 100 Jahre Bayern in Schweinfurt, 1902
  • Grabdenkmal in Leoni am Starnberger See, 1903
  • Rückert-Brunnen im Schlossgarten in Erlangen, 1904
  • Grabdenkmal in Worms, 1904
  • Brunnen am Bismarckturm am Starnberger See, 1908
  • Grabdenkmal in Stuttgart, 1909
  • Bismarck-Denkmal in Nürnberg, 1911
  • Grabmal in Tübingen, 1912
  • Grabdenkmal in Stuttgart, 1914
  • Grabdenkmal in Heidelberg, 1915
  • Kriegerdenkmal in Zabern (Elsaß), 1916
  • Grabdenkmal in Schweinfurt, 1917
  • Grabdenkmal in Tübingen, 1921
  • Ulanendenkmal in Bamberg, 1921
  • Kriegerdenkmal in Schweinfurt, 1925
  • Grabdenkmal in Worms, 1925

Sonstiges

Das Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München vergibt jährlich den Theodor-Fischer-Preis als internationalen Nachwuchsförderpreis für herausragende Forschungsarbeiten zur Architekturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.[2]

Quellenangaben

  1. http://www.waldkirche-planegg.de/kirche/kircheaussen.html
  2. http://www.zikg.lrz-muenchen.de/main/forsch/stipendi.htm#Theodor-Fischer-Preis

Filme

Theodor Fischer, Bayerischer Architekt und Städteplaner, BR 2005, Eine Filmdokumentation von Bernhard Graf

Literatur

  • Ulrich Hangleiter: Theodor Fischer als Kirchenbauer, Anton H. Konrad Verlag Weißenhorn 1999, ISBN 3-87437-424-6
  • Hans Karlinger: Theodor Fischer. Ein deutscher Baumeister, Callwey München 1932
  • Ulrich Kerkhoff: Eine Abkehr vom Historismus oder ein Weg zur Moderne, Theodor Fischer , Karl Krämer Verlag Stuttgart 1987, ISBN 3-7828-1493-2
  • Winfried Nerdinger: Theodor Fischer. Architekt und Städtebauer 1862-1938, Wilhelm Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften, Berlin 1988, ISBN 3-433-02085-X (Ausstellungskatalog der Architektursammlung der TU München und des Münchner Stadtmuseums)
  • Rudolf Pfister: Theodor Fischer, Leben und Wirken eines deutschen Baumeisters, Callwey München 1968
  • Suzane von Seckendorff: Theodor Fischer in Laim, Auf den Spuren des 'Zeus von Laim', Buch zur Ausstellung, München, INTERIM 2003/2004, Münchner Forum e.V.
  • Theodor Fischer: Sechs Vorträge über Stadtbaukunst, Nachdruck der Erstausgabe von 1919, Herausgegeben von Matthias Castorph, Franz Schiermeier Verlag München, ISBN 978-3-9811425-7-0