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Dolní Věstonice

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Dolní Věstonice
Wappen von Dolní Věstonice
Dolní Věstonice (Tschechien)
Dolní Věstonice (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Region: Jihomoravský kraj
Bezirk: Břeclav
Fläche: 876 ha
Geographische Lage: 48° 53′ N, 16° 39′ OKoordinaten: 48° 53′ 16″ N, 16° 38′ 57″ O
Höhe: 174 m n.m.
Einwohner: 327 (2005)
Postleitzahl: 691 29
Struktur
Status: Gemeinde
Ortsteile: 1
Verwaltung
Bürgermeister: Jiří Klanica (Stand: 2006)
Adresse: Dolní Věstonice 7
691 29 Dolní Věstonice
Website: www.obecdolnivestonice.cz

Dolní Věstonice (deutsch Unterwisternitz) ist heute eine Gemeinde mit 327 Einwohnern in der Südmährischen Region. Sie liegt 10 km nördlich von Mikulov (Nikolsburg). Der Ort ist als ein Straßenangerdorf angelegt.

Geographie

Unterwisternitz liegt am Fuße der Pollauer Berge sowie am Ufer des „südmährischen Meeres“, das in den 80er Jahren durch die Aufstauung der Thaya entstanden ist. Die Nachbarorte sind im Norden Strachotín (Strachotín), im Süden Oberwisternitz (Horni Věstonice) und im Osten Pollau (Pavlov).

Geschichte

Archäologische Ausgrabungen zeigen, dass die Region schon im Jungpaläolithikum besiedelt war. In den seit 1924 (mit Unterbrechungen) durchgeführten Grabungen wurde eine dichte Besiedlung durch Mammutjäger aus der Zeit des Gravettien freigelegt. Von besonderer Bedeutung sind mehrere gravettienzeitliche Bestattungen, darunter eine 1987 gefundene Dreifachbestattung. In der sogenannten „Hütte des Schamanen“ wurden Tierfiguren aus gebranntem Löss sowie die Überreste zweier Brennöfen gefunden (älteste Objekte dieser Art neben Krems-Wachtberg und Krems-Hundssteig). Das berühmteste Fundstück ist die ebenfalls aus Ton gebrannte Venus von Dolní Věstonice.

Aus dem Frühmittelalter (Großmährisches Reich) gibt es Reste einer befestigten Siedlung. Später ließen sich hier deutsche Siedler nieder, welche aus dem bayrischen Raum stammten. Diese Mundart mit speziellen Bairischen Kennwörtern wurde bis zur Vertreibung 1945 gesprochen.[1] Dies 1312 wurde der Ort urkundlich erwähnt, 1460 erhielt er Stadtrecht. Die Matriken wurden seit 1579 geführt.[2] Seit dem Anfang des 16. Jahrhundert siedelten hier Hutterer, die jedoch 1622 vertrieben wurden. Die meisten Hutterer zogen nach Siebenbürgen weiter.[3] Doch bereits vorher bekämpften die Jesuiten, auf Wunsch Adams von Dietrichstein, den neuen Glauben. Im Dreißigjährigen Krieg kommt es 1619 zu einem Gefecht zwischen Aufständischen und Kaiserlichen in der Nähe der Ortschaft auf der Peterwiesen. Hierbei sollen an die 3000 Kaiserlichen gefallen sein. Im darauf folgenden Rückzug lässt der kaiserliche Befehlshaber Dampierre das Dorf anzünden. Ab 1662 wurden Grundbücher im Ort geführt. Während der Napoleonischen Kriege wurde Unterwisternitz von französischen Truppen heimgesucht, welche große Mengen an Wein requirierten.

Die Bevölkerung von Unterwisternitz lebten größtenteils von der Landwirtschaft. Hierbei nahm der seit Jahrhunderten gepflegte Weinbau eine besondere Rolle ein. Neben dem üblichen Kleingewerbe besaß Unterwisternitz eine herrschaftliche Mühle, einen Ziegenofen, ein Brauhaus und zwei Betonwarenerzeugungen. Die Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr erfolgte im Jahre 1880. Nach der Einführung der Telegraphie in Österreich-Ungarn wurde im Jahre 1898 Unterwisternitz an das Telegraphennetz angeschlossen.

Nach dem Ersten Weltkrieg zerfiel der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn. Durch den Friedensvertrag von Saint-Germain wurde Unterwisternitz zum Bestandteil der neuen Tschechoslowakischen Republik. In der Zwischenkriegszeit kam es durch Neubesetzung von Beamtenposten zu einem Zuzug von Personen mit tschechischer Identität. Im Jahre 1922 wurde die herrschaftliche Mühle verkleinert und zu einer Dampfmühle umgebaut. Ebenso wurde zwei Jahre später das Brauhaus in eine Molkerei umgewandelt. Die Elektrifizierung erfolgte im Jahre 1927. Ebenso wurde Unterwisternitz im Jahre 1936 an das Telefonnetz angeschlossen. Nach dem Münchner Abkommen rückten im Oktober 1938 deutsche Truppen im Ort ein. Die darauf folgende staatliche Zugehörigkeit zum Gau Niederdonau dauerte bis 1945.

Im April 1945 wird die Ortschaft von der Roten Armee besetzt, wobei die Wehrmacht bei ihrem Rückzug die Thayabrücken sprengte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam die Gemeinde wieder zur Tschechoslowakei zurück. Aufgrund der Beneš-Dekrete erfolgte 1945/1946 die Vermögenskonfiskation und die Vertreibung der deutschen Bewohner von Unterwisternitz.[4] der deutschen Ortsbewohner nach Deutschland und Österreich. Die Hälfte der Vertriebenen bauten sich in Österreich ein neues Leben auf, während der Rest, aufgrund von sowjetischen Bestimmungen, nach Bayern und Baden-Württemberg abgeschoben werden musste[5]. Vier Personen wanderten in andere europäische Staaten und eine Person in die USA aus. Der Ort wurde neu besiedelt.

Wappen und Siegel

Ein Ortssiegel ist seit 1490 bekannt. Das Siegel besteht aus einem Schild, welches eine Brücke, darüber zwei Weintrauben und darunter zwei Fische abbildet. Im Laufe der Jahrhunderte änderte sich das Siegel, beinhaltete aber immer die gleichen Figuren. Auch ein identes Wappen ist vorhanden.[6]

Einwohnerentwicklung

Volkszählung Einwohner gesamt Volkszugehörigkeit der Einwohner
Jahr Deutsche Tschechen Andere
1793 630
1836 766
1869 779
1880 752 742 0 10
1890 826 812 1 13
1900 842 835 6 1
1910 771 768 3 0
1921 686 658 10 18
1930 688 642 36 10
1939 633
Quelle: 1793, 1836, 1850 aus: Südmähren von A-Z, Frodl, Blaschka
Sonstige: Historický místopis Moravy a Slezska v letech 1848–1960, sv.9. 1984

Baudenkmäler

  • Pfarrkirche zum hl. Michael, um 1400 Pfarre urkundlich erwähnt. 1581 Umbau und Erweiterung. 1724 - 1743 neuerliche Erweiterung mit barocker Umgestaltung durch Ignaz Lengelacher und seine Werkstätte.
  • Pfarrhaus (1850)
  • Marienstatue (1700)
  • Volksschule (Kaiser-Franz-Josef-Jubiläums-Volksschule aus dem Jahre 1898)
  • Schulgebäude (1575, 1812 aufgestockt)

Tourismus

  • Fundstücke der Ausgrabungen in einem Museum im Ort
  • landschaftlich reizvolle Umgebung im Biosphärenreservat Untere Morava
  • Freizeitangebote wie Wassersport und Fischfang

Brauchtum

Die insgesamt sechs Jahrmärkte waren am Montag nach Dreikönig (6.1.), nach Josef (19.3), nach dem 1. Mai, nach Jakobus (25.7), nach Matthäus (21.9) und nach Andreas (30.11).

Bis ins 20. Jahrhundert wurden in Unterwisternitz Hüterstangen und Weingartenhütten errichtet. An der Hüterstange war ein Bündel Kräuter befestigt, welche böse Geister abwehren sollten. In der Weingartenhütte selbst saß der Hüter, welche die Weingärten vor Diebstahl und Wildschäden bewahrte.[7]

Sagen und Mythen aus dem Ort

Unter den deutschen Ortsbewohnern gab es eine Vielzahl von Mythen:

  • Die Feuermannderl
  • Warum hier so viele Felberbam stehen
  • Der Hexentritt von Unter-Wisternitz [8]
  • Herenumzug (=Hexenumzug)
  • Die Goldhenne[9]

Quellen

  • Georg Dehio, Karl Ginhart: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler in der Ostmark, Band 1 Wien und Niederösterreich, 2 Auflage, Wien 1941, Unter-Wisternitz Seite 471.
  • Bruno Kaukal: Die Wappen und Siegel der südmährischen Gemeinden, 1992
  • Gerald Frodl, Walfried Blaschka: Kreis Nikolsburg von A–Z. 2006, Unter-Wisternitz Seite 13,
  • Vorlage:ISBN

Literatur

  • Franz Joseph Schwoy: Topographie vom Markgrafthum Mähren. 1793, Unterwisternitz Seite 445
  • Karl Absolon: Die Erforschung der diluvialen Mammutjäger-Station von Unterwisternitz an den Pollauer Bergen in Mähren. (1938)
  • Karl Jüttner: Ein burgwallzeitiges Gräberfeld bei Unter Wisternitz. 1941
  • Bohuslav Klíma: Dolní Věstonice (1963)
  • Anton Kreuzer: Das Gefecht bei Unterwisternitz am 5. August 1619
  • Adalbert Oberleitner: Unterwisternitz im Wandel der Zeiten. 1967
  • Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren. 1990, Unterwisternitz Seite 37

Einzelnachweise

  1. Kleindienst:Die Siedlungsformen, bäuerliche Bau- und Sachkultur Südmährens,1989,S.9
  2. Generalvikariat Nikolsburg: Kirchlicher Handweiser für Südmähren
  3. Längin:Die Hutterer, 1986, S.237
  4. Archiv Mikulov : Odsun Němcå – transport odeslaný dne 20.kvĕtna 1946,
  5. Frodl, Schickl: Geschichte Südmährens Band III, 2001, S.232f
  6. Liechtenstein-Archiv Wien/Vaduz, 1312/1336, 1414, 1490; Codex diplomaticus et episotlaris Moraviae VII/1; Statní oblastní archiv, Brno D 6/38, D 7/411, G 140/345; Okresní archiv Lundenburg;
  7. Kleindienst:Die Siedlungsformen, bäuerliche Bau- und Sachkultur Südmährens,1989,S.200
  8. Zuckriegl: Im Märchenland der Thayana, 2000, Eigenverlag, S. 179f
  9. Oberleitner/Matzura: Südmährische Sagen, 1921, S.122fer