Zum Inhalt springen

Römisches Militärlager

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. April 2010 um 21:02 Uhr durch Mediatus (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Rekonstruktionsversuch des Limeskastells Biriciana in Bayern.
Modell des römischen Lagers in Bonn

Das Römische Militärlager (lat. Castrum, Einzahl; Castra, Mehrzahl; für: befestigter Ort), auch Kastell (von lateinisch castellum, Verkleinerungsform von castrum), war ein wesentliches Element des römischen Heerwesens. Zusätzlich zu seiner Funktion als Ausgangspunkt für militärische Operationen oder als kurzfristiger Standort vor Schlachten hatten insbesondere die ständigen Garnisonen aufgrund ihrer Wirtschaftskraft wesentlichen Anteil an der Romanisierung der eroberten Gebiete. Zahlreiche Städtegründungen gehen auf ursprünglich militärische Standorte der Römer zurück.

Die Größe der Anlagen richtete sich nach den jeweiligen Erfordernissen, wobei es neben Garnisonen auch Nachschublager gab. Ebenso sind militärische Fundplätze bekannt, die möglicherweise unter anderem spezielle Aufgaben zu erledigen hatten. Ein wesentlicher Faktor für den Umfang römischer Kastelle ist zudem die historische Entwicklung in Zusammenhang mit den baulichen Strukturen, da sich deren Aussehen im Laufe der Jahrhunderte stark wandelte.

Legionslager; die obere Seite ist dem Feind zugewandt 1 Principia 2 Via Praetoria 3 Via Principalis 4 Porta Principalis Dextra (rechtes Tor) 5 Porta Praetoria (Haupttor) 6 Porta Principalis Sinistra (linkes Tor) 7 Porta Decumana (Hintertor) Die Straße von der Porta Decumana bis zur Via Principalis ist die Via Decumana
Masada, Israel

Grundformen

Die römischen Legionslager waren bis in das 3. Jahrhundert n. Chr. nach einem offensichtlich stark vereinheitlichtem Grundschema angelegt. Die sehr häufig rechteckige Lagerumwehrung besaß zumeist abgerundete Ecken, in denen Wachtürme standen. Nach allen vier Himmelsrichtungen öffnete sich meist je ein Tor, durch das die vier Lagerhauptstraßen rechtwinkelig traten und im Mittelpunkt des Kastells zusammenliefen. Die wichtigste Ausfallstraße war die Via praetoria, welche zum Haupttor (Porta praetoria; 5) hinausführte. Dort befand sich auch die Prätorialfront, die dem Feind zugewandte Lagerseite. Zu den beiden Schmalseiten führte die Via principalis dextra und die Via principalis sinistra an deren Endpunkt die Porta principalis dextra (4; das rechte Tor) und die Porta principalis sinistra (6; das linke Tor) lag. Rückwärtg befand sich die Via decumana, die mit der Porta decumana (7) korrespondierte.

Am Kreuzungspunkt der beiden Hauptstraßen, genannt locus gromae, nach dem Vermessungsinstrument groma, mit dem das Lager vermessen wurde, lagen das Forum, der Versammlungsplatz, und die principia (1), das Stabsgebäude. Meist leicht seitlich versetzt davon befand sich das praetorium, das Wohnhaus des Kommandeurs. Zwischen Wall und Unterkünften befand sich ein freier Raum, der zum einen die Unterkünfte vor Beschuss schützte und zum anderen als Verkehrsfläche diente (via sagularis).

Bei größeren Lagern mit sechs Toren wurde eine weitere Hauptstraße zwischen diesen Toren freigehalten, die via quintana. Alle weiteren Straßen wurden viae vicinariae genannt.

Von der rechteckigen Form wurde bei der Errichtung von Steinlagern abgewichen, um Geländeformationen auszunutzen. Insbesondere in der Spätantike wurden die Befestigungen stark ausgebaut, dazu wurden bevorzugt natürliche Höhen ausgenutzt.

Je nach Größe des Verbandes waren noch Lazarett, Magazine, Stallungen, Werkstätten, Thermen und Verwaltungsgebäude in den Lagern untergebracht.

Marschlager

Außerhalb befriedeter Provinzen wurde jede Nacht ein Marschlager errichtet. Dieses war stets rechteckig mit abgerundeten Ecken. Hierzu wurde zunächst das Lager vermessen, danach ein Graben (fossa) von etwa 1 m Tiefe ausgehoben und die Erde nach innen aufgeschichtet, auf die Krone dieses ungefähr 60 cm hohen Erdwalls wurden die pila muralia, die jede Gruppe (contubernium) mitführte, befestigt und mit Seilen verbunden, so dass eine etwa 100 bis 120 cm hohe Palisade entstand. Die Außenseite des Walls wurde nach Möglichkeit durch Rasenziegel abgedeckt.

Die Größenangaben sind nur Durchschnittswerte, die tatsächlichen Werte hingen sehr von der Bodenbeschaffenheit und der zur Verfügung stehenden Zeit und Mannschaft ab. Je größer das Lager, desto kleiner die auf jeden Legionär entfallende Schanzarbeit; so musste bei der Errichtung eines Doppellegionslagers jeder Soldat etwa 25 cm Graben und Wall schanzen, bei einem Kohortenlager bereits ca. 1,20 m und im Falle eines Zenturienkastells bereits über 2 m. Natürlich schanzte nicht jeder Soldat, ein Teil schanzte, der Rest arbeitete an der Errichtung der Zelte bzw. Gebäude.

Stand genügend Zeit zur Verfügung, so wurde erheblich stärker geschanzt, und so konnte der Graben, auch derjenige eines Marschlagers, eine Tiefe von 3 m und eine Breite von bis zu 7 m erreichen. Der Wall wurde entsprechend auf eine Höhe von 2–3 m aufgeschüttet.

Bei einem Marschlager waren die Tore einfache Unterbrechungen im Wall, die von vorgesetzten Wällen geschützt wurden, diese vorgesetzten Wallstücke konnten auch mehrfach gestaffelt sein und auch auf der Innenseite des Hauptwalls ergänzt werden. Wurde das Lager permanent genutzt, so wurden richtige Torflügel, die von Türmen geschützt wurden, errichtet, auch wurde dann die Palisade durchgängig aus Holz errichtet und die Wallkrone zu einem echten Wehrgang ausgebaut.

Standlager

Das Standlager wurde für den dauerhaften Gebrauch errichtet, und somit fand wesentlich mehr Stein Verwendung, auch wurde Wert auf repräsentative Gestaltung der Stabsgebäude gelegt. Die Marschlager der Legionslager dienten als Modell für die Kastelle der am Limes eingesetzten Einheiten im allerdings stark verkleinerten Maßstab. Ihre grundsätzliche Gliederung entspricht der oben bereits erläuterten Bauweise.

Einrichtungen in einem Kastell

Stabsgebäude (Principia)

Beispiel einer spätantiken Principia des ausgehenden 3. oder frühen 4. Jahrhunderts. Späterer Umbau in ein Horreum (Speicherbau).

Die Principia (Mehrzahlwort!) waren das verwaltungsmäßige und religiöse Zentrum an fast jedem befestigten militärischen Standort. Durch seine Lage am Schnittpunkt der wichtigsten Straßenachsen eines Kastells wird die Bedeutung dieses Gebäudekomplexes unterstrichen. In der Literatur wird daher auch das Wort Mittelgebäude für dieses Bauwerk verwendet. Das Aussehen der Principia war in den Jahrhunderten einer Vielzahl von Veränderungen unterworfen. Durch die Steinbauten der mittleren Kaiserzeit an den römischen Grenzanlagen ist insbesonders der relativ stark normierte Grundriß dieser Epoche bekannt geworden. In der Spätantike wandelte sich das Aussehen des Verwaltungstraktes stark. Er nahm stark individuelle Formen an, die sich nach den örtlichen Gegebenheiten richteten. Sehr häufig kann die Forschung nicht einmal mehr ein eigenes Bauwerk direkt als Principia ansprechen. Und bei den wenigen bekannten spätantiken Stabsgebäuden, wie im rumänischen Kastell Dinogetia, sind die architektonischen Vorgaben der frühen und mittleren Kaiserzeit nicht mehr zu erkennen. Im folgenden wird daher nur auf das Normschema der spätrepublikanischen bis mittleren Kaiserzeit eingegangen.

Waffenkammern und Gefängnisse

Um einen zumeist rechteckigen, Innenhof mit idealtypischer Weise offenem Umgang gruppierten sich im Geviert die für eine Kommandantur notwendigen Raumfluchten. In den beiden Längsseiten konnten bei einigen Kastellen neben Verwaltungsräumen auch Waffenkammern (Armamentaria) wie beispielsweise in Künzing und Gefängnisse, wie in Pfünz nachgewiesen werden. Insbesonders von den Waffenkammern wird angenommen, daß sie auch in eigenen Gebäuden innerhalb der Garnisonen untergebracht gewesen sein konnten, da nicht jede Principia entsprechende Räumlichkeiten aufwies. Eine Inschrift aus dem niederländischen Kastell Leiden-Roomburg bezeugt den Neubau eines offenbar eigenständigen Armamentariums.

Hintere Querhalle

Die Principia des Reiterkastells Aalen. Erbaut und ausgebaut nach der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr.

Der den Innenhof rückwärtig abschließende Gebäuderiegel des Stabsgebäudes war aufgrund seiner Bedeutung zumindest in Teilen architektonisch häufig höher ausgeführt. In der Frühzeit befanden sich dort weitere Schreibstuben (Tabularia) sowie bei selbständig operierenden Einheiten das Fahnenheiligtum (Aedes), in dem die Standarten der Truppe aufbewahrt wurden und das anzubetende Kaiserbild stand. Doch bereits unter Kaiser Augustus (31 v. Chr. – 14 n. Chr.) läßt sich im Legionslager Haltern ein neues Bauelement nachweisen. Dort war zwischen den rückwärtigen Schreibstuben und dem Innenhof eine große, überdachte Querhalle installiert worden. Wie eine Inschrift aus dem englischen Kastell Reculver bezeugt, wurde diese Halle Basilica genannt. Diese Basiliken konnten wie die Markthallen auf den römischen Foren bis zu drei Schiffe besitzen und hatten zumeist wohl auch eine entsprechende Höhe. Allein der Torbogen des Hauptzuganges zur Querhalle am Legionskastell Burum in Dalmatien war 1774 noch mit neun Metern Höhe vollständig erhalten. Die Gesamthöhe der Vordermauer am Kastell South Shields in Nordengland wurde nach den Grabungen ebenfalls mit mindestens neun Metern beschrieben. Wie sich unter anderem bei den Untersuchungen im Kastell Hesselbach, Periode 2, zeigte, konnten diese Basiliken auch in Kommandanturen gefunden werden, die in reiner Holzbautechnik errichtet worden waren. Bei einer Reihe von Querhallen wurde festgestellt, daß es dort auch an den beiden Schmalseiten Räume gegeben hat. Im Legionskastell Lambaesis fanden sich dort Inschriften, die sich auf die Scholae bezogen. Dies waren in den Garnisonen die Versammlungsräume der Offiziere. Die Basilika eines Kastells diente auch zur Aufstellung von Weihealtären und Statuen. So wurde im Kastell Stockstadt noch das Fundament eines Altars an seinem ursprünglichen Standort ergraben. Es befand sich vor dem Fahnenheiligtum zu dem von der Basilika aus direkter Zugang bestand. Die auffallende Ähnlichkeit der Querhalle mit den städischen Basiliken macht deutlich, daß hier viele verwaltungstechnische, zeremonielle, religiöse und juristische Zusammenkünfte stattgefunden haben könnten. Aufgrund fehlender Zeugnisse, läßt sich zu den Funktionen dieses Bautraktes jedoch nichts näheres sagen. Die Bedeutung der Querhalle hat offenbar im fortschreitenden 2. Jahrhundert abgenommen. Beispielsweise besitzt die 163/164 n. Chr.[1] errichtete Principia des Reiterkastells Aalen am rätischen Limes bereits keine solche Halle mehr. Hier könnte die mächtige Vorhalle, die als Kopfbau den Principia vorgelagert war, deren Funktion miterfüllt haben. Warum einige Kastelle eine hintere Querhalle besaßen und andere nicht, läßt sich zweifelsfrei kaum mehr feststellen.

Schreibstuben

In den Schreibstuben eines Kastells der mittleren Kaiserzeit war täglich ein erhebliches Maß an Verwaltungstätigkeiten für die Akten zu erledigen. Zu den standardisierten Tagesberichten gehörte die Morgenmeldung, welche den Offizieren Aufschluß über die genaue Mannschaftsstärke des jeweiligen Tages gab. Zu dieser Meldung gehörten auch Angaben über Abkommandierungen und Rückmeldungen. In den Archiven der Principia lagerten zudem die persönlichen Dossiers zu jedem einzelnen Soldaten. Dort waren neben den persönlichen Angaben unter anderem die Dienstjahre, Beförderungen und die Besoldung verzeichnet. Die Forschung kennt zudem allgemeine dienstliche Korrespondenz, Urlaubslisten, Wachlisten und Marschbefehle, daneben sind Belege über Versetzungen, Beförderungen und Rechtsbescheide sowie Quittungen über Requisitionen bekannt. Die Schreibstuben im Stabsgebäude unterstanden einem Verwaltungsoffizier (Cornicularius), seinem Stellvertreter (Actuarius) und vielfach mehreren Schreibkräften (librarii). Das Büro des Verwaltungsoffiziers lag offenbar meist in der rückwärtigen Raumflucht der Principia an einer Seite des Fahnenheiligtums und konnte bis zu zwei Räume umfassen. Im Kastell Niederbiber fand sich in dem östlichen Eckraum eine Inschrift, die von einem Schreiber dem Genius des Tabulariums der Einheit geweiht war. Der daran angrenzende Raum barg Metallbeschläge, Schlösser und Schaniere, die möglicherweise von Aktenschränken oder Truhen stammten.

Weitere rückwärtige Diensträume und das Fahnenheiligtum

Die rückwärtigen Kammern waren in manchen Kastellen mit zumindest einem heizbaren Raum ausgestattet. Im Limeskastell Niederbieber wurde im Raum neben dem Fahnenheiligtum eine Weihe an den Genius der Vexillarii und Imaginiferi aufgefunden.[2] Es wurde daher vermutet, daß sich dort eine Schola der Standartenträger befunden haben könnte. Eine Inschrift aus dem Legionslager Aquincum (Budapest) erwähnt den Umbau des Wachlokals für die Soldaten, die bei den Feldzeichen auf Posten standen. Ebenso bezeugen mehrere Payri aus dem syrischen Dura-Europos, daß vor dem Fahnenheiligtum eine Wache stand. Aus der gleichen Garnison ist auch der Eid dieser Wachsoldaten bekannt:

quod imperatum fuerit faciemus et ad omnes tesseram parati erimus

Übersetzung: Wir werden tun, was befohlen wird; jeden Befehl sind wir bereit auszuführen.

Die Verteidigung der Feldzeichen hatte höchste Priorität, da sie unter anderem die personifizierte Verkörperung der Einheit darstellten. So fand sich in Niederbieber das Skelett des Standartenträgers mit einem Feldzeichen in einem Nebenraum des Fahnenheiligtums. Der Soldat hatte seine Fahne bei dem letzten verheerenden Angriff der Germanen bis zuletzt verteidigt.

Grundrisse der verschiedenen Bauphasen des Numerus-Kastells Kastell Kapersburg am Limes.

In der Mitte der rückwärtigen Raumflucht des Stabsgebäudes befand sich bei selbständig operierenden römischen Einheiten das Fahnenheiligtum in dem die Standarten der Truppe aufbewahrt wurden. Waren diese Heiligtümer zunächst in rechteckigen Räumen untergebracht, erhielten sie nach der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. als besondere Betonung halbrunde Apsiden. Die Standarten der Einheit waren auf einem erhöhten Podium an der Rückwand beziehungsweise im Halbkreis der Apsis aufgestellt. Im Kastell Collen, Wales, wurde diese Bank an den Flanken und der Rückwand des Heiligtums noch aufgefunden, im nordenglischen Kastell Risingham gab es ein Podium, zu dem drei Stufen hinaufführten und in Aalen zeigte sich noch der halbkreisförmige Abdruck der Steinbank im Estrich der Apsis.[3] An wichtigen Feiertagen der römischen Armee, die in einem offiziellen Festtagskalender, den feriale Duranum verzeichnet waren gab es das im Mai gefeierte Fest rosalia signorum, dem Fest der rosengeschmückten Feldzeichen. Im Hof der Principia trat hierzu die Einheit an und sah zu, wie in einem feierlichen Akt die Standarten mit Rosengirlanden geschmückt wurden. Zu dem Festakt gehörte eine Ehrung an die Götter. Ein weiterer wichtiger Festakt wurde am Geburtstag der Feldzeichen (natalis signorum) gefeiert. Dieses Fest wurde an den jeweiligen Gründungstagen der Truppe, an denen sie die Feldzeichen erhalten hatte, gefeiert. Es gibt noch weitere offizielle Feiern, an denen die Standarten eine wichtige Rolle spielten. Neben den Feldzeichen stellten zumindest einige Einheit in den Fahnenheiligtümern auch Altäre und Götterstatuen auf. So fand sich unter anderem im Limeskastell Kapersburg eine Geniusfigur und in Theilenhofen kamen Teile einer Bronzestatue ans Licht.

Meist wurde in den Fahnenheiligtümern auch die Truppenkasse aufbewahrt. Hier befanden sich die zur Besoldung und Sachanschaffung vorgesehenen Gelder. Wie der spätantike Militärschriftsteller Flavius Vegetius Renatus berichtet, wurde von jedem Soldaten verlangt, die Hälfte seines Soldes in der Kasse „bei den Feldzeichen“ (ad signa) aufzubewahren. Dies sollte die Leute daran hindern zu desertieren. Da bei Vegetius oft nicht klar ist, aus welchem Zeitpunkt der römischen Militärgeschichte seine Überlieferungen stammen, läßt sich dieser Vermerk nicht als allgemeingültig darstellen. Denoch konnte mit Hilfe von erhalten gebliebener Kontoführungen nachgewiesen werden, daß der Soldat festgelegte Abzüge in Kauf nehmen mußte. Neben Kleidung und Schuhen wurde die Verpflegung sowie wahrscheinlich auch das Bettzeug in Rechung gestellt. Außerdem gab es „Sozialbeiträge“ aus der die Sterbekasse des einzelnen Soldaten und gelegentliche Festessen finanziert wurden. Vegetius berichtet, daß die Gelder durch die Fahnenträger (Signiferi) verwaltet wurden. Zu dieser Nachricht paßt der Fund eines Truhenschlüssels im Legionslager Neuss, der die eingepunzte Inschrift centuria Bassi Claudi / L. Fabi signiferi trägt. Übersetzung: „Eigentum des Fahnenträgers Lucius Fabius aus der Zenturie des Bassus Claudius.“

Die Forschung nimmt an, daß die das Geld enthaltenden Truhen, Säcke oder Körbe in den meisten Holz-Erde-Kastellen des 1. Jahrhunderts n. Chr. direkt auf dem Boden des Heiligtums standen. Manchernorts, wie in den vorflavischen Garnisonen von Baginton (Mittelengland) und Kastell Oberstimm (Donau), fanden sich in diesem Bereich der Principia auch holzverschalte Gruben. Spätestens ab flavisch-traianischer Zeit konnten auch Holz-Erde-Lager Steinkeller für ihre Truppenkasse besitzen, wie dies im nordenglischen Kastell Brough-by-Bainbrige der Fall war. Diese zusätzlichen Schutzmaßnahmen waren jedoch eher mehr oder minder solide ausgebaute, individuelle Merkmale in einer Fortifikation sind während der Grabungen durchaus nicht immer anzutreffen. In manchen Kastellen lagerte die Kasse auch nicht im Fahnenheiligtum sondern in einem der angrenzenden Räume. Dies konnte beispielsweise an den Kastellen Chesters und Benwell an der Hadriansmauer beobachtet werden.

Die Fahnenheiligtümer sind vielfach die am massivsten errichteten Gebäudeteile der Principia. Es kommt vor, daß nur das Fahnenheiligtum eines Stabsgebäudes in Stein ausgebaut worden ist.

Vordere Querhalle

Das Geviert der Principia wurde an der Schauseite seit der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. vielfach mit einem einseitigen, offenen steinernen oder hölzernen Portikus (Säulenarkade) abgeschlossen. Hier befand sich auch der Haupteingang über dem häufig eine Bauinschrift angebacht war. Vorher blieb, wie im Legionslager Neuss, Periode C, das Geviert der Principia in diesem Bereich zur Lagerstraße hin einfach offen oder wurde durch die weniger attraktive Rückwand der Arkaden des Innenhofes (Haltern, Periode 1 und 2) von der Via principalis getrennt. Bereits um 90 n. Chr. ist im Kastell Künzing eine große hölzerne Vorhalle errichtet worden, die über der Via principalis lag und unterschiedlichen Zwecken diente. Die Forschung nimmt an, daß dort bei schlechtem Wetter Appelle und Übungen stattfanden. Zudem wurde hier möglicherweise auch Recht gesprochen. Da nichts genaues über die Funktion dieses Baukörpers bekannt ist, bleibt vieles unklar. Die Ausgrabungen in den germanischen und rätischen Provinzen haben gezeigt, daß etliche Vorhallen, die vielfach breiter als die Principia selber waren, achitektonisch mit ihren Nachbargebäuden verbunden sind. Größeren Aufschwung nahm der Steinausbau dieser Querhallen in den Hilfstruppenkastellen jedoch offenbar erst in antoninischen Zeit ab der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. Bis zu Beginn des 3. Jahrhunderts n. Chr. wurden sie baulich vervollkommnet. Üblicherweise besaßen die Vorhallen breite Zugänge an den beiden Stirnseiten, die manchmal größere Vorbauten besaßen, wie dies unter anderem in Aalen nachgewiesen wurde. An der Frontseite, zur Via praetoria hin befand sich vielfach ebenso nur ein einziges Tor, das auch durch einen Vorbau architektonisch betont sein konnte. Manche Principiae besitzen jedoch an dieser Stelle mehrere Zugänge, wie dies aus am Kastell Buch bezeugt ist. Viele Vorhallen zeigen anspruchsvolle Architekturmerkmale, die den repräsentativen Charakter verstärken. Im englischen Kastell Ribchester fand sich in der Querhalle sogar ein Seitenschiff, das durch acht Säulen gebildet wurde.

Bei Legionskastellen findet sich diese Halle nicht. Manchmal ist dort jedoch eine monumentaler Torbau zu den Principia am Kreuzungspunkt der Lagerhauptstraßen errichtet worden, der die Bezeichnung Groma trug. Dies war beispielsweise am algerischen Legionslager Lambaesis der Fall. Der Name leitete sich von dem römischen Vermessungsinstrument, der Groma, ab, das an dieser Stelle stand, als die ersten Aufmessungen zum Kastell im Gelände vorgenommen worden sind.

Meist befand sich neben den Stabsgebäuden das Wohnhaus des Kommandanten (Praetorium).

Wohnhaus des Kommandanten (Praetorium)

Das Praetorium war in republikanischer Zeit noch mit den Principia verbunden. Möglicherweise fand die letztendliche Trennung dieser beiden Baueinheiten erst in frühkaiserlicher Zeit statt. In Feldlagern blieb diese Einheit jedoch weiterhin gewahrt, wie der Befund des Lagers B der Umschließung von Masada zeigt (72/73 n. Chr.). Vom Grundriß her orientierte sich das kaiserzeitliche Praetorium zumeist an der Architektur traditioneller italischer Wohnbauten. In den allermeisten Fällen gruppierten sich die Räume um einen länglich-rechteckigen bis quadratischen Portikushof. Dieses Schema wurde nicht nur bei den in Steinbauweise errichteten Kommandantenhäusern verwirklicht, sondern findet sich auch in den Holz-Erde-Kastellen.

Lagerleben

Die Porta praetoria des Ostkastells in Welzheim am Limes. Eine der wenigen wissenschaftlich geleiteten Rekonstruktionen der 1980er Jahre an der ehemaligen römischen Grenze.[4]
1970 durch die Royal Engineers ausgeführter Rekonstruktionsversuch des Osttores am Kastell Baginton, Großbritannien.[5]
Rekonstruierte Gebäude eines römischen Lagers in England

Truppenunterkunft

In den Unterkünften wurde die organisatorische Gliederung der Legion beibehalten. Jede Gruppe (contubernium, Zeltgemeinschaft) hatte einen Schlafraum, der über eine Feuerstelle verfügte und einen Vorraum für die Ausrüstung und evtl. vorhandenes unfreies Personal. Teilweise befand sich vor diesen zwei Räumen noch ein Laubengang. Die zehn Räume der Centurie waren in einer Reihe angeordnet. Am Kopfende befand sich die Unterkunft des Centurios, des Optios und der weiteren Dienstgrade. Das Platzverhältnis von einfachen Soldaten zu Centurio betrug dabei ca. 1:10–1:12.

Versorgung

Ein Standlager der Legion umfasste neben den obigen Gebäuden noch Stallungen, Lazarett (Valetudinarium), Thermen und Latrinen, Werkstätten, Magazine. Dabei wurden Lebensmittel für bis zu zwei Jahre in den Magazinen des Lagers bevorratet. (bspw. in Novaesium, dem heutigen Neuss) Diese Magazine waren sehr sorgfältig ausgeführt, die Getreidespeicher (Horreum) wurden auf Pfeilern erbaut und besaßen so eine Belüftung vom Boden her und durchgehende Gaden im Dach. Gelagerte Waren blieben so lange trocken und verdarben nicht.

Neben den Metallwerkstätten gab es teilweise regelrechte Bauhöfe im oder am Lager, da die Legion auch für viele Bauaufgaben in ihrem Bereich zuständig war. So tragen sehr viele Ziegel, auch außerhalb militärischer Bauten, Legionsstempel.

Lagerumfeld

Siedlungen

Um ein Standlager bildete sich rasch eine Siedlung (Vicus) von zivilem Begleitpersonal der Legion, welches von Werkstätten, Händlern, Wirtschaften bis zu den Lebensgefährtinnen und Familien der offiziell unverheirateten Legionäre reichte.

Diese Siedlung (canabae) bildete zusammen mit dem eigentlichen Lager die Keimzelle zur Romanisierung der jeweiligen Provinz, wobei die Romanisierung in unmittelbarer Grenznähe, durch die größere Zahl von Militärlagern, meist stärker oder schneller war als im Hinterland. Teilweise bildete sich, etwa bei den Batavern am Niederrhein eine eigene Militärkaste heraus, die mehrere Jahrhunderte lang die jeweilige Legion oder auch das gesamte Heer ergänzte.

Begräbnisplätze

Weiterhin befand sich auch der Friedhof außerhalb des Lagers. Eine der größten Gräberstätten dieser Art wurde beim Kastell Gelduba entdeckt.

Lagertypen

Kastell Saalburg

Unter den kleineren Lagertypen finden sich auch die Auxiliarkastelle. Das bedeutet, dass dort Auxiliartruppen zur Besetzung zählten. Principia, Kommandantenwohnhaus und Mannschaftsunterkünfte fanden sich bei Alen-, Kohorten- und Numeruskastellen meist in der gleichen Lage wie beim Legionslager.

Alenkastelle

Die Reitertruppen der Alen bestanden entweder als ala quingenaria aus knapp 500 oder als ala milliaria (doppelte Ala) aus bis zu 1.000 Mann. Mit dem nötigen Platz für die Pferde wurden Lagergrößen bis zu 60.000 m² erreicht.

Kohortenkastelle

Dort fand eine Kohorte entweder als cohors quingenaria peditata (Infanteriekohorte) mit etwa 480 Mann, als cohors quingenaria equitata (teilberittene Infanteriekohorte) mit rund 500 bis 800 Mann, als cohors milliaria peditata (doppelte Infanteriekohorte) mit rund 1.000 (mille) Mann oder als cohors milliaria equitata (doppelte teilberittene Infanteriekohorte) mit über 1.000 Mann Besatzung auf je nach Bedürfnissen etwa 15.000–40.000 m² Platz.

Numeruskastelle

Bei einer Größe von 6.000 bis 8.000 m² kamen in Numeruskastellen etwa 150 Mann der Aufklärungseinheiten (Numeri) unter.

Kleinkastelle

Das in claudinischer Zeit für rund zehn Jahre belegte Kleinkastell Burlafingen an der Donau

Kleinkastelle hatten oft nur eine Größe von 300 m². Die Besatzungsstärke schwankte zwischen 12 und 80 Mann. In der Urform gab es nur ein Tor und einen Graben. Der Innenausbau war entweder U-förmig angeordnet, oder bei zwei gegenüberliegenden Toren lagen die Mannschaftsbaracken links und rechts der Straße. Oft waren nicht militärische Gründe für die Anlage solcher Kleinkastelle ausschlaggebend, sondern eine Kontrollfunktion des Menschen- und Warenverkehrs an Eintrittsstellen in das Limesgebiet.

Etymologie

Die Worte castrum und die Verkleinerungsform castellum lassen sich auf das auf das lateinische Verb castrare, deutsch beschneiden, kastrieren zurückführen, bzw. auf das indogermanische *kes nach Julius Pokorny.[6]

Entwicklung zu Städten

Aus römischen Lagern und ihren vici entstanden oftmals heute bedeutende Städte, wobei durchaus auch auf einheimische Siedlungsstandorte zurückgegriffen wurde. Beispiele:

Römischer Name Späterer Name Land
Castrum Apulum Alba Iulia (Weißenburg) Rumänien
Augusta Vindelicorum Augsburg Deutschland
Augusta Raurica Kaiseraugst Schweiz
Castra Bonnensia Bonn Deutschland
Aquincum Budapest Ungarn
Arrabona Györ Ungarn
Castellum apud Confluentes Koblenz Deutschland
Castra Mogontiacum Mainz Deutschland
Novaesium Neuss Deutschland
Castra Batava / Boiotro Passau Deutschland
Castra Regina Regensburg Deutschland
Castra Rigomagus Remagen Deutschland
Castra Argentorate Straßburg Frankreich
Castra Ulcisia Szentendre Ungarn
Castra Biriciana Weißenburg in Bayern Deutschland
Aquae Mattiacorum Wiesbaden Deutschland
Castra Veldidena Wilten, heute Stadtteil von Innsbruck Österreich
Vindobona Wien Österreich
Vindonissa Windisch AG Schweiz
Lauriacum Enns/OÖ Österreich
Favianis Mautern/NÖ Österreich
Carnuntum Bad Deutsch-Altenburg Österreich
Civitas Vangionum / Borbetomagus Worms Deutschland
Colonia Ulpia Traiana Xanten Deutschland
Eboracum York Großbritannien
Singidunum Belgrad Serbien

Römische Kastelle in der Spätantike

Mauern des Castrums Singidunum, II.- III. Jh.

Im Verlauf des 3. Jahrhunderts vollzogen sich im Römischen Reich zahlreiche Veränderungen, die auch das Militär betrafen. Aufgrund des verstärkten Drucks, dem sich Rom im Norden und Osten (vgl. Sassaniden) ausgesetzt sah, wurde die Grenzverteidigung reformiert. Viele der älteren limites wurden aufgegeben, und man zog sich an leichter zu verteidigende Grenzen, besonders Flüsse, zurück.

Die Überreste der spätrömischen Festung Constantia (Konstanz)

Spätestens um 300 entstand daher ein neuer Kastelltyp, der nicht mehr viel mit denen der frühen und hohen Kaiserzeit gemein hatte. Der Übergang lässt sich recht gut an den Kastellen der Sachsenküste nachvollziehen. Die neuen Festungen dienten weniger als Standlager, sondern sie waren stark befestigt und ähnelten oft bereits mittelalterlichen Burgen, mit sehr viel dickeren Mauern als früher und einem nicht mehr standardisierten Grundriss. Dieser Typ entstand zuerst im römischen Orient und verbreitete sich dann im ganzen Imperium; er blieb bis ins 6. Jahrhundert üblich: Große Festungsbauprogramme führten vor allem die Kaiser Diokletian, Valentinian I. (am Rhein) und Justinian I. (untere Donau) durch.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. AE 1986, 528
  2. CIL 13, 07753.
  3. Dieter Planck, Willi Beck: Der Limes in Südwestdeutschland. 2. völlig neubearbeitete Auflage, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1987, ISBN 3-8062-0496-9. S. 123
  4. Dieter Planck: Restaurierung und Rekonstruktion römischer Bauten in Baden-Württemberg in: Günter Ulbert, Gerhard Weber (Hrsg.): Konservierte Geschichte? Antike Bauten und ihre Erhaltung. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1985, ISBN 3-8062-0450-0, S. 149–150.
  5. Anne Johnson (dt. Bearbeitung von Dietwulf Baatz): Römische Kastelle, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1987, ISBN 3-8053-0868-X, S. 101–103.
  6. The American Heritage Dictionary of the English Language

Literatur

  • Anne Johnson: Römische Kastelle des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. in Britannien und in den germanischen Provinzen des Römerreiches. Zabern, Mainz 1987. ISBN 3-8053-0868-X
  • Marcus Junkelmann: Die Legionen des Augustus. Zabern, Mainz 1986.
  • Harald von Petrikovits: Die Innenbauten römischer Legionslager während der Prinzipatszeit (Abhandlungen der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften Band 56), Westdeutscher Verlag, Opladen 1975, ISBN 3-531-09056-9.
Commons: Römische Militärlager – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien