Wahn
Dieser Artikel befasst sich mit der Erkrankung Wahn. Weiteres siehe: Köln (Wahn).
Als Wahn bezeichnet man eine Überzeugung, die objektiv der Realität widerspricht oder die nicht von der Mehrheit der Menschen geteilt wird, von der der Betroffene aber trotz aller Gegenbeweise nicht abzubringen ist. Es gibt auch Wahnthemen bei denen kein Gegenbeweis möglich ist ("ich bin ein Prophet und Gott hat mich ausgewählt der Menschheit zu predigen"). Ein wichtiges Merkmal ist die extreme Gewissheit mit der der Betroffene daran festhält.
Wahnsymptome sind Zeichen einer psychischen Störung, beispielsweise bei einer schizophrenen Psychose, jedoch ebenso bei einer Vielzahl anderer psychischer Störungen wie der (endogenen) Depression, Manie, anhaltenden wahnhaften Störung (entspricht in etwa der älteren Bezeichnung Paranoia), ebenso auch bei Demenzen und weiteren psychischen Erkrankungen mit diagnostizierbarer organischer Ursache. Für Schizophrenien sind eher bizarre Wahninhalte, meist ohne wirklich logischen Zusammenhang typisch, ebenso Erklärungswahn der andere Symptome der Schizophrenie (wie akustische Halluzinationen) für den Betroffenen plausible macht. Ein Schizophrener meint die Stimmen die er hört würden mit elektrischen Apparaten erzeugt und dahinter steckt der Geheimdienst oder die Regierung. Teilweise werden dabei von den Betroffenen ausgefeilte und umfassende "Wahngebäude" errichtet, in die das alltägliche Erleben einbezogen und umgedeutet wird ("das parkende Auto da draußen dient nur dazu, eine Abhöranlage zu tarnen"). Manchmal beschränkt sich die Wahnsymptomatik aber auch auf ein einziges und scharf umgrenztes Gebiet ("Frau X ist eine Hexe"), und die Betroffenen stehen ansonsten durchaus "auf dem Boden der Tatsachen".
Bei der anhaltenden wahnhaften Störung ist der Wahn realtiv logisch und nicht bizarr. Tatsächliche Ereignisse werden einbezogen, es kann ein komplexes in sich geschlossenes Wahnsystem entstehen, dann spricht man von Paranoia. Es handelt sich nicht um eine schizophrene Psychose, die Betroffenen weisen keine sonst für die Schizophrenie typischen Symptome auf (Halluzinationen, Ich-Störungen, formale Denkstörungen usw.). Sie erscheinen geordnet, logisch und bis auf den Wahn psychisch völlig unauffällig. Typsch ist z.B. eine Überzeugung das andere Menschen sich gegen die Person verschwören, hinter dem Rücken über sie reden und Komplette schmieden. Das alles wird mit logischen Argumenten und tatsächlichen Ereignissen ausgebaut. Die Störung ist oft chronisch und kaum behandelbar.
Häufig sind auch Verfolgungswahn (z.B. "meine Nachbarn hören mich ab und wollen mich vergiften"), Beziehungswahn (der Betroffene bezieht Dinge auf sich, die mit ihm gar nichts zu tun haben, etwa: "die Nachrichten enthalten versteckte Anspielungen auf mich"), Sendungswahn ("ich muss die Menschheit erlösen").
Für eine Depression mit Wahn ist z.B. ein Verarmungswahn (der Betroffene glaubt sich völlig verarmt, obwohl sich an seiner finanziellen Situation objektiv nichts verändert hat) auch ein Schuldwahn (der Betroffene meint er sei Schuld an einer Katastrophe ("das World Trade Center ist wegen mir eingestürzt, ich bin Schuld daran!") typisch. Auch ein Versündigungswahn ist hier typisch ("ich bin der schlimmste Sünder dieser Welt und ich verdiene die Strafe Gottes").
Für eine Manie dagegen sind eher Größenwahn und ähnliche Themen typsch. Ein Maniker meint er sei der genialste und begabteste Mensch, ein hochbegabter Künstler, ein genialer Musiker mit großem Talent, und kauft sich daraufhin einen teuren Flügel obwohl er noch nie im Leben Klavier gespielt hat. Oder meint er sei ein Philosoph und seine Gedanken würden die Menschheit revolutionieren. Auch Erfinderwahn kommt vor.
Eifersuchtswahn (grund- und maßlose Eifersucht bezüglich des Lebenspartners) ist häufig bei fortgeschrittener Alkoholkrankheit.
Bei Personen mit Demenzen kann ebenfalls Wahn vorkommen. Z.B. die wahnhafte Überzeugung von anderen Menschen bestohlen zu werden, aber auch andere Wahnthemen.
Umgang mit Wahn
Es ist sinnlos, einen Betroffenen von seiner wahnhaften Überzeugung abbringen zu wollen. Für den Erkrankten besteht eine "Wahngewissheit", er braucht keine Beweise für seinen Wahn. Gegenbeweise werden unerschütterlich ignoriert oder in den Wahn eingefügt ("die haben die Kamera, die mich ausspioniert, jetzt woandershin gebracht"). Es ist ja gerade das Kennzeichen des krankhaften Wahns, dass sich dieser vom Betroffenen nicht rational überprüfen lässt.
Man sollte also den Wahn weder angreifen, noch sich auf den Wahninhalt einlassen und so tun, als ob er real sei (dies kann allenfalls zu einer kurzfristigen Entspannung führen). Stattdessen sollte man anerkennen, dass der Wahninhalt für den Betroffenen eine Realität darstellt, und dass dieser dadurch meistens sehr belastet und geängstigt ist.
Falls der Betroffene sich aggressiv oder ablehnend verhält, sollte man dies also keinesfalls auf sich persönlich beziehen; die Überzeugung, etwa verfolgt, bedroht oder unrettbar verloren zu sein, löst beim Betroffenen natürlich dramatische psychische und emotionale Folgen aus.
Eine Behandlung ist aufgrund der fehlenden Einsicht nicht immer einfach. Gelegentlich kann ein Patient durch Angehörige oder den Arzt trotz Uneinsichtigkeit dennoch zur Behandlung motivert werden. Teilweise besteht auch eine sogenannte doppelte Buchführung, d.h. der Patient hält am Wahn fest (und meint bespielsweis er würde von außerirdischen Wesen verfolgt) hat aber gleichzeitig eine gewisse Krankheitseinsicht und begibt sich selber in Behandlung und nimmt die Medikamente regelmäßig. Wenn eine Eigen- oder Fremdgefährdung besteht und keine Einwilligung zur Behandlung muß diese zwangsweise erfolgen.
Behandlung
Mit Neuroleptika lässt sich oft eine rasche Besserung erzielen; wichtig ist jedoch, dass die genaue Diagnose abgeklärt wird, um eine sinnvolle Behandlung zu gewährleisten.
Weblinks
- Zur Etymologie der Worte von Wahn und Wahnsinn: http://www.sgipt.org/gipt/psypath/et_wahn0.htm
- Zur Definition des Wahns, Abgrenzung von Irrtum und Glaube: http://www.sgipt.org/gipt/psypath/abg_wahn.htm
- Das motivational-kognitive Wahn-Modell Heinroths: http://www.sgipt.org/gesch/gw_heinr.htm