Fallschirmspringen

Fallschirmspringen bezeichnet die Gesamtheit von Absprung, anschließendem Fall oder Freifall und abschließender Landung einer Person aus einer so erhöhten Position (meist aus Luftfahrzeugen), dass das Auftreffen am Boden ohne die Benutzung eines Fallschirms Verletzung oder Tod zur Folge hätte. Der Fallschirm dient dabei dem Erreichen einer verträglichen Sinkgeschwindigkeit zum Zeitpunkt der Landung. Ein Gleitfallschirm verringert dabei die Sinkgeschwindigkeit auf rund 5 m/s (18 km/h). Das Auftreffen auf dem Boden mit dieser Geschwindigkeit entspricht damit einem Sprung aus etwa 1,25 m Höhe. Rundkappenfallschirme haben eine höhere Sinkgeschwindigkeit.
Die Verzögerungswirkung des Fallschirms kann entweder unmittelbar beim Absprung (automatischer Fallschirmsprung) oder auch erst zu einem späteren Zeitpunkt während des Falles (Freifallsprung) aktiviert werden. Sie erfordert zur sicheren Nutzung jedoch eine gewisse Mindesthöhe respektive Mindestzeit für den Öffnungsvorgang des Fallschirms. Fallschirmspringen findet Anwendung zur Rettung der Besatzung von Luftfahrzeugen in Luftnot, ist militärisch eine mögliche Verbringungsart der Fallschirmjägertruppe, von Spezialeinheiten der Luftlandetruppen und anderer Teilstreitkräfte wie den Kampfschwimmern sowie zivil als Luftsportart.
Für das sportliche Fallschirmspringen wird auch oftmals der englische Begriff Skydiving benutzt. Zum Teil dient der Fallschirm dabei nur noch der verletzungsfreien Landung. Der sportliche Schwerpunkt liegt auf dem noch verzögerungslos ausgeführten Fall bzw. Flug vor Öffnung des Fallschirms für Relativsprünge und Stilsprünge, am geöffneten Fallschirm auch für Kappenrelativ.
Geschichte

Leonardo Da Vinci fertigte 1483 eine Zeichnung von einem pyramidenförmigen Fallschirm aus Leinen und Holz an. Ein Test dieses Musters im Jahre 2000 belegte, dass dieser Fallschirm funktioniert hätte, er flog sogar sanfter als moderne Fallschirme, nur sein Gewicht von 90 kg ohne Lenkung hätte Probleme beim Aufsetzen bereitet.[1]
Der Kroate Faust Vrančić gilt als der erste Mensch, der erfolgreich einen Fallschirm ersann, baute und erprobte: Im Jahr 1617 sprang er vor zahlreichen Zuschauern mit einem 6x6 m stoffbespannten Holzrahmen vom Glockenturm des 86 m hohen St. Martinsdoms in Bratislava. Später wiederholte er seine Sprünge unter anderem auch in Venedig.
Der Franzose André-Jacques Garnerin (1769–1823) sprang am 22. Oktober 1797 aus einem zirka 400 m hoch fliegenden, mit Wasserstoff gefüllten Ballon über Paris ab.[2]
Als eine der ersten Fallschirmspringerinnen gilt die deutsche Luftakrobatin Käthe Paulus (1868–1935). Sie war zugleich auch die erste deutsche Berufsluftschifferin und die Erfinderin des zusammenlegbaren Fallschirms.
Verbreitung fand das Freifallspringen auch in Deutschland erst nach 1945.
Allgemein


Gesprungen wird meistens aus einem Luftfahrzeug, Absprünge sind jedoch auch von festem Untergrund aus möglich. Als Absetzmaschine kommt z. B. eine Pilatus Porter oder eine viersitzige Maschine – wie die Cessna 182 – zum Einsatz. Je nach Absprunghöhe und Anzahl der Springer werden aber auch Flugzeuge wie Antonow An-2, Cessna Caravan, Twin Otter, Dornier Do 28 oder Short Skyvan eingesetzt. Neuerdings auch der Turboprop-Umbau Cessna 206 Soloy (PPL-fähig). Prinzipiell kann aber auch von Hubschraubern, Heißluftballonen, Motorseglern, Segelflugzeugen usw. gesprungen werden. Je nach zugelassenem Sprungplatz (englisch: drop zone) und verwendetem Luftfahrzeug erfolgt ein Fallschirmsprung im Allgemeinen aus rund 1000–4500 m über Grund.
Im freien Fall kann die Geschwindigkeit zwischen 180 km/h und 300 km/h betragen. Bei der „klassischen“ Freifallhaltung in Bauchlage liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit bei etwa 200 km/h. Sie wird im Wesentlichen durch den Luftwiderstand und die Form (Körperhaltung) bestimmt. Bei Tandemsprüngen wird kurz nach dem Absprung ein kleiner Brems- und Stabilisierungsschirm (Drogue) geöffnet, der die Geschwindigkeit auf etwa 200 km/h abbremst.
Der Fallschirm wird in der Regel zwischen 1.500 und 700 m über Grund geöffnet. Gesteuert wird der Flächenfallschirm durch eine rechte und eine linke Steuerleine, durch die die Kappe jeweils einseitig abgebremst wird. Durch gleichzeitiges Ziehen an beiden Steuerleinen wird der negative Anstellwinkel der Gleitfallschirmkappe verändert und dadurch die Geschwindigkeit verringert. Im Idealfall kann dadurch eine stehende Landung erreicht werden.
Im Notfall, also bei einer Öffnungsstörung oder einem Totalversagen, kann die Hauptkappe durch ein so genanntes Trennkissen (bei Rundkappen durch Kappentrennschlösser) abgetrennt werden und durch Betätigen einer zweiten Öffnungsvorrichtung der Reserveschirm geöffnet werden. Häufig wird der Reservefallschirm durch ein Kappenrelease (RSL = einer Verbindung zwischen der Hauptkappe und der zweiten Öffnungsvorrichtung für den Reservefallschirm) automatisch beim Trennen der Hauptkappe geöffnet. Ein Öffnungsautomat kann ein weiterer Bestandteil eines Fallschirmsystems sein. Dieser misst Höhe und Fallgeschwindigkeit des Springers und öffnet automatisch die Reserve, wenn unterhalb einer definierten Höhe eine definierte Geschwindigkeit überschritten wird.
Ausbildung und Lizenz

Fallschirmspringen ist in Deutschland nur mit einer gültigen Lizenz rsp. in der Ausbildung erlaubt. Voraussetzung für die Ausbildung sind eine Tauglichkeitsbescheinigung vom Hausarzt, der Nachweis eines Erste-Hilfe-Kurses und ein Mindestalter von 14 Jahren (eine Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten vorausgesetzt).
Während der Ausbildung darf der Schüler nur unter Aufsicht eines geprüften Ausbilders springen. Das beinhaltet u. a. einen Ausrüstungscheck vor dem Besteigen des Flugzeuges. In Deutschland sind als Ausbildungsmethode die konventionelle Fallschirmausbildung und die AFF-Methode zugelassen. Während der Ausbildung führt der Schüler bei beiden Methoden Sprünge durch, bei denen er Aufgaben zu lösen hat (Springen mit Sprungauftrag). Das können ein besonderer Exit (Verlassen des Flugzeuges), Drehungen im Freifall und eine Ziellandung sein. Während der Ausbildung ist das Tragen eines Hartschalenhelms und ein automatisches Öffnungsgerät für den Fallschirm Pflicht.
Zum Erhalt der Lizenz muss ein Schüler in Deutschland eine theoretische Prüfung ablegen (Multiple Choice) und zwei Prüfungssprünge aus 1.200 und mindestens 3.000 m absolvieren. Der Schüler muss bis dahin mindestens 23 Sprünge vorweisen können und mindestens 16 Jahre alt sein.[3] In Österreich müssen mindestens 28 Sprünge nachgewiesen werden, damit er hier einen Prüfungssprung und die schriftliche Prüfung ablegen kann.[4] In anderen Ländern kann es daher je nach bestehenden Luftfahrtgesetzen weitere Abweichungen geben.
Die einmal erworbene Lizenz ist unbeschränkt gültig. Regelmäßige medizinische Kontrolluntersuchungen sind nicht vorgeschrieben. Es sind mindestens 12 Sprünge in den letzten 12 Monaten nachzuweisen. Sollte diese Sprungzahl nicht erreicht werden, kann die Lizenz durch Überprüfungssprünge jederzeit wieder reaktiviert werden. Somit kann eine Fallschirmsprunglizenz in Deutschland nicht verfallen.
Als Trockenübung wird das Bodyflying in einem vertikalen Windkanal (Rundturm mit starkem Motor und horizontalem Propeller oder starkem Luftgebläse) durchgeführt.
Sicherheitsausrüstung
Öffnungsautomat
Siehe Hauptartikel: Öffnungsautomat
Der Öffnungsautomat misst die Höhe und Fallgeschwindigkeit des Springers und öffnet automatisch den Reservefallschirm, wenn unter einer definierten Höhe (meistens 225 m über Grund) eine definierte Sinkgeschwindigkeit überschritten wird. Frühe Öffnungsautomaten waren rein mechanische Bauteile, während heutzutage vorwiegend elektronische Varianten verwendet werden. Diese Geräte sind sehr zuverlässig und gehören mittlerweile zur Grundausstattung eines Fallschirmsystems. Teilweise sind sie auch für verschiedene Springergruppen und auf vielen Sprungplätzen vorgeschrieben.
Reservefallschirm
Siehe Hauptartikel: Fallschirm#Reservefallschirm
RSL
Die RSL (Reserve Static Line) verbindet einen Haupttragegurt des Hauptschirms mit der Öffnungsleine des Reservefallschirmcontainers. Beim Abtrennen des Hauptschirms zieht der wegfliegende Hauptschirm den Verschlußpin des Reservecontainers, wodurch der unter Druck einer eingebauten Feder stehende Reservehilfsschirm herausspringt und den Reservefallschirm öffnet. Die RSL verkürzt die Zeitspanne bis zur vollen Funktionsfähigkeit des Reserveschirms wesentlich.
Höhenmesser

Beim Fallschirmspringen wird mit einem Höhenmesser am Handrücken oder an der Brust die Sprung- und Öffnungshöhe gemessen. Höhenmesser haben in der Regel eine Skala bis 4000 m (eine volle Umdrehung) oder 12000 Fuß, seltener finden sich auch Skalen bis 6000 m. Das Kreissegment von 0 bis 800 m ist meistens rot, von 800 bis 1000 gelb markiert. Vor dem Start wird der Höhenmesser manuell auf Platzhöhe (QFE) eingestellt. Bei einer Außenlandung oder einem Absprung über einem Fremdplatz wird der Höhenmesser auf diesen eingestellt. Die Höhe über NN kann den Flugkarten entnommen werden. Barometrische Abweichungen werden zu meist vernachlässigt.
Höhenmesser am Handrücken werden für den Freifall und Relativ benutzt, an der Brust für Zielspringen und Außenlandungen, da sich die Hände an den Steuerleinen befinden und der Boden beobachtet wird. In speziellen Disziplinen des Fallschirmspringens, wie z. B. der Freefly-Version, finden auch Höhenmesser Anwendung, die seitlich an den Brustgurten mit der Skala nach oben angebracht sind. Dadurch ist es möglich, insbesondere im freien Fall die Arme uneingeschränkt zum Steuern zu benutzen, ohne die Armhaltung durch den Blick auf einen am Handrücken angebrachten Höhenmesser verändern zu müssen. Für Wettbewerbe, die eine exakte Höhenmessung erfordern, wie beispielsweise beim Swoopen, kommen auch vermehrt elektronische Höhenmesser zum Einsatz, die das Einstellen von ein oder mehreren akustischen und optischen Alarmeinstellungen zulassen. Bei Wasserlandungen entfällt der Höhenmesser sowie akustische Höhenwarner, da eindringendes Wasser diesen beschädigen würde.
Schutzhelm
Fallschirmspringer, die sich beim Freifall nahe kommen, können eine hohe Relativgeschwindigkeit zueinander entwickeln. Das kann besonders bei Gruppensprüngen zu schweren Kopfverletzungen führen. Für Sprungschüler sind daher Hartschalenhelme vorgeschrieben. Da die Helme die Bewegungsfreiheit einschränken, ziehen viele lizenzierte Springer Lederkappen vor.
Der Kopfschutz dient auch dazu, bei harten Landungen den Kopf zu schützen. Lederkappen haben hier eine geringere Schutzwirkung als Hartschalenhelme, sind aber bequemer zu tragen. Zudem kann der Helm bei Gefahrensituationen im Absetzflugzeug von Nutzen sein, etwa bei Turbulenzen oder einer Notlandung, insbesondere da die Springer in diesen Maschinen oft nicht angegurtet sind.
Bei Freifallformationen bzw. relative Work (Relative Work) werden oft Integralhelme mit Vollvisier getragen. Sie reduzieren das Windgeräusch im Freifall, haben ein weites Sichtfeld, sind meistens beschlagfrei und bieten Platz für optische und akustische Höhenwarner.
Disziplinen



Das Fallschirmspringen untergliedert sich in verschiedene Disziplinen.
- Klassische Disziplinen:
- Zielspringen – Der Springer versucht, bei der Landung einen vorgegebenen Zielpunkt präzise zu treffen und eine elektronische Zielscheibe die in Zentimeter die Abweichung vom Nullpunkt misst.
- Stilspringen – auch Figurenspringen genannt. Der Springer absolviert im freien Fall vorher festgelegte linke und rechte Drehungen (horizontal) und Salti vorwärts und rückwärts (vertikal) in möglichst sauberer Ausführung und Ausrichtung.[5] Diese Disziplin ist inzwischen durch das breiter gefächerte Freestyle-Springen weitgehend verdrängt worden.
- Freifallformation/RW (Relative Work) – Der Springer fällt bäuchlings und bildet mit anderen Springern im freien Fall Figuren, die zwei bis mehrere Hundert Springer groß sein können. Die gängigsten Varianten bei Wettbewerben sind Vierer- und Achter-Formationen, die in einer vorgegebenen Zeit möglichst viele vorher festgelegte Figuren absolvieren müssen.
- Kappenformation/CF (Canopy-Formation)/CRW (Canopy-relative-Work) – Nach dem Absprung wird sofort der Fallschirm geöffnet und die Springer bilden Formationen am geöffneten Schirm.
- Freeflying – Der Springer fällt im Sitzen (Sitfly) oder auf dem Kopf (Headdown).
- Skysurfing – Fallschirmsprünge mit einem an den Füßen befestigten „Surfbrett“. Einer der maßgeblichen Entwickler dieser Disziplin war der französische Extremspringer Patrick de Gayardon (1960–1998).
- Wingsuit – Fliegen mit einem Flügelanzug.
- Base-Jumping bzw. BASE-Jumping – BASE steht für ‚Buildings, Antennas, Spans and Earth‘ und ist eine Bezeichnung für Sprünge von festem Untergrund, bspw. von Brücken, Hochhäusern, Antennenmasten oder Felsen. Aufgrund des extremen Risikos sind BASE-Sprünge nur an wenigen Orten auf der Welt dauerhaft erlaubt, zusätzlich gibt es Einzelgenehmigungen für besondere Veranstaltungen.
- Canopy-Piloting/Swooping – Disziplin, bei der am Schirm kurz vor der Landung hohe Geschwindigkeiten knapp über dem Boden (meistens über einem Wassergraben) geflogen werden. Ziel ist es, das Steigen des Schirmes, das sich durch den erhöhten Auftrieb beim Bremsen entwickelt, so lange wie möglich in waagrechte Vorwärtsfahrt umzusetzen. Disziplin mit hohem Risiko, da auf Bodenhöhe mit voller Vorwärtsfahrt geflogen wird und zuvor, um den Effekt noch zu erhöhen, eine sehr hohe Anfangsgeschwindigkeit aufgebaut wird, beispielsweise durch eine 180°-Drehung knapp über dem Boden (Hook Turn).
- Para-Ski – Eine Wintersportkombination aus Zielspringen in alpinem Gelände und Riesentorlauf, die ihren Ursprung in der Bergrettung hat.
- HAHO high altitude high opening – Eine aus dem Militär stammende Disziplin, bei der aus großer Höhe (bis 10.000 m) mit Sauerstoffmaske gesprungen wird. Der Fallschirm wird nach kurzem Freifall in großer Höhe geöffnet, um dann im Gleiteinsatz eine möglichst große Strecke mit Wind bis zu einem geplanten Landegebiet zurückzulegen.[6]
- HALO high altitude low opening – Eine aus dem Militär stammende Disziplin, bei der aus großer Höhe (bis 10.000 m) mit Sauerstoffmaske gesprungen wird. Der Fallschirm wird nach dem Freifall in geringer Höhe (1000–1500 m) über dem Landegebiet geöffnet. Ein Gleiteinsatz wie beim HAHO entfällt.
- Hit ’n’ Rock – Eine Disziplin, die das traditionelle Zielspringen mit einem akrobatisch-komischen Element verbindet. Es geht darum, möglichst nah an einer Zielscheibe zu landen, sich der Fallschirmausrüstung zu entledigen und dann in einem 12 m (40 Fuß) von der Zielscheibe entfernten Schaukelstuhl Platz zu nehmen. Die Zeit wird von der ersten Bodenberührung bis zum Hinsetzen gemessen. Hit ’n’ Rock ist eine beliebte Disziplin bei POPS-Treffen (Parachutists Over Phorty Society).
- Speedskydiving – Ziel ist es, im freien Fall eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen.
Abgesehen von den Disziplinen „Zielspringen“, „Swooping“ und „Kappenformation“ liegt der Schwerpunkt beim Skydiving auf dem freien Fall, nicht auf der Fahrt am geöffneten Schirm.
Rekorde
Sprunghöhe und -dauer
- Höchster Absprung: Joseph Kittinger, 31.332 m[7], 16. August 1960, New Mexico (USA)
- Längster freier Fall: Evgeny Andreyev, 25.500 m[7], 1. November 1962, bei Wolsk (UdSSR)
Formationen
- größte Freifallformation, international: 400 Springer[8], gesprungen in Udon Thani, Thailand am 8. Februar 2006
- größte Freifallformation nur Frauen, international: 181 Springerinnen[9], gesprungen in Perris, USA am 27. Oktober 2009
- größte Freifallformation nur deutsche Teilnehmer: 200 Springer[10], gesprungen in Eloy, USA am 14. November 2008
- größte Freifallformation nur Frauen, Deutschland: 73 Springerinnen[11], gesprungen in Eisenach am 18. Oktober 2009
- größte Formation am geöffneten Fallschirm, international: 100 Springer[12], geflogen in Lake Wales, Florida, USA am 21. November 2007
Sprungzahl
- Gesamt: Don Kellner, über 39.000 Sprünge[13]
- Frauen: Cheryl Stearns, über 17.000 Sprünge[14]
- Innerhalb von 24 Stunden, Männer: Jay Stokes, 640 Sprünge, 8. September 2006[15]
- Innerhalb von 24 Stunden, Frauen: Cheryl Stearns, 352 Sprünge, 8.–9. November 1995
Alter
- Ältester Fallschirmspringer: Frank Moody, 102 Jahre
Sprünge ohne Fallschirm
Das Überleben eines ungebremsten Absturzes ist nur unter außergewöhnlichen Bedingungen möglich, da ein Aufprall bereits bei geringerer Geschwindigkeit, als sie im freien Fall auftritt, aufgrund der Umwandlung der kinetischen in Deformationsenergie in der Regel tödlich endet. Bei einem überlebten Absturz ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Fallschirm mindestens teil- oder fehlgeöffnet war und durch eine gewisse verbliebene Resttragfähigkeit die Aufprallgeschwindigkeit vermindern konnte. Es soll im zweiten Weltkrieg in zwei Fällen zum Überleben eines Sprungs ohne Hilfsmittel gekommen sein. Diese wurden jedoch bisher nicht genauer untersucht oder einwandfrei geklärt. Eine physikalische Erklärung bleiben beide ebenso schuldig. Seit dem zweiten Weltkrieg sind keine Fälle mehr bekannt geworden, in denen ein Totalversagen eines Fallschirms nicht zum sofortigen Tod geführt hätte.[16][17][18]
- Nicholas Alkemade (1923–1987): dessen Flugzeug wurde am 24. März 1944 bei einem Luftgefecht in der Nähe von Schmallenberg von der deutschen Luftwaffe abgeschossen. Alkemade sprang in etwa 5.500 Metern ohne Fallschirm aus der abstürzenden brennenden Maschine. Der Aufprall auf dem Boden soll durch Äste einer Pinie und einen schneebedeckten Untergrund so weit abgefangen worden sein, dass er lediglich eine Beinverletzung davontrug.
- Lieutenant I. M. Chisov: Im Januar 1942 wurde Chisov in einer Iljuschin Il-4 von 12 Messerschmitts angegriffen. Er stieg aus der Maschine aus und wurde im Freifall bewusstlos. Er soll in einer stark abschüssigen Schlucht, bedeckt mit Schnee, gelandet sein, welches seinen Sturz abbremste.
In einem Fall ist zumindest mit einem geringen Hilfsmittel ein überlebter Absturz bekannt geworden.
- Am 26 Januar 1972 hat Vesna Vulovic, eine Flugbegleiterin, den Flugzeugabsturz einer Douglas DC-9 mit schweren Verletzungen überlebt. Durch einen Bombenanschlag riss das Heck des Flugzeugs ab und fiel gegen einen schneebedeckten Berghang in einem richtigen Winkel, so dass das verbliebene Flugzeugheck heruntergleiten und langsam abbremsen konnte. Vulovic überlebte als Einzige den Absturz.
Mythen und Irrtümer
Falsche Ansichten über das Fallschirmspringen werden insbesondere durch Spielfilme und Medienberichte verbreitet, die die Sportart dramatischer oder „verrückter“ darstellen wollen, als sie in Wirklichkeit ist. Dabei werden auch häufig physikalische Gegebenheiten außer Acht gelassen. Hier eine Richtigstellung der häufigsten Irrtümer:
- Ein Fallschirmspringer wird durch das Öffnen des Schirms nicht wieder nach oben gezogen. Filmaufnahmen, die solch einen Eindruck erwecken, entstehen dadurch, dass der gefilmte Springer durch die Schirmöffnung stark abgebremst wird, während der Kameramann mit gleich bleibender Geschwindigkeit weiter fällt. (Öffnet der Kameramann seinen Fallschirm zuerst, sieht es umgekehrt so aus, als ob der Fall des gefilmten Springers plötzlich stark beschleunigt wird.)
- Eine Unterhaltung im freien Fall ist nur unter besonderen Umständen möglich. Bei einer Freifallgeschwindigkeit von etwa 200 km/h ist das Windgeräusch normalerweise so laut, dass alles andere übertönt wird. Für eine Verständigung müsste daher entweder ein Springer dem anderen aus nächster Nähe ins Ohr schreien, oder beide benutzen geschlossene Helme mit Funkverbindung.
- Nur wenige Naturtalente können bereits bei den ersten Fallschirmsprüngen ihres Lebens sofort eine saubere und stabile Freifallhaltung einnehmen, ohne auf fremde Hilfe (z. B. mitspringende Ausbilder) angewiesen zu sein. Aber selbst für solche Ausnahmeathleten sind Freifallformationen, Skysurfing usw. erst nach entsprechendem Training möglich.
- Bei einer üblichen Absprunghöhe von 4.000 m über Grund dauert der freie Fall etwas mehr als 60 Sekunden. Filmszenen, bei denen die Freifalldauer mehrere Minuten beträgt, sind aus Aufnahmen mehrerer Sprünge zusammengeschnitten. Unter realen Bedingungen wäre ein mehrminütiger freier Fall nur aus einer so großen Absprunghöhe möglich, dass die Springer einen aufwändigen Kälteschutz und eine eigene Sauerstoffversorgung bräuchten.
- Es ist zwar möglich, einer aus einem Flugzeug gefallenen Person innerhalb einiger Sekunden hinterher zu springen und sie (bei ausreichender Höhe bzw. Zeit) im freien Fall einzuholen. Die anschließend während der Schirmöffnung auftretenden Kräfte und Belastungen wären jedoch für ein Festhalten mit reiner Muskelkraft zu groß. Falls im freien Fall keine mechanische Verbindung zum Schirmgurtzeug hergestellt werden kann, würde diese Person beim Öffnen des Schirms mit hoher Wahrscheinlichkeit losgerissen.
- Im modernen Fallschirmsport sind Todesfälle durch einen sich nicht öffnenden Fallschirm zur Ausnahme geworden. Die häufigsten Ursachen für tödliche Verletzungen sind Unfälle nach der Schirmöffnung, wie etwa Kollisionen, Drehungen am Schirm zu dicht über dem Boden und Lenk- bzw. Bremsfehler bei der Landung.
Literatur
- U. Beckmann: Fallschirmsport in Wort und Bild. Verlag Toeche-Mittler, Darmstadt 1974.
- W. Buss und K. Pietzsch: Die Fallschirmentwicklung in Deutschland 1934–1945. DFVLR, Braunschweig 1982.
- W. D. Brown: Parachutes. Sir Isaac Pitman & Sons Ltd., London 1951.
- W. Gericke: Das Fallschirmspringen. Tilia Verlag, Wiesbaden 1962.
- Klaus Heller: Fallschirmspringen für Anfänger und Fortgeschrittene. Nymphenburger, München 1981–2008. ISBN 3-485-01636-5.
- H. Steiner: Der Fallschirm. Verlag Richard Karl Schmidt & Co, Berlin 1931.
Siehe auch
Weblinks
Verbände und Behörden
- Deutscher Aero Club e. V., www.daec.de (DAeC)
- Deutscher Fallschirmsportverband e. V., www.fallschirmsportverband.de (DFV)
- Verband unabhängiger Prüfer von Luftsportgerät e. V., www.prueferverband.de
- Österreichischer Aero Club, www.aeroclub.at (ÖAeC)
- Schweizerischer Fallschirm-Verband Swiss Skydive, www.swissskydive.org
- United States Parachute Association (USPA), www.uspa.org
- Verein Deutscher Objektspringer e. V., www.base-jump.de (VDO)
- Europäische Militär Fallschirmsprungverband e. V., www.european-paratrooper.de
Allgemeine Informationen
- Geschichtliches zum Fallschirmspringen, www.braunix.de
- Internationales Netzwerk für Fallschirmspringer, www.dropzone.com
- Informationen zur Ausbildung in Deutschland, fallschirmsportclub-braunschweig.de
Einzelnachweise
- ↑ Dropzone.com: Adrian Nicholas Proves Da Vinci Chute Works, www.dropzone.com, 9. Juli 2000 (englisch)
- ↑ André Jacques Garnerin (Spartacus Educational): History of Aviation (englisch)
- ↑ DFV: Ausbildung in Deutschland
- ↑ Skydive-Tirol.com: Ausbildung in Österreich
- ↑ Fallschirmspringen – DAeC Landesverband Nordrhein Westfalen e.V.
- ↑ http://www.danmil.de/Absetzsysteme.html
- ↑ a b High Altitude World Record Jumps
- ↑ WE DID IT!!! – World Team Thailand '06
- ↑ Woman’s World Record Final Release (englisch)
- ↑ Neuer Deutscher Rekord: 200 Springer in größter Freifallformation – ka-news.de
- ↑ Nachbrenner: Neue Freifall-Rekorde der Damen – fallschirmsportverband.de
- ↑ Rekorde International – canopy-formation.de
- ↑ Vita – Homepage von Don Kneller
- ↑ Cheryl Stearns mit 30 Weltrekorden im Fallschirmspringen
- ↑ Jay Stokes’ Rekord
- ↑ Zentrale Meldestelle für Fallschirmunfälle der USPA
- ↑ Bis 1995 zurückverfolgbare Datenbank von Unfällen mit Fallschirmspringern
- ↑ Dropzone.com Unfallstatistik