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Flugzeugkatastrophe von Teneriffa

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Flugzeugkatastrophe von Teneriffa

CG-Rendering von Pan Am 1736 kurz vor dem Treffen von KLM 4805.

Unfall-Zusammenfassung
Unfallart Kollision auf der Landebahn
Ort Flughafen Los Rodeos (TFN)
Datum 27. März 1977
Todesopfer 583
Überlebende 61
Verletzte 61
Luftfahrzeug
Luftfahrzeugtyp Boeing 747-206B, Boeing 747-121
Betreiber Pan American World Airways, KLM Royal Dutch Airlines
Kennzeichen N736PA, PH-BUF
Passagiere 614
Besatzung 30
Listen von Luftfahrt-Zwischenfällen

Die als Flugzeugkatastrophe von Teneriffa bezeichnete Kollision zweier Boeing 747 auf dem Flughafen Los Rodeos (TFN) im Norden von Teneriffa ereignete sich am Sonntag, dem 27. März 1977, um 17:06 Uhr Ortszeit. Bei dem Unglück starben 583 Menschen; 61 Personen überlebten. Es ist das bis heute schwerste nicht durch Terroristen verursachte Flugzeugunglück in der Geschichte der zivilen Luftfahrt.

Die Boeing 747-121 Clipper Victor der Pan American World Airways (Registrierung: N736PA) und die KLM-Boeing 747-206B Rijn (Registrierung: PH-BUF) kollidierten auf der Startbahn aufgrund von schlechten Sichtverhältnissen (einfallender Nebel), einer unzureichenden Kommunikation zwischen Piloten und Flugsicherung sowie dem von der KLM-Besatzung eingeleiteten Start ohne Freigabe. Die KLM-Maschine prallte beim Abheben mit einer Geschwindigkeit von etwas mehr als 250 km/h auf die rollende PanAm-747. Aus den drei Flugunfalluntersuchungsberichten geht hervor, dass alle Beteiligten schwerwiegende Fehler begangen haben. Der amerikanische und der spanische Untersuchungsbericht sahen die Hauptschuld bei der KLM-Besatzung, da diese keine ausdrückliche Startfreigabe hatte. Im niederländischen Untersuchungsbericht wurden keine Hauptschuldigen genannt.

Vorgeschichte

Die PanAm-Maschine begann ihren Charterflug (Flugnummer 1736) auf dem Los Angeles International Airport und legte einen planmäßigen Zwischenstopp am New Yorker JFK International Airport ein. Das Kommando über den amerikanischen Jumbojet hatte nach dem Wechsel der Crew in New York Flugkapitän Victor Grubbs. An Bord befanden sich 396 Personen.

Die niederländische Maschine bediente den KLM-Flug 4805, einen Charterflug mit 235 Passagieren und 14 Besatzungsmitgliedern an Bord. Das Flugzeug hatte seine Reise um 9:31 Uhr unter dem Kommando von KLM-Chefpilot Jacob Veldhuyzen van Zanten vom Amsterdamer Flughafen Schiphol angetreten.

Beide Flugzeuge hatten den Flughafen von Gran Canaria als Ziel. Während des Flugs wurde der KLM-Besatzung mitgeteilt, dass der Flughafen von Gran Canaria aufgrund einer um 12:30 Uhr in der Wartehalle erfolgten Bombenexplosion sowie einer weiteren Bombendrohung seitens kanarischer Separatisten zeitweise geschlossen sei. KLM-Flug 4805 wurde daraufhin, wie einige andere Flugzeuge, nach Los Rodeos im Norden der nahen Insel Teneriffa umgeleitet, wo die Maschine um 13:38 Uhr Ortszeit (13:08 Uhr GMT) landete. Auch PanAm-Flug 1736 bekam die Anweisung, nach Los Rodeos auszuweichen, obwohl die Besatzung es vorgezogen hätte, zu kreisen, bis die Landefreigabe erteilt worden wäre. Mindestens fünf größere Maschinen wurden nach Teneriffa umgeleitet. Dadurch ergab sich ein Problem, denn der Regionalflughafen, der hauptsächlich für Flüge zwischen den Kanarischen Inseln sowie dem spanischen Festland verwendet wurde, hatte aufgrund der beengten Platzverhältnisse Schwierigkeiten, die umgeleiteten großen Maschinen aufzunehmen.

Los Rodeos (damaliger IATA-Code TCI, heute TFN, ICAO-Code GCXO) besteht aus einer 3300 m langen Start-/Landebahn 12/30 (entspricht einer Ausrichtung nach 120 bzw. 300 Grad) und einer parallel verlaufenden Hauptrollbahn, einem so genannten Taxiway, der beidseitig in die Startbahn einmündet. Zusätzlich ist der Taxiway über vier kurze Querbahnen mit der Startbahn verbunden. Die umgeleiteten Großraumflugzeuge mussten mit drei weiteren Verkehrsmaschinen auf dem westlichen Ende des Taxiways parken, so dass dieser Abschnitt nicht mehr zum Rollen genutzt werden konnte. Stattdessen mussten die in diesem Bereich stehenden Maschinen die Startbahn 12 hinaufrollen und um 180 Grad kehren, um in die Startposition für ihren Abflug zu gelangen.

Die Passagiere der ersten Maschinen – auch die 235 Fluggäste der KLM – wurden während der auf Teneriffa verordneten Wartezeit im Terminal des Flughafens betreut, jedoch war dieses bald so überlastet, dass es den Passagieren der später ankommenden Flugzeuge, wie auch denen des um 14:15 Uhr gelandeten PanAm-Jumbos, nicht gestattet wurde, die Maschinen zu verlassen.

Um 14:30 Uhr wurde die Sperrung des Flughafen Gran Canaria aufgehoben. Die Besatzung der amerikanischen Maschine, deren Passagiere sich noch an Bord befanden, wollte daraufhin den Flug nach Gran Canaria unverzüglich fortsetzen. Dies war aber nicht möglich, weil die vor ihnen stehenden Flugzeuge, unter anderem auch der KLM-Jumbo, den Weg zur Startbahn blockierten. Nachdem die Passagiere zurück an Bord der niederländischen Maschine gebracht worden waren, hatte sich das Verkehrsaufkommen auf dem wieder geöffneten Flughafen in Gran Canaria bereits so stark verdichtet, dass sich der Abflug aus Teneriffa weiter verzögerte. KLM-Kapitän van Zanten entschied sich erst jetzt, seine Maschine für den Rückflug nach Amsterdam betanken zu lassen, um später am Flughafen Gran Canaria Zeit zu sparen.[1] Die Betankung nahm weitere 30 Minuten in Anspruch. Währenddessen verließ die PanAm-Besatzung das Cockpit und überprüfte den vorhandenen Freiraum zwischen den beiden Flugzeugen, um im Fall einer Starterlaubnis an der KLM-Maschine vorbeizurollen. Die Distanz reichte hierfür aber nicht aus.

Um 16.51 Uhr erhielt die KLM-747 die Erlaubnis zum Start der Triebwerke. Eine Minute später erhielt auch PanAm-Flug 1736 die Freigabe zum Triebwerksstart. Zwischenzeitlich war eine dichte Nebelbank über dem Flughafen aufgezogen. Dies erschwerte die Arbeit und Koordination im Tower erheblich, da der Flughafen nicht über ein Bodenradar verfügte und wegen des Nebels kein Sichtkontakt mehr zu den Flugzeugen bestand.[2][3]

Unfallhergang

Übersicht über den Flughafen Los Rodeos:
Hellblau → Weg der KLM.
Dunkelblau → Weg der PanAm.
Taxiway → Rollbahn
Runway → Start-/Landebahn
Exit 1-4 → Querbahnen 1-4
Positionen der beiden Flugzeuge kurz vor dem Zusammenstoß.

Um 16:58 Uhr erhielt die KLM-Maschine vom Tower Los Rodeos die Erlaubnis, die Startbahn 12 bis zum ihrem Ende hinaufzurollen, dort um 180 Grad zu drehen und die Startfreigabe abzuwarten.

Um 17:02 Uhr wies der Tower den amerikanischen Jumbo ebenfalls an, die auf der Rollbahn parkenden Flugzeuge über die Startbahn 12 zu umrollen. Das PanAm-Flugzeug sollte die Startbahn anschließend über die dritte Querbahn (bezeichnet als Charly 3) verlassen und von dort an auf dem freien Teilstück des Taxiways zur Startposition weiterrollen.

Während PanAm 1736 im Nebel langsam die Startbahn hinaufrollte, hatte die niederländische Maschine bereits gewendet und stand auf Startposition. Die Besatzung der KLM erbat Flugverkehrsfreigabe (auch ATC-Freigabe - Streckenfreigabe, d. h. noch keine Startfreigabe) und der Tower von Los Rodeos gab der Bitte statt.

Im Cockpit der amerikanischen Boeing 747 war die Besatzung zeitgleich damit beschäftigt, die Einmündung in die dritte Querbahn zu finden, jedoch verpasste die Maschine im dichten Nebel die Ausfahrt und rollte langsam weiter in Richtung der vierten Abzweigung. Im Nachhinein wurde festgestellt, dass es für den Jumbo schwer, wenn nicht sogar unmöglich gewesen wäre, in die recht spitz zur Startbahn verlaufende Querbahn 3 einzubiegen.

Nachdem der KLM-Jumbo um die Startfreigabe bat, kam es auf der Funkfrequenz zu einem Überlagerungseffekt: Während der Tower die Freigabe verweigerte, teilte die PanAm-Maschine ihrerseits mit, dass sie sich noch auf der Startbahn befände. Die sich überlagernden Funksprüche wurden im Cockpit der niederländischen Maschine als schriller Pfeifton aufgezeichnet. Der KLM-Kapitän meinte jedoch, die Startfreigabe verstanden zu haben, und beschleunigte seine Maschine. Als beide Flugzeuge Sichtkontakt hatten, versuchte die PanAm-Besatzung auszuweichen, indem sie ihre Maschine mit voller Triebwerksleistung scharf nach links von der Startbahn lenkte. Gleichzeitig versuchten die KLM-Piloten ihr Flugzeug hochzuziehen, wobei das Heck der Maschine Bodenberührung bekam und auf einer Strecke von 20 Metern über die Startbahn schliff. Die Manöver scheiterten knapp. Die KLM-747 konnte zwar noch abheben, kollidierte aber mit dem schräg auf der Piste stehenden PanAm-Jumbo. Das Fahrwerk und die Unterseite der niederländischen Maschine durchschlugen die Passagierkabine der PanAm-747 in einem 45-Grad-Winkel oberhalb der rechten Tragfläche und rissen den dahinter liegenden Teil des Passagierdecks fast komplett auf. Das äußere rechte Triebwerk der KLM-747 traf das Oberdeck des PanAm-Jumbos und wurde abgerissen. Zudem trennte die linke Tragfläche des niederländischen Flugzeugs das Leitwerk der PanAm-747 vom Rumpf.

Der an Triebwerken und Tragflächen beschädigte KLM-Jumbo stürzte etwa 150 Meter hinter der amerikanischen Maschine auf die Startbahn. Das Flugzeug rutschte weitere 300 Meter über den Boden, explodierte und brannte vollständig aus. Alle 248 Personen an Bord der holländischen Boeing starben. (Eine Passagierin der KLM überlebte die Katastrophe, da sie nicht den Weiterflug nach Gran Canaria antrat). Im Nachhinein wurde festgestellt, dass die KLM-747 ohne das Gewicht des aufgenommenen Treibstoffes vermutlich über die amerikanische Maschine hinweg geflogen wäre.

Die PanAm-747 rollte nach der Kollision für einen kurzen Moment mit laufenden Triebwerken weiter und brach dann hinter den Tragflächen auseinander. Das aus der beschädigten rechten Tragfläche auslaufende Kerosin verursachte mehrere Explosionen. Nur 70 der 396 Insassen entkamen dem brennenden Flugzeug; 9 von ihnen erlagen später im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen. Die Piloten konnten sich aus dem Oberdeck retten und überlebten das Unglück leicht verletzt.[2][3]

Die Feuerwehr konzentrierte sich zunächst nur darauf, die Wrackteile der KLM-Maschine zu löschen. Die PanAm-747 war im dichten Nebel nicht bemerkt worden, da sie sich weiter hinten auf der Startbahn befand. Auch der Tower wusste nicht, dass die Maschine mit einer anderen kollidiert war. So wurde das PanAm-Flugzeug und die Überlebenden erst später gefunden.

Auszug des Kommunikationsprotokolls

Der folgende Text ist die deutsche Übersetzung eines Auszuges aus dem Kommunikationsprotokoll, das zur Auswertung aus den Informationen der Cockpit-Stimmrecorder (CVR) und der Funkmitschnitte des Towers entstanden ist. Zu beachten ist, dass die kursiv gedruckten Aufnahmen des CVR nur von der Cockpit-Besatzung des jeweiligen Flugzeuges gehört werden können. Die Funkgespräche der Flugzeuge, die aus dem Cockpit gehen, werden mit dem Wort Funk zusätzlich gekennzeichnet. Der Auszug beginnt kurz nachdem die KLM-Maschine auf der Startposition gewendet hat. Der Nebel lockert ein wenig auf und die Sicht erreicht circa 700 Meter. Diese Gelegenheit möchte der KLM-Kapitän nutzen.

17:05:45 (KLM Funk)
Ähm, die KLM... vier acht null fünf ist nun bereit zum Abheben.
Ähm und wir warten auf unsere ATC-Freigabe.

17:05:53 (TENERIFFA TOWER)
KLM vier acht null fünf, ähm, Sie haben Freigabe zum Funkfeuer Papa.
steigen Sie bis und halten Sie Flughöhe neun null Rechtskurve nach dem Start.
Weiterflug Richtung null vier null bis zum Radial drei zwei fünf von Las-Palmas-Drehfunkfeuer.

17:06:09 (KLM Funk)
Äh Roger, Sir, wir haben Freigabe zum Drehfunkfeuer Papa Flughöhe neun null.
Rechtskurve nach null vier null bis zum Anschneiden des drei zwei fünf und wir sind jetzt (am/beim Start).

17:06:13 (KLM Pilot, auf Niederländisch)
Wir gehen.

17:06:18 (TENERIFFA TOWER)
Ok...

An dieser Stelle kommt es zur Überlagerung der Signale, da in den folgenden drei Passagen Tower und PanAm gleichzeitig funken. Alles was die KLM mitbekommt, ist das obige „Ok...“ und ein darauf folgendes schrilles Rauschen während der Überlagerung. Dieses übertönt alles gesprochene von 17:06:19.39 bis 17:06:23.19.

17:06:19 (PAN-AM Funk)
Nein... Ähm...

17:06:20 (TENERIFFA TOWER)
...bereithalten für den Start, Ich werde Sie rufen.

17:06:20 (PAN-AM Funk)
Und wir, Clipper eins sieben drei sechs, rollen immer noch die Startbahn herunter.

Die Antwort vom PanAm-Jumbo ist Reaktion auf die Zweideutigkeit des von KLM gemeldeten Funkspruches: „...and we're now at take-off.“ (in Deutsch: „...und wir sind jetzt am/beim Start.“) und nicht auf die Cockpit-interne Anmerkung vom KLM-Pilot um 17:06:13.

17:06:26 (TENERIFFA TOWER)
Roger, Alpha eins sieben drei sechs, benachrichtigen Sie uns, wenn die Startbahn frei ist.

17:06:30 (PAN-AM Funk)
OK, benachrichtigen wenn die Startbahn frei ist.

??:??:?? (TENERIFFA TOWER)
Danke.

17:06:32 (KLM Flugingenieur, auf Niederländisch)
Ist er also noch nicht weg?

17:06:34 (KLM Kapitän, auf Niederländisch)
Was sagst Du?

17:06:34 (KLM ???)
Yup.

17:06:34 (KLM Flugingenieur, auf Niederländisch)
Ist er noch nicht weg, die Pan American?

17:06:35 (KLM Kapitän, auf Niederländisch)
Na klar. (nachdrücklich!)

17:06:40
(Der Kapitän der PanAm sieht die Landelichter der KLM-Boeing in ungefähr 700 m Entfernung.)

17:06:44
(KLM-Maschine PH-BUF beginnt abzuheben.)

17:06:47
(Schrei des KLM-Kapitäns.)

17:06:50
(Kollision)

Ausweislich des o. a. Funk-Protokolls hatte die KLM-Maschine eine Startgeschwindigkeit von circa 70 Metern pro Sekunde (250 km/h) bevor sie auf die PanAm-Maschine aufprallte. Die Aufprallgeschwindigkeit betrug also unter Berücksichtigung der nicht bekannten Rollgeschwindigkeit der PanAm-Maschine etwas mehr als 250 km/h.

Mutmaßungen zur Unfallursache

Es gibt weitere Spekulationen über Unfallursachen, die jedoch nicht überprüfbar sind:

  • Van Zanten war bekannt als Top-Pilot und war außerdem der bevorzugte Pilot für Auftritte in der Öffentlichkeitsarbeit, wie beispielsweise in Zeitungsanzeigen der KLM. Dieser Flug war einer der ersten, nachdem van Zanten als Lehrer neuer Piloten auf einem Flugsimulator war. Einige Experten behaupten, dass er im Laufe der Zeit eine Führungshaltung für sich beanspruchte, da er im Simulator die Verantwortung für alles trug (auch simulierte Flugsicherung). Dies wird als möglicher weiterer Grund für van Zantens Entscheidung gesehen, die Anweisungen des Towers nicht zu bestätigen.
  • Der Flugingenieur unterließ es offensichtlich van Zantens Entscheidungen weiter in Frage zu stellen; möglicherweise weil dieser nicht nur einen höheren Rang innehatte, sondern auch einer der fähigsten und erfahrensten Piloten der KLM war.
  • Die Möglichkeit, dass Flugkapitän van Zanten in Eile war, um den verspäteten Flug fortzusetzen und somit die niederländischen Flugbestimmungen in Bezug auf die Flugzeiten einzuhalten.
  • Das sich verschlechternde Wetter hätte den Flug vollkommen vom Start abhalten können und das Flugzeug wäre gezwungen gewesen in Los Rodeos zu bleiben – mit den damit verbundenen Konsequenzen für die KLM. Flugkapitän van Zanten hatte es somit wahrscheinlich eilig, denn er wollte noch an diesem Tag über Gran Canaria nach Amsterdam zurückfliegen – und wenn das Flugzeug nicht bald starten würde, würde das Zeitlimit bei KLM, welches vorschreibt wie lange ein Pilot ohne Pause bei zwei Zwischenlandungen ein Flugzeug führen darf, nicht eingehalten werden können. Diese Eile war höchstwahrscheinlich auch der Grund des Volltankens in Teneriffa - obwohl das Kerosin in Gran Canaria preiswerter war - denn er fürchtete, in Gran Canaria zu lange zum Tanken warten zu müssen, da fast alle Maschinen dort tankten.
  • Unsicheres Vorgehen: Eine Freigabe der Flugkontrolle, die bei schlechter oder nicht vorhandener Sicht vom Tower erteilt wird, ist unsicheres Vorgehen, da die Freigabe auf visuellem Kontakt basiert. Die meisten Behörden erlaubten jedoch die Fortsetzung der Flugkontrolle, basierend auf Angaben der Piloten, die ihrerseits keine Sicht hatten. Obwohl dieses Vorgehen in einigen Ländern noch praktiziert wird, wird es nach und nach verworfen und abgeschafft und durch den Bau von Bodenradaranlagen ersetzt. Es ist außerdem aufgedeckt worden, dass einige Länder nicht vollkommen mit internationalem Standardvorgehen bei schlechter Sicht vertraut sind. Einige Tower-Fluglotsen akzeptieren es unter der Sicherheitsmaßnahme, dass sich nur ein einziges Flugzeug auf dem Rollfeld befindet. Während es sich dorthin oder von dort weg bewegt, wird es vom sogenannten Follow-Me-Fahrzeug geführt, welches langsam vor dem Flugzeug fährt und den Piloten leitet.
Die Unsicherheit des zu dem Unfall führenden Vorgehens in Teneriffa zeigte sich erneut bei dem traurigen Vorfall, der sich knapp 25 Jahre später, am 8. Oktober 2001, auf dem Flughafen Mailand-Linate ereignete. Flug SK686, eine MD-87 der SAS auf dem Weg nach Kopenhagen, hatte nach Berichten eines Piloten einer deutschen Cessna Citation die Startfreigabe erhalten. Der Pilot der Cessna befand sich irrtümlicherweise auf der falschen Rollbahn. Dem Tower war es nicht möglich dies zu bemerken, da auch hier die Wetterverhältnisse keine ausreichende Sicht ermöglichten. Das Bodenradar funktionierte an diesem Tag nicht.[4]
Die MD-87 streifte die die Startbahn kreuzende Cessna und kollidierte anschließend mit einem Flughafengebäude. 118 Menschen starben bei diesem Unfall.[5]
  • Außerdem war die nicht-standardisierte Wortwahl und die Mischung verschiedener Sprachen ein allgegenwärtiger Faktor, durch den die Unfälle verursacht wurden. Dies war sowohl in Teneriffa als auch in Mailand der Fall.

Konsequenzen

Als flugbetriebliche Konsequenzen aus der Katastrophe gingen unter anderem neue, klarere und weitergehendere standardisierte Funkphrasen hervor. Darüber hinaus wurden Bodenradars Pflicht für internationale Flughäfen. Ein solches hatte in Los Rodeos gefehlt, so dass die Fluglotsen infolge des Nebels Rollfeld und Startbahn nicht hatten einsehen können. Die betroffene Airline KLM änderte ihre Dienstzeitvorschriften für das Personal, um den Stress durch Zeitdruck zu reduzieren.

Auch die Hierarchien im Cockpit wurden gelockert. Hauptmerkmal ist die einvernehmliche Entscheidungsfindung der Cockpitcrew, welche bei allen großen Airlines mittlerweile zum Trainingsstandard gehört.

Aufgrund häufig vorkommender gefährlicher Nebel, die das Gebiet um den Flughafen Los Rodeos im Norden von Teneriffa beeinträchtigen können, wurde als zweiter Flughafen im Süden der Insel der Aeropuerto de Tenerife Sur Reina Sofía (TFS) gebaut. Dieser wickelt nun die meisten kommerziellen In- und Auslandsflüge ab.

Gedenken, Denkmale

Datei:Monumento Conmemmorativo Internacional 27 de Marzo de 1977.jpg
International Tenerife Memorial auf dem Mount Mesa Mota[6]

Am 27. März 2007, dem 30. Jahrestag, wurde auf Teneriffa ein von Rudi van de Wint[6] entworfenes Denkmal an die Katastrophe eröffnet.[7] Wie bereits am 6. April 2009 angekündigt, ist das Denkmal auf unbestimmte Zeit nicht zugänglich. Es ist eingezäunt und wird bewacht. Warum es gesperrt ist und wann es wieder zugänglich wird, ist unklar. Auch ob es am Jahrestag zugänglich ist.[8]

Einzelnachweise

  1. Spanischer Unfallbericht in englischer Übersetzung, abgerufen am 4. Februar 2010
  2. a b Flugkatastrophen, die die Welt bewegten, Stanley Stewart, Koblenz 1989
  3. a b Luftfahrtkatastrophen, David Gero, Stuttgart 1994
  4. Tod auf der Landebahn, 14. Oktober 2007 auf 3sat
  5. Aviation Safety Networks, Beschreibung des Unfalls von Mailand-Linate (engl.)
  6. a b Auf dieser Seite ist der Ort des Denkmals und der Name des Künstlers zu finden, abgerufen 2. Februar 2010
  7. International Tenerife Memorial (englisch)
  8. Ankündigung der Sperrung, abgerufen am 24. März 2010
Commons: Flugzeugkatastrophe von Teneriffa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 28° 28′ 55″ N, 16° 20′ 21″ W

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