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Wiedensahl

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Wappen Deutschlandkarte
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Wiedensahl
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Wiedensahl hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 52° 23′ N, 9° 7′ OKoordinaten: 52° 23′ N, 9° 7′ O
Bundesland: Niedersachsen
Landkreis: Schaumburg
Samtgemeinde: Niedernwöhren
Höhe: 62 m ü. NHN
Fläche: 11,68 km2
Einwohner: 906 (31. Dez. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: 78 Einwohner je km2
Postleitzahl: 31719
Vorwahl: 05726
Kfz-Kennzeichen: SHG, RI
Gemeindeschlüssel: 03 2 57 037
Website: www.wiedensahl.de
Bürgermeister: Helmut Schaer (SPD)
Lage der Gemeinde Wiedensahl im Landkreis Schaumburg
KarteNordrhein-WestfalenLandkreis Hameln-PyrmontLandkreis Nienburg/WeserRegion HannoverAhnsenApelernAuetalAuhagenBad EilsenBad NenndorfBeckedorfBückeburgBuchholz (bei Stadthagen)HagenburgHasteHeeßenHelpsenHespeHeuerßenHohnhorstHülsedeLauenauLauenhagenLindhorstLüdersfeldLuhdenMeerbeckMessenkampNiedernwöhrenNienstädtNordsehlObernkirchenPohlePollhagenRintelnRodenbergSachsenhagenSeggebruchStadthagenSuthfeldWiedensahlWölpinghausen
Karte

Wiedensahl ist ein Flecken im Schaumburger Land und liegt nördlich von Stadthagen an der Grenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Seit 1974 ist der Ort Teil der Samtgemeinde Niedernwöhren.

Die Dorfstruktur ist ein so genanntes Hagenhufendorf und zieht sich an seiner Hauptstraße entlang. Ursprünglich fast ausnahmslos durch die Landwirtschaft geprägt ist Wiedensahl heute ein typisches „Wohndorf“ in Schaumburg.

Bekannt wurde Wiedensahl als Geburtsort von Wilhelm Busch, der Flecken ist auch noch heute von ihm geprägt. Im Geburtshaus befindet sich ein Wilhelm-Busch-Museum, vor dem alten Pfarrhaus steht ein Denkmal, und es gibt einen Radwanderweg rund um Wiedensahl mit Stationen zum Thema Wilhelm Busch.

Geschichte

Seit etwa 1250 wird Wiedensahl häufiger in Urkunden erwähnt, meistens in der Schreibweise widensole. Widensole bedeutet: „Mit Wasser gefüllte, von Weiden umstandene Senke“, kurz: „Weidenteich“ [2] . Die Deutung des Namens als "geweihter See" beruht offenbar auf einem Lesefehler.

Das Dorf Widensole wurde um 1253 planmäßig als Hagenhufendorf angelegt [3]. Eine Besonderheit ist, dass die Höfe durchgängig beidseitig des Dorfangers mit dem Teich in der Mitte angelegt wurden.

Im Jahre 1253 übertrug der Bischof von Minden den Zehnten von „widensole“, den zuvor der Edelherr Conrad von Hamelspringe zu Lehen hatte, auf das Kloster Loccum [4]. Die um 1640 von Arnold Spanuth (in Wiedensahl geboren) verfasste „Nachrichtung des freien Kellnerey Hofes zu Wiedensahl“ (im Pfarrarchiv Wiedensahl) berichtet, dass „anfänglich“ in Wiedensahl nur ein Ziegenstall und ein Ziegenhirte waren. Danach wurde Wald für Äcker für die Herren von Loccum gerodet und es wurden weitere Höfe angelegt. 1287 wurde die „damalige Capelle“ zur Pfarrkirche gemacht. Die Pfarre erhielt die Hälfte allen Landes des Kellereihofes. Laut Urkunde Nr. 358 [5] wurde die Kapelle zu Wiedensahl bereits 1277 von der Kirche zu Windheim getrennt. Ein 1459 verfasstes und 1694 überarbeitetes Manuskript „Fundatio Ecclesiae Wiedensalianae“ [6] berichtet, dass 1275 Bischof Otto von Minden Steine und Kalk für den Bau einer Kapelle und eines Turmes in Wiedensahl stiftete.

Pastor Albert Hahn schrieb in seiner 1898 erschienenen „Geschichte des im Stiftsbezirke Lokkum gelegenen Fleckens Wiedensahl“, dass sich an dem Teich in Wiedensahl ein germanisches Heiligtum, ein Edelhof und eine Burg befanden. Schon „bald“ nach 777 n. Chr. habe dieser Edelmann den christlichen Glauben angenommen und eine Kapelle gebaut. 1275 sei an die vorhandene Kapelle das Kirchenschiff angebaut worden. Für diese Behauptungen von Hahn gibt es jedoch keine Belege, zum Teil widersprechen sie den vorliegenden Dokumenten. Die Deutung des Namens Wiedensahl durch Hahn als „geweihter See“ ist abwegig.

Das Dorf war im frühen Mittelalter häufig Gegenstand von Streitigkeiten zwischen dem Bistum Minden, dem Haus Schaumburg und dem Kloster Loccum. 1640 fiel das Dorf endgültig an das Kloster Loccum. Von den Auswirkungen des Dreißigjährigen Kriegs wurde Wiedensahl schwer getroffen. Gegen Ende des Krieges fiel Wiedensahl an Calenberg mit dem Amt Bokeloh. Insbesondere durch das Handwerk gelangte der Ort im 18. Jahrhundert zu bescheidenem Wohlstand.

Das Kloster Loccum war bis zur Ablösung 1841 Grundherr in Wiedensahl. Gerichtsbarkeit und Landeshoheit wechselten jedoch, waren zeitweise strittig zwischen den Grafen von Schaumburg und Hoya, dem Bischof von Minden und den Welfen.

Hofzahl

Schon im 13.Jahrhundert hatte das Dorf mit 32 Höfen (einschließlich Pfarrhof und Hof des Klosters) relativ viele Stellen. Im 14. Jahrhundert kamen 5 Siedler aus dem untergegangenen Dorf Wagenrode (zwischen Loccum und Wiedensahl) hinzu. Durch Hofteilungen und nach Rodung weiteren Waldes vermehrte sich die Zahl der Häuser beträchtlich, bis 1750 auf 118. Die zu dieser Zeit für Zwecke der Feuerversicherung erforderlichen Haus-Nummern wurden nicht, wie in den meisten Dörfern, nach der Hofgröße festgesetzt. In Wiedensahl wurden die Häuser am Südende des Dorfes beginnend auf der Westseite der Straße in der tatsächlichen Reihenfolge und dann auf der anderen Straßenseite wieder gen Süden aufgeführt.

Berufe

Insbesondere die Familien mit geringem Landbesitz übten häufig ein Handwerk aus. 1843 waren 73 „Gewerbetreibende“ beim Stiftsgericht registriert. 1780 erhielten die Schuster des Dorfes sogar einen Gildebrief von der Regierung; dies war die einzige Gilde im Stiftsbezirk Loccum. Bei der Erteilung von Brenn- und Braurechten oder von Konzessionen für Arzt, Apotheke oder Gastwirtschaften war immer entscheidend, dass kaum Konkurrenz zu bestehenden Einrichtungen in Calenberg (insbesondere Stiftsgebiet Loccum) eintrete, da die Kundschaft überwiegend aus dem westfälischen und bückeburgischen Ausland käme. Diese zentrale Randlage zu Preußen und Schaumburg-Lippe war auch für den seit 1824 erlaubten Jahrmarkt in Wiedensahl förderlich.

Politik

Gemeinderat

Die Zusammensetzung des Gemeinderates nach der Kommunalwahl 2006:

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Museen

  • Wilhelm-Busch-Geburtshaus
  • Museum im Alten Pfarrhaus
  • Zollstockmuseum

Bauwerke

St. Nicolai-Kirche mit Friedhof

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter des Flecken

Geburtshaus von Wilhelm Busch in Wiedensahl

Einzelnachweise

  1. Fortschreibung des Bevölkerungsstandes auf Basis des Zensus 2022, Stand 31. Dezember 2023 (Hilfe dazu).
  2. August Lübben: Mittelniederdeutsches Wörterbuch. Bremen 1880
  3. R. Blohm: Die Hagenhufendörfer in Schaumburg-Lippe. Oldenburg 1943
  4. Wilhelm von Hodenberg: Calenberger Urkundenbuch III, Urkunde 171
  5. Calenberger Urkundenbuch III
  6. im Pfarrarchiv Wiedensahl

Literatur

  • Matthias Blazek: Die Geschichte der Ortsfeuerwehr Wiedensahl 1909-2009. Oesselmann, Wiedensahl 2009, ISBN 978-3-00-024676-0
  • Adolf Ronnenberg: „Geweihter See“ oder „Weidenteich“? Die Bedeutung des Namens „Wiedensahl“, in: Heimatland, Heft 3 / September 2009, S. 87-89