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Kleinkastell Güßgraben

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Kleinkastell Güßgraben
Limes ORL -- (RLK)
Strecke (RLK) Rätischer Limes,
Strecke 15
Datierung (Belegung)
bis spätestens um 260 n. Chr. verlassen
Typ Kleinkastell
Größe 18,5 × 18,5 m = 0,03 ha
Bauweise steinernes Kleinkastell
Erhaltungszustand Schuttwälle im Gelände
Ort Schamhaupten
Geographische Lage 48° 54′ 49,2″ N, 11° 32′ 20,6″ OKoordinaten: 48° 54′ 49,2″ N, 11° 32′ 20,6″ O
Höhe 450 m ü. NHN
Vorhergehend Kastell Böhming (nordwestlich)
Anschließend Kleinkastell am Hinteren Seeberg (südöstlich)
Rückwärtig Kastell Pfünz (westsüdwestlich)
Kastell Kösching (südlich)
Kastell Pförring (südöstlich)

Das Kleinkastell Güßgraben ist eine ehemalige römische Fortifikation des Rätischen Limes, der im Jahre 2005 den Status des UNESCO-Weltkulturerbes erlangte. Das Kleinkastell wurde rund 27 Meter von der römischen Reichsgrenze entfernt errichtet und befindet sich heute auf der Gemarkungsfläche von Schamhaupten, einem Ortsteil der Gemeinde Altmannstein im Landkreis Eichstätt, Bayern.

Lage und Forschungsgeschichte

Grundriss des Kleinkastells
Das Kastell und sein weiteres Umland

Das in einem Wald gelegene Kleinkastell wurde in der Vergangenheit durch die Reichs-Limes-Kommission (RLK) nur marginal angeschnitten. Bisher bekannt ist sein quadratischer Grundriss mit einer Grundfläche von rund 17 × 17 m. Im Osten und höchstwahrscheinlich im Westen hatte es einen eintorigen Einlass. Die Mauerbreite wird auf rund 60 bis 80 cm geschätzt. Sichtbar ist heute nur mehr der Schutt des rund 27 m hinter dem Limes gelegenen Kastellwalls im Wald.[1] Es wird davon ausgegangen, dass die Innenbebauung wie bei ähnlichen Anlagen in Fachwerkbauweise ausgeführt worden ist.

In römischer Zeit war das Gelände gerodet und der Blick zum Limes frei. Südlich der Fortifikation, am Nordhang des Teufelskopfes, könnten zahlreiche künstliche Gruben den antiken Handwerkern dazu gedient haben, Steinmaterial für den Bau der Limesmauer und des Kastells zu entnehmen.[2]

Rund 100 Meter nordwestlich der Anlage befindet sich der Schutthügel des ehemaligen Limeswachturms WP 15/18. Das nächstgelegene Kleinkastell am Hinteren Seeberg liegt rund 2,5 km in südöstlicher Richtung entfernt.

Kleinkastelle gehörten neben den Türmen zu den wesentlichen Stützpunkten der römischen Truppe direkt hinter dem Limes. Ihre Nutzung ist in der Regel jedoch unbekannt.

Limesverlauf zwischen den Kleinkastellen Güßgraben und Am Hinteren Seeberg

Spuren der Limesbauwerke zwischen den Kleinkastellen Güßgraben und Am Hinteren Seeberg:

ORL[A 1] Name/Ort Beschreibung/Zustand
Wp 15/18[A 2] „“
Lage von Wp 15/18 und dem Kleinkastell Güßgraben
Der Wall des Limes ist in diesem Bereich in einem sehr guten Zustand. Rund 9 m hinter der Limesmauer, die nach dendrochronologischen Befunden aus Dambach im ersten Jahrzehnt des 3. Jahrhunderts errichtet wurde[3] liegt der Schutthügel des Steinturms Wp 15/18.[1][A 3]
KK[A 4] Kleinkastell Güßgraben siehe oben
Wp 15/19 „“ Der Limes, hier auch Teufelsmauer genannt, führt als gut sichtbarer Schuttwall mit Palisadengraben vom Kleinkastell Güßgraben aus in südöstliche Richtung und durchquert nach rund 500 m ein Trockental.[1] Östlich fällt der 505 m hohe Öchselberg in dieses Tal ab. An seiner Hangkante wird zwischen 476 und 480 m ü. NN Wp 15/19 vermutet. Dieser Standort hätte es den Römern erlaubt, das von Norden nach Süden den Limes durchschneidende Trockental zu überwachen in dem eine antike Altstraße vermutet wird.[4] Die Archäologen haben den ehemaligen Standort mithilfe von Längsprofilmessungen annähernd feststellen können. Bei diesen Messungen wird die Sichtverbindung zwischen den nächstliegenden Limeswachtürmen überprüft, wobei die Rekonstruktionsmodelle von Dietwulf Baatz zugrunde liegen. Durch dessen Berechungen der einstigen durchschnittlichen Turmhöhen wird angenommen, dass die Augenhöhe der Wachmannschaften im Obergeschoss eines Turmes 7,60 m über dem Erdboden lag.[2]
Wp 15/20 „Öchselberg“
Die Lage von Wp 15/20
Holz- und Steinturm
Bei Wp 15/20 erreicht die Raetische Mauer ihren höchsten Punkt am Öchselberg, wobei sich dieser weiter südlich noch leicht erhöht. Der Limes zieht bei diesem Wachturm auf dem südöstlich ausgerichteten Plateau des Öchselberges entlang und ist im Gelände gut zu erkennen. Der ältere Holzzturmhügel wird von der später errichteten Limesmauer überlagert. Östlich dieses Platzes konnte ein 4,9 × 5,1 m großer Steinturm festgestellt werden, der in seinem Inneren einen Belag aus Steinplatten besaß.[A 5] [A 6]
Wp 15/21 „“ Der weiterhin in südöstliche Richtung ziehende, substanziell immer schlechter werdende Schuttwall des Limes verliert sich beim Abstieg in den Steinsdorfer Grund. Über diesem südöstlich-nordwestlich ausgerichtetes Tal, das sich im Bereich des Limes stark verengt, wird am Westhang des Öchselbergs auf rund 480 Höhenmetern Wp 15/21 vermutet. Von hier aus konnte der rund 50 m tiefer liegende Grund eingesehen werden. Auf der gegenüberliegend Talseite, am Anstieg des Geländes zum 492 m hohen Hinteren Seeberg, lag nach dem ORL rund 40 m tiefer als Wp 15/21 der Wachturm Wp 15/22 und etwas westlicher das Kleinkastell am Hinteren Seeberg. Beide Posten und das Kastell besaßen Sichtverbindung untereinander. Außerdem konnte zumindst von Wp 15/21 der im Gipfelbereich des Hinteren Seebergs gelegene Wp 15/23 eingesehen werden.[5][A 7]
KK Kleinkastell am Hinteren Seeberg siehe separaten Artikel


Denkmalschutz

Das Kleinkastell Güßgraben ist als Abschnitt des Obergermanisch-Rätischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes. Außerdem ist es geschützt als eingetragenes Bodendenkmal im Sinne des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind erlaubnispflichtig, Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden anzuzeigen.

Siehe auch

Literatur

  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4. Auflage, Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-786-12347-0, S. 315
  • Ernst Fabricius, Felix Hettner und Oscar von Sarwey (Hrsg.): Der obergermanisch-raetische Limes des Römerreiches, Abteilung A, Band 7: Die Strecken 14 und 15, Petters, Heidelberg 1933, S. 35, und Tafel 3, Abb. 1.
  • Thomas Fischer, Erika Riedmeier-Fischer (Hrsg.): Der römische Limes in Bayern. Friedrich Pustet Verlag, Regensburg, 2008, ISBN 978-3-7917-2120-0.
  • Christian Fleer: Typisierung und Funktion der Kleinbauten am Limes. In: E. Schallmayer (Hrsg.): Limes Imperii Romani. Beiträge zum Fachkolloquium „Weltkulturerbe Limes“ November 2001 in Lich-Arnsburg. Bad Homburg v.d.H. 2004, ISBN 3-931267-05-9 S. 75–92 (Saalburg-Schriften 6).
  • Herrmann Kerscher: Zum Verlauf des raetischen Limes durch den Köschinger Forst – Ein Überblick amhand von Airborne Laserscan-Daten. In: Das archäologische Jahr in Bayern 2006. S. 101–104.
  • Günter Ulbert, Thomas Fischer: Der Limes in Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-8062-0-351-2, S. 101f.

Anmerkungen

  1. ORL = Nummerierung der Limesbauwerke gemäß der Publikation der Reichs-Limes-Kommission zum Obergermanisch-Raetischen-Limes
  2. Wp = Wachposten, Wachturm. Die Ziffer vor dem Schrägstrich bezeichnet den Limesabschnitt, die Ziffer hinter dem Schrägstrich in fortlaufender Nummerierung den jeweiligen Wachturm.
  3. Bei 48° 54′ 51,02″ N, 11° 32′ 16,81″ O.
  4. KK = nicht nummeriertes Klein-Kastell
  5. Bei 48° 54′ 35,39″ N, 11° 33′ 20,85″ O.
  6. Bei 48° 54′ 35,01″ N, 11° 33′ 21,67″ O.
  7. Bei 48° 54′ 27,49″ N, 11° 33′ 51,25″ O.

Einzelnachweise

  1. a b c Thomas Fischer, Erika Riedmeier-Fischer (Hrsg.): Der römische Limes in Bayern. Friedrich Pustet Verlag, Regensburg, 2008, ISBN 978-3-7917-2120-0. S. 150.
  2. a b Hermann Kerscher: Zum Verlauf des raetischen Limes durch den Köschinger Forst – Ein Überblick amhand von Airborne Laserscan-Daten. In: Das archäologische Jahr in Bayern 2006. S. 103.
  3. Bericht der bayerischen Bodendenkmalpflege, Fachzeitschrift des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, Band 49. Verlag Dr. Rudolf Habelt, Bonn 2008, ISBN 978-3-7749-3609-6.
  4. Hermann Kerscher: Zum Verlauf des raetischen Limes durch den Köschinger Forst – Ein Überblick amhand von Airborne Laserscan-Daten. In: Das archäologische Jahr in Bayern 2006. S. 104.
  5. Hermann Kerscher: Zum Verlauf des raetischen Limes durch den Köschinger Forst – Ein Überblick amhand von Airborne Laserscan-Daten. In: Das archäologische Jahr in Bayern 2006. S. 103, Abb. 127.