Zum Inhalt springen

Jonastal

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 30. März 2010 um 07:35 Uhr durch Mazbln (Diskussion | Beiträge) (Literatur: Ergänzung bei letztem Eintrag). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Das Jonastal
Muschelkalkfelsen im Jonastal
Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus im Jonastal

Das Jonastal ist ein Tal, das von Crawinkel nach Arnstadt im zentralen Thüringen verläuft. Durchflossen wird es von der Wilden Weiße, die sich teilweise tief in den Muschelkalk eingefressen und dadurch steile Abbrüche geschaffen hat. Bekannt ist das Tal weiterhin durch ein geheimes Bauvorhaben in diesem Gebiet zur Zeit des Nationalsozialismus.

Bauaktivitäten im Zweiten Weltkrieg

In den letzten Kriegsmonaten des Zweiten Weltkrieges wurde das Jonastal zum Ort eines geheimen Bauvorhabens der Nationalsozialisten. Zehntausende Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald trieben von November 1944 bis Anfang April 1945 im Jonastal im Rahmen des Sonderbauvorhabens "S III" unter strengster Geheimhaltung 25 Stollen in den Berg.

Der Zweck dieses Bauvorhabens war der Öffentlichkeit lange Zeit unbekannt und bot Anlass für zahlreiche Spekulationen. Durch neuere Quellenstudien[1] sowie durch den im Jahr 2005 deklassifizerten Interrogation Report des damaligen Leiters des zuständigen Planungsbüros, Dipl.-Ing. Karl Fiebinger[2], ist jedoch belegt, dass es sich um Bunkeranlagen handelte, die Adolf Hitler als (letztes) Führerhauptquartier hätten dienen sollen.

Bereits in den Jahren 1936-38 war am Rande des Truppenlagers Ohrdruf eine verbunkerte Nachrichtenanlage mit den Tarnbezeichnungen "Amt 10" bzw. "Olga" errichtet worden, die ursprünglich die Nachrichtenverbindungen für ein geplantes Ausweichquartier des Oberkommandos des Heeres bereitstellen sollte.[3] Diese Anlage war vermutlich ebenso in die Gesamtplanungen für "S III" einbezogen[4] wie Kasernengebäude des Truppenlagers Ohrdruf sowie weitere größere Bauten im weiteren Umfeld, zum Beispiel verschiedene Hotels zur Unterbringung von Stäben.[5]

SS-Obergruppenführer Hans Kammler hatte die Gesamtleitung für das Projekt "S III", den Auftrag hierzu erhielt er direkt[6] vom Reichsführer-SS Heinrich Himmler.

Im Zusammenhang mit den Bauarbeiten wurde das Außenlager "S III" des Konzentrationslagers Buchenwald errichtet. Das Lager bestand in der Zeit vom 6. November 1944 bis Anfang April 1945 (in der Zeit vom 14. November 1944 bis zum 15. Januar 1945 wurde es als selbständiges Konzentrationslager geführt und zählte in diesen acht Wochen nicht als Außenkommando). Zum Außenlager "S III" gehörten neben dem Nord- und Südlager bei Ohrdruf auch die weiteren Lager in der Luftmunitionsanstalt Crawinkel sowie das Zeltlager bei Espenfeld.

Weitere Vermutungen und Legenden

Mehrere Autoren vertreten die Ansicht, dass die Anlage lediglich als Teil eines größeren Komplexes zu sehen ist. Demnach sollte unmittelbar vor Kriegsende die gesamte Reichsregierung und kriegswichtige Industrie in eine Art „Thüringer Alpenfestung” gebracht werden.

Aufgrund der Verlegung der Forschergruppe um den Atomphysiker Kurt Diebner nach Stadtilm wird der Stollenkomplex oft auch mit der in den letzten Kriegsjahren intensivierten Atomforschung in Zusammenhang gebracht. Autoren wie zuletzt Rainer Karlsch vertreten sogar die Meinung, dass in unmittelbarer Nähe auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Ohrdruf eine deutsche Atombombe unbekannter Bauart getestet worden sein soll. Dies gilt nach Untersuchungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) jedoch als unwahrscheinlich, erklärt aber nicht die heute noch flächig nachweisbare radioaktive Reststrahlung, die in verschiedene Radio-Isotope trennbar ist und somit eine eventuelle sowjetische punktuelle Üb-Verstrahlung ausschließen. Bei den Untersuchungen konnte die PTB allerdings keine Messungen im "Kleinen Tambuch" durchführen, da dieses Areal sogar für die Bundeswehr noch Sperrgebiet ist. Und genau hier soll der Test erfolgt sein.

Wie einige andere Stollensysteme wurde auch das Jonastal nach dem legendären Bernsteinzimmer durchsucht. Daneben existieren einige esoterische Legenden um Todesstrahlen, Flugscheiben, beständig aktive Kraftwerke und nicht zuletzt soll auch die sogenannte Amerikarakete auf dem Gelände einer nahe gelegenen Munitionsanlage getestet worden sein.

Die 3. US-Armee unter General Patton soll sogar zugunsten des Jonastals den Angriff auf Berlin verschoben haben, um in den Besitz militärischer Geheimnisse zu gelangen. In Friedrichroda wurden im Bau befindliche Nurflügler vom Typ Horten Ho IX gefunden, die dem heutigen Bomber Northrop B-2 sehr ähnlich sahen.

Literatur

  • Helga Raschke: Das Aussenkommando S III und die Bauvorhaben im Jonastal. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen 2003.
  • Gerhardt Remdt: Rätsel Jonastal - Die Geschichte des letzten "Führerhauptquartiers". Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft mbH, ISBN 978-3930588381.
  • Ulrich Brunzel: Hitlers Geheimobjekte in Thüringen. Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft mbH, ISBN 978-3-930588-31-2.
  • Ulrich Brunzel: Beutezüge in Thüringen. Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft mbH, ISBN 978-3-930588-49-7.
  • Dieter Zeigert: Hitlers letztes Refugium? Das Projekt eines Führerhauptquartiers in Thüringen 1944/45. Literareon, München 2003, ISBN 3-8316-1091-6.
  • Harald Fäth: Geheime Kommandosache – S III JONASTAL und die Siegeswaffenproduktion.
  • Harald Fäth: 1945 – Thüringens Manhattan Project.
  • Thomas Mehner: Geheimnisse in Thüringens Untergrund. Die ungehobenen „Altlasten” des Dritten Reiches.
  • Till Bastian: High Tech unterm Hakenkreuz. Von der Atombombe bis zur Weltraumfahrt. Militzke, Leipzig 2005, ISBN 3-86189-740-7.
  • Harald Fäth: Geheimakte Jonastal – Das letzte Rätsel des III. Reiches. Zeitreisen-Verlag 2010, ISBN 978-3-941538-31-3 (DVD)

Einzelnachweise

  1. Dieter Zeigert: Hitlers letztes Refugium? Das Projekt eines Führerhauptquartiers in Thüringen 1944/45. München 2003, ISBN 3-8316-1091-6.
  2. http://ecc.pima.edu/~gusen/Fiebinger/May_7_1947_British_%20Interrogation_Report_RG_319_270.84.2.7_E.PDF, dort Punkt a) 7).
  3. Hans Georg Kampe: Nachrichtentruppe des Heeres und Deutsche Reichspost. Militärisches und staatliches Nachrichtenwesen in Deutschland 1830 bis 1945. Waldesruh bei Berlin 1999, ISBN 3-932566-31-9, S. 327.
  4. Franz W. Seidler, Dieter Zeigert: Die Führerhauptquartiere. Anlagen und Planungen im Zweiten Weltkrieg., München 2000, ISBN 3-7766-2154-0, S. 311.
  5. Dieter Zeigert: Hitlers letztes Refugium? Das Projekt eines Führerhauptquartiers in Thüringen 1944/45. München 2003, ISBN 3-8316-1091-6, S. 154-161.
  6. Eidesstattliche Erklärung von Heinrich Werner Courté vom 20. Juni 1947 zur Vorlage vor dem Militärgerichtshof Nr. II (Fall IV), Nürnberg, Deutschland, im Nachtrag zum Interrogation Report No. 322 vom 16. November 1946.

Koordinaten: 50° 48′ 54″ N, 10° 52′ 12″ O