Atheismus
Atheismus bezeichnet die weltanschauliche Grundauffassung, dass es keinen Gott gibt, oder ganz generell ein Dasein ohne Glauben an Gott.[1] Das Wort ‚Atheismus’ geht auf das altgriechische Adjektiv Vorlage:Polytonisch (átheos) zurück.[2] Es bedeutet wörtlich „ohne Gott“ bzw. „gottlos“. Zu den unterschiedlichen Abgrenzungen von theistischen Glaubensformen gehören eine agnostizistische Ansicht, nach welcher Menschen über eine Existenz Gottes nichts wissen können,[3] und Positionen, nach denen es Götter zumindest wahrscheinlich nicht gibt oder sogar definitiv nicht geben kann.[4]
Begriffsweite und -herkunft
Die begriffliche Spannbreite von Atheismus beinhaltet einerseits die „weiten“ Begriffsbedeutungen, die ein Dasein ohne Glauben an Gott, entsprechende Lebensformen und diesbezügliche Begründungen einschließen (auch als „Nichttheismus“ begriffen), und andererseits „enge“ bzw. „starke“ Bedeutungen, die in Hinsicht auf Götterbehauptungen verneinend, gegebenenfalls kämpferisch oder mit Gegenbeweisen vertreten werden (auch als „Antitheismus“ bezeichnet).[5] Als Kampfbegriff fand ‚Atheist’ schließlich sogar gegen diejenigen polemische Verwendung, welche einen Theismus akzeptierten, aber in Einzelaspekten von der Gotteslehre abwichen. Dies erklärt für die Zeit der Aufklärung, warum es zunächst christliche Freidenker und Deisten wie auch Pantheisten und Spinozisten waren, die sich mit dem Atheismus identifizieren konnten; dies ist gegenwärtig vergleichbar mit Positionen zur Definition Gottes als bloßen Namen (oder auch für die Unmöglichkeit eines solchen).[6]
In der Regel wird als Atheist bezeichnet, wer es ausdrücklich verneint, an Gott oder Götter zu glauben.[7] Agnostiker werden zu den Atheisten gezählt, wenn schon das Nichtvorhandensein von Gottesglauben als Atheismus angesehen wird.[3] Die Gottlosigkeit des Atheismus wird teils auf die Vorstellung von Einzelgöttern begrenzt, teils auf Numinoses überhaupt bezogen.[8] Bezeichnungen von begrifflich toleranten Versionen sind – mitunter spöttisch – „frommer“ (außerhalb-) oder „religiöser Atheismus“ (innerhalb von Religionen).[9] Ob auch Positionen als „Atheismus“ bezeichnet werden sollen, die keine Gottheit annehmen, jedoch nicht auf Religionslosigkeit reduzierbar sind, wie etwa im Jainismus oder Konfuzianismus, ist in der Literatur umstritten.[10] Teils wird vorgeschlagen, die explizite Ablehnung theistischer Positionen als „theoretischen“ und die Lebenspraxis, die sich vollzieht, „als ob“ ein Numinoses nicht existierte, als „praktischen Atheismus“ zu bezeichnen.[11] Die Beweisfrage ist Thema des Theodizeeproblems.
In der latinisierten Form ‚Atheismus’ ist das Wort erstmals bei Cicero zu finden. Im deutschen Schrifttum erschien es ebenfalls auf Latein ab Ende des 16. Jahrhunderts. Vom Beginn des 18. Jahrhunderts an gilt der Begriff als eingedeutscht. Seit dem 19. Jahrhundert wird er in einem naturalistischen Sinne teilweise so eng geführt, dass er sich gegen alle supernaturalistischen Auffassungen wendet, die den Glauben an übernatürliche Wesen, Kräfte oder Mächte göttlicher oder auch nichtgöttlicher Art ausmachen (Animismus, Spiritismus, poly- und monotheistischen Religionen). Dies wird zu Beginn des 21. Jahrhunderts oft als „Neuer Atheismus“ bezeichnet, wenn die Argumentation als naturwissenschaftlich ausgewiesen ist.
Gesellschaftliche Aspekte
Atheismus hat in verschiedenen Gesellschaftsbereichen und Weltregionen bestimmte Ausprägungen angenommen, zum Beispiel in Politik und Wissenschaft, in Fragen von Moral und Ethik, in Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften.
In den Industrieländern des Westens gehören heutzutage viele Menschen organisatorisch zu den Kirchen („Namenschristen“), glauben aber weder an die zentralen Glaubensinhalte des Christentums, noch richten sie ihr Leben danach aus.
Der Bezug auf göttliche Essenzen ist in der globalisierten Gegenwartsgesellschaft rückläufig; umgekehrt gelten immer mehr Gesellschaftsbereiche als atheistisch ausgerichtet. Der Karikaturstreit lässt erkennen, dass derartige Tendenzen zu Spannungen und fundamentalistisch motivierten Gegenreaktionen führen.
Demographische Merkmale


Umfragen zum Thema Atheismus werfen methodische Probleme auf; ihre Ergebnisse hängen von der jeweiligen Studie ab, da es schwierig ist, eine einheitliche Abgrenzung zwischen Säkularisten, Humanisten, Nichttheisten, Agnostikern und spirituellen Personen vorzunehmen.[13] Laut dem CIA World Factbook (Stand 2007) sind 11,8 % der Weltbevölkerung nicht religiös und 2,3 % sind Atheisten.[14]
Laut dem Eurobarometer 2005[15] glauben 52 % der Bürger der 25 EU-Staaten an einen Gott, während 18 % weder an Gott noch an eine spirituelle Kraft glauben (27 % glauben an „some sort of spirit or life force“ und 3 % äußerten sich nicht). Dabei sind innerhalb der Europäischen Union sehr große Unterschiede zu sehen, so ist die Rate der Gottesgläubigen in Malta mit 95 % (die Türkei hat denselben Wert) am höchsten und mit 16 % in Estland am tiefsten. Deutschland, Österreich und die Schweiz zeigen mit 47 %, 54 % und 48 % relativ ähnliche Werte.
Die Anzahl der Einwohner, die angeben weder an Gott noch an eine spirituelle Kraft zu glauben, ist mit 33 % in Frankreich am höchsten, während Deutschland 25 %, die Schweiz 9 % und Österreich 8 % aufweisen. Weiterhin fand die Studie, dass mehr Frauen (58 %) an Gott glauben als Männer (45 %) und der Glaube an Gott positiv mit dem Alter, politisch konservativer Einstellung und mangelnder Schulbildung korrelierte. In den USA liegt die Zahl der Personen, die an Gott oder eine höhere Macht glauben, bei 91 %.[16]
Besonders hoch ist der Anteil an Atheisten bei Wissenschaftlern, nur 7 % der Mitglieder der amerikanischen Akademie der Wissenschaften glauben an die Existenz eines personalen Gottes. [17] Eine Umfrage unter Mitglieder der American Association for the Advancement of Science von 2009 ergab, dass 51% der amerikanischen Wissenschaftler an Gott oder eine höhere Macht glauben, wesentlich weniger als im allgemeinen Publikum. Der Anteil der atheistischen Wissenschaftler hat sich im 20. Jahrhundert nicht wesentlich verändert. So ergab eine Umfrage des Psychologen James H. Leuba im Jahr 1914 dass 42% der amerikanischen Wissenschaftler an einen persönlichen Gott glaubten und ebenso viele nicht. 1996 wiederholte der Geschichtswissenschaftler Edward Larson die Umfrage von Leuba mit den gleichen Fragen und der gleichen Anzahl Personen und kam auf 40% gläubige und 45% atheistische Wissenschaftler.[18]
Mehrere Forschungen haben einen positiven Zusammenhang zwischen Religiosität und Geburtenziffer ergeben. So hatten im Jahr 2002 in Deutschland Menschen, die sich selbst als nicht religiös bezeichneten, mit durchschnittlich 1,4 Kindern deutlich weniger Kinder, als Menschen, die sich als religiös bezeichneten (durchschnittlich 1,9 Kinder).[19] Das Institut der deutschen Wirtschaft gelangte bei einer Auswertung der weltweit erhobenen Daten des World Values Survey zu ähnlichen Ergebnissen.[20]
Für regionale Unterschiede siehe Atheismus in Indien, Atheism in India, En français, Atheist state, Atheism in Kerala, Atheism in Mexico und Atheism in Hinduism.
Politische Wechselwirkungen
Im Lauf der Geschichte kamen Atheisten vielfach mit den politischen Autoritäten in Konflikt. Auf Atheismus stand in vielen Staaten sogar die Todesstrafe. So galt in der Antike die Leugnung der jeweiligen Staatsgötter und die oftmals damit einhergehende Weigerung, ihnen zu opfern, als direkt gegen den Staat gerichteter Akt und wurde dementsprechend geahndet.
Heute enthalten die Verfassungen vieler demokratischer Staaten das Menschenrecht auf Religionsfreiheit und darin eingeschlossen das Recht, Atheist zu sein oder zu werden. Nicht in allen diesen Staaten gibt es eine vollständige Trennung von Staat und Religion, zumal Religionen aus Kultur- und Selbstbestimmungsgründen unterschiedlich stark geschützt werden (beispielsweise durch ein Recht auf Religionsunterricht). Hinzu kommt der Gottesbezug in Verfassungen. So beginnt die Präambel des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland mit den Worten: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen …“. Die Präambel der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft beginnt mit den Worten: „Im Namen Gottes des Allmächtigen!“ Im Jahre 1998 scheiterte bei einer Totalrevision der Verfassung ein Vorstoß, diese Präambel zu streichen. Einige heutige Strafgesetzbücher enthalten noch einen Gotteslästerungsparagraphen.
Auf der anderen Seite konnte der Atheismus seit dem 20. Jahrhundert, zumindest in seiner marxistischen Ausprägung, aber auch selbst zur Staatsdoktrin werden. Ein marxistisch grundierter Atheismus wie in der früheren Sowjetunion, der Religionspraktiken auf politischer Ebene und in den staatlich gelenkten Erziehungseinrichtungen bekämpft, wird als „staatlicher Atheismus“ und „Staatsatheismus“ bezeichnet. Eine hierbei als Fortschrittsdoktrin gelehrte atheistische Weltanschauung bezeichnen Kritiker als „konfessionellen Atheismus“ und „Staatsreligion“.[21] In Albanien wurde 1967 (bis 1990) ein totales Religionsverbot ausgerufen, und das Land bezeichnete sich als „erster atheistischer Staat der Welt“. Im gesamten so genannten Ostblock wurde der Atheismus gefördert, während gelebte Religiosität zumindest argwöhnisch betrachtet wurde, oft auch mit Nachteilen verbunden war oder gar gezielt verfolgt wurde, wie z. B. bei den Christenverfolgungen unter Stalin.
Der Atheismus wird aktiv gefördert, beispielsweise im Humanismus, im Existenzialismus und durch die Freidenkerbewegung. Zu großen Anteilen sind der Sozialismus, Kommunismus und Anarchismus atheistisch geprägte Weltanschauungen.
Eine staatliche atheistische Politik ist zu unterscheiden vom Laizismus, bei dem es um die Trennung von Staat und Kirche geht bzw. um die Trennung von Staat und Religion; dabei steht der Staat der Religion neutral, nicht aber feindlich gegenüber.
Bedeutung im Wissenschaftskontext
In der wissenschaftlichen Erforschung der Welt stellte sich schon frühzeitig ein Dilemma heraus: Die Hypothese, „Aus A folgt B und A folgt aus nichts, weil A von Gott gemacht wurde“, brachte bezüglich A keinen Erkenntnisgewinn. Im Gegenteil, man musste sich neben den Gedanken zu A nun auch noch Gedanken zu Gott machen. Man hatte also de facto eine zusätzliche Unbekannte in der Rechnung. Die Alternativen, den Forschungsprozess abzubrechen und auf weitere Erkenntnisse bezüglich A zu verzichten oder aber die Existenz Gottes in Frage zu stellen, waren je nach historischem Hintergrund beide unangenehm. Daher wird unabhängig von der Religiosität oder Areligiosität der beteiligten Wissenschaftler unterstellt, dass die „Gotteshypothese“ kein zulässiges Explanans, d. h. kein legitimer Faktor bei der ursächlichen Erklärung naturwissenschaftlicher Phänomene, sei. Diese forschungspraktische Grundhaltung wird als methodologischer oder pragmatischer Atheismus bezeichnet und ist etablierte wissenschaftliche Praxis.
Die Frage, ob sich wissenschaftliches Denken und die Dogmen der Religionen widersprechen, wird derzeit von den Wissenschaftlern, die sich öffentlich zum Thema äußern, kontrovers beantwortet. Einige, z. B. Stephen Jay Gould und John Polkinghorne, vertreten den Standpunkt, dass die Wissenschaft mit der Religion nicht in Konflikt stehe, da sich erstere mit Empirie, letztere hingegen mit Fragen letzter Begründung und mit moralischen Werten befasse. Andere, z. B. Richard Dawkins, Steven Weinberg und Norman Levitt, argumentieren, dass Theismus mit einer wissenschaftlichen Weltsicht grundsätzlich unvereinbar sei, da Wunder wie die Auferstehung Jesu Christi die Naturgesetze außer Kraft setzen müssten; die Wissenschaft führe demnach zwangsläufig zu Atheismus, Deismus oder Pantheismus. [22] Ihnen zufolge sind Religionen nicht dazu qualifiziert, Antworten auf Fragen zu geben, auf die die Wissenschaft – gleichgültig ob noch nicht, oder prinzipiell – keine Antwort hat.
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gab es noch mehrere wirkungsmächtige, intellektuell sogar hegemoniale „wissenschaftliche Weltanschauungen“, darunter den Marxismus in mehreren politischen Ausformungen, die Psychoanalyse oder den Neopositivismus, die erklärtermaßen atheistisch waren und den Religionen eine schädliche Wirkung attestierten. [23]
Ethisch-moralische Einflüsse
Eine bestimmte Ethik und Moral des Atheismus gibt es nicht. Vielmehr vertreten Atheisten diesbezüglich unterschiedliche Vorstellungen.
- Allgemeine philosophische Voraussetzungen
Den Anhängern des Atheismus wurde – und wird zum Teil noch immer – vor allem von konfessionell Gebundenen unterstellt, dass mit dem fehlenden Glaubens an Gott die Verneinung moralischer Werte im Sinne eines Nihilismus einhergehe. So bezeichnet der evangelikale Religionswissenschaftler und Publizist Ravi Zacharias den Atheismus als „jeden Wertes beraubt“ und bestreitet, dass es fundierte moralische Prinzipien ohne Rückgriff auf höhere Wesen geben könne. Der katholische Staatsrechtler und vormalige Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde wird mit der Formel zitiert: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Dieses so genannte Böckenförde-Diktum wird teilweise so gedeutet, dass Demokratien auf religiöse Bindungen als Garanten gemeinsamer Grundwerte angewiesen seien. Gegen diese Deutung wendet sich Gerhard Czermak. Er meint, Böckenförde werde „gründlich missverstanden, wenn nicht instrumentalisiert“, sofern aus seinem Diktum abgeleitet werde, „der Staat müsse die Kirchen und Religionsgesellschaften als Wertestifter in besonderer Weise fördern, weil man sonst die Zerstörung fördere […]. Er [Böckernförde] spricht von Wagnis und verweist auf die in der Gesellschaft wirkenden höchst unterschiedlichen Kräfte zurück. Es geht ihm darum, dass alle Gruppierungen mit ihrem je eigenen, auch moralischen, Selbstverständnis zur Integration eines Teils der Gesellschaft beitragen.“[24]
Mit anderen vertrat hingegen Immanuel Kant die Auffassung, dass moralische Prinzipien auch ohne Rückgriff auf höhere Wesen in der menschlichen Vernunft bzw. in der Natur zu gründen seien. Recht und Moral gäben die Möglichkeit, Maximen von Freiheit und Handlungen unter allgemeinen (Vernunft-)Gesetzen bestehen zu lassen.[25] Zumindest sollte hier ableitbar sein, dass die Beurteilungskriterien rational verhandelbar seien. Der Kantianer Schnädelbach argumentiert, dass die Moralphilosophie schon mit Aristoteles selbständig war und dass sie im Sinne von Aufklärung und Wissenschaft methodisch-rational betrieben werden müsse. In Anlehnung an Max Horkheimer vertritt Schnädelbach, dass der Verzicht auf Gott Solidarität unter den Menschen stiften könne. [26] Er nennt sich selbst einen „frommen Atheisten“, [27] und wählt damit eine Bezeichnung, die einst Max Stirner prägte, um die ersten atheistischen Philosophen in Deutschland, Bruno Bauer und Ludwig Feuerbach, zu verspotten. [28] Feuerbach und Schnädelbach ist gemein, dass sich ihnen durchaus religiöse („fromme“) Fragen stellen, die sie aber nicht mit Hilfe einer religiösen Doktrin beantworten. In Anbetracht unbeantwortbarer Fragen war Frommheit in der Antiken Philosophie zumindest bei mehreren Vorsokratikern eine Tugend, die moralische Fragen nicht löst, aber begleitet. Platon und Aristoteles setzen dagegen in ihren systematischen Darlegungen und Erwägungen neben anderen Tugenden vornehmlich auf die Gerechtigkeit (δικαιοσύνη, dikaiosýne) als Richtschnur.
- Empirische und evolutionäre Auffassungen
Auch empirisch ist das Verhältnis von Religion und Moral nicht geklärt. Einige Untersuchungen legen nahe, dass persönliche Moral nicht von persönlicher Religiosität abhängig ist. So fand z. B. Franzblau[29] bei Atheisten größere Ehrlichkeit, und Ross[30] bei Atheisten größere Hilfsbereitschaft gegenüber Armen. Gero von Randow entnimmt sozialpsychologischen Studien „eine auffallend geringe Kriminalität unter Nichtgläubigen. Das sollte umgekehrt auch nicht zu ihren Gunsten ins Feld geführt werden, denn sie sind tendenziell sozial besser gestellt und gebildeter als die Gläubigen, jedenfalls im Westen; wir haben es hier also nicht mit einem Religions-, sondern mit einem Klasseneffekt zu tun.“[31] Eine Trennung von Moral und Theismus stellt die Auffassung dar, die u. a. John Leslie Mackie in seinem Buch Ethik und Richard Dawkins in seinem Buch Der Gotteswahn ausführen, nämlich dass Moral an den Prozess der biologischen Evolution gekoppelt und Ergebnis eines gesellschaftlich beeinflussten Entwicklungsprozesses sei. Hieraus könne folgen, dass die menschliche Moral auch dann Bestand habe, wenn Religionen in Verfall gerieten.
- Abgrenzungen zu religiösen Orientierungen
Aus atheistischer Perspektive erscheint das Handeln aufgrund göttlicher Gebote fragwürdig, weil die Bewertung eines Verhaltens oder einer Handlung nicht von den Folgen für die Betroffenen abhängt, also auf die zwischenmenschliche Ebene zielt, sondern als ethisch wünschenswert hauptsächlich vermittels der extrinsischen Festsetzung eines transzendenten Wesens gilt. Ein Mord zum Beispiel wäre aus theistischer Perspektive demnach nicht bereits wegen der Folgen für das Opfer eine schlechte, zu verurteilende Handlung, sondern streng genommen erst auf der Grundlage göttlicher Gebote. „Es erscheint als höchst problematisch, etwas so Notwendiges wie die Moral auf die Basis von so Dubiosem – wie es der religiöse Glaube ist – stellen zu wollen. Wie sollte auf diese Weise eine wirkliche Orientierung und Lebenskunde möglich sein?“, schreibt Gerhard Streminger.[32] Bereits Platon hatte in seinem frühen Dialog „Euthyphron“ mit dem sogenannten Euthyphron-Dilemma darauf hingewiesen, dass es generell unmöglich sei, das moralisch Gute im Rückgriff auf ein göttliches Prinzip zu begründen. Auch nach Kant kann die Verpflichtung eines Menschen zur Moralität prinzipiell nicht dadurch begründet werden, dass man auf die „Idee eines andern Wesens über ihm“, also auf einen Gott verweist.[33]
Dem Argument, ohne ein von einer göttlichen Instanz gegebenes, für jeden Menschen gleichermaßen verbindliches Gesetz sei es schwieriger, eine gemeinsame ethische Grundlage für eine Gesellschaft zu finden, halten manche Atheisten entgegen, mit Religionen sei dies nicht besser. Keine Religion könne überzeugend begründen, warum ihr Gesetz von einer göttlichen Instanz gegeben worden sei und deshalb Allgemeinverbindlichkeit beanspruchen könne. Keine Religion könne die Existenz irgendeiner göttlichen Instanz überzeugend begründen. So dürfe man davon ausgehen, dass die Gesetze der Religionen ebenso von Menschen gemacht seien wie alle anderen Gesetze und Verhaltensregeln: teilweise auf der Basis von Vernunft und Einsicht, teilweise auf der Basis der Interessen derjenigen, die über genug Macht verfügten, um ihre Vorstellungen durchzusetzen.
Während einerseits Gesetze einer göttlichen Instanz als Hilfsmittel zur Stabilisierung des sozialen Miteinanders angesehen werden, vertreten manche Atheisten die Auffassung, dass der Anspruch der Religionen auf Allgemeinverbindlichkeit ihrer Gesetze es oftmals erschwert habe, eine gemeinsame ethische Grundlage für eine Gesellschaft zu finden. Nicht selten habe der Versuch, diese Allgemeinverbindlichkeit durchzusetzen, zu Verfolgungen, Vertreibungen oder gar Glaubenskriegen geführt. Umgekehrt wird auf Christenverfolgungen gemäß atheistischer Staatsdoktrin verwiesen.
Aus atheistischer Sicht erscheint eine religiöse Überzeugung für die Erarbeitung einer gemeinsamen (moralisch-)ethischen Grundlage vielfach eher hinderlich: Viele Gläubige fühlten sich an göttliche Gesetze gebunden und seien vermutlich deshalb weniger bereit, ihre Vorstellungen in Zusammenarbeit mit anderen Menschen weiterzuentwickeln. „Prallen Anhänger religiös fundierter Ethiken aneinander, so sind Konflikte in vernünftiger Weise kaum zu lösen, da alle sich von Gott geleitet fühlen; alle glauben, dass die eigenen Gebote objektiv gegeben, eben gottgewollt seien“, schreibt Gerhard Streminger.[34] Einige Gläubige hingegen betrachten die (moralisch-)ethischen Vorstellungen, die ihre Religion mit verwandten Religionen gemeinsam hat, als gute Grundlage für Zusammenarbeit und Weiterentwicklung [35]
Ein Problem mangelnder Bereitschaft zur Weiterentwicklung ethischer Vorstellungen kann aus atheistischer Perspektive darin liegen, dass die Anpassung von Verhaltensregeln an neue gesellschaftliche Gegebenheiten verhindert wird. Für die ethische Beurteilung einer Scheidung zum Beispiel sei zu berücksichtigen, ob die Frau als Konsequenz daraus materieller Not und gesellschaftlicher Ächtung ausgesetzt wäre, oder ob sie materiell abgesichert und gesellschaftlich akzeptiert bliebe.
Religiös-weltanschauliche Gruppierungen
- Pantheismus
Im pantheistischen (griechisch: Allgottlehre) Gotteskonzept nimmt die Alleinheit des Universums die Schöpferrolle ein. Gott und Natur sind demnach gewissermaßen identisch. Da es im Pantheismus keinen persönlichen Gott gibt, wurde und wird der Pantheismus sowohl von Theisten als auch von Atheisten manchmal als ein hinter einer religiösen Sprache versteckter Atheismus betrachtet. Arthur Schopenhauer nannte den Pantheismus eine „Euphemie für Atheismus“.[36] „Pantheismus ist nur ein höflicher Atheismus“, heißt es in einem Schopenhauer-Zitat von Ernst Haeckel.[37] Der französische Philosoph Jean Guitton vertritt in seinem Werk die Überzeugung, dass er dem Atheismus die Verlegung des Gottesbegriffs in die Welt nachweisen könne und ordnet ihn daher generell dem Pantheismus zu. [38] Der Pantheismus wird von seinen Anhängern als religionsphilosophische Lehre betrachtet und wurde in früheren Zeiten nicht zum Atheismus zugehörig betrachtet, was sich aber inzwischen geändert hat.[39]
- Jüdischer und christlicher Atheismus
Die Religionskritik der Bibel ist der Ausgangspunkt eines jüdischen und christlichen Atheismus. Das Judentum beschreibt Douglas Rushkoff, Professor für Kommunikationstheorie an der New York University, aufgrund der Bilderlosigkeit des biblischen Gottes als Ausweg aus der Religion (Nothing Sacred: The Truth about Judaism, 2004). In den 1960ern bildete sich in den USA eine Gruppe von Theologen, welche unter dem Satz „Gott ist tot“ einen christlichen Atheismus proklamierte. Vertreter dieser Richtung sind der Theologe Thomas J. Altizer (The Gospel of christian atheism, 1966), William Hamilton (Radical Theology and the Death of God, 1966), Paul van Buren (The secular meaning of the Gospel, 1963) oder Gabriel Vahanian (The death of God, 1961).
Der „Tod Gottes“, also die vermeintliche Unmöglichkeit, in der modernen Welt rational an einen Gott zu glauben, sei, so beispielsweise J. Altizer, eine gute Nachricht, da sie den Menschen von einem transzendenten Tyrannen befreit habe. Die säkulare Botschaft der Evangelien beziehe sich gemäß Paul van Buren allein auf den „Befreier“ Jesus von Nazaret. Während der Glaube an einen (jenseitigen) Gott abgelehnt wird, steht bei den „christlichen Atheisten“ die ethisch-moralische Botschaft Jesu, die rein auf das Diesseits bezogen wird, im Mittelpunkt. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich auch eine Verknüpfung von Atheismus und Christentum entwickelt, die sich explizit auf das Schweigen Gottes angesichts der Ermordung von Millionen von Juden durch deutsche Nationalsozialisten im sog. Holocaust bezieht. Die deutsche Theologin Dorothee Sölle ist die bekannteste Vertreterin dieser Richtung. Beeinflusst wurden einige Theologen der „Gott-ist-tot-Theologie“ auch durch die religionsphilosophischen Gedanken Ernst Blochs im dritten Band seines Hauptwerkes Das Prinzip Hoffnung. 1968 hat Bloch Gedanken daraus zusammengefasst, präzisiert und erweitert in dem Buch Atheismus im Christentum, in dem sich der Satz findet:
„Nur ein Atheist kann ein guter Christ sein, gewiss aber auch: nur ein Christ kann ein guter Atheist sein.“
Dorothee Sölle, von Bloch beeinflusst, veröffentlichte ebenfalls 1968 ein Buch mit einem ganz ähnlichem Titel: Atheistisch an Gott glauben. Atheismus bedeutet bei Ernst Bloch wie auch bei Dorothee Sölle nicht den Verzicht auf Sinnhaftigkeit oder Transzendenz, sondern die Abkehr von einem allzu theistischen Gottesbild, der Vorstellung eines Gottes, der als allmächtiger, allwissender und allgegenwärtiger Gott Not und Leid bis hin zu Auschwitz zugelassen hat. In der Dekonstruktion und in der Nachfolge des Denkens von Emmanuel Levinas und Jacques Derrida fand sich ein weiterer Ansatz der Ausarbeitung eines christlichen Atheismus. Vertreter sind u. a. Peter Rollins und Jean-Luc Nancy (Dekonstruktion des Christentums 2008). Kurz gefasst kann man darin die Vereinnahmung der Geste der Dekonstruktion sehen, in der der Sohn das Gesetz, die Arché des Vaters auflöst, indem er aber selbst vom Gesetz verurteilt wird. Damit werden messianische Ansätze des späten Derrida mit seinem Denken über die différance verbunden.
- Buddhismus
Der Buddhismus weist den Glauben an einen Schöpfergott zurück, nimmt aber in seiner Kosmologie die Existenz zahlreicher anderer Ebenen der Wirklichkeit an, auf denen sowohl besser- als auch schlechtergestellte Wesen existieren, von denen die höheren Wesen den hinduistischen Göttern (Devas und Asuras) entsprechen. Diese Götter sind allerdings wie alle Wesen selbst im Existenzkreislauf gefangen; im Sinne der Wiedergeburtslehre kann jedes Wesen irgendwann auch als Deva geboren werden, wenn das entsprechende Karma (in diesem Fall überaus große Freigiebigkeit bzw. Samadhi-Erfahrungen) angesammelt wurde.
Im Mahayana- oder nördlichen Buddhismus verehrt man darüber hinaus Wesen, die selbst Buddhas oder Bodhisattvas geworden sind. Durch den Respekt, den man diesen entgegenbringt, entsteht eine der notwendigen Grundlagen, selbst diesen Zustand zu erlangen. Daher werden im Buddhismus zahlreiche Statuen, Stupas und Tempel errichtet, die Objekte der Verehrung sind. Diese Wesen sind aber keine Götter, sondern Vorbilder. Im Theravada- oder südlichen Buddhismus ist das Ziel Arhatschaft, also Befreiung ohne Wiederkehr, sodass Arhats nur in der letzten Phase ihres letzten Lebens verehrt werden können. Daneben gibt es auch hier zahllose Stupas, Tempel, Buddhastatuen und Bildnisse früherer Arhats, zum Teil sogar von Bodhisattvas. Die Frage nach einem Schöpfergott wird als unfruchtbare metaphysische Spekulation zurückgewiesen und stattdessen die Ergründung der eigenen Erkenntnismöglichkeiten betont.
Geschichtliche Entwicklung
Der Atheismus war in Antike und Mittelalter ein Phänomen, das sich auf eine kleine Minderheit zumeist Intellektueller beschränkte. In der Regel war sowohl das private, als auch das öffentliche Leben von religiösen Vorstellungen durchdrungen. Während sich die kritischen Auseinandersetzungen innerhalb der römisch-katholischen Kirche im späten Mittelalter verstärkten und in der Reformation einen vorläufigen Höhepunkt fanden, wurde der Atheismus in der Zeit der Aufklärung in Frankreich erstmals zur Staatsdoktrin erhoben, später wurden die meisten Staaten säkularisiert. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden verschiedenste atheistische Positionen mit breitem theoretischem Fundament entwickelt, insbesondere im Marxismus, im Existentialismus und in der analytische Philosophie. Zudem bestehen im philosophischen Materialismus und im philosophischen Naturalismus Verbindungslinien zum Atheismus.
Süd- und Voderasien
Die frühesten belegbaren Formen des theoretischen Atheismus finden sich in den alten Hochkulturen in Süd- und Vorderasien. In Indien weisen einige der ältesten philosophischen Systeme indischen Denkens atheistische Formen auf. Hierzu zählen der Jainismus, das Samkhya (beide entstanden ca. im 6. Jahrhundert v. Chr.), sowie das Vaisheshika und das Nyaya. Insbesondere die Tradition des Samkhya ist im indischen Denken bis heute lebendig geblieben. Klar materialistisch-atheistisch war die indische Schule der Charvaka<, die zweifelsfrei seit dem 6./ 7. Jahrhundert n. Chr. als feste Strömung belegbar ist und mindestens bis ins 16. Jahrhundert existierte. Sie berief sich auf die heute verlorenen „Barhaspati Sutras“. Nach Meinung vieler Indologen war es jedoch kein atheistisches Werk, sondern eine gegen etablierte Religionen skeptische, aber ethische Schrift.
Einzelne Skeptiker sind vom 5. Jahrhundert v. Chr. bis zum 6. Jahrhundert n. Chr. überliefert. Forschungsmeinungen, die daraus die Existenz dieser atheistischen Strömung seit dem 6./5. Jahrhundert v. Chr. behaupten (zuletzt u. a. bei Debiprasad Chattopadhyaya), sind umstritten. Nachweisbar ist, dass es seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. Skeptiker gab, Lokayata genannt (=„Diskutierer“, immer auch in der Bedeutung von „Kritiker“ gebraucht), die sich irgendwann zwischen dem 3. Jahrhundert v. Chr. (mögliche Lebenszeit des Charvaka, auf den sie sich beriefen) und dem 6. Jahrhundert n. Chr. (hier nachweisbar) als skeptizistische Schule organisierten, die allmählich zu materialistisch-atheistischen Lehren überging.
Der Buddhismus, der im 5. Jahrhundert v. Chr. in Indien entstand, und der Daoismus, der im 4. Jahrhundert v. Chr. in China entstand, negieren die Existenz einer Schöpfergottheit nicht prinzipiell, befürworten diese allerdings auch nicht[40].
Ob die Hebräer einen theoretischen Atheismus kannten, ist umstritten. Jean Meslier sah in einigen Stellen des Alten Testaments Belege für die Existenz von Atheisten. So z. B. in Ps 10,3:
„Es redet stolzen Sinnes der Frevler: / 'Nie wird er strafen, es gibt keinen Gott!' / Dies ist all sein Sinnen und Trachten.“
Diese Interpretation wird von den meisten Exegeten jedoch nicht geteilt. Ihrer Meinung nach würden an den besagten Stellen stets nur bestimmte Eigenschaften Gottes geleugnet, nie aber seine Existenz.
Die Fachliteratur sieht mitunter im Zervanismus der antiken Perser, mit dem übergeordneten unpersönlichen Prinzip des Zurvan („Zeit“ und Raum), eine Form des Atheismus. Materialistisch und vorwiegend atheistisch war die spätestens seit dem 5. Jahrhundert n. Chr. existierende Strömung der „Zandiks“ oder „Dahri“.
Über die Existenz eines praktischen Atheismus in frühen Kulturen kann nur spekuliert werden, da er naturgemäß keine schriftlichen oder archäologischen Zeugnisse hinterlässt, wie es auf der anderen Seite religiöse Kulte tun (Tempel etc.).
Griechisch-römische Antike
- Vorsokratiker
Die fragmentarisch überlieferten ontologischen Systeme der Vorsokratiker erklären die Strukturen der Wirklichkeit nicht durch mythische oder aitiologische Erzählungen, sondern durch Zurückführung auf ein oder mehrere Prinzipien. Bei beispielsweise Demokrit oder Epikur kommen hierfür nur materielle Prinzipien in betracht, so dass ein transzendenter, insb. geistiger Gott weder verwendet wird noch Ort oder Funktion in diesen Systemen bekommen könnte. Andererseits ergeben sich bisweilen Konflikte mit etabliertem religiösem Kult und etablierter Rede über die Götter, weil ontologischen Prinzipien ähnliche oder dieselben Eigenschaften zugeschrieben werden wie den Göttern, etwa, über Naturprozesse zu regieren, ewig zu sein oder Prinzip für Leben und Denken zu sein. Die frühesten Formen einer Kritik der etablierten Gottesvorstellungen beziehen sich vor allem auf unangemessen menschliche Vorstellungsweisen (Anthropomorphismus). Götter sollen etwa keine wankelmütigen oder gar z.B. jähzornige, eifersüchtige und egoistische Charakterzüge aufweisen,, wie dies in den Mythen Hesiods und Homers vielfach suggeriert scheint. Beispiele hierfür sind Xenophanes, Protagoras oder Heraklit. Xenophanes etwa erklärt die Göttervorstellungen und auch deren Verschiedenheit durch Projektion menschlicher Eigenschaften und formuliert polemisch:
„Stumpfnasig, schwarz: so seh'n Äthiopiens Menschen die Götter.
Blauäugig aber und blond: so seh'n ihre Götter die Thraker.
Aber die Rinder und Rosse und Löwen, hätten sie Hände,
Hände wie Menschen, zum Zeichnen, zum Malen, ein Bildwerk zu formen,
Dann würden Rosse die Götter gleich Rossen, die Rinder gleich Rindern
Malen, und deren Gestalten, die Formen der göttlichen Körper,
Nach ihrem Bilde erschaffen: ein jedes nach seinem.[41]“
Während derart anthropomorphe Gottesvorstellungen, so der Tenor dieser Kritik, nichts anderes sind als eben nur menschliche Vorstellungen, tritt dem als kritisches Korrektiv zunehmend die Vorstellung eines monotheistischen, transzendenten göttlichen oder quasi-göttlichen Prinzips gegenüber. Empedokles (* zwischen 494 und 482; † zwischen 434 und 420 v. Chr.) sah in Göttern auch Personifizierungen der vier Elemente. Kritias (* 460; † 403 v. Chr.) betrachtete die Religion als menschliche Erfindung, die der Aufrechterhaltung der moralischen Ordnung dienen sollte.
- Asebie-Prozesse
Gottlosigkeit und Frevel an Göttern wurden im alten Athen als ‚Asebeia’ strafrechtlich verfolgt. Auch ein Abrücken oder Infragestellen der in der Polis kultisch verehrten Götter konnte zu Anklagen und Verurteilungen führen. Ein dazu bekanntes Beispiel ist der Prozess gegen Sokrates. Gegen die wegen ihrer Schönheit bewunderte Phryne ist ein Asebie-Prozess überliefert, demzufolge ihr die Aktmodell-Arbeit für eine Aphrodite-Statue als ein Frevel gegen die Götter ausgelegt wurde.
- Skeptizismus und Hellenismus
Skeptizistische und agnostische Positionen, wie sie die Sophisten und Sokrates (* 469; † 399 v. Chr.) vertraten, waren im griechischen Denken verbreitet. Einige der Angeklagten vertraten in den überlieferten Asebie-Prozessen wegen offenbar nicht nur eine agnostische, sondern eine dezidiert atheistische Position (Diagoras von Melos, Theodoros von Kyrene).

In den philosophischen Systemen des Hellenismus wird die Existenz von Göttern zwar oft nicht explizit verneint, sie spielen aber keinerlei Rolle für das menschliche Leben. Die atomistische Lehre Demokrits wurde insbesondere von Epikur wieder aufgenommen und in veränderter Form weiterentwickelt (Epikureismus). Epikur betrachtete die Vermeidung von Leid und das Erstreben von diesseitigem Glück (Hedone) als Ziel und Sinn des Lebens. Götter existierten, doch sei es ihrer unwürdig, am Schicksal der Menschen durch Hilfe, Belohnung oder Strafe Anteil zu nehmen. Sie helfen daher nicht aktiv, sondern allenfalls mittelbar, indem sie als Leitbilder dienen und verinnerlicht werden. Angst vor dem Tod beruhe auf der abergläubischen Furcht vor göttlichen Strafen und sei ebenso haltlos wie die Annahme eines Lebens nach dem Tode. Auch der Kynismus, deren berühmtester Vertreter Diogenes von Sinope (* ca. 400; † 325 v. Chr.) war, kann als atheistische Philosophie verstanden werden. Die Kyniker lehnten alle gültigen staatlichen, moralischen und religiösen Vorschriften ab und strebten durch Bedürfnislosigkeit eine Rückkehr zu einem natürlichen, 'animalischen' Leben an.
- Römische Antike
In der römischen Antike wurden einige dieser griechischen Denktraditionen aufgenommen und teilweise weiterentwickelt, ohne dass radikal neue atheistische Konzepte entstanden wären. Die Zuordnung eines Denkers zum Atheismus ist aufgrund unzureichenden Quellenmaterials häufig unsicher. Zudem trifft man häufig auf Denker, die zwar ein materialistisches Weltbild vertreten, gleichzeitig aber an die Existenz von Göttern glauben. Bis ins 2. Jahrhundert war der Epikureismus von großem Einfluss. Vertreter waren unter anderem Lukrez und Horaz. Auch dem von der Stoa beeinflussten Kaiser Mark Aurel, sowie dem Stoiker Seneca wird gelegentlich eine atheistische Haltung zugeschrieben.
Der „Gottlosigkeit“ wurde in der römischen Kaiserzeit bezichtigt, wer nicht an den religiösen Staatskulten teilnahm, was vor allem Christen aus Glaubensgründen ablehnten.[42] In Ablehnung insbesondere des Kaiserkults wurden sie nicht selten zu Märtyrern.
Einer der ersten Autoren, die sich dezidiert gegen den Glauben an Götter stellen, ist Lukian von Samosata (125-180 n.), der v.a. Wundererzählungen und nichtchristliche religiöse Vorstellungen verspottet, aber die christliche Religion als Unterdrückte außen vor lässt.
Mittelalter und Reformation
Traditionell wird das „christliche Mittelalter“ als Zeitalter angesehen, in dem die Menschen in Europa, mit der Ausnahme kleiner jüdischer und muslimischer Minderheiten, einhellig dem Christentum angehangen hätten. Allerdings wurde dieses Bild in jüngerer Forschung verfeinert und teilweise korrigiert: Zahlreiche Historiker gehen nun davon aus, dass es im Mittelalter sehr wohl Atheismus gab, und zwar sowohl in seiner praktischen, als auch – zumindest ansatzweise – in seiner theoretischen Form. Der Glaube habe das Mittelalter zwar dominiert, der Atheismus habe aber im Leben und Denken einer Minderheit überdauert. In jedem Fall erschwert die oft dürftige und fast durchgängig christlich geprägte Quellenlage eine definitive Zuordnung einzelner Denker oder Personengruppen zum Atheismus.
- Theoretischer Atheismus
Seit dem 13. Jahrhundert ist eine zunehmende Kritik christlich-katholischer Glaubensinhalte zu beobachten. Eine wesentliche Rolle scheint hierbei die Wiederentdeckung aristotelischer Lehren und deren Interpretation durch arabische Philosophen gespielt zu haben. Wirkungsmächtig waren insbesondere der Aristotelismus und der Averroismus. Bedeutend war, dass Aristoteles, obwohl er „Heide“ war, doch als der Meister des logischen Denkens galt.
Die aristotelische Philosophie widerspricht der christlichen Lehre insbesondere in zwei Punkten: Sie verneint die Schöpfung und die Unsterblichkeit der Seele. Daher wurde das Unterrichten seiner Physik und Metaphysik auch wiederholt durch päpstlichen Erlass untersagt.
Dennoch erstritt sich die Vernunft vom 11. bis 13. Jahrhundert eine zunehmend größere Unabhängigkeit vom Glauben. Petrus Abaelardus forderte ein, dass der Glaube den Regeln der Vernunft nicht widersprechen dürfe. Boetius von Dacien trat für die strikte Trennung von rational erfassbarer Wahrheit und Glaubenswahrheiten ein. Siger von Brabant ging noch weiter und bestritt zahlreiche zentrale christliche Dogmen. Die christliche Autorität reagierte einerseits mit Zensur und Repression. Zudem gab es jedoch auch verstärkte Bemühungen, den Glauben durch Gottesbeweise zu untermauern.
Die größte Herausforderung war jedoch vielleicht der Nominalismus Wilhelm von Ockhams. Wilhelm von Ockham erklärte alle Versuche, Glaubenssätze mit den Mitteln der Vernunft zu beweisen, für von vornherein zum Scheitern verurteilt. Diese skeptische Position hat sich im Christentum bis heute in der so genannten negativen Theologie erhalten.
- Praktischer Atheismus
Im 12. Jahrhundert provozierten die Goliarden in ihren Liedern mit zum Teil bewusst provokativen atheistischen Positionen wie „ich bin begieriger nach Wollust als nach dem ewigen Seelenheil“. Eine skeptische Haltung in Bezug auf viele Glaubenssätze nahmen auch die englischen Lollarden ein. Auch einige der so genannten „Blasphemiker“ könnten Atheisten gewesen sein. In dem mehreren Autoren zugeschriebenen Buch von den drei Betrügern sind Moses, Jesus Christus und Mohammed gemeint. Daneben lebten auch pantheistische Weltanschauungen in kleineren Glaubensgemeinschaften und unter Einzelpersonen fort. Sie sind zwar nicht dem Atheismus im engeren Sinne zuzuordnen, forderten aber wohl den christlichen Glauben heraus. Vertreter sind insbesondere die Pariser Theologen David von Dinant und Amalrich von Bena, sowie die Brüder und Schwestern des freien Geistes.
Im Volk ist die Existenz von Ungläubigen in zahlreichen Berichten von Wundern bezeugt. Zudem lassen sich im einfachen Bauernvolk materialistisch-atheistische Positionen nachweisen. So wurde unter anderem die Existenz einer unsterblichen Seele und die Wiederauferstehung Christi verneint. Ein Beispiel für diese Art des „volkstümlichen Materialismus“ ist in den Verhörprotokollen des italienischen Müllers Menocchio festgehalten.[43] Gegen Ende des Mittelalters gibt es auch zunehmend Klagen christlicher Pfarreien über die schwache Präsenz der Gemeinde in der sonntäglichen Messe.
Als mittelalterliche Bevölkerungsteile, die besonders vom Atheismus betroffen waren, werden Söldner und Exkommunizierte genannt. Die Zahl letzterer ging allein in Frankreich zeitweise in die Zehntausende.
- Reformation
Die Reformation brachte zunächst keine Abkehr vom (christlichen) Glauben, sondern wertete den persönlichen Glauben im Sinne subjektiver Überzeugung sogar auf. Dennoch ist die Reformation ein wichtiger Wendepunkt nicht nur in der Geschichte der Religion, sondern auch in der des Atheismus.
Durch die Reformation konnten sich mit den protestantischen Konfessionen erstmals Kirchen neben der katholischen etablieren, die zu stark waren, um dauerhaft gewaltsam unterdrückt werden zu können. Auf Dauer waren beide Seiten zur religiösen Toleranz gezwungen, später wurde diese auch auf zunächst nicht von dieser Toleranz eingeschlossene Gruppen, wie die Reformierten, erweitert. Diese Entwicklung hin zur Toleranz sollte später auch Atheisten zugute kommen. Durch die auf die Reformation folgenden Religionskriege diskreditierten sich die sich bekriegenden Kirchen in den Augen vieler selbst. Deutlich trat der Widerspruch zwischen öffentlich gepredigter christlicher Nächstenliebe und tatsächlichem Handeln der damaligen Kirchen beispielsweise in der offenkundigen Barbarei der Hugenottenkriege und des Dreißigjährigen Krieges zutage. Bedeutsam ist auch, dass die katholische Kirche ihr bis dahin beinahe unantastbares Deutungsmonopol für die traditionsgeprägte Auslegung der Bibel und damit beträchtlich an Autorität auch auf geistlichem Gebiet verlor.
Politisch trug die Reformation entscheidend zur Emanzipation der Staaten aus der geistlichen Bindung an die Kirche bei, die sich nun vielfach, wie beispielsweise im Landesherrentum, im französischen Gallikanismus und der Reichskirche der Politik unterordnen musste. Diese Entstehung moderner Machtverhältnisse war eine zwingende Voraussetzung, um letztlich die Trennung von Kirche und Staat zu ermöglichen. Die dadurch garantierte Glaubensfreiheit weitete sich, auch wenn der Weg dorthin keineswegs ohne Repressionen verlief, schließlich auch zur Respektierung des Rechts auf Glaubenslosigkeit aus. Dennoch blieb der Atheismus bis zum letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ein Phänomen einer elitären Minderheit.
Aufklärung und 19. Jahrhundert
Das Zeitalter der Aufklärung brachte den ersten theoretisch ausformulierten Atheismus der Neuzeit mit sich. Dieser steht in engem Zusammenhang mit den Fortschritten der Naturwissenschaft.
Bis zum 17. Jahrhundert war der Vorwurf, ‚Atheist’ zu sein, in der Regel eine gefährliche Fremdzuschreibung. Im Zeitalter der Aufklärung bezeichneten sich verschiedene Deisten und Physikotheologen als Atheisten. Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in der Französischen Revolution und die amerikanische Bill of Rights wie auch das aufklärerische Diktum Friedrichs des Großen, wonach jeder nach seiner Façon selig werden solle, führten zu einer Akzeptanz diverser atheistischer Lebensformen. Einer ihrer prononciertesten Vertreter wurde Ludwig Feuerbach, der die in Deutschland vorherrschende Religion in Das Wesen des Christentums (1841) grundlegend kritisierte und darüber hinaus allen Religionen vorhielt, auf psychologischen Projektionen zu fußen. Pointiert kommentierte Friedrich Nietzsche: „Gott ist tot“ (1882) und der „Atheismus […] versteht sich bei mir aus Instinkt“ (1888).
Aufklärung in Frankreich

Das früheste Zeugnis eines dezidierten Atheismus in der Neuzeit findet sich im Theophrastus redivivus, der Schrift eines anonymen französischen Autors aus dem Jahr 1659. Die Existenz Gottes wird darin zwar bestritten, die gesellschaftliche Nützlichkeit der Religion hingegen behauptet.
Als erster radikaler Atheist der Neuzeit gilt heute der französische Abbé Jean Meslier (1664–1729). [44] In seinen zwischen 1719 und 1729 verfassten Pensées et sentiments stellt Meslier die Existenz von Göttern völlig in Abrede, welche für ihn bloße Hirngespinste sind. [45] Im Gegensatz zum 'Theophrastus' verbindet Meslier seinen Atheismus mit einem Antiklerikalismus: Er polemisiert gegen Kirche und Krone, die er als Ausbeuter und Unterdrücker der Armen ansieht. Meslier hat seine als Testament bekannt gewordene Schrift nur in drei handschriftlichen Exemplaren hinterlassen, die zunächst einige Jahrzehnte lang klandestin zirkulierten. Erst 1761 veröffentlichte Voltaire eine Version der Schrift, in der er alle atheistischen und materialistischen Passagen getilgt und nur Mesliers Christentumskritik und Antiklerikalismus erhalten hatte. Diese deistisch verfälschte Fassung blieb, zumal sie durch Neuauflagen und Aufnahme in Voltaires Œuvres weite Verbreitung fand, bis ins 20. Jahrhundert die allgemein bekannte; daran hat auch eine 1864 in Amsterdam erschienene vollständige Ausgabe nichts geändert. Erst 1972 haben Albert Soboul et al. aufgrund der Originalmanuskripte eine nun maßgebliche Edition dieses ersten neuzeitlichen Werks des Atheismus geschaffen.
Während Meslier somit lange Zeit als voltairianischer antiklerikaler Deist galt, war der erste öffentlich bekannt gewordene radikale Atheist der Aufklärung Julien Offray de La Mettrie (1709–1751). Sein philosophischer Erstling Histoire naturelle de l'âme (Naturgeschichte der Seele, 1745) wurde als materialistische und atheistische Schrift vom Pariser Henker verbrannt. La Mettrie floh nach Holland, wo er sein berühmtes Werk L'homme machine (Der Mensch als Maschine, 1748) publizierte, in dem es heißt, „dass die Welt niemals glücklich sein wird, solange sie nicht atheistisch ist.“ [46] La Mettrie blieb nicht bei der Negation Gottes stehen, sondern skizzierte in seinem Discours sur le bonheur (Rede über das Glück, 1748) eine geradezu modern anmutende psycho(patho)logische Theorie des Religiösen. [47]
Eine frühe öffentliche Verneinung der Existenz Gottes findet sich auch in dem 1770 anonym erschienenen Werk Système de la nature des Baron d’Holbach (1723–1789), einem Grundwerk des Materialismus. Holbach sah in der Religion die größte Feindin der natürlichen Moral und zog deshalb gegen ontologische und kosmologische Gottesbeweise zu Felde. Das Glück des Menschen hänge nach seiner Auffassung vielmehr am Atheismus. Die von ihm vertretene „Ethokratie“ beruht allerdings nicht auf der vorgängigen materialistischen Philosophie La Mettries, den er wegen seiner Moraltheorie sogar als „Wahnsinnigen“ bezeichnete.
Denis Diderot (1713–1784), bekannt vor allem als Herausgeber der Encyclopédie, vertrat in seinen kirchen- und religionskritischen Werken „Pensées philosophiques“ (1746) und dem „Lettre sur les aveugles à l'usage de ceux qui voient“ (1749) zunächst eine deistische, später eine atheistische Position. Auch er war ein vehementer Gegner La Mettries, den er noch posthum als „Autor ohne Urteilskraft“ und wegen der „Verdorbenheit seines Herzens“ „aus der Schar der Philosophen“ ausschloss. [48]
Voltaire übte scharfe Kritik an Kirche und Klerus und griff in zahllosen Schriften und Briefen die christliche Religion teils mit scharfsinnigem Spott, teils mit feinsinniger Ironie an. Allerdings wollte er ausdrücklich nicht als Atheist bezeichnet werden (Réponse au Système de la nature, 1777). In dem Artikel Athéisme schrieb er unter anderem:
„Der Atheismus ist der Fehler einiger Leute von Geist, der Aberglaube ist der Fehler der Dummköpfe; und Lumpen sind Lumpen.“
Wenn sich Voltaire auch häufig zum englischen Deismus bekannte, wirkte er auf seine Zeitgenossen durch seinen Stil und die Art, wie er seinen Deismus vortrug, durchaus wie ein Atheist. Die katholische Kirche bezichtigte ihn deswegen auch des Atheismus. Fritz Mauthner bezeichnete Voltaire als den Feldherrn und Staatsmann der französischen und europäischen Freidenker.
Immanuel Kant

Gemäß Immanuel Kant gibt es keinen Beweis für oder gegen die Existenz eines höchsten Wesens, der auf reiner Anwendung der menschlichen Vernunft beruht. Wie Kant in der Dialektik, dem zweiten Hauptteil der Kritik der reinen Vernunft, zu zeigen versucht, führen alle Gottesbeweise zu Antinomien (unauflösbaren Widersprüchen). Damit ist Kant vielleicht das prominenteste Beispiel eines Agnostikers im engen Sinne des Wortes: Kant verneint die Erkennbarkeit Gottes.
Gott wie andere Ideen, die über die Erfahrung hinausgehen, nennt Kant transzendentale Ideen. Dagegen erkennt er den sog. regulativen Charakter dieser transzendentalen Ideen an:
„Ich behaupte demnach: die transzendentalen Ideen sind niemals von konstitutivem Gebrauche, so, dass dadurch Begriffe gewisser Gegenstände gegeben würden, und in dem Falle, dass man sie so versteht, sind es bloß vernünftelnde (dialektische) Begriffe. Dagegen aber haben sie einen vortrefflichen und unentbehrlich notwendigen regulativen Gebrauch, nämlich den Verstand zu einem gewissen Ziele zu richten, in Aussicht auf welches die Richtungslinien aller seiner Regeln in einem Punkt zusammenlaufen, der, ob er zwar nur eine Idee (focus imaginarius), d. i. ein Punkt ist, aus welchem die Verstandesbegriffe wirklich nicht ausgehen, indem er ganz außerhalb der Grenzen möglicher Erfahrung liegt, dennoch dazu dient, ihnen die größte Einheit neben der größten Ausbreitung zu verschaffen.“ (Kant, KdrV, A 644)
Vereinfacht gesagt bedeutet dies nach Kant: Alle Grenzen möglicher menschlicher Erfahrung überschreitenden Dinge (Gott, Unsterblichkeit, Unendlichkeit) seien zwar nicht durch reine Vernunft erkennbar, heißt beweisbar, geben dem Verstand aber eine gewisse Einheit. Regulativ sind sie deswegen, weil sie ein Ziel abstecken, an dem der Verstand sich orientieren kann.
Beschäftigt sich Kant in der Kritik der reinen Vernunft mit der theoretischen Seite der Vernunft („Was kann ich wissen?“), so behandelt die Kritik der praktischen Vernunft deren praktische Seite („Was soll ich tun?“). Gott wird hier als eine Art Postulat eingeführt: Die Imperative (kategorischer, hypothetischer) setzen das Faktum eines moralischen Gesetzes voraus. Das moralische Gesetz verpflichtet jeden Menschen zur Sittlichkeit (und letzten Endes zur Befolgung des Kategorischen Imperativs). Das Problem für Kant besteht nun darin, zu zeigen, ob und wie die Befolgung des moralischen Gesetzes auch zu einem für alle Menschen befriedigenden Gesamtzustand führt. Diesen Zustand nennt Kant Glückseligkeit. Glückseligkeit ist sozusagen das resultative, soziale und äußerliche Pendant zur individuellen Sittlichkeit, das, was die innere Sittlichkeit auch zu einem für alle Menschen wünschbaren Ziel macht. Die Frage ist nämlich: Wenn ich sittlich handeln soll, ist dann auch sichergestellt, dass ich glücklich werde? Die Instanz nun, die genau sicherstellt, dass sittliches Verhalten auch zu Glückseligkeit führt, ist Gott. Jetzt wird auch klar, warum Gott im System der Vernunfterkenntnisse für Kant eine regulative Idee ist. Gott sei zwar nicht erkennbar (intelligibel), jedoch wird er als Postulat (nicht weiter begründbare Voraussetzung) benötigt, um gewisse moralische Gesetze zu rechtfertigen.

In der Nachfolge blieb Kants theistischer Skeptizismus oder partieller Agnostizismus weitgehend unbeachtet. Der Deutsche Idealismus (Fichte, Schelling, Hölderlin, Hegel) redete zwar von Gott als dem absoluten Weltgeist oder einem absoluten Ich, kümmerte sich hingegen wenig um die Antinomien der Vernunft. Aus heutiger Sicht wird Kants Postulierung eines Gottes als „missing link“ zwischen Sittlichkeit und Glückseligkeit eher als Mangel seiner Theorie gesehen. Kants individualistischer Theorie fehlt schlicht der gesellschaftliche Horizont von Sittlichkeit. In seiner Rechtsphilosophie kommt Hegel hingegen ohne ein solches Ad-hoc-Postulat zur Begründung der Sittlichkeit aus. Stattdessen steht der absolute Weltgeist (= Gott) für Hegel theoretisch wie historisch am Anfang seines dialektischen Systems. Dabei macht Hegel sozusagen aus der antinomischen Misere der Dialektik eine neue Tugend, indem er das dialektische Prinzip der Selbstwidersprüchlichkeit zu einer eigenen Methode ausbaut.
Ludwig Feuerbach

Ludwig Feuerbach vertritt in Das Wesen des Christentums von 1841[49] die folgenden Thesen:
- Religion ist nicht nur eine historische oder transzendente Tatsache, sondern vor allem eine Leistung des menschlichen Bewusstseins, also der Einbildungskraft bzw. Phantasie.
- Alle Religionen unterscheiden sich nur ihrer Form nach, haben aber eines gemeinsam: Sie spiegeln die unerfüllten Bedürfnisse der menschlichen Natur wider. Gott und alle religiösen Inhalte sind nichts anderes als psychologische Projektionen, die ihre materiellen Ursachen in der Natur des Menschen besitzen.
Feuerbachs Ausgangspunkt zur Herleitung seiner Thesen ist die Natur des Menschen. Wesentlich für Feuerbach ist, dass Menschen Bedürfnisse und Wünsche besitzen und diese in bestimmter Hinsicht unerfüllt bleiben, weil der Mensch – so würden wir heute sagen – ein Mängelwesen ist. Das ist sein anthropologischer Kern, den Marx weitgehend übernimmt. Von Hegel übernimmt Feuerbach die idealistische Auffassung, dass es das Bewusstsein und seine Leistungen sind, die seine Praxis bestimmen. Im Zentrum steht für Feuerbach dabei die menschliche Einbildungskraft. Es seien nun die unerfüllbaren und andauernd unerfüllten Bedürfnisse, die der Mensch mit Hilfe seiner Einbildungskraft in ein religiöses Reich projiziere. Die religiösen Gehalte verweisen nach Feuerbach auf die unerfüllten Bedürfnisse und damit auf die als unvollkommen erlebte Natur des Menschen. In seinem Hauptwerk versucht er, dies anhand der Begriffe Liebe, Endlichkeit, Sterblichkeit, Ungerechtigkeit zu zeigen: Die religiöse Vorstellung der Unsterblichkeit der Seele sei ein Reflex auf die unvollkommene Natur des Menschen als sterbliches Wesen, die der Allgüte Gottes ein Reflex auf die Unmöglichkeit, alle Menschen gleichermaßen zu lieben, usw.
Feuerbachs Theorie der Religionskritik wurde später und wird heute in Verbindung mit dem Begriff „religiöser Anthropomorphismus“ bzw. „Anthropozentrismus“ oder unter dem Schlagwort „Projektionstheorie“ diskutiert. Schlagwortartig mag man sie unter folgenden Mottos zusammenfassen:
„Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde.“[50]
oder:
„Homo homini Deus est“ (der Mensch ist dem Menschen ein Gott)).[51]
Die Erklärung der Religion hat also – nach Feuerbach – vom Menschen auszugehen, sie aus ihm herzuleiten und sie wieder auf ihn zu beziehen:
„ … Der Mensch ist der Anfang der Religion, der Mensch der Mittelpunkt der Religion, der Mensch das Ende der Religion.“ (Das Wesen des Christentums, Teil I).[52]
Karl Marx

- Marx' Kritik an Feuerbach - „vergesellschaftete“ Religiosität
Marx' Religionskritik findet sich vor allem[53] in zwei einschlägigen Werken/Texten:
- Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie (1843/44)[54]
- Thesen über Feuerbach von 1845[55] (1888 von Engels in redigierter Fassung veröffentlicht)
Marx übernimmt die Projektionstheorie Feuerbachs. Auch für ihn ist die Welt der Religion keine ontologische Kategorie, sondern gehört in den Bereich menschlicher Tätigkeiten. Auch für ihn reflektiert Religion ein Bedürfnis, und auch für ihn ist Religion die Widerspiegelung einer Wirklichkeit und nichts Transzendentes.
Marx kritisiert jedoch einen wesentlichen Mangel an Feuerbachs Religionskritik: Feuerbach tue so, als ob jeder Mensch als Individuum oder als abstraktes Wesen seine Religion produziere, wohingegen der Mensch – so Marx – vor allem als konkret-praktisches und damit schon immer vergesellschaftetes (gesellschaftliches) Wesen zu begreifen sei:
„Feuerbach löst das religiöse Wesen in das menschliche Wesen auf. Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum inwohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse.“ (Thesen über Feuerbach, These 6)[55]
Und genau deswegen spiegele Religion auch nicht irgendwelche abstrakten, individuellen Bedürfnisse, sondern konkrete gesellschaftliche Bedürfnisse der Menschen wider.
Neben dieser Theorie der vergesellschafteten Religiosität kritisiert Marx an Feuerbach, dass es mit der neuen anthropozentrischen Interpretation von Religion noch nicht getan sei:
„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kömmt darauf an, sie zu verändern.“ (These 11)[55]
Diese These soll besagen, dass unter dem Blickwinkel der Praxis – und dies ist nach Marx die „gegenständliche Tätigkeit“ (= Arbeit als verändernde Aneignung von Natur) – Feuerbachs Theorie die Welt nur noch einmal in eine religiöse Welt verdoppelt und damit Religion zwar erklärt, jedoch nicht fragt, was dies praktisch für die gläubigen Menschen und die gesellschaftlichen Verhältnisse bedeutet. Und genau hier besitzt Religion gemäß Marx ihre praktische Aufgabe: Sie verhindere verändernde Praxis, weil sie die Menschen mit der Idee eines vom Erdenreich abgelösten und unabhängigen, vollkommenen Himmelreichs vertröste und umneble. Darauf bezieht sich auch Marxens Schlachtruf, wonach Religion „das Opium des Volkes“[54] sei. (in: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie).
- Marx' Entfremdungstheorie als Religionskritik
Nach Marx' Ideologiekritik spiegeln sich in der Religion nicht nur unerfüllte abstrakte Bedürfnisse wider, sondern auch das konkrete, durch die gesamte menschliche Geschichte ziehende, gesellschaftliche Elend und Unrecht. Dies täten sie jedoch in verzerrter Form: Diese Verzerrung bestehe zum einen in einer Verkehrung bzw. Verdrehung wirklicher Verhältnisse und zum anderen in einer völligen Abstrahierung vom alltäglichen Lebensvollzug, die dazu führe, dass die Menschen sich in eine „Nebelregion“ flüchteten. So steht beispielsweise Gott als der Allgerechte, Allmächtige und Allgütige einer Welt ungleicher Verteilung von Macht, Gütern und Liebe gegenüber.
Ausgangspunkt für Marx' Kritik ist die Theorie der Selbstentfremdung: Als „Entfremdung“ bezeichnet man allgemein Prozess und Ergebnis des Verlusts des Einflusses und der Verfügungsgewalt des Menschen auf und über all jenes, was einst durch ihn selbst bewirkt und ihm damit in unmittelbarer Anschauung vertraut war, welches ihm aber schließlich als etwas Unabhängiges, Fremdes gegenübertritt. So besitzt ein von seiner Arbeit entfremdeter Lohnarbeiter – nach Marx – keinen Einfluss mehr auf das Arbeitsprodukt und den Arbeitsprozess, obwohl er sich andauernd darin befindet. Deswegen treten ihm der Arbeitsprozess wie das Arbeitsprodukt als etwas Fremdes gegenüber (siehe Marx: Frühschriften). In der religiösen Selbstentfremdung nun erlebe der Mensch seine Bedürfnisse einmal als erfüllbare und erfüllte Dinge, andererseits aber auch als prinzipiell oder manchmal unerfüllbar bzw. unerfüllt. Die Religion wird gegenüber dem Menschen nach und nach zu etwas Selbständigem, Unabhängigem und ihm Fremdem. Dies ist mit der religiösen Selbstentfremdung gemeint: In der Religion verselbständigen sich die unerfüllten Bedürfnisse, indem letztere ein Eigenleben führen.
Friedrich Nietzsche

Friedrich Nietzsche (1844–1900) nannte Gott „eine viel zu extreme Hypothese“[56]. Die christliche Gottesvorstellung hielt er für widerlegt und überholt („Gott ist tot“). Daran, dass Nietzsche selbst an keinen metaphysischen Gott glaubte, besteht kaum ein Zweifel:
„Ich kenne den Atheismus durchaus nicht als Ergebniss, noch weniger als Ereigniss: er versteht sich bei mir aus Instinkt. Ich bin zu neugierig, zu fragwürdig, zu übermüthig, um mir eine faustgrobe Antwort gefallen zu lassen. Gott ist eine faustgrobe Antwort, eine Undelicatesse gegen uns Denker –, im Grunde sogar bloss ein faustgrobes Verbot an uns: ihr sollt nicht denken!“
Dies ist allerdings nicht der Schwerpunkt seiner Argumentation. Nietzsches Atheismus ist vielmehr Voraussetzung einer radikalen Kritik an der (christlichen) Moral. Er sah eine solche „Sklavenmoral“ als hinderlich für die Erhebung des Menschen zu neuer Größe an. Diese Kritik der christlichen Moral ist zwar charakterisiert von zahlreichen polemischen und invektiven Äußerungen Nietzsches („was war der grösste Einwand gegen das Dasein bisher? Gott…“[57]), zeigt sich aber vor allem in einer historisch-wissenschaftlichen (Zur Genealogie der Moral) und philosophischen Auseinandersetzung mit Begriff und Zweck von Moral (v. a. Morgenröte und Die fröhliche Wissenschaft). Für Nietzsches Atheismus ist kennzeichnend, dass er sich nicht generell gegen das Postulat höherer Werte stellt, sondern zunächst nur gegen jene der christlichen Moral, schließlich aber gegen die Werte jeder Moral, sofern sie die Instinktgewissheit und den biologisch angelegten „Willen zur Macht“ schwächen. Nietzsche wendet sich also gegen jede Moral, die zum Leben „Nein“ sagt. Das aber war seiner Ansicht nach bei den Morallehren aller bisherigen Philosophien und Religionen in mehr oder weniger großem Umfang der Fall – obwohl diese „Instrumente im Dienste des wachsenden Lebens“ sein sollten.
Nietzsche bezeichnete sich folglich als den „ersten Immoralisten“[58] und bezeichnet damit eine Haltung des bewussten Verzichts auf eine Rückbindung an eine metaphysische Ordnung und Wahrheit. In Also sprach Zarathustra versuchte er im bewussten Anklang an den Stil der Bibel, die „frohe Botschaft“ vom „Übermenschen“ (also einer Moral, die im Dienste des Lebens steht) zu konkretisieren.
„Das psychologische Problem im Typus des Zarathustra ist, wie der, welcher in einem unerhörten Grade Nein sagt, Nein thut, zu Allem, wozu man bisher Ja sagte, trotzdem der Gegensatz eines neinsagenden Geistes sein kann; wie der das Schwerste von Schicksal, ein Verhängniss von Aufgabe tragende Geist trotzdem der leichteste und jenseitigste sein kann – Zarathustra ist ein Tänzer -; wie der, welcher die härteste, die furchtbarste Einsicht in die Realität hat, welcher den „abgründlichsten Gedanken“ gedacht hat, trotzdem darin keinen Einwand gegen das Dasein, selbst nicht gegen dessen ewige Wiederkunft findet, – vielmehr einen Grund noch hinzu, das ewige Ja zu allen Dingen selbst zu sein, „das ungeheure unbegrenzte Ja- und Amen-sagen“ …“
In Nietzsches Atheismus ist nicht bloß ein nihilistischer Trieb zur Entwertung der Kultur zu sehen, nach Nietzsches eigener Auffassung sogar gerade das Gegenteil. Nietzsche kritisiert zwar die Moral und versteckt seine Abneigung vor den christlichen Idealen nicht, jedoch wollte er diese Abwertung einbinden in sein Programm der „Umwertung aller Werte“, die letztlich dem Ziel dient, neue Werte zu schaffen. Der Typus Zarathustra sollte so etwas wie der erste Prophet dieser neuen „ja-sagenden Moral“ sein, die im Dienste des Lebens steht anstatt es in seiner freien Entfaltung zu hindern.
Nietzsches Atheismus ist also ein notwendiges Zwischenprodukt, das im Prozess der „Umwertung der Werte“ den Boden für eine „Selbstbesinnung der Menschheit“[59] bereiten soll, die letztlich in eine bejahende, lebensfrohe Moral mündet. Atheismus bedeutet hier die Ablehnung von metaphysischer Ordnung und die Verneinung des damit verbundenen Gottglaubens. Dabei gesteht Nietzsche einigen Arten des Götterglaubens – ohne sie für „wahr“ zu halten – durchaus eine nützliche oder ästhetisch ansprechende Funktion zu. In Der Antichrist beschreibt er etwa einen „gesunden“, schadlosen Götterglauben folgendermaßen:
„Ein Volk, das noch an sich selbst glaubt, hat auch noch seinen eignen Gott. In ihm verehrt es die Bedingungen, durch die es obenauf ist, seine Tugenden, – es projicirt seine Lust an sich, sein Machtgefühl in ein Wesen, dem man dafür danken kann. Wer reich ist, will abgeben; ein stolzes Volk braucht einen Gott, um zu opfern … Religion, innerhalb solcher Voraussetzungen, ist eine Form der Dankbarkeit. Man ist für sich selber dankbar: dazu braucht man einen Gott.“
Folglich ist es auch schlüssig, warum Nietzsche dem (in seinem Sprachgebrauch „nihilistischen“) jüdisch-christlichen Gottesbegriff immer wieder den Begriff eines gewalttätigen dionysischen Gottes gegenüberstellt. Nicht der Gottesglaube selbst schadet, sondern der Glaube an einen jenseitigen, metaphysischen Gott. Nietzsches Angriffe gegen den verbreiteten Gottesbegriff sind also eingebunden in eine viel weiter reichende Kultur- und Religionskritik und gehen damit über einen bloßen Atheismus hinaus. Tatsächlich richtet sich Nietzsche an vielen Stellen auch gegen seiner Meinung nach zu simple oder inkonsequente Formen des Atheismus.
20. Jahrhundert
Sigmund Freud

Sowohl Sigmund Freud (1856–1939) als auch andere Psychoanalytiker versuchten in einer naturgeschichtlichen Deutung die Entstehung von Religionen (und vieler anderer Erscheinungen) als die Erfüllung unbewusster, auch unterdrückter Wünsche des Menschen zu erklären. Als Beleg dienten Freud die Ähnlichkeiten zwischen kultisch-religiösen Handlungen und den Handlungsabläufen neurotischer Besessenheit. In seinem Buch Totem und Tabu kommt er zu der Schlussfolgerung: Illusionen, Erfüllungen der ältesten und stärksten, dringendsten Wünsche der Menschheit seien eben die Religionsvorstellungen. Die Herleitungen, in denen sowohl die darwinsche Urhorde als auch der Ödipuskomplex herangezogen werden, gelten als spekulativ. In einer verallgemeinerten Form, nämlich dass Religionen sehr wohl vorgeben, starke bewusste wie auch unbewusste Wünsche und Sehnsüchte der Menschen zu erfüllen, gilt Freuds These als unbestritten.
Nach Freud bieten die Eltern dem Kind unverzichtbaren Schutz und ein moralisches Gerüst für die Orientierung. Aus Sicht des Kindes sind die Eltern in der Lage, Übermenschliches zu leisten. Mit zunehmendem Alter des Kindes erkennt es, dass auch die Eltern nicht immer Schutz und Rat bieten können. So überträgt das Kind die den Eltern zugeschriebenen Fähigkeiten auf Gott. Anstatt also die Vorstellung aufzugeben, dass man immer geborgen und beraten ist in der Welt (Realitätsprinzip), wird weiterhin an der Illusion festgehalten. Gott ersetzt die Eltern in ihrer Funktion, Schutz und Moral zu bieten.[60]
Wenn Freuds Schlussfolgerungen auch nicht direkt den Theismus widerlegen, bieten sie doch gewisse Ansatzpunkte, religiöse Phänomene durch psychische Vorgänge zu erklären und die Notwendigkeit der Annahme übernatürlicher Kräfte zu verneinen.
Existenzialistischer Atheismus
Einen existenzialistischen Atheismus im eigentlichen Sinne gibt es nicht, da der Existenzialismus kein geschlossenes Lehrgebäude darstellt und unter diesem Begriff sehr disparate weltanschauliche, philosophische, ja auch theologische Konzepte versammelt werden. Sie reichen von Stirner über Schopenhauer, Kierkegaard, Heidegger, Camus bis Sartre und Jaspers.
Nimmt man als Referenzpunkt den Existenzialismus sartrescher Prägung, so ergibt sich folgende atheistische Auffassung: Der wichtigste existenzialistische Grundsatz Sartres findet sich in seinem bekannten Satz wieder, wonach die (menschliche) Existenz der Essenz (dem Wesen) vorausgehe. Es gibt kein Wesen (hier sowohl personal als Gott verstanden als auch abstrakt als Natur des Menschen), wonach und wodurch der Mensch konzipiert wurde. Da der Mensch zu Beginn „Nichts“ ist und sich ständig selbst entwirft, bedeute Gott also jemand, der so etwas wie eine menschliche Natur konzipiert hat, eine Beschränkung dieses konstitutiven Selbstentwurfs. Stattdessen ist nach Auffassung der Existenzialisten der Mensch von Beginn an zur absoluten Freiheit verdammt. Für die Neoexistenzialisten der Sartre-Schule ist Gott zunächst also das, was die absolute Freiheit des Menschen beschränkt.
„Wenn Gott nicht existierte, wäre alles erlaubt“, schreibt Dostojewski, und ganz existenzialistisch könnte man hinzusetzen: „Und weil er nicht existiert, ist der Mensch zur Verantwortung verdammt“. Wie ist das zu verstehen? Wenn Gott existierte, gäbe es etwas, was der menschlichen Existenz vorausginge, auf das er sich als Grund seines Handelns berufen könnte. Fällt dieser Grund weg, ist der Mensch absolut verlassen und muss die Gründe seines Handelns vollständig aus sich selbst schöpfen. Erst jetzt, wenn prinzipiell alles erlaubt ist, ist er als Individuum voll verantwortlich für sein Handeln. Für Neoexistenzialisten ermöglicht erst eine Welt (genauer: eine Existenz) ohne Gott die wahre Verantwortung des Menschen.
Die neoexistenzialistische Auffassung (Sartre, Camus) übernimmt Heideggers Daseinsbegriff (Sein und Zeit) für die Existenz. Demnach seien drei Dinge für die menschliche Existenz charakteristisch: die Geworfenheit, der Entwurf und die Verfallenheit. Wesentlich für die atheistische Grundhaltung der Neoexistenzialisten ist die Geworfenheit: Der Mensch ist kein Abbild einer Idee oder eines Vorbilds oder Bauplans, sondern er wird als tabula rasa in die Welt geworfen.
Im Atheismuskonzept des Neoexistenzialismus geht es nicht allein um die Zurückweisung eines personalen Gottes, dem die Menschen sich zu verantworten haben, sondern auch um alle Konzepte, die als Theorien der Natur des Menschen auftreten: Sei es die Gesellschaft (der Mensch als soziales Wesen), sei es die Ökonomie (der homo oeconomicus) oder seien es anthropologische Konzepte (der Mensch als des Menschen Wolf, als Egoist) – alle werden sie vom Existenzialismus zurückgewiesen mit dem Verweis, sie leisteten nur die Ent-Verantwortung des Menschen, weil dieser damit auf ihm äußerliche, sachliche Zwänge hinweisen könne. Damit kann der existenzialistische Atheismus auch als Versuch verstanden werden, gegen die Zwänge moderner Gesellschaften aufzubegehren, was die Neoexistenzialisten, vor allem Sartre, im Verlauf der Studentenrevolten 1968 in Frankreich auch taten.
Analytisch und Empirisch
- Analytisch - logisch, sprachpragmatisch und Theodizee-bezogen
In der im 20. Jahrhundert entwickelten Analytischen Philosophie wurden Fragen nach der Existenz oder Nichtexistenz von Göttern sowie metaphysische Fragen anfänglich als unsinnig, nicht behandelbar oder irrelevant angesehen. So wurde im Rahmen des Logischen Positivismus die Rede über Götter für Unsinn gehalten, weil Sätze, in denen diese Begriffe vorkommen, nicht wahrheitsfähig seien. Hier wird jedoch nicht behauptet, dass es keine Götter gebe. Vielmehr wird der Satz „Es gibt keine Götter“ als genauso inhaltsleer angesehen wie „Es gibt keine Elfen“.[61] Eine typische Strategie zur Beweisführung bezüglich der Nichtexistenz eines Gottes hat die Form eines Widerspruchsbeweises ausgehend von theologischen Voraussetzungen. Wenn sich beispielsweise zeigen lässt, dass die Gott zugeschriebenen Eigenschaften semantisch widersinnig oder logisch widersprüchlich sind, dann könne es jenen Gott nicht geben, da angenommen wird, logisch Unmögliches könne nicht wirklich sein. Sofern es Widersprüche gibt im Bereich der Eigenschaften, die Gott zugeschrieben werden (→ Beispiel: Allmachtsparadoxon), dann folgt daraus nach den Gesetzen der klassischen Logik, dass ein Gott mit diesen Eigenschaften nicht existieren kann. Wenn diese Eigenschaften als unverzichtbarer Bestandteil des Begriffes „Gott“ angesehen werden, dann heißt das, dass „Gott“ nicht existieren könne.
„Es gibt keine ausreichenden rationalen Gründe, an die Existenz Gottes zu glauben“, schreibt Norbert Hoerster[62] und führt aus: „Derjenige, der die Existenz von X behauptet, und nicht derjenige, der die Existenz von X bezweifelt oder auch bestreitet, trägt für sein Urteil die Begründungslast. Dies gilt nicht nur […] für die Existenz etwa des Yeti. Es gilt genauso für die Existenz Gottes: Den Theisten, der den Gottesglauben für rational hält, trifft erkenntnistheoretisch gesehen die Verpflichtung, als erster irgendwelche Pro-Argumente für diesen Glauben vorzubringen.“ Der Ansatz ist also der, selbst keinen Glauben an Gott zu haben, auch keinen Grund zum Glauben zu haben und sich so pragmatisch mit der Gegenposition begnügen zu können. Der Pragmatismus behauptet, dass eine Erklärung der Welt auch ohne Annahme von Göttern auskommt. Die Existenz von Göttern wird zwar nicht ausgeschlossen, aber die Vorstellung, sie existierten, wird als unnütz angesehen, weil sie bei der Beurteilung und Erklärung der Welt aus dieser Sicht keinen Nutzen bietet. Diese Sichtweise vertritt auch der Ignostizismus.
In Bezug auf das Theodizeeproblem meint Hoerster, dass „weder das natürliche noch das moralische Übel – jedenfalls in ihrem tatsächlichen Ausmaß – mit der gleichzeitigen Allmacht, Allwissenheit und Allgüte Gottes zu vereinbaren ist“.[63] Joachim Kahl erkennt darin eine „empirische Widerlegung des Gottesglaubens“.[64] Hoerster sieht allerdings auch jene Gläubigen, die sich von Allmacht, Allwissenheit oder Allgüte Gottes distanzieren, „der Notwendigkeit einer Theodizee enthoben“. [63]
Es wurde auch der Versuch unternommen, die Existenz eines Gottes zu widerlegen, indem zwischen empirischen Aussagen über die Welt und den dem jeweiligen Gott zugeschriebenen Eigenschaften Widersprüche aufgezeigt wurden. So griff beispielsweise J. L. Mackie das Theodizee-Problem auf. Da es nun einmal Übel gebe und „keine plausible Theodizee in Sicht“ sei, meinte Mackie, spreche viel dafür, „dass sich der Theismus nicht widerspruchsfrei darlegen lässt, ohne dass wenigstens eine seiner zentralen Aussagen wesentlich verändert wird.“[65] In einer Gesamtschau kommt Mackie „nach Abwägen der Wahrscheinlichkeiten“ zu dem Ergebnis, „dass weitaus mehr gegen die Existenz eines Gottes spricht als dafür.“[66]
- Empirisch - naturwissenschaftlich und neurophysiologisch
Atheismus auf der Basis empirischer Überlegungen: Der US-amerikanische Physiker Victor Stenger ist der Auffassung, dass für die Gotteshypothese nicht nur empirische Belege fehlen, sondern dass sich auch die oftmals Göttern zugeschriebenen Eigenschaften anhand naturwissenschaftlicher Erkenntnisse anfechten lassen. So seien die Schöpfung von Lebewesen durch die Evolutionstheorie, Körper-Seele-Dualismus und Unsterblichkeit durch Neurologie, die Wirkung von Gebeten durch Doppelblindstudien, die Schöpfung des Universums durch thermodynamische sowie quantenphysikalische Überlegungen und göttliche Offenbarungen durch die Geschichtswissenschaft widerlegt worden. Das Universum verhalte sich genau so, wie es in Abwesenheit eines Gottes zu erwarten sei.[67]
Die in vielen Kulturen beobachteten Vorstellungen von übernatürlichen Akteuren könnten nach einigen Vertretern (z. B. Pascal Boyer) auch empirische Rückschlüsse auf zugrunde liegende Verarbeitungsprozesse im menschlichen Gehirn erlauben. Nach einer aus völkerkundlichen Untersuchungen abgeleiteten Hypothese verarbeitet das Gehirn Sinneseindrücke mit Hilfe verschiedener Module.[68] Eines dieser Module sei darauf spezialisiert, Veränderungen in der Umwelt als Werk von Lebewesen zu interpretieren. Ein solches „Lebewesenerkennungsmodul“ sollte überempfindlich arbeiten, da es meist günstiger sei, fälschlich z. B. einen Windhauch als Raubtier zu interpretieren, als ein tatsächlich vorhandenes zu übersehen [69]. Dadurch könnten in unserem Gehirn aus unklaren Wahrnehmungen leicht Vorstellungen von übernatürlich erscheinenden Akteuren, wie z. B. Göttern oder Geistern, entstehen.
Systematische Erfassung
Es gibt verschiedene, sich teilweise überschneidende und widersprechende Einordnungen und Systematisierungen des Begriffs ‚Atheismus‘, die im Folgenden zusammengefasst werden. Weithin gebräuchlich ist die Dreigliederung in den Glauben an Gott bzw. Götter (insbesondere Theismus und Deismus), das Nichtswissen über Gott bzw. Götter (Agnostizismus), sowie das Fehlen des Glaubens an Gott oder Götter (Atheismus im wörtlichen Sinne). Insbesondere im angelsächsischen Raum ist hingegen die Unterscheidung in "strong" (bzw. "positiven") und "weak" (bzw. "negativen") Atheismus verbreitet. Mit dieser Unterscheidung kann der Atheismus systematisch weiter geordnet bzw. typologisiert werden.
Atheismus in einem weiten Sinne
Eine verbreite Kategorie ist der weite (negativem, implizitem) Atheismus mit der logischen Satzform: Ich bin nicht überzeugt, dass es Götter gibt. Dieser Atheismus kommt ohne den Glauben an Götter aus, behauptet jedoch nicht, dass es keine Götter gäbe, bestreitet also nicht oder leugnet nicht direkt die Existenz von Göttern. Dabei gibt es verschiedene Spielarten:
- Pragmatischer Ansatz: Dieser behauptet, dass eine Erklärung der Welt auch ohne Annahme von Göttern auskomme. Die Existenz von Göttern wird zwar nicht bestritten, aber als unnötig oder unnütz bezeichnet. Ein Pragmatiker (Alltagsbegriff) und Pragmatist (Philosophie) ist jemand, der die Wahrheit von Dingen nach ihrer praktischen Bewährung und ihrem Nutzen für die Praxis beurteilt. Gott oder Götter sind für viele Pragmatiker und Pragmatisten (wenn auch nicht für alle) unnütz, weil sie bei der Beurteilung und Erklärung der Welt aus ihrer Sicht keinen Nutzen bieten.
- Nominalistischer Ansatz: Begriffsnominalisten vertreten die Auffassung, dass nur Einzeldingen Wirklichkeit und damit Existenz zukomme, während Allgemeinbegriffe wie Gott nur Namen (=Nomen) seien. Unter Maßgabe der Einfachheit der Erkenntnisse (Simplizitätskriterium), sei die Annahme von Gott oder Göttern als eigenständig und unabhängig existierenden Wesen überflüssig (siehe auch Ockhams Rasiermesser).
- Agnostizismus: Dieser behauptet, dass Götter mit den Mitteln menschlicher Vernunft nicht erkennbar seien (intelligibler Agnostizismus) oder dass für die Annahme von Göttern nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten die Beweise/Belege fehlten (szientistischer Agnostizismus). Im intelligiblen Agnostizismus kann man wieder unterscheiden zwischen stark und wei: Der weite Agnostizismus behauptet nur, dass Götter möglicherweise nicht, oder noch nicht erkennbar seien, der starke hingegen, dass Götter mit den Mitteln der menschlichen Vernunft prinzipiell nicht erkennbar seien (siehe hierzu weiter unten Rationalistischer Atheismus). Die Zuordnung des Agnostizismus zum Atheismus ist umstritten, er kann auch als eigenständige weltanschauliche Grundhaltung angesehen werden.
- Szientistischer Ansatz (siehe Kapitel Analytische Philosophie) hält die Rede über Götter für Unsinn, weil Sätze, in den diese Begriffe vorkommen, nicht wahrheitsfähig seien. Der szientistische Atheismus behauptet jedoch nicht - genauso wenig wie der weite Atheismus - dass es keine Götter gäbe. Für ihn ist der Satz "Es gibt keine Götter" genauso inhaltsleer wie "Es gibt keine Elfen".
- Postulatorischer Ansatz: Dieser meist von Wissenschaftlern vertretene Atheismus geht davon aus, zunächst einmal Götter aus dem System der Erkenntnisse herauszulassen, also keine Götter zu postulieren im Gegensatz zur Theologie. Theistische Annahmen könnten jedoch später an Grenzbereichen der Wissenschaft oder in unerforschten oder als unerforschbar angesehenen Teilen wieder zugelassen werden (Beispiel: Stephen Hawking Pre-Big-Bang God). Diese Spielart des Atheismus wird oft in Verbindung gebracht mit pragmatischen und nominalistischen Ansätzen.
Bei Kant ist Gott nur eine regulative Idee der Vernunft. Und im Pantheismus eines Spinoza wird die Idee der personalen Einheit Gottes vollkommen aufgegeben und Gott nur noch als in der Schöpfung als Ganzes wirkende göttliche Substanz aufgefasst.
Atheismus in einem starken Sinne
Die Gegenkategorie zum weiten Atheismus ist der starke (positivem, explizitem) Atheismus mit der logischen Aussageform: Ich bin überzeugt, dass es keine Götter gibt. Anhänger des starken Atheismus leugnen also direkt die Existenz von Göttern. Hierfür findet sich gelegentlich auch der Begriff Antitheismus. Atheismus ist im engeren Sinne Ablehnung zum Götterglauben von Monotheismus und Polytheismus. Dieser Definition nach sind auch Buddhisten Atheisten, da diese an keine Götter glauben. Atheismus kann auch als Gegenentwurf zu Überzeugungssystemen verstanden werden. Ein Atheist in diesem Sinne lehnt auch den Glauben oder die Existenz aller sinnlicher Erfahrung übersteigenden Dinge ab (übernatürliche Wesen, Wirkkräfte oder Mächte). Abgelehnt werden damit neben den Theismen auch spirituelle Lehren, animistische Lehren, magische Lehren und Mystizismus.
- Rationalistischer Ansatz: Dieser geht von der zusätzlichen Annahme aus, dass nur das existieren könne, was auch durch menschliche Vernunft prinzipiell erkennbar ist (ontologischer Epistemologismus). Und weil Götter nicht prinzipiell erkennbar seien, könnten sie auch nicht existieren.
- Radikal-szientistischer Ansatz: Während für normal-szientistische Atheisten nur die Rede über Götter unsinnig ist, darf für deren radikale Vertreter nur das als existierend angenommen werden, was nach intersubjektiv überprüfbaren Verfahren wissenschaftlich beweisbar ist. Da dies für Götter und andere transzendentale Ideen nicht gelte, können sie nach dieser Überzeugung nicht existieren.
- Theodizee-Ansatz: Dieser behauptet, dass es aufgrund der Leidens und der Ungerechtigkeit auf der Welt keine(n) (allgütigen oder allmächtigen) Gott oder Götter geben könne. In seiner weniger radikalen Form kann der Theodizee-Atheismus auch als schwacher konditionaler Atheismus auftreten: "Wenn Gott existiert, dann kann er angesichts des Übels auf Erden nicht allmächtig oder nicht allgütig sein". Die Existenz Gottes wird dabei zwar nicht bestritten, jedoch in seinen Eigenschaften begrenzt. Es ist dann eine theologische Frage, ob ein solches Wesen noch als Gott bezeichnet werden kann.
- Logischer Ansatz: Besitzt Ähnlichkeit mit einem rationalistischen Ansatz. Während letzterer sagt, dass es irgendwelche spezifischen – möglicherweise bis in seine biologische Struktur reichenden – Eigenschaften des menschlichen Verstands seien, die die Erkenntnis von Göttern verhinderten, kann ein logischer Ansatz darauf beschränkt sein, dass sich alle Gottesbeweise in Widersprüche (Antinomien) verwickelen würden. Unter der logisch-metaphysichen Prämisse, dass etwas Widersprüchliches nicht existieren könne, gelte dies auch für Götter im Sinne eigenständiger Wesen.
Daneben gibt es auch noch Spielarten des Atheismus, die den eigenständigen ontologischen Status von Gott oder Göttern einschränken oder bestreiten. Im anthropozentrischen Ansatz (Ludwig Andreas Feuerbach etwa) ist Gott kein echtes übernatürliches Wesen, sondern ein Produkt menschlicher Einbildungskraft.
Kritik
- Agnostizistische Gegenpositionen und Argumente
Mit „Agnostizismus“ kann die These einer Falschheit von sowohl Theismus wie Atheismus oder nur eine Unentscheidbarkeit einhergehen. Wenn mit „Atheismus“ die Festlegung auf eine Nichtexistenz Gottes gemeint ist („starke“ Bedeutung), dann bieten agnostizistische Positionen epistemische Argumente gegen theistische und „stark“ atheistische Positionen. Eine Form von Argumentation versucht zu zeigen, dass keine hinreichenden Rechtfertigungen für eine theoretische Verpflichtung auf Position oder Negation der Existenz Gottes bestünden, so dass eine diesbezügliche Urteilsenthaltung rationaler erscheine. Derartige Positionen sind insbesondere dann naheliegend, wenn „Gott“ verstanden wird als Eigenname, der auf ein etwaiges metaphysisches übernatürliches Objekt referiert, und empiristische oder verifikationistische Voraussetzungen vertreten werden. Dann wäre eine Aussage sinnlos, wenn deren Wahrheit nicht empirisch überprüfbar ist. Folglich wären die Aussagen „Gott existiert nicht“ und „Gott existiert“ nur unverständliche Lautkombinationen mit „… existiert“.
- Theistische Gegenpositionen und Argumente
Jede Argumentation für theistische Positionen ist per se eine Argumentation gegen atheistische Positionen. Die meisten der bis heute diskutierten Typen von Argumenten haben Vorläufer bereits in der vorchristlichen Antike. Darunter zählen Versuche, die Existenz eines bzw. des Gottes zu beweisen, indem unterschiedliche Typen von Verursachungsketten auf eine Erstursache zurückgeführt werden. Dieser Typ von Argumenten begegnet in expliziter Form zuerst bei Aristoteles. Einer von vielen, welche diesen Argumenttyp wiederholen, ist Thomas von Aquin. Davon unterscheidbar sind Argumente, die ohne Bezugnahme auf Erfahrungstatsachen auskommen und z.B. bei einer Analyse des Seinsbegriffs (Avicenna u.a.) ansetzen oder bei einer Analyse der Implikate eines Begriffs Gottes als „dasjenige, worüber hinaus Größeres nicht gedacht werden kann“ (Anselm von Canterbury). Beide Argumenttypen sind unpopulärer geworden spätestens seit Immanuel Kants Einwänden gegen die Möglichkeit, neue Wahrheiten über die Welt ohne Bezug auf Erfahrung zu gewinnen und über Gegenstände unabhängig davon zu reden, gemäß welcher Voraussetzungen diese uns erkennbar sind. Seit dem 19. Jahrhundert wird von vielen theistischen Philosophen und Theologen nicht mehr versucht, die Existenz Gottes als rational notwendig zu beweisen, sondern als rational möglich zu rechtfertigen. Dabei wird z.B. versucht, aufzuweisen, dass der Gottesglaube eine Basis in der Natur bzw. Vernunft des Menschen hat (ausgearbeitet in einer sog. theologischen Anthropologie) oder insofern vernünftig ist, als er eine zufriedenstellende Interpretation von Mensch und Welt erlaubt (so z.B. Wolfhart Pannenberg.) Derartige Versuche, eine interne Plausibilität religiöser Überzeugungen herauszuarbeiten, haben eine Argumentationsweise ersetzt, welche die theologische Apologetik vom 14. bis frühen 20. Jahrhundert prägte, die mit äußeren Glaubwürdigkeitsgründen wie Wunder, Zeugen oder erfüllten Prophezeiungen argumentierte (sog. Extrinsezismus). Unter den zahllosen verschiedenen Ausarbeitungen von Rechtfertigungsversuchen eines Gottesglaubens wird in den letzten Jahrzehnten u.a. eine Gruppe von Positionen diskutiert, welche religiöse Überzeugungen im Kontext eines Meinungssystems für so grundlegend halten („basic beliefs“), dass diese weder einer weiteren Rechtfertigung zugänglich sind, noch eine solche benötigen (sog. reformed epistemology, epistemologischer Fundamentalismus bezüglich religiösen Wissens, vertreten z.B. von Alvin Plantinga). Wenig plausibel erscheint den meisten gegenwärtigen systematischen Theologen eine Argumentation zugunsten des Gottesglaubens, die sich auf erwünschte moralische oder gesellschaftliche Konsequenzen bzw. Funktionen bezieht. Eine derartige Argumentation findet sich ebenfalls bereits in der vorchristlichen Antike, oftmals gepaart mit einer Polemik gegenüber Atheisten aufgrund der These, Atheismus führe notwendig und faktisch zu unmoralischem Verhalten. Platon etwa teilt in seinen Nomoi Atheisten in unterschiedliche Gruppen ein, die allesamt zu bestrafen seien; während für einige eine Gefängnisstrafe hinreiche, erfordere es bei anderen durchaus ein oder zwei Tode.[70] Platon gilt, wie vielen vor und nach ihm, der Mensch kraft seiner Vernunft als göttlich und kraft seines Bezugs auf einen Gott als menschlich. Francis Bacon beschuldigt den Atheismus, „den Menschen zum Tier herabzuwürdigen, da er mit keiner höheren Natur mehr verbunden sei.“[71]
Literatur
Allgemeine Einführungen und Kompendien
- mit Nachschlagewerken
- Julian Baggini: Atheism: A Very Short Introduction. Oxford University Press, Oxford 2003, ISBN 0-19-280424-3.
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- Finngeir Hiorth: Atheismus – genau betrachtet: Eine Einführung. Lenz, Neustadt a. Rbge. 1995, ISBN 3-9802799-7-9.
- Michael Martin (Hrsg.): The Cambridge Companion to Atheism. Cambridge University Press, Cambridge 2007, ISBN 0-521-60367-6.
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- J. P. Reid, B. Mondin: Atheism. In: New Catholic Encyclopedia, Bd. 1, S. 822-826.
- William L. Rowe: Atheism. In: Routledge Encyclopedia of Philosophy
- Max Seckler u. a.: Atheismus. In: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 1, S. 1132–1142.
- Gordon Stein (Hrsg.): The Encyclopedia of Unbelief. Prometheus, Amherst 1985, ISBN 0-87975-307-2.
Klassische Texte
- Ludwig Feuerbach: Das Wesen des Christentums. 1841. Nachdruck, Reclam, Stuttgart 1984 u. ö., ISBN 3-15-004571-1.
- Ludwig Feuerbach: Das Wesen der Religion. 1846. Nachdruck, 4. Aufl., WBG, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-18943-4.
- Sigmund Freud: Die Zukunft einer Illusion. 1927. Nachdruck, 7. Aufl., Fischer, Frankfurt a. M. 1993, ISBN 3-596-10452-1.
- Paul Henri Thiry d’Holbach: System der Natur: Oder von den Gesetzen der physischen und der moralischen Welt. 1770. Übers. F.-G. Voigt. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1978, ISBN 3-518-27859-2.
- David Hume: Dialoge über natürliche Religion. 1779. Hrsg. u. Übers. N. Hoerster. Reclam, Stuttgart 1981 u. ö., ISBN 3-15-007692-7.
- Jean Meslier: Das Testament des Abbé Meslier: Die Grundschrift der modernen Religionskritik. 1729 (vollendet). Hrsg. Hartmut Krauss. 2. Aufl. Hintergrund, Osnabrück 2005 (Nachdruck d. 1. Aufl., Suhrkamp, 1976), ISBN 3-00-015292-X.
- Friedrich Nietzsche: Der Antichrist: Versuch einer Kritik des Christentums. 1895. Insel, Frankfurt a. M. 1986, ISBN 3-458-32647-2.
- F. Medicus (Hrsg.): Die philosophischen Schriften zum Atheismusstreit. 1910.
Ideengeschichte
- Literatur zur allgemeinen Religionskritik und Kirchenkritik siehe dort
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- A. B. Drachmann: Atheism in Pagan Antiquity. 1922. Nachdruck: Kessinger Publishing 2005, ISBN 0-76619086-2 (Faksimiles) (geht auch ganz kurz auf Mittelalter und Moderne ein).
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- Olaf Pluta: «Deus est mortuus»: Roots of Nietzsche’s «Gott ist todt!» in the Later Middle Ages. In: Bochumer Philosophisches Jahrbuch für Antike und Mittelalter 2000, S. 129 ff.
- Winfried Schröder: Ursprünge des Atheismus: Untersuchungen zur Metaphysik- und Religionskritik des 17. und 18. Jahrhunderts. Frommann-Holzboog, Stuttgart 1999, ISBN 3-7728-1918-4 (zahlreiche Rezensionen).
- H.-W. Schütte: Atheismus. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 1 (1971), 595-599 (forschungsgeschichtlich bereits älter und weniger vollständig als z. B. die Überblicksdarstellung in der TRE).
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- Karl-Heinz Weger: Religionskritik von der Aufklärung bis zur Gegenwart: Autorenlexikon von Adorno bis Wittgenstein. Herder, Freiburg [u. a.] 1979.
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- Hartmut Zinser: Art. Atheismus, in: Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe, Stuttgart 1990, Bd. 2, 97-103.
Soziologie
- siehe auch Faber, Lanwerd 2006 und die dortige Bibliographie
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- Christel Gärtner, Detlef Pollack, Monika Wohlrab-Sahr (Hrsg.): Atheismus und religiöse Indifferenz. Opladen 2003.
- Olof Klohr (Hrsg.): Religion und Atheismus heute. Ergebnisse und Aufgaben marxistischer Religionssoziologie. Berlin 1966.
- Thomas Schmidt, Monika Wohlrab-Sahr: Still the Most Areligious Part of the World: Developments in the Religious Field in Eastern Germany since 1990. In: International Journal of Practical Theology 7 (2003), S. 86–100.
- Aurel von Jüchen: Atheismus in Ost und West. Erscheinungsformen des Atheismus. Berlin 1968.
- Monika Wohlrab-Sahr, Uta Karstein, Christine Schaumburg: „Ich würd' mir das offenlassen“. Agnostische Spiritualität als Annäherung an die „große Transzendenz“ eines Lebens nach dem Tode. In: Zeitschrift für Religionswissenschaft, Marburg 13 (2005), S. 153–173.
Systematische Diskussion
- Literatur zu klassischen und jüngeren Versuchen von Gottesbeweisen und Einwänden gegen diese siehe dort
- Hans-Jürgen Balmes, Jörg Bong, Alexander Roesler, Oliver Vogel, Isabel Kupski (Hgg.): Neue Rundschau 2007/2: Atheismus, Fischer, Frankfurt a. M., 8. Juni 2007, ISBN 978-3108090692, Aufsatzsammlung mit Beiträgen von Taha Muhammed Ali, Hans Blumenberg, Gudrun Boch, Sarah Shun-lien Bynum, Jorie Graham, Werner Hamacher, Felicitas Hope, Alberto Manguel, Willem Jan Otten, Herbert Schnädelbach, Arnold Stadler, Thomas P. Weber und Slavoj Žižek.
- L. Danneberg u. a. (Hrsg.): Zwischen christlicher Apologie und methodologischem Atheismus. Berlin/New York 2002.
- Paul Edwards: Atheism. In: Encyclopedia of Philosophy 2. Aufl. 2005 (zuerst 1967), S. 356–377.
- Nicholas Everitt: The Non-Existence of God. Routledge, London 2004.
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- Antony Flew: God and Philosophy. 2005 (jüngster von mehreren Nachdrucken).
- Antony Flew, Roy Abraham Varghese: There is a God: How the World's Most Notorious Atheist Changed His Mind. 2007, ISBN 978-0061335297.
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- Alasdair MacIntyre u. Paul Ricœur: Die religiöse Kraft des Atheismus. Alber, Freiburg 2002, ISBN 3-495-48066-8.
- Dorothee Sölle: Atheistisch an Gott glauben. dtv, München 1994, ISBN 3-423-30400-6.
- Ernst Troeltsch: Atheismus, Theologie und Christentum. Drei Aufsätze. Wissenschaftlicher Verlag, Schutterwald/Baden 2000, ISBN 978-3-928640-57-2.
Weblinks
- J. J. C. Smart: Atheism and Agnosticism. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Matt McCormick: Atheism. In: James Fieser, Bradley Dowden (Hrsg.): Internet Encyclopedia of Philosophy.
- Aufsätze zu Atheismus und Agnostizismus bei philpapers.org
- Neuer Atheismus (Richard Dawkins, Sam Harris, Christopher Hitchens, Daniel Dennett u. a.) - Linksammlung vom diesbezüglichen DFG-Projekt an der FU Berlin
Anmerkungen und Nachweise
- ↑ Vgl. z.B. Simon Blackburn, The Oxford Dictionary of Philosophy, OUP, Oxford 1996: » Atheism. Either the lack of belief in a god, or the belief that there is none.« Während „there is none“ eine Frage nach „Gott“ verneinen kann, steht diesbezüglich das hier verwendete ‚lack’ ähnlich wie „Dasein ohne“ stellvertretend entweder für unreflektierte Indifferenz (Abwesenheit, Desinteresse, Fehlen, Gleichgültigkeit, Ignoranz, Nichtbestehen, Unglauben oder Unwissen) oder aber für philosophisch-reflektierte Indifferenz (Abstandsnahme, Infragestellen, Kritik, Nichtwissen, Positionierung, Skepsis, Urteilsenthaltung, Verzicht oder anders begründete Abgrenzung).
- ↑ Neuhochdeutsch: ‚Atheisterey’. Zur ursprünglichen Etymologie siehe alpha privativum.
- ↑ a b Nicht benannt ist hier eine agnostische Ansicht, nach welcher auch die Nichtexistenz Gottes nicht gewusst werden kann. Für unterschiedliche Ansichten siehe Agnostizismus. Nur im Falle von agnostischen Ansichten, die „Gott“ definitiv außen vorlassen oder in irgendeiner Weise ablehnen, ist eine damit verbundene Überschneidung mit dem Atheismus begrifflich fassbar als „agnostischer Atheismus“ (anders gewichtet: als „atheistischer Agnostizismus“).
- ↑ Die hier genannte agnostische Ansicht markiert bestimmte epistemologische, die Wahrscheinlichkeitsformulierung bestimmte empirische und die ‚kann’-Formulierung metaphysische Positionen (letztere im Sinne eines notwendig-metaphysischen Ausschlusses göttlicher Existenzen in allen möglichen Welten).
- ↑ Michael Martin: General Introduction, in: Ders. (Hg.): The Cambridge Companion to Atheism, l.c., S. 1-7, S. 1. Antony Flew, Michael Martin, und William L. Rowe bezeichnen die Ablehnung als „positive“ oder „strong“ und die neutrale Position als „weak“ atheism (A. Flew, „The Presumption of Atheism“, in: The Presumption of Atheism and other Philosophical Essays on God, Freedom, and Immortality. Barnes and Noble, New York 1976, pp 14ff.; M. Martin, „The Cambridge Companion to Atheism“, Cambridge University Press 2006, ISBN 0521842700; W. L. Rowe, „Atheism“, in: Routledge Encyclopedia of Philosophy, Juni 1998, ISBN 0415187060, 530-534). Ähnlich wird der Ausdruck „Atheismus“ auch verwendet zur Bezeichnung einer „Unkenntnis numinoser Wesenheiten“ z.B. bei Günther Mensching: Art. Atheismus, I. Religionsgeschichtlich, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. A., Bd. 1, 670.
- ↑ Prominete Referenzen: Spinozisten gemäß Ph. J. Spener, „Deisten“ gemäß Locke und Kant, Pantheisten gemäß Jacobi und Fichte. Für gegenwärtige Positionen vgl. Dirk Baecker, „Meine Lehre ist, daß man keine Lehre akzeptieren soll“: Der Anfang von Himmel und Erde hat keinen Namen - eine Buchbesprechung, in: die tageszeitung, 16. Juni 1998 mit Referenz auf Heinz von Förster: „"Gott" ist kein Name. "Gott" ist die Einsicht in die Unfähigkeit, dem Anfang einen Namen geben zu können.“
- ↑ Paul Edwards: Art. Atheism, in: Encyclopedia of Philosophy, 2te ed., vol. 1, 356-377, hier S. 358f. George Alfred James: Art. Atheism, in: Encyclopedia of Religion, 2. A. 2005, Bd. 1, 576-586, hier 576: „The term atheism is employed in a variety of ways. For the purpose of the present survey atheism is the doctrine that God does not exist, that belief in the existence of God is a false belief. The word God here refers to a divine being regarded as the independent creator of the world, a being superlatively powerful, wise, and good.“ Abgeschwächter charakterisiert etwa Alfred Jules Ayer den Atheismus als verpflichtet darauf, „zu vertreten, dass mindestens wahrscheinlich ist, dass kein Gott existiert“, in: Language, Truth and Logic, Dover, New York 1952, S. 115.
- ↑ Vgl. Karl Hoheisel: Art. Atheismus, I. Religionswissenschaftlich, in: LThK Bd. 1, 1132.
- ↑ Siehe Ernst Bloch in Atheismus im Christentum: „Nur ein Atheist kann ein guter Christ sein, gewiss aber auch: Nur ein Christ kann ein guter Atheist sein“.
- ↑ Vgl. Hoheisel, l.c.
- ↑ Hoheisel, l.c.
- ↑ Phil Zuckerman: Atheism: Contemporary Rates and Patterns. In Michael Martin (Hrsg.): The Cambridge Companion to Atheism. Cambridge University Press, Cambridge 2007, ISBN 0-521-60367-6
- ↑ Atheism and Agnosticism in der Stanford Encyclopedia of Philosophy
- ↑ The World Factbook. In: World Factbook. CIA, 2008, abgerufen am 16. Juni 2008.
- ↑ Eurostat poll on the social and religious beliefs of Europeans. (PDF) Abgerufen am 3. April 2009.
- ↑ UK among most secular nations. BBC, 26. Februar 2004, abgerufen am 16. Juni 2008.
- ↑ Edward J. Larson, Larry Witham: Correspondence: Leading scientists still reject God. In: Nature. 394. Jahrgang, Nr. 6691, 1998, S. 313, doi:10.1038/28478. oder Leading scientists still reject God
- ↑ Pew Forum: Scientists and Belief
- ↑ Michael Blume et al.: Religiosität als demographischer Faktor – Ein unterschätzter Zusammenhang?. In: Marburg Journal of Religion, vol. 11, No. 1 (June 2006)
- ↑ Institut der deutschen Wirtschaft Köln: Kinder. Auch eine Frage der Überzeugung
- ↑ Vgl. Herbert Schnädelbach: Religion in der modernen Welt. Vorträge, Abhandlungen, Streitschriften, Frankfurt a. M. 2009, S. 53f, ISBN 978-3596183609.
- ↑ Alan Sokal: Pseudosciences et postmodernisme: adversaires ou compagnons de route?, S. 157. Odile Jacob, Paris 2005, ISBN 2-7381-1615-9
- ↑ Vgl. etwa Sigmund Freud: Die Zukunft einer Illusion. (1927) et passim
- ↑ Gerhard Czermak, Religions- und Weltanschauungsrecht, S. 36, Absatz 71
- ↑ I. Kant, Die Metaphysik der Sitten, Königsberg 1797.
- ↑ HS „Das philosophische Radio mit Herbert Schnädelbach über Atheismus“, 29. August 2008 (womit zugleich begründet ist, warum er den Begriff ‚fromm’ in Anspruch nimmt.
- ↑ In Abgrenzung zu konfessionellen Atheisten und solchen, die deshalb als Atheisten bezeichnet werden, weil sie kein Interesse an dem Thema haben, also auch ohne Gott seien. Herbert Schnädelbach: Religion in der modernen Welt. Vorträge, Abhandlungen, Streitschriften. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2009 (Rezension von Dennis Schmolk und Interview von Christian Modehn), ISBN 978-3596183609.
- ↑ vgl. Max Stirner: Der Einzige und sein Eigentum [1845], Stuttgart: Reclam 1972, S. 203: „Unsere Atheisten sind fromme Leute.“
- ↑ Abraham Franzblau, „Religious Belief and Character Among Jewish Adolescents,“ Teachers College Contribution to Education, no. 634 (1934)
- ↑ Murray Ross, Religious Beliefs in Youths, New York 1950
- ↑ Die Zeit vom 22. März 2007, Ungläubige Demut
- ↑ Religiöse Ethik – ein Wintermärchen?
- ↑ Immanuel Kant: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft. Vorrede zur ersten Auflage.
- ↑ Religiöse Ethik - ein Wintermärchen?
- ↑ siehe, Christlich-Islamische Friedensarbeit
- ↑ „Parerga und Paralipomena I“, 1. Teilband, S. 131 im Diogenes-Taschenbuch
- ↑ Quelle: Hans Küng, Existiert Gott?, S. 389 im dtv-Taschenbuch, ISBN 3-492-02333-9
- ↑ bspw. J.Guitton, Mon testament philosophique, Paris 1997
- ↑ Wolfgang Deppert, Atheistische Religion. In: Glaube und Tat 27, S. 89-99 (1976).
- ↑ Gleichnis vom Mann mit dem Giftpfeil aus dem Pali-Kanon
- ↑ DK, Bd. 1, S. 54, Fr. 16 und 15. Hier zitierte dt. Übers. von Karl Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Band 2, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen, 8. Auflage 2003, Seite 351, ISBN 3-16-148069-4
- ↑ Schütte, HWPh 1, 595: „Da sich die Christen mit eigenen Gottesdiensten dem „Vorwurf der «novitas» zuzogen, galten sie in der Meinung des 1. Jh. als atheoi.“
- ↑ Carlo Ginzburg, Der Käse und die Würmer. Die Welt eines Müllers um 1600. Frankfurt a. M. 1979 (Zitat S. 104).
- ↑ „Die Geschichte des Atheismus in Europa beginnt aber erst wirklich im 18. Jahrhundert mit den Franzosen Jean Meslier (1664–1729), Diderot (1713–1784), Holbach (1723–1789), (…).“ (Hiorth, Atheismus—genau betrachtet, S. 26.)
- ↑ „Jenes sogenannte unendlich vollkommene Wesen hingegen, das unsere Gottgläubigen Gott nennen, ist bloß eine Ausgeburt der Phantasie.“ (Testament, Kap. 64)
- ↑ Julien Offray de La Mettrie: Der Mensch als Maschine. Nürnberg: LSR-Verlag 1985, S. 66
- ↑ Für ein Porträt La Mettries, das diese Seite des sonst als kruder „mechanistischer Materialist“ verrufenen Philosophen hervorhebt, siehe: Bernd A. Laska: La Mettrie und die Kunst, Wo(h)llust zu empfinden. Portrait eines verfemten Denkers. In: Der Blaue Reiter. Journal für Philosophie. Band 16 (Juni 2003), S. 98–103
- ↑ Denis Diderot: Essai sur les règnes de Claude et de Neron et sur la vie et les écrits de Sénèque… (1778). Zit. n. ders.: Philosophische Schriften II. Berlin/DDR: Aufbau 1961, S. 428f; vgl. oben Note zu La Mettrie, sowie die Einleitung zu La Mettrie: Über das Glück, dem Werk, das die Gegnerschaft Diderots, Holbachs, Voltaires und anderer hervorrief.
- ↑ Feuerbach 1841
- ↑ „Denn nicht Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, wie es in der Bibel steht, sondern der Mensch schuf, wie ich im ‚Wesen des Christentums‘ zeigte, Gott nach seinem Bilde.“ Aus: Vorlesungen über das Wesen der Religion, Leipzig 1851, XX. Vorlesung.
- ↑ Feuerbach 1841, Teil II, S.409
- ↑ Feuerbach 1841, Teil I, S.287
- ↑ Weitere Stellen bei Marx (und Engels) sind zu finden in: Das Kapital an verschiedenen Stellen (z.B. die Stelle über den Warenfetischismus), jedoch nie systematisch behandelt, und in: Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft (zit. mit „Anti-Dühring“) von Friedrich Engels aus dem Jahr 1878.
- ↑ a b Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, in Deutsch-Französische Jahrbücher (1844), MEW Bd.1 S.378ff.
- ↑ a b c Karl Marx: Thesen über Feuerbach (Geschrieben im Frühjahr 1845) MEW Bd.3 S.5ff.
- ↑ Friedrich Nietzsche: nachgelassenes Fragment „Der europäische Nihilismus“, KSA 12, 5[71], S. 212.
- ↑ Friedrich Nietzsche: Ecce homo, Warum ich so klug bin, 3. Abschnitt (KSA 6, S. 286)
- ↑ so mehrfach in Ecce homo: KSA 6, S. 319, 328, 366 f. und 370.
- ↑ Ecce homo, Warum ich ein Schicksal bin, 1. Abschnitt (KSA 6, S. 365).
- ↑ Sigmund Freud: „Vorlesung: Die Zerlegung der psychischen Persönlichkeit“
- ↑ Logical Positivism, Encyclopædia Britannica, Inc.
- ↑ Norbert Hoerster, Die Frage nach Gott. S. 114; Verlag C. H. Beck, ISBN 3-406-52805-8.
- ↑ a b Unlösbarkeit des Theodizee-Problems
- ↑ Die Antwort des Atheismus: „Es gibt keinen Gott“.
- ↑ Das Wunder des Theismus. Argumente für und gegen die Existenz Gottes., S. 280; (Übers. Rudolf Ginters) (1985) Reclam, ISBN 3-15-008075-4.
- ↑ Das Wunder des Theismus. Argumente für und gegen die Existenz Gottes., S. 402; (Übers. Rudolf Ginters) (1985) Reclam, ISBN 3-15-008075-4.
- ↑ Stenger, Victor J.: God: The Failed Hypothesis: How Science Shows that God does not Exist. Prometheus, Amherst 2007, ISBN 1-59102-481-1.
- ↑ Pascal Boyer: Und Mensch schuf Gott. Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-94032-4; S. 118ff. (Übersetzung der amerikanischen Ausgabe: Religion Explained. The Evolutionary Origins of Religious Thought. Basic Books, New York 2001, ISBN 0-465-00695-7).
- ↑ Pascal Boyer: Und Mensch schuf Gott. Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-94032-4; S. 180.
- ↑ Vgl. für weitere illustrative Beispiele Paul Edwards, Art. Atheism, in: Encyclopedia of Philosophy, Bd. 1, 356-377, hier 357f.
- ↑ Georges Minois, Geschichte des Atheismus. S. 203; ISBN 3-7400-1104-1.
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