Matteo Ricci


Matteo Ricci (chinesisch 利瑪竇 / 利玛窦, Pinyin Lì Mǎdòu;* 6. Oktober 1552 in Macerata, Italien; † 11. Mai 1610 in Peking) war ein italienischer Priester, der dem Jesuitenorden angehörte und dessen missionarische Tätigkeit in China während der Ming-Dynastie den Beginn des modernen Christentums in China markierte. Er wird immer noch als der größte Missionar Chinas angesehen und gilt heute als Gründer der neuzeitlichen China-Mission.
Leben
1582 wurde er nach China geschickt als Assistent von Michele Ruggieri, der vor ihm in China als Missionar tätig war. Während seines Aufenthalts in Macao lernte Ricci bereits die chinesische Sprache und Schrift. Zunächst ließ er sich in Zhaoqing in der Provinz Guangdong nieder. Bereits am Anfang seiner Missionszeit fand er großen Zuspruch bei Chinesen, weil er die erste Weltkarte in China Magna Mappa Cosmographica (Große Weltkarte der zehntausend Länder) herstellte, auf der das Land China sich gemäß der Vorstellung der Chinesen tatsächlich in der Mitte der Welt befindend dargestellt wird. Diese Karte ist die erste in China, auf der der amerikanische Kontinent abgebildet ist.
Seit 1588 als Leiter der Mission gelang es ihm, langandauernde Freundschaft mit hochrangigen Konfuzianern aufzubauen, denen seine Kenntnisse des Konfuzianismus zu verdanken sind. Mit ihrer Unterstützung und Hilfe übersetzte er 1591 Euklids Elemente und Kommentare von Christophorus Clavius (1538–1612), der Riccis Mathematiklehrer war, ins Chinesische. Dies war die erste ausführliche Darstellung abendländischer Mathematik in China. Dadurch gewann er bei Chinesen ein großes Ansehen als Mathematiker.
1594 verfasste Ricci sein missionarisches Hauptwerk Tianzhu Shiyi (chinesisch 天主实义), Die wahre Lehre vom Herrn des Himmels, das nicht nur auf die Missionsgeschichte, sondern auch auf den frühen geistigen Austausch zwischen Abendland und Ost-Asien einen entscheidenden Einfluss hatte.
Im Jahr 1595 erschien sein erfolgreichstes Buch, Jiaoyou lun (chinesisch 交友论) Über die Freundschaft, das basierend auf Ciceros De amicitia vom Ideal der Freundschaft und Ethik handelt. Dieses Buch gilt Historikern als eines der meistgelesenen westlichen Bücher der späten Ming-Zeit. Im Jahr 1596 erhielt Ricci als erster Europäer eine Aufenthaltsgenehmigung in der Hauptstadt Chinas und seit 1597 arbeitete er dort als Oberer der China-Mission.
1599 ging er, da Ausländer Peking nicht betreten durften, nach Nanjing und widmete sich mathematischen, astronomischen und geographischen Aufgaben. 1601 wurde es ihm schließlich erlaubt, sich in Peking niederzulassen. Dort entwickelte er die Vorstellung, dass Marco Polos Cathay und China identisch seien. Dies wurde aber erst durch die Landreise des Jesuiten Benedikt Goës (1602–1607) bestätigt. Es gibt Stimmen, denen zufolge er mit seinen mathematischen, geographischen und astronomischen Fähigkeiten die chinesischen Wissenschaftler übertraf. Wegen seiner Fähigkeiten wurde auch Kaiser Wanli auf ihn aufmerksam und zeigte sich von den westlichen Errungenschaften beeindruckt.
Sein Orden zählte in Peking bei seinem Tod 1610 vier Missionsstationen mit etwa 2.500 Christen.
Seinen umfangreichen Bericht über die China-Mission Della Entrata della Compagnia di Giesu e Chirstianita nella Cin, den er zwischen 1609 und 1610 in Peking auf Italienisch verfasste, wurde nach seinem Tod von seinem Ordensbruder Nicolas Trigault ins Lateinische übersetzt und 1615 in Augsburg mit dem Titel De Christiana Expeditione apud Sinas Suscepta ab Societate Jesu. Ex P. Matthaei Riccij eiusdem Societatis Commentarijs Libri V. ad S. D. N veröffentlicht und wirkte auf das europäische Chinabild stark ein.
Werke
- Die westliche ars memorativa (XIGUO JIFA), 1596
- Sichere Kenntnis von Gott (Tianzhu Shiyi), 1603
- Die fünfundzwanzig Worte, 1605
- Die ersten sechs Bücher von Euklid, 1607
- Die zehn Paradoxa, 1608
Neuere Ausgaben:
- Matteo Ricci: Opere storiche, Macerata: F. Giorgetti, 1911–1913
- China in the sixteenth century ; The journals of Matthew Ricci [= De Christiana expeditione apud Sinas suscepta ab Societate Jesu], New York: Random House, 1953
- The true meaning of the Lord of heaven = T'ien-chu shih-i, transl., with introd. and notes by Douglas Lancashire, St. Louis, 1985
- Das vergessene Gedächtnis : die jesuitische mnemotechnische Abhandlung "Xiguo jifa", Stuttgart : Steiner Verlag, 1986
- Matteo Ricci: Traité de l'amitié. Éditions Noé, 2006, ISBN 2-916312-00-5.
Literatur
- Jacques Bésineau: Matteo Ricci : serviteur du maître du ciel, Paris : Desclée de Brouwer, 2003
- Vincent Cronin: Le sage venu de l'Occident. Éditions Albin Michel, 1957.engl: The Wise Man from the West: Matteo Ricci and his Mission to China, Harvill Press.
- Paul Dreyfus: Mattèo Ricci: le jésuite qui voulait convertir la Chine. Paris : Éd. du Jubilé-Asie, 2004, ISBN 2-86679-380-3.
- Michela Fontana: Matteo Ricci. Un gesuita alla corte dei MIng, Milano, Mondadori, 2005
- Jacques Gernet: Christus kam bis nach China : eine erste Begegnung und ihr Scheitern, Zürich [u.a.] : Artemis-Verl., 1984
- Jean-Claude Martzloff (1986): De Matteo Ricci a l’histoire des mathématiques en Chine - in: Bulletin de la Société Franco-Japonaise des Sciences Pures et Appliquées 42, S. 6–19
- Jonathan D. Spence: The Memory Palace of Matteo Ricci, Penguin Books, 1985
- Li Wenchao: Die christliche China-Mission im 17. Jahrhundert: Verständnis, Unverständnis, Mißverständnis (Studia Leibnitiana: Supplementa; Vol. 32), Stuttgart 2000
- Kim Sangkeun: Strange Names of God : The missionary translation of the divine name and the chinese response to Matteo Ricci’s Shangti in Late Ming China, 1583–1644, Dissertation, Princeton University 2001
Weblinks
- Literatur von und über Matteo Ricci im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Walter Demel: Matteo Ricci. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 8, Bautz, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-053-0, Sp. 181–185.
Siehe auch
Personendaten | |
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NAME | Ricci, Matteo |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Jesuit und Missionar |
GEBURTSDATUM | 6. Oktober 1552 |
GEBURTSORT | Macerata, Italien |
STERBEDATUM | 11. Mai 1610 |
STERBEORT | Peking, China |