Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ist nach der Zentrumspartei die älteste Partei Deutschlands.
Gemessen an der Mitgliederzahl ist sie die größte Partei Deutschlands. Die Partei stellt den Bundeskanzler, den Bundespräsidenten und den Bundestagspräsidenten, sowie in den Ländern Schleswig-Holstein, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Brandenburg und Rheinland-Pfalz den Regierungschef. Die Partei ist in allen deutschen Landesparlamenten in Fraktionsstärke vertreten.
Innere Struktur
Mitglieder
Am 31. Dezember 2003 hatte die SPD ca. 651.000 Mitglieder. Mitglied kann jeder werden, der sich zu den Zielen der Partei bekennt; das bedeutet auch Ausländer oder Deutsche, die dauerhaft im Ausland leben, können Mitglied werden. Der weitaus überwiegende Teil der SPD-Mitglieder ist älter als 50 Jahre. Knapp 3/4 der Mitglieder sind männlich. Ungefähr die Hälfte sind Arbeiter oder Angestellte, weitere 12% Hausfrau oder Hausmann und weitere 11% sind beamtet. Der Anteil der beamteten Funktionsträger ist überdurchschnittlich hoch.
Mitgliederentwicklung
(Jeweils Ende des Jahren, auf Tausender gerundet)
- 1976: 1.000.000
- 1990: 943.000
- 1994: 849.000
- 1998: 775.000
- 2002: 694.000
- 2003: 651.000
Organisation
Oberstes Entscheidungsgremium der Partei ist der Bundesparteitag. Dieser setzt sich zusammen aus Delegierten, die von den Regionalorganisationen bestimmt werden sowie aus den Mitgliedern des Parteivorstands. Die Zahl der Delegierten bestimmt sich nach der Mitgliederzahl in den jeweiligen Regionalorganisationen (75%) beziehungsweise der Zahl der Wähler (25%). Die Regelung über das Wahlergebnis begünstigt insbesondere die ostdeutschen Bezirksverbände, da diese relativ sehr wenige Mitglieder haben. Bei der Wahl der Delegierten muss, wie bei allen anderen SPD-Gremien eine Quotenregel von 40% eingehalten werden.
Der Parteitag wählt unter anderem den Parteivorstand, der in der Zeit zwischen den Parteitagen die Geschäfte führt.
Im Gegensatz zu den anderen großen Parteien in Deutschland ist die SPD nicht in Landesverbänden sondern in Bezirken organisiert. Größere Länder wie z. B. Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder Hessen haben mehrere Bezirke. In ihnen kann ein Landesverband gebildet werden, dieser ist aber ausschließlich für die Landespolitik zuständig.
Die SPD besitzt mehrere Arbeitsgemeinschaften:
- Jusos - Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD
- Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF)
- Arbeitsgemeinschaft Selbstständige in der SPD (AGS)
- Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen (ASJ)
- Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokraten im Gesundheitswesen (ASG)
- Arbeitsgemeinschaft für Sozialdemokraten im Bildungsbereich (AfB)
- Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA)
- Arbeitsgemeinschaft der Schwulen und Lesben (Schwusos)
SPD-nah sind die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Kommunalpolitik (SGK) und die Friedrich-Ebert-Stiftung.
Geschichte der SPD
Die SPD ging im Jahre 1890 aus der SAP (Sozialistische Arbeiterpartei) hervor. Ihr bedeutendster Vorläufer, der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein, wurde 23.5.1863 von Ferdinand Lassalle in Leipzig gegründet, auf welchen sich die SPD bis heute beruft, so dass sie 2003 ihr 140-jähriges Jubiläum feiern konnte. Die SPD hatte mehrere Vorläuferorganisationen und Parteien. Oft waren diese regional ausgerichtet wie zum Beispiel die 1866 gegründete sozialdemokratische Sächsische Volkspartei.
Die bedeutendsten Führer der deutschen Sozialdemokratie und - nach ihrem Entstehen - der SPD waren August Bebel, Paul Singer und Wilhelm Liebknecht. Neben ihm waren Rosa Luxemburg und Clara Zetkin wichtige Persönlichkeiten. Die frühe SPD stand den Gewerkschaften recht nahe und gewann unter anderem wegen dieses Umstandes immer mehr an Einfluss bei den Arbeitern und deshalb auch im Reichstag. Im Jahre 1890 kam die Partei schon auf 27,2 Prozent der Stimmen, und 1912 war sie mit 34,8 Prozent die stärkste Fraktion im Reichstag. Nach den Tode Bebels 1913 übernahm Friedrich Ebert die Führung der Partei.
Die historischen Auseinandersetzungen um die Sozialdemokraten (Verfolgung, Repressionen; siehe Sozialistengesetz) führten dazu, dass die Parteistruktur der SPD sich am intensivsten entwickelte und hohe Effizienz erlangte. Der riesigen Bevölkerungsgruppe der Arbeiter wohnte durch ihre kritische soziale Lage ein hohes politisches Potenzial inne. Sie machten die SPD bald zur mitgliederstärksten Partei in Deutschland.
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, stimmte die SPD-Reichstagsfraktion der Gewährung von Kriegskrediten zu. Einzig Karl Liebknecht (Sohn von Wilhelm Liebknecht), der für die SPD im Reichstag saß, stimmte gegen die Kredite. Viele Mitglieder der SPD waren mit dieser Entwicklung ihrer Partei nicht einverstanden und gründeten die USPD (Unabhängige SPD) und den Spartakusbund.
Nach der Revolution vom November 1918 bildete die SPD zusammen mit der USPD den Rat der Volksbeauftragten, stellte von 1919 bis 1925 mit Friedrich Ebert den Reichspräsidenten und war bis 1920 in allen Reichsregierungen vertreten. Danach - insbesondere nach dem Linksruck infolge der Wiedervereinigung mit der Rest-USPD 1922 - beteiligte sich die SPD nur noch an wenigen Reichsregierungen, zuletzt 1928-1930 an der Großen Koalition unter Hermann Müller, während sie in Preußen mit Otto Braun von 1920 bis 1932 fast durchgehend den Ministerpräsidenten stellte.
Die SPD versuchte als "konstruktive Opposition" ihren Einfluss auf die Reichspolitik zu wahren, da sie fürchtete, durch häufgere Regierungsbeteiligungen noch mehr enttäuschte Arbeiter-Wähler an die KPD zu verlieren. Ihre soziale Basis während der Weimarer Republik stellten vor allem die gewerkschaftlich organisierten Facharbeiter dar.
Während des Aufstiegs der NSDAP konnte die SPD zwar ihren Wählerstamm halten, den Stimmengewinnen der Nationalsozialsten, die zu einem Gutteil auch aus dem Nicht- und Jungwählerreservoir kamen, hatte sie allerdings wenig entgegenzusetzen. Aufgrund ihrer organisatorischen Verkrustung, der Unmöglichkeit einer Zusammenarbeit mit der KPD, dem Rechtsruck und - mit Ausnahme des Zentrums - der Marginalisierung der bürgerlichen Parteien fand sie für den Widerstand gegen den heraufziehenden Nationalsozialismus auch keine Bündnispartner. Durch den "Preußenschlag" ihrer letzten Bastion beraubt, konnten ihre Nein-Stimmen bei der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz nur noch symbolischen Widerstand darstellen. Am 7. Juli 1933 wurde die SPD verboten.
Auch die Sozialdemokraten wurden im Dritten Reich verfolgt. Diejenigen unter ihnen, die sich nicht ins Exil flüchten konnten oder wollten, starben zuhauf in Konzentrationslagern und Zuchthäusern. Im Exil bestand die SPD jedoch weiterhin, und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie in allen vier Teilen Deutschlands neu gegründet. In der sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, vereinten die SPD und die KPD sich in der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands). Den von Josef W. Stalin angeordneten Säuberungen innerhalb der SED fielen viele Sozialdemokraten zu Opfer.
In Westdeutschland stand die SPD der sozialen Marktwirtschaft zunächst äußerst kritisch gegenüber und forderte die Verstaatlichung aller Grundstoffindustrien. Im Gegensatz zu Adenauers Politik der Westbindung stellte die SPD das Ziel der Wiedervereinigung über an eine zu enge Anlehnung an die USA und Westeuropa. SPD-Konzeptionen zur Deutschlandpolitik aus dieser Zeit, halten eine politische Neutralität Deutschlands für möglich und sprechen sich strikt gegen eine Wiederbewaffnung des Landes auf.
Nach für die Sozialdemokraten enttäuschenden Wahlergebnissen in den 50er Jahren deutete sich ein Politikwechsel an. Die SPD akzeptierte und befürwortete schließlich die Westbindung. Das Godesberger Programm von 1959 markierte auch programmatisch den praktisch längst vollzogenene Wandel von einer marxistischen Arbeiterpartei zur Volkspartei.
Im Rahmen der großen Koalition von 1966-1969 stellte die SPD erstmals in der Nachkriegszeit Regierungsmitglieder. Nach den Bundestagswahlen 1969 in einer sozialliberalen Koalition mit der FDP den Bundeskanzler. Unter den Kanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt fand im Rahmen der Ostverträge eine Entspannungspolitik mit den Staaten des Warschauer Paktes sowie ein umfangreiches Reformprogramm in der Rechtspolitik, der Bildungspolitik, und der Familienpolitik statt.
Aufgrund einer wirtschaftlichen Krise in der Bundesrepublik, steigenden Arbeitslosenzahlen und aus parteistrategischem Kalkül, kündigte die FDP 1982 die Koalition auf. Mit Hilfe eines konstruktivem Mißtrauensvotum wählten grosse Teile der FDP zusammen mit CDU/CSU Helmut Kohl zum neuen Bundeskanzler.
Die folgenden Jahre verbrachte die SPD in innerer Zerstrittenheit und dem Versuch sich inhaltlich an die neue Zeit anzupassen.
1989 wurde in der DDR eine Sozialdemokratische Partei (SDP) gegründet, die noch vor der Wende in der SPD aufging. So konnte die SPD sich leichter auch im Osten etablieren.
Bei der Bundestagswahl 1998 gelang der SPD, diesmal in einer Koalition mit Bündnis90/Die Grünen der Einzug ins Bundeskanzleramt.
Die Koalition wurde 2002 im Amt bestätigt.
Die Vorsitzenden der SPD seit 1946
- 1946 - 1952: Kurt Schumacher
- 1952 - 1963: Erich Ollenhauer
- 1964 - 1987: Willy Brandt
- 1987 - 1991: Dr. Hans-Jochen Vogel
- 1991 - 1993: Björn Engholm
- 1993 - 1993: Johannes Rau kommisarisch
- 1993 - 1995: Rudolf Scharping
- 1995 - 1999: Oskar Lafontaine
- 1999 - 2004: Gerhard Schröder
- 2004 - : Franz Müntefering (designiert)
Die Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion seit 1949
- 1949-1952: Kurt Schumacher
- 1952-1963: Erich Ollenhauer
- 1963-1967: Fritz Erler
- 1967-1969: Helmut Schmidt
- 1969-1983: Herbert Wehner
- 1983-1991: Hans-Jochen Vogel
- 1991-1994: Hans-Ulrich Klose
- 1994-1998: Rudolf Scharping
- 1998-Juli 2002: Peter Struck
- Juli-Oktober 2002: Ludwig Stiegler
- seit Oktober 2002: Franz Müntefering
Die Kanzlerkandidaten der SPD
- 1949: Kurt Schumacher
- 1953: Erich Ollenhauer
- 1957: Erich Ollenhauer
- 1961: Willy Brandt
- 1965: Willy Brandt
- 1969: Willy Brandt
- 1972: Willy Brandt
- 1976: Helmut Schmidt
- 1980: Helmut Schmidt
- 1983: Hans-Jochen Vogel
- 1987: Johannes Rau
- 1990: Oskar Lafontaine
- 1994: Rudolf Scharping
- 1998: Gerhard Schröder
- 2002: Gerhard Schröder
Die SPD-Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten
- 1949: Kurt Schumacher (unterlag im zweiten Wahlgang Theodor Heuss, FDP)
- 1954: Unterstützung von Theodor Heuss kein Kandidat
- 1959: Carlo Schmid (unterlag im zweiten Wahlgang Heinrich Lübke)
- 1964: Unterstützung Heinrich Lübkes, kein Kandidat
- 1969: Gustav Heinemann (gewählt im dritten Wahlgang)
- 1974: Koalitionskandidat war Walther Scheel, FDP (im ersten Wahlgang gewählt)
- 1979: Annemarie Renger (unterlag Karl Carstens im ersten Wahlgang)
- 1984: kein Kandidat, Unterstützung von Richard von Weizsäcker
- 1989: ebenso
- 1994: Johannes Rau (unterlag im dritten Wahlgang Roman Herzog)
- 1999: Johannes Rau (setzte im sich zweiten Wahlgang durch)
- 2004: Gesine Schwan
Aktuelle Regierungsmitglieder
- Gerhard Schröder - Bundeskanzler (seit 1998)
- Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung und Forschung, seit 1998
- Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, seit 2002
- Peter Struck, Bundesminister für Verteidigung (seit 2002)
- Hans Eichel, Bundesminister für Finanzen (seit 1999)
- Otto Schily, Bundesminister für Inneres (seit 1998)
- Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (seit 2002)
- Ursula Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und Soziales, seit 2001
- Manfred Stolpe, Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (seit 2002)
- Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin Entwicklungsfragen (seit 1998)
- Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz, seit 2002
Prominente Sozialdemokraten: (alphabetisch)
- Niels Annen, Juso-Bundesvorsitzender
- Kurt Beck, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz (seit 1994)
- Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin für Justiz (1998 bis 2002)
- Björn Engholm, Ministerpräsident Schleswig-Holstein a.D.
- Sigmar Gabriel, Ministerpräsident von Niedersachsen (bis 2003)
- Oskar Lafontaine, Bundesminister a.D.
- Andrea Nahles, ex-Juso-Bundesvorsitzende, im Parteivorstand der SPD
- Matthias Platzeck, Ministerpräsident von Brandenburg (seit 2002)
- Johannes Rau, Bundespräsident (seit 1999)
- Harald Ringstorff, Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern (seit 1998)
- Dagmar Roth-Behrendt, MdE
- Rudolf Scharping, Bundesminister a.D., Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz a.D.
- Helmut Schmidt, Bundeskanzler (1974-1982) a.D.
- Heide Simonis, Ministerpräsidentin Schleswig-Holstein (seit 1993)
- Wolfgang Thierse, Bundestagspräsident (seit 1998)
- Hans-Jochen Vogel, Bundesminister a.D.
- Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin (seit 2001)
- Kajo Wasserhövel, Bundesgeschäftsführer der SPD (seit 2004) (designiert)
Prominente Sozialdemokraten der Vergangenheit
- Egon Bahr
- August Bebel (Vorsitzender)
- Eduard Bernstein
- Otto Braun
- Willy Brandt (Vorsitzender und Bundeskanzler)
- Friedrich Ebert (Reichspräsident)
- Horst Ehmke
- Gustav Heinemann (Bundespräsident)
- Regine Hildebrandt
- Karl Kautsky
- Wilhelm Liebknecht (SPD-Mitbegründer)
- Gustav Noske
- Annemarie Renger
- Ernst Reuter
- Toni Sender, Reichstagsabgeordnete und Journalistin
- Paul Singer (Vorsitzender)
- Käte Strobel
- Philipp Scheidemann
- Carlo Schmid
- Kurt Schumacher (Vorsitzender)
- Herbert Wehner
Siehe auch: Politische Parteien in Deutschland