Mathetik
Mathetik als pädagogischer Fachbegriff meint Folgendes:
'Mathetik betrachtet schulisches Lernen aus dem Blickwinkel des Schülers und charakterisiert das Verhältnis zwischen Lehrperson und Lernenden als ‚symmetrisch‘ und ‚herrschaftsfrei‘. Das bedeutet, Schüler und Lehrperson stehen auf einer Ebene. Die Lehrperson ist nicht ‚Herr‘ des Lernenden, sondern Lernberater und helfender Erzieher.
'Mathetik - verstanden als Gegenpol zur (lehrerorientierten) Didaktik - schließt das unterrichtliche Voranschreiten vom ‚konkreten‘ hin zum ‚formalen Operieren‘ ein. Sie relativiert die in der ‚Lernziel-orientierten Didaktik‘ betonte, dezidierte Evaluation dahingehend, dass eine punktgenaue ‚Lernzielkontrolle‘ häufig nicht möglich und sinnvoll ist.
'Mathetik impliziert das ‚konstruktivistische‘ Verständnis von Lernen, das dieses als aktiven, selbst-organisierenden Prozess versteht, bei dem die je eigenen ‚Wirklichkeiten‘ des Individuums von diesem ‚konstruiert‘ werden.
'Mathetik bezieht darüber hinaus die ‚ganzheitliche‘ Sichtweise des Schülers mit ein. Dabei greift der im vorliegenden Zusammenhang unterschiedlich belastete Begriff der ‚Ganzheitlichkeit‘ auf die Ganzheitstheorie zurück, die im Sinne einer humanistischen Persönlichkeitstheorie zu verstehen ist. Sie sieht jede einzelne Handlung des Menschen im Zusammenhang mit seiner Gesamtpersönlichkeit und erkennt alle Erfahrungen, die er mit sich und seiner Umwelt macht, als umfassendes Erleben und integratives Zusammenwirken.
'Zusammengefasst wendet sich Mathetik beispielsweise gegen eine technisierte Unterrichtsvorbereitung und gegen ein lehrerzentriertes ‚Durchziehen‘ des Unterrichts am Schüler vorbei. Sie postuliert, immer wieder einen Perspektivewechsel vorzunehmen und das bewusste, strukturierte Lehren im Unterricht stets neu, ‚ganzheitlich‘ vom Lernen des Schülers aus zu betrachten, das - wie genannt - ‚konstruktivistisch‘ geprägt erscheint. Daraus folgt für die Lehrperson, sich einem relativistischen Standpunkt zu verpflichten und zu einer Haltung aufgefordert zu sein, welche die eigenen Beurteilungen stets in Frage stellt. In der Konsequenz heißt das, Lehren vor allem als strukturiertes, umfassendes Angebot an den Lernenden zu sehen, das nicht nur auf der Inhalts-, sondern auch auf der Beziehungsebene abläuft. Damit beinhaltet es einerseits das Lernen selbst und spricht andererseits nicht nur die Kognition, sondern auch Emotion, Motivation und Volition (Willen) des Lernenden an.