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Gertrud von le Fort

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Von Walter Kalot geschaffene Büste von Gertrud von le Fort
Datei:DBP 1975 829 Gertrud von Le Fort.jpg
Gedenkbriefmarke von 1975

Gertrud von le Fort (* 11. Oktober 1876 in Minden; † 1. November 1971 in Oberstdorf; vollständiger Name: Freiin Gertrud Auguste Lina Elsbeth Mathilde Petrea von le Fort) war eine bedeutende deutsche Schriftstellerin, die der katholischen Kirche nahe stand. Sie war auch unter den Pseudonymen Gerta von Stark und Petrea Vallerin bekannt.

Leben

Gertrud von le Fort stammte aus einer protestantischen Familie[1] und verbrachte ihre Kindheit auf dem Familiengut Boek/Müritzsee (Mecklenburg) sowie in verschiedenen Garnisonsstädten, in denen ihr Vater, ein preußischer Offizier, tätig war. Bis zum 14. Lebensjahr wurde sie im Elternhaus privat unterrichtet, zum Teil durch den Vater anhand des Familienarchivs. Erst anschließend besuchte sie eine öffentliche Schule. Nach dem Tod des Vaters (1902) unternahm Gertrud von le Fort einige Reisen. Entscheidende Bedeutung für ihr weiteres Leben und Werk hatte ein Aufenthalt in Rom 1907.

Seit 1908 studierte sie in Heidelberg, Marburg und Berlin evangelische Theologie, Geschichte und Philosophie, unter anderem als Schülerin Hans von Schuberts und des Religionsphilosophen Ernst Troeltsch, dessen Glaubenslehre (1925) sie posthum nach eigenen Vorlesungsmitschriften herausgab. Seit 1922 lebte Gertrud von le Fort in Baierbrunn/Isartal. Sie suchte, stark von der katholischen Kirche angezogen, in ihren religionsphilosophischen Studien Klärung ihrer konfessionellen Zugehörigkeit, veröffentlichte den Gedichtzyklus Hymnen an die Kirche (1924) und konvertierte 1926 in Rom zur katholischen Kirche. Von Baierbrunn aus unternahm Gertrud von le Fort zahlreiche Reisen nach Italien, hielt seit 1933 Vortragsabende in der Schweiz und in Deutschland. Ihre Vorstellungen von einem „christlichen Heiligen Deutschen Reich“ und dem Katholizismus standen in krassem Gegensatz zu den Lehren des Nationalsozialismus.[2] Trotzdem konnte sie 1938 ihren Roman Die Magdeburgische Hochzeit im Insel Verlag publizieren. 1939 übersiedelte Gertrud von le Fort nach Oberstdorf/Allgäu, wo sie bis zu ihrem Tod lebte.

Gertrud von le Fort entwickelte sich zu einer der bedeutendsten katholischen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts, die unter anderem mit Paul Claudel, Hermann Hesse, Reinhold Schneider und Carl Zuckmayer in Verbindung stand.

Im Zentrum ihrer Romane, Novellen, Erzählungen und Lyrik stehen religiöse Fragen in meist historischen Stoffen; die römisch-katholische Kirche erscheint als Mittlerin und als sittliche Ordnungsmacht. In ihren Romanen und anderen Werken geht es ihr um die Glaubensentscheidung, um religiöse Sinngebung von Leid und Opfer, um die Auseinandersetzung der Kirche mit dem Geist des Unglaubens und menschlicher Schwäche sowie um psychologische Darstellungen von seelischen Entwicklungen wie tragischen Seelenkonflikten, besonders aus dem Erleben der Frau.

1928 publizierte sie ihr bekanntestes Werk Das Schweißtuch der Veronika, dessen Fortsetzung sie 1946 unter dem Titel Der Kranz der Engel veröffentlichte. In Die Letzte am Schafott (1932) behandelte sie das Schicksal von in der Französischen Revolution hingerichteten Karmelitinnen. Georges Bernanos (1888-1948) dramatisierte den Stoff unter dem (deutschen) Titel Die begnadete Angst(1948); dieses Stück wiederum diente als Vorlage für die Oper Dialogues des carmélites von Francis Poulenc. Weitere Werke von Gertrud von le Fort sind: Hymnen an die Kirche (1924), Hymnen an Deutschland (1932), Die ewige Frau (1934), Die Magdeburgische Hochzeit (1938) und Am Tor des Himmels (1954).

Ehrungen, Mitgliedschaften

Werke

Lyrik

  • Der alte Eichbaum, 1893
  • Meereswogen, 1893
  • Kehre wieder, 1893
  • Die ewige Lampe, 1895
  • Zwei alte Häuser, 1895
  • Gedichte, 1900
  • Die Königskinder, 1903
  • Christuslied, 1905
  • Die Emigranten, 1905
  • Die Schwermutblume, 1906
  • Die Herbstfrau, 1906
  • Vogel Traum, 1906
  • Es war ein Markgraf über dem Rhein, 1907
  • Lieder und Legenden, 1912
  • Sternenlied, 1914
  • Lied eines schlesischen Geschlechts, 1914
  • Wiegenlieder der Emigranten, 1914
  • Die Emigranten, 1914
  • Die Kathedrale nach der Schlacht, 1914
  • Lied einer gallizischen Nonne, 1915
  • Allerseelen, 1915
  • Die Sibylle, 1920
  • Deutsches Leid, 1923
  • Hymnen an die Kirche, 1924;
  • Hymnen an Deutschland, 1932;
  • Gedichte, 1949 (erweitert 1953 und 1970)
  • Aphorismen, 1962
  • Die Mauer, 1966

Romane

Erzählungen

Autobiographisches

  • Aufzeichnungen und Erinnerungen, 1951
  • Hälfte des Lebens, 1965.

Essays

  • Frauengestalten in Schillers Leben, 1905
  • Frauentragödien im Tower, 1906
  • Die ewige Frau, 1933
  • Die ewige Frau. Die Frau in der Zeit. Die zeitlose Frau., 1934
  • Unser Weg durch die Nacht, 1949
  • Die Frau und die Technik, 1959
  • Woran ich glaube und andere Aufsätze, 1968

Herausgebertätigkeit

  • Ernst Troeltsch, Glaubenslehre. Nach Heidelberger Vorlesungen aus den Jahren 1911 und 1912, 1925 (posthum)

Literatur

  • Hugo Bruggisser: Gertrud von le Fort. Das dichterische Werk. Winterthur: Keller 1959.
  • Deutsche christliche Dichterinnen des 20. Jahrhunderts. Gertrud von le Fort, Ruth Schaumann, Elisabeth Langgässer. Festschrift für Friedrich Kienecker aus Anlass seines 70. Geburtstages, hrsg. v. Lothar Bossle. Würzburg u.a.: Creator 1990. ISBN 3-89247-047-2
  • Sabine Düren: Die Frau im Spannungsfeld von Emanzipation und Glaube. Eine Untersuchung zu theologisch-anthropologischen Aussagen über das Wesen der Frau in der deutschsprachigen Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung von Edith Stein, Sigrid Undset, Gertrud von leFort und Ilse von Stach. Regensburg: Roderer 1998. (= Theorie und Forschung; 535; Theologie; 34) ISBN 3-89073-237-2
  • Maria Eschbach: Die Bedeutung Gertrud von le Forts in unserer Zeit. Warendorf Westf.: Schnell 1948. (= Gestalt u. Werk; 1)
  • Maria Eschbach: "Glauben heißt, der Liebe lauschen". Glaubenswege mit Gertrud von le Fort und Hans Urs von Balthasar, ISBN 3-506-72974-8, 2005
  • Alfred Focke: Gertrud von le Fort. Gesamtschau und Grundlagen ihrer Dichtung. Graz u.a.: Styria 1960.
  • Roswitha Goslich: Orientierungssuche im Zeitalter der Angst. Gertrud von le Forts Weg zur Mystik. Hildesheim u.a.: Olms 2003. (= Germanistische Texte und Studien; 71) ISBN 3-487-11897-1
  • Philipp W. Hildmann: Die Fährte Gottes suchen. Gertrud von le Fort und Gerhard Hildmann. In: Mitteilungen der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft. Hrsg. im Auftrag der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft von Friedrich Wilhelm Graf. Band 14. München: 2001. S. 75-90.
  • Hajo Jappe: Gertrud von le Fort. Das erzählende Werk. Meran: Unterberger (1950).
  • Antje Kleinewefers: "Eine ganz neue Liebe zur Liebe". Gertrud von le Fort. Werke aus den Jahren 1946 und 1947. Interpretationen. Annweiler: Plöger 2003. ISBN 3-89857-174-2
  • Margaret Klopfle Devinney: The legends of Gertrud von le Fort. Text and audience. (= Studies in modern German literature; 27) ISBN 0-8204-0719-4
  • Renate Krüger: Aufbruch aus Mecklenburg. Gertrud von LeFort und ihre Welt. München: Allitera 2001. ISBN 3-935877-02-1
  • Helene Kuhlmann: Vom Horchen und Gehorchen. Eine Studie zu Gertrud von le Fort. Recklinghausen: Paulus Verl. (1950)
  • Nicholas J. Meyerhofer: Gertrud von LeFort. Berlin: Morgenbuch-Verl. 1993. (= Köpfe des 20. Jahrhunderts; 119) ISBN 3-371-00376-0
  • Joël Pottier: "Und du willst dein Dach erretten, christloses Abendland!". Gertrud von le Forts Anteilnahme am Schicksal der Vertriebenen. Bonn: Kulturstiftung der Dt. Vertriebenen 1996. (= Deutschland und seine Nachbarn; H. 17)

Quellen

  1. Bernd Kettern: Le Fort, Gertrud von. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 4, Bautz, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-038-7, Sp. 1348–1356.
  2. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 357.