Jean-Claude Juncker

Jean-Claude Juncker (* 9. Dezember 1954 in Redingen, Luxemburg) ist ein luxemburgischer Politiker. Er ist Mitglied der Christlich Sozialen Volkspartei (CSV/PCS). Seit 1995 ist er Premierminister Luxemburgs und war bis Juli 2009 Finanzminister.
Biografie
Familie und Ausbildung
Jean-Claude Juncker, dessen Vater während des Zweiten Weltkrieges zum Dienst in der deutschen Wehrmacht gezwungen wurde und der einige Familienmitglieder in deutschen Konzentrationslagern verlor, wuchs als Sohn eines Hüttenwerkspolizisten im Süden Luxemburgs auf. In diesem hochindustrialisierten Landstrich leben viele Arbeiter und Ausländer (damals hauptsächlich Italiener), was Juncker sehr prägte. Seine Familie war zu der Zeit bereits politisch in der Christlich-Sozialen Volkspartei (CSV) beheimatet, sein Onkel Ed Juncker war Bürgermeister der Stadt Ettelbrück.
Als Mittelschule besuchte er die belgische Klosterschule Clairefontaine, die von Luxemburger Herz-Jesu-Priestern geführt wurde, wobei er im dortigen Internat lebte. 1974 erwarb Jean-Claude Juncker das Diplome de fin d´études secondaires (Abitur, Matura) am Lycée Michel Rodange in Luxemburg. Im gleichen Jahr trat er der CSV bei. Er begann 1975 ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Straßburg und schloss dieses 1979 ab. Im Februar 1980 wurde er von der Anwaltskammer vereidigt und damit als Rechtsanwalt zugelassen, übte diesen Beruf jedoch nie aus, sondern verstand sich von Anfang an als Berufspolitiker.
Politische Karriere
Im Jahre 1982 erfolgte seine Ernennung zum Staatssekretär für Arbeit und soziale Sicherheit. 1984 errang Jean-Claude Juncker bei den Wahlen zur Luxemburgischen Abgeordnetenkammer (Chambre des députés) erstmals ein Mandat. Er trat weder dieses noch die bei den folgenden Wahlen errungenen jemals für längere Zeit an, da er auch in den folgenden Legislaturperioden der Regierung angehörte.
Mit der Regierungsbildung nach den Kammerwahlen von 1989 wurde er Minister für die Ressorts Arbeit und Finanzen. Ebenfalls 1989 wurde er zum Gouverneur der Weltbank ernannt und bekleidete dieses Amt bis 1995. Während dieser Zeit gestaltete Juncker die Maastrichter Verträge entscheidend mit.
Am 20. Januar 1995 wurde er schließlich luxemburgischer Premierminister als Nachfolger von Jacques Santer, nachdem dieser das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission übernommen hatte und damit aus der Regierung ausschied. Noch 1995 avancierte er zum Gouverneur des Internationalen Währungsfonds. In der zweiten Jahreshälfte 1997 sowie in der ersten Jahreshälfte 2005 nahm Luxemburg unter Juncker die EU-Ratspräsidentschaft wahr.
Am 10. September 2004 wurde Juncker für die Dauer von zwei Jahren zum ersten ständigen Vorsitzenden der Eurogruppe ernannt. Sein Mandat begann am 1. Januar 2005, und wurde am 6. September 2006 bis zum 31. Dezember 2008 verlängert. Laut den Statuten der Eurogruppe wäre die Amtszeit Junckers dann ausgelaufen, da ein und dieselbe Person das Amt des Vorsitzenden nicht länger als 2 Mandate lang besetzen darf. In der Eurogruppe-Sitzung vom 12. September 2008, unter Leitung der französischen Finanzministerin Christine Lagarde, wurde seine Amtszeit jedoch einstimmig um weitere zwei Jahre, bis zum 31. Dezember 2010, verlängert. [1]
Trivia
Juncker ist seit längerer Zeit bei der Luxemburger Bevölkerung recht beliebt und hat stets, auch bei der lokalen, luxemburgischen Presse und teilweise sogar den internationalen Medien eine gewisse Sympathie genossen. Er erscheint regelmäßig als Interviewpartner zu europapolitischen Themen und genießt die Beurteilung, als Vertreter eines der kleinsten Länder keine machtpolitisch gefärbten Ansichten zu vertreten.
In der internationalen Politik konnte er stets vom Vorteil seiner Mehrsprachigkeit profitieren und tat sich als geschickter Vermittler innerhalb der EU hervor. Als Meisterstück gilt, insbesondere für die luxemburgischen Medien, der Kompromiss von Dublin 1995, der ihm den Ehrentitel „Held von Dublin” einbrachte.
Seine Popularität setzte er auch immer wieder politisch ein: 2004 versprach er seinen Landsleuten, im Fall einer Wiederwahl auf jeden Fall Premierminister Luxemburgs zu bleiben und kein europäisches Amt anzunehmen, seine Partei fuhr daraufhin einen deutlichen Sieg ein. Stimmen aus der Bevölkerung und politische Kommentatoren unterstellten ihm immer wieder, persönlich am Posten des Präsidenten der Europäischen Union interessiert zu sein. 2005 drohte er, im Falle eines negativen Ergebnisses beim Referendum in Luxemburg zur neuen EU-Verfassung sein Amt niederzulegen. Die Luxemburger nahmen in der folgenden Abstimmung die Verfassung mit 57 % der abgegebenen Stimmen an.
Verschiedenes
2003 wurde Juncker als Freund und Förderer der Stadt Trier die Trierer Ehrenbürgerschaft verliehen.
In den Jahren 2005 und 2006 übernahm Jean-Claude Juncker die Schirmherrschaft von Prominence for Charity zugunsten von UNICEF.
Am 25. Mai 2006 erhielt Jean-Claude Juncker den Internationalen Karlspreis der Stadt Aachen. Die Laudatio wurde von Altbundeskanzler Helmut Kohl gehalten. Wie es im Text der Urkunde heißt, die Aachens Oberbürgermeister Jürgen Linden zusammen mit der eigentlichen Auszeichnung in Form einer Medaille mit Inschrift überreichte, erhält Juncker den Karlspreis „in Würdigung seines vorbildlichen Wirkens für ein soziales und geeintes Europa”.
Am 7. Dezember 2009 würdigte die Fasel-Stiftung (Duisburg) Junckers „herausragende Verdienste als Anwalt für eine sozial gerechte und marktwirtschaftliche europäische Ordnung“, so die Begründung der Stiftungsurkunde. In Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste, unter ihnen auch Bundestagspräsident Norbert Lammert, wurde Juncker in Duisburg der „Preis der FASEL-Stiftung - Soziale Marktwirtschaft 2009“ verliehen. Die Laudatio hielt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Juncker ist der dienstälteste Regierungschef in der Europäischen Union.
Jean-Claude Juncker hat mehrere Spitznamen, die einige seiner Eigenschaften widerspiegeln:
- Held von Dublin: Wegen seines Verhandlungsgeschicks, speziell beim Kompromiss von Dublin 1995.
- Bokassa: Die luxemburgische Satirezeitung Den neie Feierkrop verlieh ihm den Titel wegen seines angeblich autoritären Führungsstils und Personenkults.
- Mr. Euro: als Präsident der Eurogruppe und wegen seines daraus resultierenden Einflusses auf die Europäische Finanz- und Wirtschaftspolitik.
Seit Mai 2006 ist Juncker Mitherausgeber der Wochenzeitung „Rheinischer Merkur”.
Jean-Claude Juncker ist seit 1979 verheiratet.
Auszeichnungen
- 1998 - „Vision for Europe Award“ der Edmond Israel Foundation
- 2001 - Ehrendoktor der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster
- 2002 - CICERO rednerpreis
- 2003 - Ehrenbürger der Stadt Trier.
- 2003 - Großkreuz des Sterns von Rumänien
- 2003 - Heinrich-Brauns-Preis
- 2003 - Quadriga-Preis Europäer des Jahres der Gesellschaft Werkstatt Deutschland
- 2004 - Goldenes Schlitzohr
- 2005 - Walter-Hallstein-Preis
- 2006 - Internationaler Karlspreis der Stadt Aachen
- 2006 - Europapreis für politische Kultur der Hans Ringier Stiftung
- 2007 - Schirmherr der gemeinnützigen Tierschutzvereins „Neufundländer in Not e.V.“
- 2007 - St. Liborius-Medaille für Einheit und Frieden des Erzbistum Paderborn
- 2008 - Amilcar Cabral Medaille erster Klasse der Republik Kap Verde
- 2008 - Deutscher Staatsbürgerpreis
- 2008 - Franz-Josef-Strauß-Preis
- 2008 - Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen
- 2008 - Schärfste Klinge (Ehrenpreis der Stadt Solingen)
- 2009 - Europäischer Preis der Dienstleistungswirtschaft[2]
- 2009 - Europa-Union-Medaille in Gold mit Stern [3]
- 2009 - Preis der FASEL-Stiftung - Soziale Marktwirtschaft, Duisburg [4] [5]
Zitate
- „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.”
(Jean-Claude Juncker erklärt seinen EU-Kollegen die Demokratie - SPIEGEL 52/1999) (Stellungnahme der Pressestelle [1])
- „Ich glaube nicht, dass man in den USA und den angelsächsischen Ländern unzufrieden über eine französische Ablehnung [der EU-Verfassung] wäre. Das entspräche eher ihrer Vorstellung eines Europas, das geschwächt wäre, weil es die edelsten seiner Zukunftsambitionen aufgegeben hätte.”
(Jean-Claude Juncker am 19. April 2005 im französischen Rundfunk)
- „Die Länder, die mit Nein stimmen, müssen die Frage erneut stellen.”
(Am 26. Mai 2005, drei Tage bevor Frankreich das Referendum über die EU-Verfassung abhielt).
- „Der Konvent ist angekündigt worden als die große Demokratie-Show. Ich habe noch keine dunklere Dunkelkammer gesehen als den Konvent.”
(SPIEGEL vom 16. Juni 2003 [2])
Weblinks
- Literatur von und über Jean-Claude Juncker im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Offizielle Biografie (französisch)
Einzelnachweise
- ↑ http://www.gouvernement.lu/salle_presse/actualite/2008/09-septembre/12-pm-eurogroupe/index.html
- ↑ Markus Guhl: Juncker erhält den Europäischen Preis der Dienstleistungswirtschaft. Bundesverband der Dienstleistungswirtschaft, 23. März 2009, abgerufen am 3. Mai 2009: „Der Bundesverband der Dienstleistungswirtschaft (BDWi) ehrt Junckers politisches Wirken.“
- ↑ „Europa-Union-Medaille“ für Jean-Claude Juncker. www.wort.lu, 18. Oktober 2009, abgerufen am 19. Oktober 2009.
- ↑ Ministerpräsident Rüttgers würdigt Jean-Claude Juncker.
- ↑ Preis der Fasel-Stiftung an "Mister Euro".
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Juncker, Jean-Claude |
| KURZBESCHREIBUNG | luxemburgischer Politiker, Premierminister Luxemburgs |
| GEBURTSDATUM | 9. Dezember 1954 |
| GEBURTSORT | Redingen (Rédange-sur-Attert), Luxemburg |