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Colmar

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Colmar
Colmar (Frankreich)
Colmar (Frankreich)
Staat Frankreich Frankreich
Region Elsass
Département (Nr.) Haut-Rhin (Präfektur) (68)
Arrondissement Colmar
Kanton Chef-lieu der Kantone Colmar-Sud und Colmar-Nord
Koordinaten 48° 5′ N, 7° 21′ OKoordinaten: 48° 5′ N, 7° 21′ O
Höhe 175–214 m
Fläche 66,57 km²
Bürgermeister Gilbert Meyer
Einwohner 67.360 (1. Januar 2022)
Bevölkerungsdichte 1.012 Einw./km²
Postleitzahl 68000
INSEE-Code
Website http://www.ville-colmar.fr/

Colmar, Altstadt

Vorlage:Infobox Gemeinde in Frankreich/Wartung/abweichendes Wappen in Wikidata

Colmar (1871 bis 1918 sowie in der Zeit des Nationalsozialismus auch Kolmar) ist nach Straßburg (frz. Strasbourg) und Mülhausen (frz. Mulhouse) die drittgrößte Stadt im Elsass (französisch Alsace) und Hauptstadt des Département Haut-Rhin. 2006 zählte sie 65.713 Einwohner[1] sowie 120.367 im Großraum.[2]

Colmar liegt an der Elsässer Weinstraße und bezeichnet sich gern als Hauptstadt der elsässischen Weine. Die Stadt ist berühmt für ihr gut erhaltenes architektonisches Erbe aus sechs Jahrhunderten und für ihre Museen, darunter das Musée d'Unterlinden mit dem Isenheimer Altar.

Colmar ist die Geburtsstadt berühmter Künstler wie Martin Schongauer, Frédéric-Auguste Bartholdi und Jean-Jacques Waltz.

Geografie

Der Ort liegt in einer relativ flachen Landschaft am Fluss Lauch, der hier in die Ill mündet, etwa 20 km westlich des Rheins, am Ostfuß der Vogesen, ungefähr in der geographischen Mitte zwischen Basel (60 km entfernt) und Straßburg (65 km entfernt).

Politik

Die Stadt ist Sitz der Präfektur des Départements Haut-Rhin und außerdem Sitz des höchsten elsässischen Gerichts (Cour d'appel de Colmar, 1871 bis 1918 Oberlandesgericht Colmar). Die Präfektur verwaltet auch das Arrondissement Colmar, das aus sechs Kantonen besteht. Colmar-Stadt ist Hauptort (frz.: chef-lieu) der Kantone Colmar-Nord und Colmar-Sud.

Geschichte

Colmar wurde als Königsgut unter dem Namen Columbarium (Taubenhaus) im Jahr 823 erstmals urkundlich erwähnt. Anfang des 13. Jahrhunderts - wahrscheinlich nach 1214 - wurde der Ort Colmar auf Veranlassung des Landvogts Albinus Wölfel (oder Wölfelin) mit einer Ringmauer umgeben, die 1220 fertiggestellt war. 1226 wurde Colmar durch eine Urkunde des römisch-deutschen Kaisers Friedrich II. zur Stadt erhoben und wurde Freie Reichsstadt.[3][4]

Der Rat der Stadt übergibt 1360 die Macht an die Berufskorporationen. Im 14. Jahrhundert trat Colmar dem Zehnstädtebund bei. Seit 1564 bestand in Colmar, wie auch in anderen Städten am Oberrhein, eine bekannte Meistersinger-Schule. Josel von Rosheim führte 1548 einen Prozess für die Juden der Stadt Colmar vor dem Reichskammergericht wegen des seiner Ansicht nach unzulässigen Marktverbotes der Stadt für die Juden. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Colmar 1632 von schwedischen Truppen belagert und eingenommen.

Truppen des französischen Königs Ludwigs XIV. besetzen Colmar im Jahr 1673. Mit dem Frieden von Nimwegen 1679 wird Colmar Frankreich zugeschlagen und Sitz der Allgewaltigen Ratsversammlung der Provinz Elsass. Colmar bekam 1791 den Sitz der Verwaltung des Departements Haut-Rhin. Im 19. Jahrhundert besitzt Colmar eine leistungsfähige Textilindustrie.

Nach Ende des Deutsch-Französischen Krieges (1870/71) wird Colmar Teil des neugebildeten Reichslandes Elsass-Lothringen (Deutsches Reich) und Hauptstadt des Bezirks Oberelsass sowie Sitz eines eigenen Oberlandesgerichtes. 1902 eröffnete in der Stadt ein Straßenbahnbetrieb, der 1960 stillgelegt wurde.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wird Colmar 1918 zusammen mit dem übrigen Elsass wieder Teil von Frankreich. Am 22. August 1926 kommt es in Colmar zu Zusammenstößen zwischen elsässischen Autonomisten und französischen Nationalisten (Blutiger Sonntag). Im Zweiten Weltkrieg wird Colmar 1940 nach der Niederlage Frankreichs als Teil des Reichsgaus Baden-Elsass de facto dem Großdeutschen Reich angeschlossen. Ab 1942 werden auch die Bürger von Colmar in die Wehrmacht eingezogen. Am 2. Februar 1945 wird die Stadt nach erbitterten Kämpfen in der „Kesselschlacht von Kolmar“ (frz. unter Poche de Colmar) – die letzte Schlacht des Zweiten Weltkriegs auf französischem Territorium – durch die Westalliierten befreit und gehört nun wieder zu Frankreich.


Kolmarer Liederhandschrift

Die Kolmarer Liederhandschrift enthält von verschiedenen Künstlern der Sangspruchdichtungs und des Meistergesangs etwa 950 Liedertexte auf 107 Melodien. Sie entstand vermutlich um 1460 in Mainz oder Speyer; 1546 erwarb Jörg Wickram den Codex in Schlettstadt, um im gleichen Jahr eine Meistersingergesellschaft in Colmar zu gründen. Sie verschwand aber in den Wirren eines Bürgerkriegs, wurde kurzzeitig 1789 wiedergefunden, galt aber als verschollen, bis sie 1857 in einem Basler Buchantiquariat auftauchte und im selben Jahr von der Königlichen Hof- und Staatsbibliothek München erworben wurde. Dort wird sie bis heute unter dem Sigel Cgm-4997 verwahrt.

Denkmäler und Sehenswürdigkeiten

Kirchen und Kapellen

Münster zu Colmar

Martinsmünster Colmar

Die Hauptkirche der Stadt ist das gotische Martinsmünster mit seinem 71 Meter hohen Turm.
→ Hauptartikel: Martinsmünster Colmar

Dominikanerkirche

In der im 13. Jahrhundert entstandenen Dominikanerkirche befindet sich das Gemälde „Madonna im Rosenhag“ von Martin Schongauer aus dem Jahr 1473 sowie im Chor die größte erhaltene Sammlung von mittelalterlichen Bleiglasfenstern der Stadt (14. Jahrhundert).
→ Hauptartikel: Dominikanerkirche Colmar
→ Hauptartikel: Die Schongauer-Madonna

Franziskanerkirche

Die ebenfalls großzügig dimensionierte ehemalige Franziskanerkirche, die heutige protestantische Kirche Saint-Matthieu, weist innen einen für den Oberrhein seltenen Lettner, eine bemalte Holzflachdecke, eine Silbermann-Orgel sowie Fenster von Peter Hemmel von Andlau auf.

Bauwerke

In Colmar befinden sich zahlreiche bedeutende Bürgerhäuser aus dem Mittelalter und der Renaissance, die der Altstadt über die Jahrhunderte ihren mittelalterlichen Charakter erhalten haben.

Koifhus

Das 1480 errichtete und im 16. Jahrhundert erweiterte Koifhus beherbergte die ehemalige Zollstation. Im Erdgeschoss wurden die Waren gelagert und im darüber liegenden Raum im ersten Stock versammelten sich die Abgesandten der Décapole. Der Nordflügel ist ein Anbau aus dem 16. Jahrhundert und im Wohnhaus links wurde 1771 Jean Rapp, der spätere General geboren.

Prachtvolle Beispiele sind auch das 1537 für einen reichen Hutmacher erbaute Pfisterhaus (frz. Maison Pfister) sowie das Kopfhaus (frz. Maison des Têtes), dessen Fassade mit mehr als 100 "Köpfen" verziert ist.

Weitere bemerkenswerte Gebäude aus dieser Zeit sind die ehemalige Wache (Ancien Corps de garde) und das Haus der Ritter des Johanniterordens (Maison des Chevaliers de St Jean), die beide in einem von der italienischen Renaissance angeregten Stil gestaltet worden sind. Die ehemalige Zunftstube der Ackerleute (Poêle des Laboureurs) von 1626 trägt bereits erste Züge von Barockarchitektur.

Bedeutende Bauwerke des Klassizismus sind das Gerichtsgebäude (Tribunal) in der Grand Rue (nicht zu verwechseln mit dem repräsentativen wilhelminischen Oberlandesgericht Cour d'Appel in der Avenue Poincaré) und das ehemalige Spital (Ancien Hôpital).

Petite Venise

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist das am Fluss Lauch liegende Viertel „Klein-Venedig“ (frz. Petite Venise), das sehr schöne Häuser und Brücken beherbergt. Das Viertel grenzt an das ehemalige Gerberviertel (Quartier des Tanneurs), das ein ebenso einheitliches, wenn auch schlichteres, altertümliches Bild wie die Innenstadt aufweist.
In der Nähe der Petite Venise liegt ebenfalls das „Fischerufer“ (Quai de la Poissonnerie), das zu den meistfotografierten Motiven der Stadt zählt.

Museen

  • Im Musée d’Unterlinden befindet sich der Anfang des 16. Jahrhunderts entstandene Isenheimer Altar von Matthias Grünewald. Von Martin Schongauer, Lucas Cranach dem Älteren und Hans Holbein dem Älteren sind hier ebenfalls Werke ausgestellt. Daneben werden mittelalterliche Kunst, Kunsthandwerk, archäologische Funde aus der Umgebung sowie Werke der ägyptischen und griechischen Antike ausgestellt. Der sehr reiche Fundus an moderner und zeitgenössischer Kunst wird aufgrund von Platzmangel nur unregelmäßig zur Schau gestellt, eine Erweiterung des Museums auf das angrenzende, ehemalige Schwimmbad ist für 2012 geplant. Dieses Museum ist das meistbesuchte Museum Frankreichs außerhalb von Paris.
  • Im Geburtshaus des Bildhauers Frédéric-Auguste Bartholdi befindet sich ein ihm gewidmetes Museum. Dieses beherbergt auch eine Abteilung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Colmars.
  • Seit 1859 besitzt die Stadt auch ein Museum für Natur- und Völkerkunde (Musée d'histoire naturelle et d'ethnographie)
  • Seit 1993 beherbergt Colmar ebenfalls ein reichhaltiges Spielzeugmuseum (Musée du jouet)
  • Das 1884 erbaute ehemalige Wasserwerk der Stadt beherbergt heute das „Museum der städtischen Fabriken“ (Musée des usines municipales), eine Sammlung industrieller und technischer Exponate
  • Die Colmarer Stadtbibliothek (Bibliothèque municipale de Colmar) besitzt eine der frankreichweit umfangreichsten Sammlungen von Wiegendrucken, mit über 2.300 verschiedenen Bänden.[5] Diese Zahl ist außergewöhnlich für eine Stadt, die kein Hauptsitz einer bedeutenden Universität ist, und erklärt sich durch die Enteignungen von Klöstern und Abteien der Umgebung durch die Französische Revolution und die daraus hervorgegangenen Schenkungen an die Stadtverwaltung.

Sport & Freizeit

Musik

Alljährlich seit 1980 findet im Sommer das Colmarer internationale Festival klassischer Musik (Festival international de musique classique de Colmar) statt. Künstlerischer Leiter der ersten Fassung des Festivals war 1980–1989 der deutsche Dirigent Karl Münchinger. Seit 1989 untersteht das Festival der künstlerischen Leitung des russischen Violinisten und Dirigenten Wladimir Spiwakow.

Wirtschaft

Liebherr in Colmar

Colmar ist der europäische oder französische Sitz mehrerer bedeutender Firmen, wie dem US-amerikanischen Konzern Timken und den deutschen Unternehmen Liebherr und Leitz. Daneben stellt der Tourismus eine weitere wichtige Einnahmequelle der Gemeinde dar. Colmar liegt am Rande des Regionalen Naturparks Ballons des Vosges, mit dem es assoziiert ist.

Höhere Bildung

Colmar teilt sich die Universität des Oberelsass (Université de Haute-Alsace) mit dem benachbarten, größeren Mülhausen. Von den insgesamt circa 8.000 Studenten der UHA folgen etwa 1.500 eine Ausbildung am Institut universitaire de technologie (IUT) von Colmar, an der Colmarer Zweigstelle der Faculté des Sciences et Techniques sowie an der Unité de Formation et de Recherche Pluridisciplinaire d'Enseignement Professionnalisé Supérieur (UFR P.E.P.S.).

Städtepartnerschaften

Diese Städte haben gleichzeitig auch untereinander Partnerschaften geschlossen.

Weitere Partnerschaften bestehen mit

Städtefreundschaft

Mitgliedschaft

Söhne und Töchter der Stadt

Martin Schongauer, in Stein gehauen von Frédéric-Auguste Bartholdi

Einzelnachweise

  1. Commune : Colmar (68066), recensement.insee.fr
  2. Aire urbaine 1999 : Colmar (067), recensement.insee.fr
  3. Heinrich Gottfried Philipp Gengler: Regesten und Urkunden zur Verfassungs- und Rechtsgeschichte der deutschen Städte im Mittelalter, Erlangen 1863, S. 615–633, online.
  4. Ernst Theodor Gaupp:Deutsche Stadtrechte des Mittelalters, mit rechtsgeschichtlichen Erläuterungen. Erster Band: Die Stadtrechte von Straßburg, Hagenau, Molsheim, Colmar, Annweiler, Winterthur, Landshut in Bayern, Regensburg, Nürnberg, Eger, Eisenach, Altenburg. Breslau 1851, S. 112-122, online.
  5. Bibliothèque centrale de Colmar

Literatur

Ältere Darstellungen (Auswahl)

  • Annalen und Chronik von Kolmar - Nach der Ausgabe der Monumenta Germaniae (aus dem Lateinischen übersetzt von H. Pabst). Berlin 1867, 195 Seiten, online.
  • Heinrich Marc: Elsasser Leben - Colmar, in: Die Grenzboten (Ignaz Kuranda, Hrsg.), Zweiter Jahrgang, Erstes Semester, Leipzig 1842, S. 593-607, online.
  • Anton Johann Jakob Rapp: Chronik - Beschreibung der Belagerung und Einnehmung der heiligen Reichsstadt Colmar. Colmar 1857, 51 Seiten (Belagerung und Einnahme von Colmar im Dreißigjährigen Krieg durch schwedische Truppen, 1632), online
  • Franz Lerse: Geschichte der Einführung der Reformation in der ehemaligen freien Reichsstadt Colmar und ihrer Folgen bis zm Jahr 1632 - Aus den besten gedruckten und ungedruckten Quellen geschöpft. Colmar 1856, 232 Seiten, online.
  • Sigmund Billing: Kleine Chronik der Stadt Colmar (Andreas Waltz, Hrsg.). Colmar 1891, 374 Seiten.

Neuere Darstellungen (Auswahl)

  • Auguste Scherlen: Colmar - Dorf und Stadt, Colmar 1931, 128 Seiten.
Commons: Colmar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien