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Deinonychus

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Deinonychus

Deinonychus antirrhopus im Field Museum of Natural History

Zeitliches Auftreten
Unterkreide (mittleres Aptium bis frühes Albium)
115 bis 108 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Echsenbeckendinosaurier (Saurischia)
Theropoda
Deinonychosauria
Dromaeosauridae
Velociraptorinae
Deinonychus
Wissenschaftlicher Name
Deinonychus
Ostrom, 1969
Art
  • Deinonychus antirrhopus

Deinonychus (griechisch δεινος – „schrecklich“ und ονυξ/ονυχος – „Klaue“) war eine Gattung fleischfressender Dinosaurier aus der Gruppe Dromaeosauridae. Die einzige beschriebene Art ist Deinonychus antirrhopus. Dieser 3,4 Meter lange Theropode lebte während der frühen Kreidezeit vor etwa 115 bis 108 Millionen Jahren (vom mittleren Aptium bis zum frühen Albium). Fossilien wurden in den US-Bundesstaaten Montana, Wyoming und Oklahoma entdeckt, in den Gesteinen der Cloverly-Formation und der Antlers-Formation, obwohl Zähne, die vielleicht zu Deinonychus gehören, aus dem viel weiter östlich gelegenen Maryland stammen.

Studien des Paläontologen John Ostrom über Deinonychus revolutionierten in den späten 1960ern das Bild, das sich Wissenschaftler bis dahin von Dinosauriern gemacht haben, was zur „Dinosaurier Renaissance“ führte und die Debate entzündete, ob Dinosaurier gleichwarm (warmblütig) waren oder nicht. Zuvor galten Dinosaurier als schwerfällige, reptilienartige Giganten. Der kleine Körper, die elegante, horizontale Körperhaltung, und insbesondere die vergrößerten Sichelkrallen der Füße von Deinonychus deuteten auf einen aktiven, agilen Prädator.[1]

„Schreckliche Klaue“, so die Übersetzung des Gattungsnamens, verweist auf die ungewöhnlich große, sichelartige Kralle am zweiten Zeh. Im Fossil YPM 5205 ist eine große, stark gekrümmte Sichelkralle erhalten. Lebende Archosaurier besitzen einen Überzug aus Horn über ihre Krallen, der zur Gesamtlänge der Krallen beiträgt. Ostrom verglich die Krallen heutiger Krokodile und Vögel mit der des Deinonychus und kam zu dem Ergebnis, dass die Kralle von YPM 5205 beim lebenden Tier über 120 Millimeter Länge maß. Der Artname antirrhopus bedeutet „Gegengewicht“ und verweist auf Ostroms Hypothese zur Funktion des Schwanzes. Wie in anderen Dromaeosauriden waren die Schwanzwirbel mit einer Serie von verknöcherten Sehnen und stark verlängerten Wirbelfortsätzen (den Zygapophysen) ausgestattet. Diese Vorrichtung scheint den Schwanz zu einem steifen Gegengewicht gemacht zu haben – ein Fossil des eng verwandten Velociraptor mongoliensis (IGM 100/986) zeigt jedoch einen Schwanz im anatomischen Verbund, der horizontal S-förmig gebogen war. Dies deutet auf eine beträchtliche seitliche Beweglichkeit des Schwanzes hin.[2]

Zähne von Deinonychus werden gelegentlich zusammen mit den Überresten des pflanzenfressenden Ornithopoden Tenontosaurus gefunden. In zwei Fundorten fanden sich gar recht vollständige Skelette von Deinonychus in Verbindung mit Tenontosaurus-Fossilien. Dies zeigt, dass Deinonychus Jagd auf Tenontosaurus gemacht oder zumindest als Aasfresser an den Kadavern bereits toter Tiere gefressen hat.

Merkmale

Deinonychus im Größenvergleich mit einem Menschen

Wie die größten bekannten Exemplare zeigen, konnte Deinonychus eine Länge von 3,4 Metern erreichen, mit einer Schädellänge von 41 cm, einer Hüfthöhe von 87 cm und einem geschätzten Höchstgewicht von 73 kg.[3] Der Schädel war mit kräftigen Kiefern ausgestattet, die etwa 60 gebogene, klingenartige Zähne trugen. Die ersten Schädelrekonstruktionen von Ostrom, die lediglich auf eher fragmentarischen Überresten basieren, gingen von einer dreieckigen, breiten Schädelform aus, die der von Allosaurus ähnelt. Neuere Schädelfunde von Deinonychus und nahe verwandten Spezies mit guter dreidimensionaler Erhaltung zeigen,[4] dass der Gaumen mehr gewölbt war als Ostrom vermutet hat, was die Schnauze weit schmaler macht. Gleichzeitig verbreiterte das paarige Jochbein (Jugale) den Schädel in der Augenregion, was ein gutes stereoskopisches Sehen ermöglichte. Der Schädel von Deinonychus unterschied sich von dem des Velociraptor durch die robustere Schädeldecke, die der von Dromaeosaurus ähnlich war; außerdem war das Nasenbein nicht zusammengedrückt wie bei Velociraptor.[5] Sowohl der Schädel als auch der Unterkiefer zeigten Schädelfenster, welche das Gewicht des Schädels reduzierten. Bei Deinonychus war das vor den Augen gelegene Antorbitalfenster besonders groß.[4]

Wie alle Dromaeosauriden besaß Deinonychus große Hände mit jeweils drei klauenbewährten Fingern. Der erste Finger war der kürzeste, während der zweite der längste war. Jedes Hinterbein trug eine sichelförmige, stark vergrößerte Klaue am zweiten Zeh, die wahrscheinlich zum Beutefang eingesetzt wurde.

Obwohl niemals Federn in Verbindung mit Deinonychus-Fossilien entdeckt wurden, sprechen andere Nachweise dafür, dass alle Dromaeosauriden, einschließlich Deinonychus, gefiedert waren.[6] So ist die Dromaeoauriden-Gattung Microraptor sowohl geologisch älter als auch phylogenetisch ursprünglicher als Deinonychus.[7] Mehrere Fossilien von Microraptor zeigen Konturfedern an Armen, Beinen und Schwanz, die denen heutiger Vögel entsprechen.[6] Eine Elle (Ulna) des mit Deinonychus eng verwandten Velociraptor zeigt Ansatzstellen für Federn (englisch quill knobs), was auf lange Armfedern bei Velociraptor schließen lässt.[8]

Systematik

Lebendrekonstruktion

Deinonychus ist einer der am besten bekannten Dromaeosauriden,[9] und ein enger Verwandter des kleineren Velociraptor, welcher aus jüngeren Schichten der Oberkreide Zentralasiens stammt.[10][11] Zusammen bilden diese beiden Gattungen die Gruppe Velociraptorinae, die 1983 von Rinchen Barsbold aufgestellt wurde und ursprünglich Velociraptor als einzige Gattung enthielt.[12] Später schrieb Phil Currie eine Reihe weiterer Dromaeosauriden einschließlich Deinonychus der Velociraptorinae zu.[13] Zwei Gattungen der Oberkreide, Tsaagan aus der Mongolei[10] und der wenig bekannte Saurornitholestes aus Nordamerika,[3] könnten ebenfalls enge Verwandte von Deinonychus gewesen sein. Velociraptor und verwandte Gattungen benutzten wahrscheinlich ihre Klauen mehr als ihre Schädel zur Überwältigung von Beutetieren, im Gegensatz zu Dromaeosaurus, der einen gedrungeneren Schädel zeigte.[14] Zusammen mit den Troodontiden bilden die Dromaeosauriden die Deinonychosauria, die nach Ansicht vieler Forscher die Schwestergruppe der Vögel und damit die am engsten mit den Vögeln verwandte Dinosauriergruppe ist.[15]

Entdeckungsgeschichte und Namensgebung

Fossile Überreste von Deinonychus stammen aus der Cloverly-Formation in Montana und Wyoming[1] sowie aus der etwa gleichalten Antlers-Formation in Oklahoma.[16] Die Cloverly-Formation wurde auf das späte Aptium bis frühe Albium datiert und ist damit etwa 115 bis 108 Millionen Jahre alt.[17][18] Darüber hinaus sind Zähne bekannt, die aus den Arundel Clay Facies (mittleres Aptium) der Potomac-Formation in der atlantischen Küstenebene von Maryland stammen und evtl. dieser Gattung zugeordnet werden können.[19]

Die ersten Überreste wurden 1931 im südlichen Montana entdeckt, in der Nähe der Stadt Bridger. Barnum Brown, der Leiter der Ausgrabungen, hatte zum Ziel, Überreste des Tenontosaurus auszugraben und zu präparieren – in seinem Grabungsbericht an das American Museum of Natural History berichtete er jedoch über die Entdeckung eines kleinen karnivoren Dinosauriers in unmittelbarer Nähe zu einem Tenontosaurus-Skelett, was aber „von Kalk umschlossen und schwer zu präparieren“ war.[20] Brown nannte das Tier informell "Daptosaurus" und bereitete die Präparation vor, um es beschreiben und ausstellen zu können, hat seine Arbeit aber niemals beendet.[21] Neben diesem Skelett entdeckte Brown in der Cloverly-Formation das Skelett eines noch kleineren Theropoden mit anscheinend übergroßen Zähnen, das er informell "Megadontosaurus" nannte. Wie John Ostrom Jahrzehnte später feststellte, stammen die Zähne von Deinonychus – das Skelett aber stammt von einem ganz anderen Tier, das er Microvenator nannte.[21]

Im August 1964, etwas mehr als 30 Jahre später, leitete John Ostrom eine Expedition des zur Yale University gehörenden Peabody Museums, die weiteres Skelettmaterial entdeckte. Expeditionen während der folgenden zwei Sommer gruben mehr als 1000 Knochen aus, unter denen mindestens drei Individuen waren. Die Knochen wurden größtenteils unartikuliert vorgefunden, befanden sich also nicht mehr im Skelettverband, was es unmöglich machte festzustellen, wie viele verschiedene Individuen vorlagen. Das Typ-Exemplar (YPM 5205) von Deinonychus ist daher auf einen vollständigen linken Fuß und dem teilweisen rechten Fuß beschränkt, die definitiv zum selben Individuum gehörten.[22] Die übrigen Fundstücke wurden im Peabody Museum of Natural History in 50 separaten Einträgen katalogisiert.

Eine spätere Studie von Ostrom und Grant E. Meyer analysierte dieses Material sowie Brown’s Daptosaurus und kam zu dem Schluss, dass es sich bei den Knochen um ein und dieselbe Art handelt. Ostrom veröffentlichte seine Ergebnisse 1969 und schrieb alle Überreste dem neuen Namen Deinonychus antirrhopus zu.[22]

Obwohl bereits 1969 unzählige Knochen bekannt waren, fehlten wichtige Teile des Skeletts oder waren schwierig zu interpretieren. So standen nur wenige postorbitale (hinter den Augen gelegene) Schädelknochen zur Verfügung, und Oberschenkelknochen (Femur), Kreuzbein (Sacrum), Gabelbein (Furcula) und Brustbein (Sternum) fehlten ebenso wie einige Wirbel. Vom Rabenbein (Coracoid) (dachte Ostrom) war lediglich ein dünnes Fragment bekannt. Ostrom’s Skelettrekonstruktion zeigt ein sehr ungewöhnliches Becken – ein Schambein (Pubis), der anders als bei anderen Theropoden nach hinten gerichtet, trapezförmig und flach war, aber die gleiche Länge wie das direkt daneben befindliche Sitzbein (Ischium) aufweist.

Weitere Entdeckungen

Modell im Naturhistorischem Museum in Wien

1974 veröffentlichte Ostrom eine weitere Monographie über Deinonychus, diesmal über den Schultergürtel. Er stellte fest, dass das von ihm beschriebene Schambein tatsächlich ein Rabenbein war – ein Schulterelement.[23] Im selben Jahr wurde ein weiteres Deinonychus-Exemplar in Montana von einer Expedition der Harvard University ausgegraben, die von Farish Jenkins geleitet wurde. Dieses Exemplar zeigt eine Reihe von bis dahin unbekannten Skelettelementen, wie guterhaltene Oberschenkelknochen, Schambein, ein Kreuzbein sowie ein besser erhaltenes Darmbein (Ilium), sowie Fuß- und Mittelhandknochen (Metatarsus). Ostrom beschrieb dieses neue Exemplar und überarbeitete seine Rekonstruktion des Deinonychus-Skeletts. Diesmal zeigte die Rekonstruktion das sehr lange Schambein, das, so begann Ostrom zu spekulieren, wie bei Vögeln leicht nach hinten gebogen gewesen sein könnte.[24]

Ein zur Schau gestelltes Skelett von Deinonychus, das neben Replikaten auch originale Knochen mit einschließt, ist im American Museum of Natural History aufgestellt[25] – ein anderes Skelett ist im Museum of Comparative Zoology der Harvard University zu besichtigen. Selbst diesen beiden Skeletten fehlen Elemente wie Brustbein, Brustbein-Rippen, Gabelbein und Bauchrippen (Gastralia).

Trotz Ostroms umfangreichen Studien verblieben einige kleine Kalksteinblöcke mit unpräparierten Knochen und Knochenfragmenten im Bestand des American Museums. Eine Untersuchung dieser unpräparierten Blöcke (Exemplarnummer AMNH 3015) von Gerald Grellet-Tinner und Peter Makovicky im Jahr 2000 brachte interessante, bislang übersehene Erkenntnisse ans Licht. Einige lange, dünne Knochen, die zuerst für verknöcherte Sehnen gehalten wurden, waren tatsächlich Bauchrippen. Noch bedeutsamer ist die Entdeckung einer großen Zahl von fossilen Eierschalen in der die Knochen umgebenen Gesteinsmatrix.[26]

In einer nachfolgenden, detaillierteren Studie schlossen Grellet-Tinner und Makovicky, dass die Eierschalen fast mit Sicherheit zu Deinonychus gehörten; damit sind sie die ersten Überreste von Eiern, die von einem Dromaeosauriden identifiziert wurden.[20] Die Außenfläche einer der Eierschalen befand sich im engen Kontakt mit den Bauchrippen, was darauf hinweist, dass Deinonychus die Eier bebrütet haben könnte. Dies könnte zeigen, dass Deinonychus Körperwärme zum Bebrüten von Eiern eingesetzt hat, was eine Homoiothermie (Warmblütigkeit) wie bei heutigen Vögeln bedeuten würde.[27] Weitere Untersuchungen von Gregory Erickson und Kollegen haben ergeben, dass dieses Individuum 13 oder 14 Jahre alt war, als es starb. Im Gegensatz zu anderen Theropoden ihrer Studie, die das Alter von Individuen untersucht, die zusammen mit Eiern oder Nestern gefunden wurden, hat das Deinonychus-Exemplar das Wachstum bei seinem Tod beendet.[28]

Ähnlichkeiten der Hände von Deinonychus (links) und Archaeopteryx (rechts) ließen Ostrom (1976) vermuten, dass Vögel von Dinosauriern abstammen.

Ostroms Beschreibung des Deinonychus aus dem Jahr 1969 wurde als wichtigste Einzelentdeckung der Dinosaurier-Paläontologie des mittleren 20ten Jahrhunderts bezeichnet.[29] Die Entdeckung dieses eindeutig aktiven, flinken Prädators trug entscheidend zum Wandel der wissenschaftlichen und öffentlichen Auffassung über Dinosaurier bei und öffnete Spekulationen, dass Dinosaurier gleichwarm gewesen sein könnten. Diese Entwicklung ist als Dinosaurier-Renaissance bekannt. Einige Jahre Später stellte Ostrom Ähnlichkeiten zwischen den Vordergliedmaßen von Deinonychus und denen der Vögel fest und schloss, dass Dinosaurier von Vögeln abstammen.[30] Dreißig Jahre wird diese Idee von fast allen Forschern akzeptiert.

Paläoökologie

Deinonychus bewohnte ein auen- oder sumpfähnliches Habitat.[9] So geben die Schichten der oberen Cloverly-Formation und der Antlers-Formation Hinweise auf subtropische Wälder, Flussdeltas und Lagunen.[31][32] Deinonychus teilte seinen Lebensraum mit dem gepanzerten Ankylosaurier Sauropelta und den Ornithopoden Zephyrosaurus und Tenontosaurus. Die Antlers-Formation in Oklahoma barg darüber hinaus die Überreste des großen Theropoden Acrocanthosaurus, den riesigen Sauropoden Sauroposeidon, dem Krokodil Goniopholis und dem Knochenhecht Lepisosteus.[32] Die Potomac-Formation in Maryland, die einige evtl. zu Deinonychus gehörende Zähne barg, beherbert den Sauropoden Astrodon und den Nodosaurier Priconodon, der lediglich von Zähnen bekannt ist.

Paläobiologie

Jagdverhalten

Deinonychus-Paar frisst an einem Kadaver

Deinonychus-Zähne, die in Verbindung mit Fossilien des ornithopoden Tenontosaurus gefunden werden, sind in der Cloverly-Formation relativ häufig. Aus zwei Steinbrücken wurden ziemlich vollständige Deinonychus-Exemplare geborgen, die in der Nähe von Tenontosaurus-Knochen lagen. Der erste dieser Steinbrüche, der Yale-Steinbruch in Montana (Cloverly-Formation), enthielt zahlreiche Zähne, vier erwachsene sowie ein juveniles Deinonychus-Exemplar. Diese Ansammlung von Individuen in einem einzigen Steinbruch lässt vermuten, dass Deinonychus evtl. am Tenontosaurus-Kadaver gefressen hat, und diesen Pflanzenfresser vielleicht sogar gejagt hat. Ostrom und Maxwell spekulierten aufgrund dieses Fundes gar, dass Deinonychus in Rudeln gelebt und gejagt haben könnte.[33] Der zweite derartige Steinbruch befindet sich in Oklahoma und gehört zur Antlers-Formation. Hier wurden sechs Teilskelette von Tenontosaurus, die verschieden groß waren, zusammen mit einem Teilskelett und vielen Zähnen von Deinonychus gefunden. Ein Oberarmknochen (Humerus) von Tenontosaurus zeigt sogar Eindrücke, bei denen es sich um Bissspuren von Deinonychus handeln könnte. Brinkman und Kollegen (1998) stellen fest, dass Deinonychus 70 bis 100 kg schwerer wurde, während ein erwachsener Tenontosaurus ein Gewicht von 1 bis 4 hatte. Ein einzelner Deinonychus hätte somit keinen erwachsenen Tenontosaurus töten können, weshalb ein Jagen in Rudeln bei Deinonychus möglich sei, so die Forscher.[34]

Roach und Brinkman (2007) stellen die weithin akzeptierte Theorie vom Rudeljäger in Frage, und favorisieren die alternative Erklärung (Nullhypothese) des solitären oder bestenfalls im lockeren Verband operierenden Jägers. So fanden die Forscher in den Deinonychus-Tenontosaurus-Fundstellen Hinweise auf ein Fressverhalten, das dem heutiger diapsider Reptilien gleicht. Versammeln sich beispielsweise Komodowarane um einen Kadaver, fressen die größten Individuen als erstes und attackieren kleinere Individuen, die dem Kadaver zu nahe kommen – falls das kleinere Tier dabei getötet wird, handelt es sich um Kannibalismus. Roach und Brinkman geben an, dass das Verhalten der Komodowarane mit der Taphonomie der Deinonychus-Tenontosaurus-Fundstellen übereinstimmt. So stammen die unvollständigen Deinonychus-Überreste dieser Fundstellen von subadulten, also noch nicht ausgewachsenen Tieren, wobei fehlende Skelettteile anzeigen, dass andere Deinonychus an den Kadavern der getöteten Tiere gefressen haben.[35] Andererseits beschreiben Li und Kollegen (2007) fossile Fußspuren von Dromaeosauriden, die in parallelen Fährtenfolgen verlaufen, was diese Forscher als deutlichen Hinweis auf ein Rudelleben deuten.[36]

Funktion der Hände und Beine

Replik der Fußknochen mit Sichelkralle im Zoologischen Museum von Kopenhagen

Die Größe, Form und Krümmung der Sichelkralle variiert zwischen verschiedenen Individuen deutlich. So zeigt das von Ostrom 1969 beschriebene Typusexemplar eine stark gekrümmte Sichelklaue, während ein neueres, 1976 beschriebenes Exemplar eine Sichelkralle mit nur schwach entwickelter Krümmung zeigt, die mehr den „normalen“ Klauen der übrigen Zehen ähnelt.[24] Ostrom gab an, dass es sich bei diesen Unterschieden um Variationen zwischen Individuen, zwischen männlichen und weiblichen Tieren (Sexualdimorphismus) oder zwischen Individuen unterschiedlichen Alters handeln könnte.

Sowohl anatomische Nachweise[1] als auch Nachweise aus fossilen Fußspuren[37] zeigen, dass bei der Fortbewegung lediglich die dritte und die vierte Zehe den Boden berührte, während die die Sichelkralle tragende zweite Zehe bei der Fortbewegung über dem Boden gehalten wurde.

Ostrom vermutete, dass Deinonychus Beutetiere mit seinen langen Armen festhalten konnte, um sie mit der Sichelkralle aufzuschlitzen.[1] Einige Forscher spekulierten gar, dass die Sichelkralle zur Entweidung großer Ceratopsier verwendet worden sein könnte.[38] Andere Studien ergaben, dass die Sichelkralle nicht zum Aufschlitzen, sondern für kleine, gezielte Stiche geeignet war.[39] Manning und Kollegen (2005) führten Versuche mit einem Robotermodell des Fußes von Deinonychus durch, indem sie die Auswirkungen von hydraulischen Stößen der Sichelkralle des Modells auf eine Schweinehaut untersuchten. Die Kralle machte in diesen Tests lediglich kleine Punktstiche, und war nicht fähig, die Haut zu schneiden oder gar aufzuschlitzen. Die Autoren vermuten daher, dass die Kralle nicht zum Töten, sondern zum Besteigen und Festhalten großer Beutetiere benutzt wurde.[40]

Einzelnachweise

  1. a b c d J. H. Ostrom: Stratigraphy and paleontology of the Cloverly Formation(Lower Cretaceous) of the Bighorn Basin area, Wyoming and Montana. In: Bulletin of the Peabody Museum of Natural History. 35. Jahrgang, 1970, S. 1–234.
  2. Mark A. Norell, & Makovicky, Peter J.: Important features of the dromaeosaurid skeleton II: information from newly collected specimens of Velociraptor mongoliensis. In: American Museum Novitates. 3282. Jahrgang, 1999, S. 1–45 (handle.net).
  3. a b G.S. Paul: Predatory Dinosaurs of the World. Simon and Schuster, New York 1988, S. 366–369.
  4. a b W.D. Maxwell, and Witmer, L.M.: New Material of Deinonychus (Dinosauria, Theropoda). In: Journal of Vertebrate Paleontology. 16(3). Jahrgang, 1996, S. 51A.
  5. Witmer, Lawrence M., and Maxwell, William D. (1996). " The skull of Deinonychus (Dinosauria:Theropoda): New insights and implications". Journal of Vertebrate Paleontology,16(3): 73A
  6. a b Xu, X., Zhou, Z., Wang, X., Kuang, X., Zhang, F. and Du, X. (2003). "Four-winged dinosaurs from China." Nature, 421 (6921): 335–340, 23 Jan 2003. http://www.nature.com/nature/journal/v421/n6921/full/nature01342.html
  7. Hwang, S.H., Norell, M.A., Ji, Q., and Gao, K. (2002). "New Specimens of Microraptor zhaoianus (Theropoda: Dromaeosauridae) from Northeastern China." American Museum Novitates, 3381: 44pp.al.2002.pdf
  8. A. H. Turner, Makovicky, P. J.; Norell, M. A.: Feather quill knobs in the dinosaur Velociraptor. In: Science. 317. Jahrgang, Nr. 5845, 2007, S. 1721, doi:10.1126/science.1145076, PMID 17885130.
  9. a b Norell, M.A., Makovicky, P.J.: The Dinosauria. Hrsg.: Weishampel, D.B., Dodson, P., Osmólska, H. 2nd Auflage. University of California Press, Berkeley 2004, ISBN 0-520-24209-2, Dromaeosauridae, S. 196–210.
  10. a b M.A. Norell, Clark, J.M., Turner, A.H., Makovicky, P.J., Barsbold, R., and Rowe, T.: A new dromaeosaurid theropod from Ukhaa Tolgod (Ömnögov, Mongolia). In: American Museum Novitates. 3545. Jahrgang, 2006, S. 1–51, doi:10.1206/0003-0082(2006)3545[1:ANDTFU]2.0.CO;2 (amnh.org [PDF; abgerufen am 7. Juli 2007]).
  11. A.S. Turner, Hwang, S.H.; and Norell, M.A.: A small derived theropod from Öösh, Early Cretaceous, Baykhangor Mongolia. In: American Museum Novitates. 3557. Jahrgang, 2007, S. 1–27, doi:10.1206/0003-0082(2007)3557[1:ASDTFS]2.0.CO;2 (amnh.org [PDF; abgerufen am 29. März 2007]).
  12. R. Barsbold: Carnivorous Dinosaurs from the Cretaceous of Mongolia. In: The Joint Soviet-Mongolian Palaeontological Expedition, Transactions. 19. Jahrgang, 1983, S. 1–117.
  13. P. J. Currie: New information on the anatomy and relationships of Dromaeosaurus albertensis (Dinosauria: Theropoda). In: Journal of Vertebrate Paleontology. 15. Jahrgang, Nr. 3, 1995, S. 576–591. (abstract)
  14. G.S. Paul: Predatory dinosaurs of the world : a complete illustrated guide. Simon and Schuster, New York 1988, ISBN 0-671-61946-2, S. 358.
  15. M.J. Benton: Vertebrate Palaeontology (Third Edition). Blackwell Publishing, 2004, ISBN 978-0-632-05637-8, S. 472 (bris.ac.uk).
  16. D. L. Brinkman, R. L. Cifelli, and N. J. Czaplewski: First occurrence of Deinonychus antirrhopus (Dinosauria: Theropoda) from the Antlers Formation (Lower Cretaceous: Aptian-Albian) of Oklahoma. In: Oklahoma Geological Survey Bulletin. 146. Jahrgang, 1998, S. 1–27.
  17. Chen, Z.-Q. and Lubin, S. (1997). "A fission track study of the terrigenous sedimentary sequences of the Morrison and Cloverly Formations in northeastern Bighorn Basin, Wyoming." The Mountain Geologist, 34: 51-62.
  18. Burton, D., Greenhalgh, B.W., Britt, B.B., Kowallis, B.J., Elliott, W.S., and Barrick, R. (2006). "New radiometric ages from the Cedar Mountain Formation, Utah and the Cloverly Formation, Wyoming: implications for contained dinosaur faunas." Geological Society of America Abstracts with Programs, 38(7): 52.
  19. T. R. Lipka: Lower and Middle Cretaceous Terrestrial Ecosystems. Hrsg.: Lucas, S.G., Kirkland, J.I. and Estep, J.W. (= New Mexico Museum of Natural History and Science Bulletin, 14). New Mexico Museum of Natural History and Science, Albuquerque 1998, OCLC 40283894, The Affinities of the Enigmatic Theropods of the Arundel Clay Facies (Aptian), Potomac Formation, Atlantic Coastal Plain of Maryland, S. 229–234.
  20. a b G. Grellet-Tinner, and Makovicky, P.: A possible egg of the dromaeosaur Deinonychus antirrhopus: phylogenetic and biological implications. In: Canadian Journal of Earth Sciences. 43. Jahrgang, Nr. 6, 2006, S. 705–719, doi:10.1139/E06-033.
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  23. Ostrom, John H. (1974). " The Pectoral Girdle and Forelimb Function of Deinonychus (Reptilia: Saurischia) : A Correction". Postilla, Peabody Museum of Natural History Bulletin , 165:1–11.
  24. a b J.H. Ostrom: On a new specimen of the Lower Cretaceous theropod dinosaur Deinonychus antirrhopus. In: Breviora. 439. Jahrgang, 1976, S. 1–21. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „ostrom1976“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
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  27. Gerard Grellet-Tinner: Oology And The Evolution Of Thermophysiology In Saurischian Dinosaurs: Homeotherm And Endotherm Deinonychosaurians? In: Papeis Avulsos de Zoologia. 46. Jahrgang, Nr. 1, 2006, S. 1–10 (scielo.br [abgerufen am 7. Juli 2007]).
  28. Gregory M. Erickson, Curry Rogers, Kristina; Varricchio, David J.; Norell, Mark A.; and Xu, Xing: Growth patterns in brooding dinosaurs reveals the timing of sexual maturity in non-avian dinosaurs and genesis of the avian condition. In: Biology Letters. published online. Jahrgang, 2007, S. 558, doi:10.1098/rsbl.2007.0254 (royalsoc.ac.uk [PDF; abgerufen am 26. Juli 2007]).
  29. Fastovsky, D.E., Weishampel, D.B.: The Evolution and Extinction of the Dinosaurs. Hrsg.: Fastovsky, D.E., Weishampel, D.B. 2nd Auflage. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-81172-4, Theropoda I: Nature Red in Tooth and Claw, S. 265–299.
  30. J. H. Ostrom: Archaeopteryx and the origin of birds. In: Biological Journal of the Linnean Society. 8. Jahrgang, 1976, S. 91–182, doi:10.1111/j.1095-8312.1976.tb00244.x.
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  33. W. D. Maxwell, Ostrom, J.H.: Taphonomy and paleobiological implications of Tenontosaurus-Deinonychus associations. In: Journal of Vertebrate Paleontology. 15. Jahrgang, Nr. 4, 1995, S. 707–712. (abstract)
  34. Daniel L. Brinkman, Cifelli, Richard L., Czaplewski, Nicholas J.: "First Occurrence of Deinonychus antirrhopus (Dinosauria: Theropoda) from the Antlers Formation (Lower Cretaceous: Aptain-Albian) of Oklahoma". In: Oklahoma Geological Survey. Nr. 164, 1998, S. 27.
  35. B. T. Roach, D. L. Brinkman: A reevaluation of cooperative pack hunting and gregariousness in Deinonychus antirrhopus and other nonavian theropod dinosaurs. In: Bulletin of the Peabody Museum of Natural History. 48. Jahrgang, Nr. 1, 2007, S. 103–138, doi:10.3374/0079-032X(2007)48[103:AROCPH]2.0.CO;2.
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