Herschel-Weltraumteleskop

Herschel Space Observatory, kurz Herschel, ist der Name eines von der ESA entwickelten 3,4 t schweren Infrarotweltraumteleskops, das zusammen mit dem Planck-Weltraumteleskop mit einer Ariane-Rakete am 14. Mai 2009 gestartet wurde. Das Teleskop wird im Lagrangepunkt L2 des Erde-Sonne-Systems positioniert und wurde nach dem Entdecker der Infrarotstrahlung Wilhelm Herschel benannt.
Planung und Inbetriebnahme
Das Projekt startete 1984 unter dem Namen Far Infrared and Submillimetre Telescope (FIRST). Das Budget beträgt ca. 1,1 Milliarden Euro. Der Hauptspiegel hat einen Durchmesser von 3,5 Metern, der aus zwölf Segmenten Siliciumcarbid bei EADS-Astrium in Toulouse gesintert wurde. Herschel hat somit den größten aus einem Stück bestehenden Spiegel, der bisher für ein Weltraumteleskop gefertigt wurde.[1] Herschel wird somit für einige Jahre das Weltraumteleskop mit dem größten Spiegel sein und in dieser Eigenschaft erst vom James Webb Space Telescope abgelöst werden (frühestens 2015), das jedoch einen aufklappbaren Spiegel haben wird. Ein Weltraumteleskop mit einem größeren einteiligen Spiegel ist bisher nicht geplant.
Zu den Hauptzielen von Herschel gehören Untersuchungen zur
- Entstehung und Entwicklung von Galaxien, insbesondere entfernter junger Galaxien, die aufgrund ihres Staubgehalts hauptsächlich im fernen Infrarot ausstrahlen;
- Entstehung und Entwicklung von Sternen, zum Beispiel durch großflächige Suche nach den frühesten Entwicklungsphasen der Sterne;
- Physik und Chemie der interstellaren Materie;
- Objekten in unserem Sonnensystem (Kometen und Planetenatmosphären).
Nach mehreren Verschiebungen erfolgte der Start am 14. Mai 2009 um 13:12 Uhr UTC[2]. Nach dem Brennschluss der Oberstufe wurde um 13:38 UTC das Herschel-Teleskop wenige Minuten vor dem Planck-Weltraumteleskop auf einer hochelliptischen Umlaufbahn mit einer Apogäumhöhe von 1.197.080 km und einer Bahnneigung zum Äquator von 6° ausgesetzt. Von diesem Orbit wurde es antriebslos innerhalb von sechzig Tagen in die vorgesehene Bahn um den Lagrangepunkt L2 des Erde-Sonne-Systems gebracht.[3] Das Weltraumteleskop fliegt auf einer 0,8-Millionen-Kilometer-Halo-Bahn um diesen Punkt[3]. Dieser befindet sich, von der Sonne aus gesehen, ca. 1,5 Millionen Kilometer hinter der Erde.
Technik
An Bord befinden sich drei Instrumente (Kameras und Spektrometer), die im fernen Infraroten (Terahertzstrahlung) und Submillimeterbereich des elektromagnetischen Spektrums bei Wellenlängen zwischen 57 und 670 µm arbeiten. Dieser Bereich kann vom Erdboden aus wegen des eingeschränkten atmosphärischen Fensters nicht beobachtet werden.
Die Experimente sind:
- HIFI (Heterodyne Instrument for Far Infrared): hochauflösendes Spektrometer (157–625 µm) vom Netherlands Institute for Space Research
- PACS (Photodetector Array Camera and Spectrometer): abbildendes Photometer/Spektrometer (57–210 µm) vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching bei München
- SPIRE (Spectral and Photometric Image Receiver): abbildendes Photometer/Spektrometer (200–670 µm) der University of Wales aus Cardiff
Wegen seiner Größe kann Herschel nicht wie frühere Infrarotweltraumteleskope (zum Beispiel Infrared Astronomical Satellite (IRAS), Infrared Space Observatory (ISO), Spitzer-Weltraumteleskop) vollständig mit flüssigem Helium gekühlt werden. Stattdessen wird sein eigentliches Teleskop mit einem Schild von der Sonnenstrahlung abgeschirmt, so dass es durch Wärmeabstrahlung in den Weltraum passiv auf unter 90 Kelvin (−193 °C) abkühlen kann. Nur die drei Instrumente werden mit flüssigem Helium gekühlt, das für einen Betrieb von mindestens drei Jahren ausreichen soll.
Ergebnisse
Am 19. Juni 2009 veröffentlichte die ESA erste Fotos des seit 14. Juni 2009 in Betrieb befindlichen Weltraumteleskops.[4] Sie zeigen die rund 37 Millionen Lichtjahre entfernte Spiralgalaxie Messier 51.[5]
Technische Daten
Herschel-Weltraumteleskop | Infrared Space Observatory (ISO)[6] (Erster Infrarotsatellit der ESA) | |
Startmasse | 3402 kg[7] | 2498 kg |
Kryostat | 2367 l suprafluides Helium-4, Temp. 1,6 K[1]. | 2250 l suprafluides Helium-4, Temp. 1,8 K |
Aktive Kühlung | von bestimmten Detektoren mit Helium-3 auf 0,3 K[1] | nicht vorhanden |
Höhe | 7,5 m | 5,3 m |
Durchmesser oder Breite | 4,0 m | 2,3 m |
Spiegeldurchmesser | 3,5 m | 0,6 m |
Teleskopmasse | 300 kg | ? |
Einsatzdauer | 3,5 Jahre (geplant) | ca. 2 Jahre und 7 Monate |
Bahn | Halobahn, 0,8 Mio km um L2 Erde-Sonne [1],[3] | Erdumlaufbahn 1.038–70.578 km hoch |
Trägerrakete | Ariane-5-ECA | Ariane 44P |
Startdatum | 14. Mai 2009 | 19. November 1995 |
Missionsende | ? | 16. Mai 1998 |
Gesamtkosten | 1,1 Mrd. Euro (geplant)[8] | ? |
Quellen
- ↑ a b c d Dietrich Lemke: Das Weltraumteleskop Herschel vor dem Start.
- ↑ ESA: Ariane 5 carrying Herschel and Planck lifts off. 14. Mai 2009, abgerufen am 14. Mai 2009 (englisch).
- ↑ a b c Martin Hechler: Die Bahnen der Weltraumteleskope Herschel und Planck
- ↑ *ESA Herschel Bilder http://www.esa.int/SPECIALS/Herschel/SEM76A0P0WF_0.html
- ↑ http://science.orf.at/science/news/156073
- ↑ ISO. (PDF) ESA, S. 4, abgerufen am 15. Mai 2009 (englisch).
- ↑ http://www.astrium.eads.net/de/press-center/launch-kits/2009/flight-188-ariane-5-satellites-herschel-planck/launch-kit-flight-188-pdf
- ↑ wdrblog.de Teleskope Herschel und Planck im Weltall
Literatur
- Dietrich Lemke: Das Weltraumteleskop Herschel vor dem Start. in: Sterne und Weltraum. Heidelberg 47.2008, Nr. 1 (Jan.), S. 36–46. ISSN 0039-1263
- Martin Hechler: Die Bahnen der Weltraumteleskope Herschel und Planck. In: Sterne und Weltraum. Heidelberg 47.2008, Nr. 1 (Jan.), S. 48-55. ISSN 0039-1263
Weblinks
- Commons: Herschel – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
- ESA: Herschel and Planck: Journey to L2 (englisch)
- ESA: Herschel: Exploring the formation of galaxies and stars (englisch)
- NASA Jet Propulsion Laboratory: Herschel Space Observatory (englisch)
- Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik: Herschel Space Telescope
- Max-Planck-Institut für Astronomie: Herschel (englisch)
- Herschel-PACS an der Universität Wien
- Raumfahrer.net: Herschel und Planck: Ein Blick hinter die Kulissen
- Bernd Leitenberger: Herschel und Planck
- Arianespace: Herschel-Planck Launch Kit (englisch, 10 S., PDF)