Waräger

Der Begriff Waräger (altnord. Væringjar von altnord. várar: „Schwur“) oder Rus ist nach heutigem allgemeinem Verständnis eine Bezeichnung für die Skandinavier bei den slawischen Völkern Osteuropas und im byzantinischen Reich. Die Waräger wurden zuerst in der Nestorchronik erwähnt.
In Osteuropa
In der Geschichtswissenschaft ist es allerdings nicht unumstritten, ob der Begriff „Waräger“ sich ursprünglich auf normannische (also skandinavische) oder slawische Gruppen bezog. Hierzu schreibt Birgit Scholz in ihrer Dissertation:
- „Die Frage nach den slawischen oder normannischen Wurzeln des altrussischen Staates ist seit dem 18. Jahrhundert ein Politikum ersten Ranges in den Beziehungen zwischen der deutschen, skandinavischen und russischen Historiographie, stoßen hier doch Überlegenheitsgefühle auf der einen Seite und gewisse Minderwertigkeitskomplexe auf der anderen Seite zusammen.“
Als Waräger wurden insbesondere durch Eide und Schwüre sowie gemeinsame Handelsinteressen verbundene skandinavische bewaffnete Männerbünde bezeichnet, die zwischen dem 8. und 12. Jahrhundert im Baltikum und in Osteuropa aktiv waren. Sie nutzten die großen Flüsse wie Wolchow, Newa, Düna, Wolga, Dnepr und Don, um sich im osteuropäischen Tiefland fortzubewegen. Die Waräger traten als Händler, Krieger und Siedler auf. Bei ihren Handelsfahrten über das Schwarze Meer kamen sie bis nach Konstantinopel, wo sie zeitweise die Leibgarde (Warägergarde) des oströmischen Kaisers stellten. Über das Kaspische Meer kamen sie sogar bis ins weit entfernte Bagdad. Auch die Leibwachen der russischen Fürsten, die Drushinas, gehen auf warägische Schwurgemeinschaften zurück.

Die Waräger waren an der Gründung des Reiches der Kiewer Rus beteiligt. Ab dem 9. Jahrhundert siedelten sie sich zunächst als Söldner, dann als Adels- und Anführerschicht unter den Ostslawen an. Diese in Russland ansässig gewordenen Skandinavier waren bis zum Ende des 10. Jahrhunderts vollständig slawisiert. Von nun an wurden sie nicht mehr als Waräger (russ. Warjagi) bezeichnet, denn das Wort „Waräger“ bezeichnete immer nur Fremde, niemals Einheimische bzw. Integrierte.
Es kamen jedoch bis ins 13. Jahrhundert immer wieder neue Krieger aus Skandinavien, um in der Kiewer Rus eine Zeit lang als Söldner zu dienen. Diese fremden Skandinavier wurden weiterhin als Waräger bezeichnet, in Abgrenzung zu den einheimischen Rus.
In Arabien
Ausgrabungen neuerer Zeit[1] haben erbracht, dass, zumindest vereinzelt, warägische Händler, nachdem sie ihre Güter durch Karawanen über die Landenge bei Sues ans rote Meer bringen ließen, auch im Bereich des heutigen Katar auftraten.[2]
Verschiedenes
In neuerer Zeit diente der Begriff unter anderem als Bezeichnung für den russischen Kreuzer Warjag und den gleichnamigen Flugzeugträger sowie eine geplante Division der Waffen-SS. Die finnische Viking Metal Band Turisas behandelt (fiktiv) abenteuerliche Reisen der Waräger über das heutige Russland bis in den nahen Osten in ihrem Konzeptalbum The Varangian Way. Der Comic-Autor Brian Wood behandelt das Thema der Waräger in Band 1-6 seiner Wikinger-Serie Northlanders.
Siehe auch
- Al-Madjus
- Gardarike
- Weg von den Warägern zu den Griechen
- Geschichte der Ukraine
- Geschichte Russlands
- Geschichte Weißrusslands
Literatur
- Birgit Scholz: Von der Chronistik zur modernen Geschichtswissenschaft. Die Warägerfrage in der russischen, deutschen und schwedischen Historiographie. Harrassowitz, Wiesbaden 2000, ISBN 3-447-04342-3
- Hans Kapel: Arryan, Qatar National Museum Journal, 1983, S 1-126 (Ausgrabungen Jabal Juasiyah, Qatar)