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Trockeneisstrahlen

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Das Trockeneisstrahlen ist ein Druckluftstrahlverfahren, bei dem als Strahlmittel festes Kohlenstoffdioxid, sogenanntes Trockeneis, mit einer Temperatur von -78,9°C eingesetzt wird. Das Verfahren wird in der Oberflächentechnik zum Reinigen eingesetzt.

Allgemeines

Trockeneis ist elektrisch nicht leitend, chemisch inert, ungiftig, umweltneutral und nicht brennbar. Im Gegensatz zu anderen Strahlmitteln geht Trockeneis (Trockeneispellets) bei Umgebungsdruck ohne Verflüssigung direkt vom festen in den gasförmigen Zustand über – es sublimiert. Mit einer Luftmenge von beispielsweise 5000 Litern pro Minute werden die Trockeneispellets beschleunigt und treffen mit einer Geschwindigkeit von 300m/sek. auf das zu reinigende Bauteil.

Beim Reinigen wird die zu entfernende Schicht lokal unterkühlt und versprödet dabei. Nachfolgende Trockeneispellets dringen in die Sprödrisse ein und sprengen sie vom Bauteil. Dabei sublimieren die Pellets sofort beim Aufprall, ohne Feuchtigkeit zu hinterlassen. Die Trockeneinpellets gehen bei diesem Vorgang in den gasförmigen Zustand über und vergrößern ihr Volumen um etwa das 700fache.

Die Vorteile dieses nicht abrasiven Verfahrens (kein Oberflächenabrieb) liegen darin, dass die Trockeneisreinigung absolut materialschonend ist und dass nach der Bearbeitung kein Reinigungsmedium zur Entsorgung zurückbleibt. Der größte Vorteil vom Trockeneisstrahlen ist, dass das Strahlmedium in den gasförmigen Zustand übergehet und in die Umgebungsluft entweicht. Da Trockeneis relativ weich ist, werden die Oberflächen nicht beschädigt und auch extrem empfindliche Elektrobauteile, wie beispielsweise Platinen, können so gereinigt werden. Aufgrund der Möglichkeit kleinste Geometrien schädigungsarm und ohne Demontage bearbeiten zu können, wird das Trockeneisstrahlen in der Industrie zum Reinigen von Gussformen, Entlacken von Baugruppen, Beseitigung von Unterbodenschutz zum Beispiel bei der Old- und Youngtimerrestaurierung, beim Reinigen von Austauschmotoren sowie zur Beseitigung von Gummi, Öl, Fett, Silikon, Wachs, bituminösen Beschichtungen, Trenn- und Bindemitteln sowie Klebstoffen eingesetzt. Im Bauwesen wird es unter anderem zur Entfernung von Anstrichen, Graffitis und Beseitigung der Haftwurzeln von Efeu und wildem Wein eingesetzt. Darüber hinaus wurden bereits sehr gute Ergebnisse bei der Fassadensanierung, der Denkmalpflege und der Restaurierung denkmalgeschützter Gebäude erzielt.

Verfahrensübersicht

Trockeneispartikel

Die Trockeneispartikel werden mit speziellen Strahlanlagen mit Hilfe von Druckluft auf etwa Schallgeschwindigkeit beschleunigt und direkt auf das zu reinigende Bauteil gestrahlt.

Datei:Trockeneisstrahlen Phase 1 - Trockeneispartikel.jpg
Trockeneisstrahlen Phase 1

Der thermische Effekt: Punktuelle Unterkühlung

Die auf das Bauteil treffenden Trockeneispartikel führen zu einer schlagartigen punktuellen Unterkühlung der zu entfernenden Beschichtung, wodurch diese versprödet und abplatzt. Auf Grund der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten von Schmutzschicht und Bauteil entstehen zwischen beiden Schichten thermische Spannungen. Diese verursachen die entscheidende Mikrorissbildung in der Schmutzschicht.

Datei:Trockeneisstrahlen Phase 2 - Der thermische Effekt.jpg
Trockeneisstrahlen Phase 2

Der kinetische Effekt: Absprengen der Beschichtung

Die kinetische Energie (Bewegungsenergie) der nachfolgend auftreffenden Trockeneispartikel führt zu einer Verformung und Zerkleinerung der Trockeneispartikel. Diese zerkleinerten Partikel dringen tief in die entstandenen Mikrorisse ein und unterwandern so die zu beseitigende Beschichtung.

Datei:Trockeneisstrahlen Phase 3 - Der kinetische Effekt.jpg
Trockeneisstrahlen Phase 3

Der Phasenumwandlungseffekt

Die nachfolgenden Trockeneispartikel dringen in die Sprödrisse ein und sublimieren (Übergang von festen in gasförmigen Zustand) beim Auftreffen schlagartig. Durch die Volumenvergrößerung bei der Sublimation um etwa das 700- bis 1000-fache, wird die zu entfernende Schicht vollständig vom Substrat getrennt.

Datei:Trockeneisstrahlen Phase 4 - Phasenumwandlungseffekt.jpg
Trockeneisstrahlen Phase 4

Literatur

  • HABERLAND, J.: Reinigen und Entschichten mit Trockeneisstrahlen – Grundlegende Untersuchung des CO2-Strahlwerkzeuges und der Verfahrensweise. Fortschritt-Berichte VDI, Reihe 2, Nr. 502, Dissertation, Universität Bremen, 1999.
  • REDEKER, C.: Abtragen mit dem Trockeneisstrahl. Fortschritt-Berichte VDI, Reihe 2 Nr. 639, Dissertation, Universität Hannover, 2003.
  • KRIEG, M.: Analyse der Effekte beim Trockeneisstrahlen. Berichte aus dem Produktionstechnischem Zentrum Berlin, Dissertation, TU Berlin, 2008. ISBN 978-38167-7625-3

Siehe auch