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GLONASS

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Wladimir Putin mit GLONASS-Empfänger aus russischer Produktion, 2007

GLONASS (russisch ГЛОНАСС, als Akronym für Globalnaja Nawigazionnaja Sputnikowaja Sistema, d. h. Globales Satellitennavigationssystem) ist ein Satellitennavigationssystem, das vom Verteidigungsministerium der Russischen Föderation betrieben wird.

Technik

GLONASS ähnelt in Aufbau und Funktionsweise dem US-amerikanischen NAVSTAR-GPS. Die Satelliten der GLONASS-Konstellation tragen den Namen Uragan (Hurrikan). Technisch basiert GLONASS auf ähnlichen Prinzipien wie GPS. Die parallele Entwicklung der beiden gleichwertigen Systeme während des Kalten Krieges war aus militärstrategischen Gründen unabdingbar.

Die Entwicklung des Systems begann 1972. Die ersten drei Satelliten starteten am 12. Oktober 1982, das System ist am 24. September 1993 offiziell als operationell erklärt worden. Der Vollausbau, bestehend aus 21 Standard- und drei Reservesatelliten, wurde 1996 erreicht. Die Satelliten sind auf einem Medium Earth Orbit in drei Bahnebenen mit 64,8° Neigung gegen den Äquator. Dadurch ist die Verfügbarkeit in den Polarregionen etwas besser als bei GPS (55° Bahnneigung). Die Große Halbachse der Umlaufbahn beträgt 25.500 km, die Bahnhöhe 19.100 km (GPS 20.200 km). Die Umlaufzeit liegt bei 11:15 Stunden (GPS 11:58).

Im Gegensatz zum GPS senden bei GLONASS alle Satelliten mit gleichem Code (PRN: Pseudozufallsrauschen), aber auf unterschiedlichen Frequenzen (FDMA). Maximal zwei Satelliten senden auf demselben Kanal im Dezimeterwellen-Bereich. Jeder von GLONASS verwendete Kanal sendet Signale auf zwei Frequenzen L1 und L2, nämlich

  • L1 = 1602 MHz + k · 562,5 kHz
  • L2 = 1246 MHz + k · 437,5 kHz, wobei k die Kanalnummer bezeichnet.

Beim GPS nutzen alle Satelliten die gleichen Frequenzen.

Wie GPS benötigt GLONASS zum Regelbetrieb knapp 24 Satelliten, damit gewährleistet werden kann, dass immer zumindest drei davon an einem Ort sichtbar sind. Bisher reichte die Anzahl der funktionsfähigen Satelliten dafür nicht aus, so dass nicht immer an jedem Ort der Erdoberfläche genügend Satelliten für die Ortsbestimmung verfügbar sind. Bei bekanntem Standort ist dann lediglich eine Zeitbestimmung möglich. Wenn drei Satelliten sichtbar sind, können aus den Signalen drei Parameter abgeleitet werden, z.B. bei bekannter Höhe (Schiff auf dem Meer) der Ort (geogr. Breite und geogr. Länge) und die Zeit. An die Zeit werden relativ hohe Genauigkeitsanforderungen gestellt, da ein Zeitfehler von einer Mikrosekunde bereits zu einem Ortsfehler in der Größenordnung von 300 Metern führt. Mobile Empfänger benötigen daher für eine vollständige Ortsbestimmung mit den vier Parametern geographische Breite, geographische Länge, Höhe über dem Meeresspiegel und Uhrzeit auch immer vier Satelliten.

Im Januar 2003 kamen die Leitung der ESA und Roskosmos überein, die GLONASS-M-Satelliten zum Testen von Hardware für das zukünftige System Galileo der EU zu nutzen.

Am 12. September 2008 ordnete der Ministerpräsident von Russland, Wladimir Putin den Ausbau von GLONASS für 67 Milliarden Rubel (1,8 Milliarden Euro) an. Im Jahr 2012 sollen alle für den weltweiten Regelbetrieb notwendigen Satelliten einsatzbereit und im Orbit sein.[1]

Systemarchitektur

Satellitenkonstellation (Space Segment)

Uragan-Satellit für das GLONASS-System

Der erste Uragan-Testsatellit Kosmos 1413 wurde im Oktober 1982 zusammen mit zwei Uragan-Attrappen in seine Umlaufbahn gebracht. Ursprünglich sollte das System 21 Satelliten für den Normalbetrieb sowie drei Reservesatelliten umfassen. Die neue Planung sieht 30 Satelliten vor, die sich auf drei Orbits mit jeweils 8 Satelliten und 2 Reservesatelliten verteilen.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion konnten bis ins Jahr 1995 noch weitere Satelliten pro Jahr gestartet werden, die wohl schon zu Sowjetzeiten fertiggestellt wurden, so dass man 1995 ein System von 25 funktionierenden Satelliten hatte. Im Jahr 1998 war die Anzahl jedoch schon auf 13 gesunken und verringerte sich bis 2001 auf nur sieben Satelliten. Ab 2002 begann die Anzahl der funktionsfähigen Satelliten wieder anzusteigen. Das Problem dabei war die hohe Ausfallrate aufgrund der sehr kurzen Lebensdauer der einzelnen Uragan-Satelliten von nur drei Jahren.

Seit 2001 werden auch verbesserte Uragan-M-Satelliten mit einer Lebensdauer von sieben Jahren eingesetzt. Eine neue Uragan-K-Generation mit geringerer Startmasse und einer Lebensdauer von zehn Jahren befindet sich in Entwicklung (der erste Start ist für 2010 geplant). Uragan und Uragan-M (beide 1415 kg) werden in einem Tripel mit schweren Proton-Raketen gestartet, die leichteren Uragan-K (850 kg) sollen zu zweit mit einer deutlich günstigeren Sojus-2/Fregat starten können.

Ende 2005 wurden drei weitere GLONASS-Satelliten (zwei Uragan-M und ein Uragan) mit einer Proton-Rakete gestartet, Ende 2006 folgte ein weiterer Proton-Start mit drei Uragan-M-Satelliten; im Oktober 2007, Dezember 2007, September 2008, Dezember 2008 und Dezember 2009 wurden jeweils drei Satelliten gestartet.

Derzeit (Februar 2010) besteht das Satellitensegment von GLONASS aus 19 funktionierenden Satelliten. Für das Jahr 2010 plant Roskosmos den Start von neun weiteren Satelliten.[2]

GLONASS-Satellitenkonstellation vom 12. März 2010
Slot Kanal GLONASS-Nr. Kosmos-Nr. Startdatum
(UTC)
in Betrieb
(UTC+3)
Status internat. Bezeichnung
(COSPAR)
Katalog-Nr.
(AFSC)
Uragan-Typ
1/01 '01' 730 2456 14.12.2009 30.01.2010 in Nutzung 2009-070A 36111 M
1/02 '-04' 728 2448 25.12.2008 20.01.2009 in Nutzung 2008-067C 33468 M
1/03 '05' 727 2447 25.12.2008 17.01.2008 in Nutzung 2008-067A 33466 M
1/04 '06' 733 2457 14.12.2009 24.01.2010 in Nutzung 2009-070B 36112 M
1/05 '01' 734 2458 14.12.2009 10.01.2010 in Nutzung 2009-070C 36113 M
1/06 Slot leer
1/07 '05' 712 2413 26.12.2004 07.10.2005 in Nutzung 2004-053B 28509 M
1/08 '06' 729 2449 25.12.2008 12.02.2009 in Nutzung 2008-067B 33467 M
2/09 '-02' 722 2435 25.12.2007 25.01.2008 in Nutzung 2007-065B 32394 M
2/10 '-07' 717 2426 25.12.2006 03.04.2007 in Nutzung 2006-062B 29671 M
2/11 '00' 723 2436 25.12.2007 22.01.2008 in Nutzung 2007-065C 32395 M
2/12 Slot leer
2/13 '-02' 721 2434 25.12.2007 08.02.2008 in Nutzung 2007-065A 32393 M
2/14 '-07' 715 2424 25.12.2006 03.04.2007 Unterhalt seit 01.03.2010 2006-062C 29672 M
2/15 '00' 716 2425 25.12.2006 12.10.2007 in Nutzung 2006-062A 29670 M
2/16 Slot leer
3/17 '04' 718 2431 26.10.2007 04.12.2007 in Nutzung 2007-052C 32277 M
3/18 '-03' 724 2442 25.09.2008 26.10.2008 in Nutzung 2008-046A 33378 M
3/19 '03' 720 2433 26.10.2007 25.11.2007 in Nutzung 2007-052A 32275 M
3/20 '02' 719 2432 26.10.2007 27.11.2007 in Nutzung 2007-052B 32276 M
3/21 '04' 725 2443 25.09.2008 05.11.2008 in Nutzung 2008-046B 33379 M
3/22 '-03' 726 2444 25.09.2008 13.11.2008 Unterhalt seit 31.08.2009 2008-046C 33380 M
3/23 '03' 714 2419 25.12.2005 31.08.2006 in Nutzung 2005-050A 28915 M
3/24 '02' 735 2461 01.03.2010 gestartet 2010-007C 36402 M

Bodenstationen (Control Segment)

Alle Bodenstationen befinden sich auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, nämlich in Moskau, Komsomolsk am Amur, Sankt Petersburg, Jenisseisk (alle auf dem Gebiet der Russischen Föderation) und Ternopil (Ukraine).

Benutzersegment (User Segment)

Nach Aussagen des russischen Verteidigungsministeriums im November 2006 soll ab 2009 die kommerzielle Nutzung von GLONASS möglich werden. Das System würde damit in direkter Konkurrenz zum US-amerikanischen GPS, dem europäischen Galileo-System und dem chinesischen Compass-System stehen.

Entsprechend konstruierte Navigationsgeräte könnten Daten sowohl von den GLONASS- als auch GPS-Satelliten empfangen und durch Kombination beider Signale eine erhöhte Genauigkeit erzielen. Auch bei dem Ausfall eines Systems oder als Schutz gegen Manipulation (siehe GPS-Jammer) hätte diese Anwendung Vorteile.

Im Jahr 2009 wurde der erste russische vollständig auf einem Chip integrierte Empfänger für GLONASS (inkl. GPS/Galileo/Compass) vorgestellt.[3]

Erweiterungen

Um die Genauigkeit zu verbessern, namentlich durch die Korrektur der veränderlichen Einflüsse der Ionosphäre auf die Signallaufzeiten, ist für GLONASS ebenfalls ein Satellite Based Augmentation System geplant.[4]

Das Projekt ERA GLONASS (russisch экстренного реагирования при авариях, extrennowo reagirowanija pri awarijach; deutsch Notfallreaktion bei Unfällen) sieht Geräte vor, welche bei Verkehrsunfällen automatisch eine Alarmmeldung absetzen, welche auch den Standort enthält. Das System wird mit dem europäischen eCall kompatibel sein.[5]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Putin orders additional $2.6 bln on Glonass development [1], RIA Novosti, abgerufen 13. September 2008 (englisch).
  2. Russische GLONASS-Gruppierung wird 2010 um neun Satelliten erweitert [2], RIA Novosti, abgerufen 15. Februar 2010 (deutsch).
  3. Typ NV08C-MCM-M, vgl. auch US-Patent 7358896
  4. Russia launching GLONASS correction relay satellites [3], navigadget.com, abgerufen 8. Januar 2010 (englisch).
  5. ERA GLONASS und eCall werden gemeinsam Menschenleben retten [4], RIA Novosti, abgerufen 15. Februar 2010 (deutsch).