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Förderschule (Deutschland)

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Eine Förderschule – auch Sonderschule, Förderzentrum oder Schule mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt – ist eine Schule für Kinder und Jugendliche, die in ihren Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten so beeinträchtigt sind (konkret z.B. durch Lern- oder Körperbehinderung), dass sie im Unterricht der allgemeinen Schule ohne sonderpädagogische Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können[1]. Verschiedene Förderschultypen beziehungsweise Förderschwerpunkte bieten dabei eine speziell auf die jeweiligen Defizite zugeschnittene sonderpädagogische Förderung, die den Kindern eine bessere Entwicklung ermöglichen soll, als sie auf der Regelschule erreichbar wäre. Die Schüler werden in der Regel durch einen Schülerspezialverkehr von und zur Schule gebracht. Insgesamt gab es 2007 in Deutschland etwa 430.000 Schüler an diesen Schulen, das sind etwa 4,5 % aller Schüler in Deutschland.[2]

Förderschulen sind umstritten. Das Hauptargument der Kritiker ist, dass sie das Ziel der besten Förderung verfehlen und dass die betroffenen Schüler bessere Leistungen erzielen, wenn sie an Regelschulen unterrichtet werden[3]. Sie fordern stattdessen ein integratives oder inklusives Bildungssystem.[4] Die Kritiker sehen sich in ihren Zielen bestätigt durch die UN-Behindertenrechtskonvention von 2009, die ein inclusive education system (offizielle Übersetzung: integratives Bildungssystem) vorschreibt.

Bildungsgänge im deutschen Bildungssystem

Zum Begriff

Nicht-Pädagogen benutzen heute oft noch die Bezeichnung „Sonderschule“, teilweise noch die historischen Bezeichnung „Hilfsschule“. Letztere wird amtlich nicht mehr verwendet. Da in Deutschland das Bildungswesen in der Verantwortung der Länder liegt, werden amtlich unterschiedliche Bezeichnungen benutzt. In einigen Ländern wird die Bezeichnung „Sonderschule“ verwendet.

Durch die Umbenennung der früheren Hilfsschulen in Sonderschulen für Lernhilfe oder Förderschulen sollte unter anderem der zunehmenden Stigmatisierung der Schüler als „ausgesonderten“ Menschen entgegengetreten werden. Seit Mitte der 1990er Jahre gingen viele Länder dazu über, den Begriff Sonderschule bei allen Sonderschulformen durch andere Begriffe wie Förderschule oder Schule mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt zu ersetzen. Mit dem Begriff Förderung soll deutlich gemacht werden, dass die Schulen bestrebt sind, Beeinträchtigungen abzubauen und zu kompensieren. Demnach genügt es nicht, einem Schüler die Nicht-Eignung für die allgemeine Schule zu attestieren. Vielmehr ist es notwendig, durch eine eingehende und begleitende Förderdiagnostik die geeignete sonderpädagogische Einrichtung zu finden. Allerdings liegt bei den mehrfachen Umbenennungen auch der Gedanke an eine Euphemismus-Tretmühle nicht fern.

Spezifische Förderung und Integration

Grundlage für die Aufnahme beziehungsweise Überweisung eines Kindes in eine Förderschule ist die Feststellung eines spezifischen sonderpädagogischen Förderbedarfs nach einem von den Ländern gesetzlich geregelten Verfahren. Der Förderbedarf orientiert sich an Art und Umfang der Behinderung. Diesem Förderbedarf kann grundsätzlich in einer Förderschule oder auch durch Integration in einer allgemeinen Schule entsprochen werden. In einigen Ländern gibt es ein weitgehendes Wahlrecht der Eltern zwischen beiden Formen. Einer häufig qualitativ und quantitativ besseren technischen und pädagogischen Ausstattung der Förderschulen steht die Möglichkeit einer besseren gesellschaftlich-sozialen Integration des Kindes in einer allgemeinen Schule gegenüber.

Um zusätzliche Kosten bei der sonderpädagogischen Förderung in der allgemeinen Schule zu reduzieren und pädagogisches Know-how zu bündeln, sind so genannte Integrationsschulen entstanden; das sind Schulen, in denen in mehreren Klassen häufig auch zwei oder drei Kinder mit Behinderung am Unterricht teilnehmen.

Gemäß UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen („Behindertenrechtskonvention“) müssen allerdings auch Schüler mit körperlichen oder geistigen Behinderungen an regulären Schulen unterrichtet werden.[5] Die Max-Traeger-Stiftung geht in einem Gutachten davon aus, dass die Länder und Kommunen als Schulträger durch die Behindertenkonvention gezwungen sein könnten, 80 bis 90 Prozent der behinderten Schüler inklusiv zu beschulen.[6]

Förderzentrum und mobiler Dienst

Der Begriff Förderzentrum hat in der Fachliteratur noch keine einheitliche Definition. Eine Förderschule kann ein Förderzentrum sein ohne diesen Namen zu tragen.

Förderzentren sind häufig aus Sonderschulen entstanden, indem der Aufgabenbereich der Schulen „nach außen“ erweitert wurde. Die Sonderschullehrer des Förderzentrums sind nun nicht mehr nur für den Unterricht an der Förderschule und die Betreuung der Schüler mit Behinderung dort zuständig, sondern zusätzlich für die Betreuung der Schüler mit Behinderung in allgemeinen Schulen.

Diese Form der Betreuung wird durch den mobilen Dienst gewährleistet. Sonderschullehrer suchen die Schüler mit Behinderung ihrer Schule auf, beraten die Lehrer dort und unterstützen die Schüler. Mobiler Dienst wird von vielen Förderzentren, aber auch von Förderschulen verschiedenster Fachrichtungen angeboten.

Förderschultypen im Überblick

Man unterscheidet folgende Schultypen, die auf den jeweiligen Förderbedarf gezielt eingehen können, wobei nicht alle Schultypen in allen Ländern eingerichtet sind oder auch anders benannt werden:

Die Förderschulen für blinde und sehbehinderte Kinder und die Förderschulen für gehörlose und schwerhörige Kinder (zusammengefasst als Schule für Hörgeschädigte) befinden sich oft unter einem Dach.

Pädagogisch-audiologische Beratungsstellen an Förderschulen für hörgeschädigte Kinder

Pädagogisch-audiologische Beratungsstellen dienen der Beratung von Eltern hinsichtlich einer vermuteten oder diagnostizierten Hörschädigung bei ihrem Kind. Auf Wunsch kann bis zur Einschulung eine Frühförderung durchgeführt werden.

Geschichte der Förderschule

Geschichte der Förderschulen für gehörlose und schwerhörige Kinder

Die Sächsische Landesschule für Hörgeschädigte Leipzig, Förderzentrum Samuel Heinicke wurde 1778 als erste Gehörlosenschule Deutschlands durch Samuel Heinicke gegründet.

Siehe auch: Gehörlosigkeit

Geschichte der Förderschule für Lernbehinderte

Bereits 1835 wurde in Chemnitz die Notschule gegründet. Sie war für Schüler mit mangelndem Wissen für die Konfirmation gedacht. In Halle (Saale) richtete ein Rektor 1859 eine Nachhilfeklasse für „nicht vollsinnige Kinder“ ein. Im weiteren Verlauf besuchten die Notschule vor allem lernschwache Schüler. Heinrich Ernst Stötzner (1832–1910) gründete 1881 eine der ersten Hilfsschulen Deutschlands, im selben Jahr richtete Heinrich Kielhorn in Braunschweig eine Hilfsklasse ein. Andere entstanden in Elberfeld, und Leipzig. Mit seiner Schrift „Schulen für schwachbefähigte Kinder“ ruft Stötzner de facto die Hilfsschulen ins Leben. Stötzner propagiert darin eine eigenständige Schule für Kinder, die er als „die letzten in der Classe“ beschreibt. Der Besuch der Hilfsschulen war den Kindern vorbehalten, denen eine geringe kognitive Begabung attestiert wurde, nicht jedoch den „Blödsinnigen“, für die angenommen wurde, dass sie nicht „schulbildungsfähig“ seien. In einem Referat zur Heilpädagogischen Woche in Berlin verwendete Eduard Spranger erstmals die Bezeichnung Sonderschule.

Nach der Machtergreifung Hitlers wurde das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in Kraft gesetzt. Das Gesetz enthielt einen ausdrücklichen Hinweis auf die Hilfsschüler. Dadurch veränderte sich das Ziel der Hilfsschulen massiv: Zur Unterstützung der „Erb- und Rassenpflege“ und besonders zur Entlastung der Volksschulen wurden Kinder in den Hilfsschulen zur Beobachtung eingewiesen. Die Hilfsschule als Institution war dadurch nicht gefährdet, wohl aber die Schüler selbst zum Beispiel durch häufige Zwangssterilisation.

Die Nachkriegszeit brachte für die Hilfsschulen keine entscheidenden Veränderungen. Vielmehr wurde an die bereits in der Weimarer Republik bestehenden Systeme angeknüpft.

Erst in den 1950er und 1960er Jahren folgte der Aufbau des Sonderschulwesens in Deutschland. 1955 wird der „Verband deutscher Hilfsschulen“ in „Verband deutscher Sonderschulen“ umbenannt. Als neue Bezeichnung der Schülerschaft setzt sich Lernbehinderte durch. Die Konferenz der Kultusminister verwendet diesen Begriff 1960 in einem Gutachten zur Neuordnung des Sonderschulwesens. Die Umbenennung der Hilfsschule zur „Sonderschule für Lernbehinderte“ setzt sich zuerst in Hessen, später im ganzen Bundesgebiet durch.

Das heutige moderne Förderschulsystem mit ausdifferenzierten Schultypen geht auf die Gedanken von Wilhelm Hofmann zurück.

Förderschulen und Sonderschulen in den Ländern

Da das Schulwesen in Deutschland dezentral organisiert ist, ist es Angelegenheit der Länder, die genauen Vorschriften über den Art und Umfang der Schultypen zu treffen.

Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg wird durchgängig der Begriff „Sonderschule“ als Gattungsbegriff benutzt, wobei hierunter alle speziellen Schulen fallen, wie die Schule für Kranke, auf die vor allem Schüler gehen, die wegen Krankheit längere Zeit im Krankenhaus sind und meist keiner besonderen Förderung bedürfen. Die „Schule für Lernbehinderte“ wurde in „Förderschule“ umbenannt, da die Lernförderung hier besonders zum Ausdruck kommen sollte. Folgende Sonderschularten sind in Baden-Württemberg eingerichtet:

  • Schule für Blinde
  • Schule für Geistigbehinderte
  • Schule für Körperbehinderte
  • Förderschule (früher: Schule für Lernbehinderte)
  • Schule für Hörgeschädigte
  • Schule für Sehbehinderte
  • Schule für Sprachbehinderte
  • Schule für Erziehungshilfe
  • Schule für Kranke (in Krankenhäusern, selten)
  • Berufssonderschule (in den obigen Ausprägungen)

Schulträger ist neben freien Trägern häufig der Kreis, bei Sonderschulen mit Heim und beruflichen Sonderschulen das Land, bei Förderschulen jedoch teilweise auch die Gemeinde. Die Schulen bilden zu den normalen Abschlüssen der übrigen Schulen aus (Hauptschulabschluss, Realschulabschluss, Abitur), sofern das nach dem Grad der Behinderung möglich ist. Die Schüler der Sonderschulen sollen möglichst in Regelschulen integriert werden, wenn es pädagogisch sinnvoll und auch technisch möglich ist. Bei Blinden zum Beispiel ist wegen besonderer Schulbücher usw. ein sehr hoher Aufwand nötig, um diese eine Regelschule besuchen zu lassen. Körperbehinderte besuchen in der Regel Regelschulen. An den allgemeinbildenden Schulen können Außenklassen der Sonderschulen gebildet werden, wenn dies nötig ist.

Der Schüler soll eine Heimsonderschule nur dann besuchen, wenn eine Förderung an einer normalen Sonderschule wegen des hohen Förderbedarfes und der fehlenden passenden Fördermöglichkeit vor Ort nicht möglich ist (z.B. wegen der besonders starken Behinderung oder wegen zu geringer Schüleranzahl, die weite Fahrtwege nach sich ziehen würde). Heimsonderschulen gibt es nur für blinde und sehbehinderte, für geistig behinderte, für hörgeschädigte, für körperbehinderte und für sprachbehinderte Menschen.

Bayern

Die sonderpädagogische Förderung ist rechtlich geregelt im Art. 19 BayEUG. Förderschulen dienen Kindern und Jugendlichen, die „an einer allgemeinen oder beruflichen Schule nicht oder nicht ausreichend gefördert und unterrichtet werden können“.

Von den 5.300 Schulen Bayerns (darunter 2.800 Volksschulen) waren zwischen den Jahren 2000 und 2003 durchschnittlich 375 als Förderschulen eingerichtet (5.400 Klassen à 11–12 Schüler). Auf deren etwa 7.000 Lehrer entfielen im Schnitt 8,6 Schüler. Die Zahlen sind derzeit stabil.

Die Abschlüsse sind gleichwertig mit denen an Hauptschulen, ausgenommen die der Förderzentren für die Förderschwerpunkte geistige Entwicklung und Lernen.

Unter den 350 Realschulen (öffentlich und privat) waren 2000–2003 vier Förderschulen. Die Klassenzahl stieg von 49 auf 62 bei je 10–11 Schülern. Bei höheren Schulen ist keine sonderpädagogische Förderung vorgesehen. Aus den obg. Zahlen ist zu ersehen, dass die Förderung in der Volksschule in 90–98 % der Problemfälle ausreicht.

Förderzentren in Bayern

Förderzentren entstanden ursprünglich aus Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Lernen, emotionale und soziale Entwicklung sowie dem Förderschwerpunkt Sprache. Sie beinhalten in einer einzigen Organisationseinheit (nicht zwingend in einem Gebäude) die Abteilungen Frühförderung (mit den Mobilen Sonderpädagogischen Hilfen)(MSD/MSH), Schulvorbereitende Einrichtungen (SVE), Diagnose- und Förderklassen (DFK), Mittelstufe und Oberstufe (SDW-Klassen) des Lernbehinderten-(L)-Zweigs und die Mittelstufe des Hauptschulzweigs (GS/HS).

Während die Schüler im L-Zweig nach dem Lehrplan zur Lernförderung unterrichtet werden, gilt im GS-Zweig der Grundschullehrplan und im HS-Zweig der Hauptschullehrplan. Neben der Diagnose steht in den Förderzentren besonders die Förderung des einzelnen Schülers im Mittelpunkt. Durch die Durchlässigkeit der verschiedenen Zweige soll die Optimierung der Suche nach dem passenden Förderort erreicht werden. Für geeignete Schüler besteht zu jeder Zeit, aber insbesondere nach dem Ende der Mittelstufe (also nach der 6. Klasse) die Möglichkeit, in andere Schularten (z.B. der Hauptschule) zu wechseln.

Besonders die Oberstufe der Förderzentren legen den Schwerpunkt der Arbeit auf die Berufswahl der Jugendlichen. Durch Praktika in Betrieben (besonders im Handwerk und der Industrie), einen hohen Anteil an außerschulischer Praxis, dem sogenannten BLO-Tag (Berufs- und Lebensorientierung) und dem schulischen BLO-Tag soll jeder Schüler an die Berufswahl- bzw. Ausbildungsreife herangeführt werden.

Mittlerweile heißen alle ehemaligen Förderschulen "Förderzentrum", unabhängig vom Förderschwerpunkt.

Niedersachsen

Seit dem Schuljahr 2004/2005 werden die Sonderschulen in Niedersachsen als Förderschulen bezeichnet. Dies umfasst alle Schultypen der ehemaligen Sonderschulen. So gibt es z. B. eine Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung, eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen usw.

Nordrhein-Westfalen

Die in Nordrhein-Westfalen gültigen Vorschriften für die Förderschulen finden sich in der Bereinigten Amtlichen Sammlung der Schulvorschriften Nordrhein-Westfalen.

Behinderungen werden entsprechend ihrem Förderbedarf oder ihrer inhaltlichen Nähe kategorisiert und die Kinder in entsprechenden Schulformen zusammengefasst. Folgende Förderschwerpunkte gibt es:

  1. Emotionale und soziale Entwicklung (früher: erziehungsschwierig/verhaltensgestört/verhaltensauffällig),
  2. Geistige Entwicklung (früher: geistig behindert),
  3. Hören und Kommunikation (früher: gehörlos, schwerhörig),
  4. Körperliche und motorische Entwicklung (früher: körperbehindert),
  5. Lernen (früher: lernbehindert)
  6. Sehen (früher: blind, sehbehindert),
  7. Sprache (früher: sprachbehindert).

Die Entscheidung über die Förderbedürftigkeit trifft die Schulaufsichtsbehörde (Schulamt) nach entsprechendem Verfahren (AO-SF)

In Nordrhein-Westfalen findet (zumindest auf begrifflicher Ebene) gerade ein Paradigmenwechsel statt. Der Begriff „Förderschule“ hat den Begriff „Sonderschule“ ersetzt. So wird z.B. die bisherige Sonderschule „Schule für Lernbehinderte“ nun als „Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen“ bezeichnet.

Durch das neue Schulgesetz (SchulG) vom 15. Februar 2005 und die neue AO-SF (Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung) vom April 2005 sind die Schwerpunkte der sonderpädagogischen Förderung nun Lernen, Sprache, emotionale und soziale Entwicklung, Hören und Kommunikation, Sehen, geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung.

Die sonderpädagogische Förderung kann an allgemeinen Schulen (gemeinsamer Unterricht, integrative Lerngruppen), an Förderschulen, in sonderpädagogischen Förderklassen, an Berufskollegs mit Förderschwerpunkt, allgemeinen Berufskollegs und in Schulen für Kranke stattfinden.

Die Schüler werden nach den Richtlinien der allgemeinen Schulen, im Bildungsgang des Förderschwerpunkts Lernen oder des Förderschwerpunkts Geistige Entwicklung unterrichtet. In den Förderschulen mit den anderen Förderschwerpunkten gliedert sich der elfjährige Bildungsgang in die Eingangsklasse, die Primarstufe und in die Sekundarstufe I. In den Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Lernen sowie Emotionale und soziale Entwicklung gliedert sich der zehnjährige Bildungsgang in die Primarstufe und in die Sekundarstufe I. Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung, Hören und Kommunikation, Sehen sowie Körperliche und motorische Entwicklung können auch Bildungsgänge der Sekundarstufe II umfassen oder als Schulen der Sekundarstufe II geführt werden. In den Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung gliedert sich der elfjährige Bildungsgang in die auf zwei Jahre angelegte Vorstufe und in die auf jeweils drei Jahre angelegte Unterstufe, Mittelstufe und Oberstufe. Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung können ihre Berufsschulpflicht in der Sekundarstufe II in der Berufspraxisstufe erfüllen; diese schafft Grundlagen für eine spätere berufliche Tätigkeit.[7]

Soziale Herkunft der Kinder

80–90 % der Kinder in Schulen für Lernbehinderte stammen aus dem Armutsmilieu oder andersherum betrachtet: 19 % der Kinder aus der Unterschicht sind auf einer Förderschule, im Vergleich zu 1 % der Kinder aus der Oberschicht. Die unsichere berufliche und finanzielle Situation der Eltern, schlechte Wohnbedingungen, das Leben in sozialen Brennpunkten, unvollständige Familien, eingeschränkte und einseitige Anregungen und soziale Isolation tragen laut Schlack dazu bei, dass in dieser Lebenswelt die Bedürfnisse der Kinder nicht befriedigt werden können. Dies führt dazu, dass sie ihr intellektuelles Potential nicht erreichen können.[8][9]

Kritik an den Förderschulen

Die Kritik an den Förderschulen argumentiert in erster Linie mit der am 26. März 2009 getretenen UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland. Die vom deutschen Bundestag im November 2008 ratifizierte Übersetzung des Originaldokuments enthält eine Abschwächung einer ursprünglichen Formulierung. Am 1. Juli 2009 stellte die damalige Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Karin Evers-Meyer, die von ihr ins Leben gerufene Kampagne „alle inklusive! Die neue UN-Konvention“ vor, bei der 22 Verbände auf acht Fachkonferenzen zu acht Themenfeldern den legislativen und sonstigen Handlungsbedarf ermittelt hatten. Die Verbände forderten, dass es keinen Neu- oder Ausbau von Förderschulen in Deutschland mehr geben solle.[10]

Der Terminus der inklusiven Beschulung wurde mit dem Wort einbeziehend übersetzt und wird als eine Verwässerung der ursprünglichen Aussage kritisiert. Die Konvention etabliert einen Rechtsanspruch für Eltern auf eine einbeziehende Beschulung ihrer Kinder. Dieses Recht kann gegenüber Schulbehörden geltend gemacht und eingeklagt werden. Ob dadurch die Praxis, Kinder und Jugendliche Förderschulen zuzuweisen, grundlegend in Frage gestellt wird, verbleibt somit im Entscheidungsspielraum der Behörden. Nicht zuletzt unterliegt die Entscheidung finanziellen Überlegungen, denn eine Betreuung von Menschen mit Behinderung an einer normalen Schule ist relativ kostenintensiv.

Ebenfalls soll die Unterstellung, behinderte Kinder würden durch Förderschulen in dem Sinn gefördert, dass sie mehr Kompetenzen erwürben als auf anderen Schulen grundlegend, in Frage gestellt werden: Je länger ein Schüler eine Förderschule besucht habe, desto schlechter seien sowohl seine Rechtschreibleistungen als auch seine Intelligenzwerte, meint Heinz Wocken, Professor für Lernbehindertenpädagogik an der Universität Hamburg. Christoph Ehmann sieht in der Finanzierungsstruktur des Bildungssystems eine Tendenz, junge Menschen mit dem Besuch von Förderschulen zu stigmatisieren und somit von der Teilhabe an gesellschaftlichen Kernbereichen auszuschließen. In der Tendenz eine Leistungshomogenität herzustellen und die damit verbundene Selektion sieht er faschistoide Muster.[11]

Situation in anderen Ländern

Vereinigte Staaten

In den Vereinigten Staaten werden behinderte Kinder grundsätzlich integrativ an den Regelschulen unterrichtet. Gesetzliche Grundlage hierfür ist der Individuals with Disabilities Education Act (IDEA), ein 1974 erstmals verabschiedetes und seitdem mehrfach ergänztes amerikanisches Bundesgesetz, das den Zugang behinderter Kinder zu angemessener Schulbildung sicherstellen soll. An öffentlichen Schulen werden behinderte Kinder gemeinsam mit nicht-behinderten Kindern unterrichtet, jedoch zusätzlich durch speziell ausgebildete Fachlehrer (Special Education Teachers) betreut, die in den laufenden Unterricht kommen und dort ausschließlich mit den behinderten Kindern arbeiten. Daneben umfasst das Lehrpersonal amerikanischer öffentlicher Schulen regelmäßig auch Physio-, Ergo- und Sprachtherapeuten.[12]

Die größten Personengruppen, auf die der Individuals with Disabilities Education Act Anwendung findet, sind heute Kinder mit spezifischen Lernbehinderungen wie z. B. Legasthenie (Zahl der Kinder, die 2005 mit einem solchen Problem an öffentlichen Schulen integrativ unterrichtet wurden: 2,6 Mio.), Sprechstörungen (1,5 Mio.), geistigen Behinderungen (0,5 Mio.), emotionalen Störungen (0,4 Mio.), Entwicklungsstörungen (0,3 Mio.; vor allem bei Vorschulkindern), Autismus (0,2 Mio.) und Mehrfachbehinderungen (0,1 Mio.).[13]

Daneben gibt es in den USA 1.066 private Förderschulen (Special Education Schools), ein Konzept, das sich aufgrund der niedrigen Siedlungsdichte des Landes jedoch nur im Umfeld großer Städte behaupten kann.[14]

Einzelnachweise

  1. Auszug aus Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland 2008 der KMK
  2. taz vom 26. Juli 2007
  3. Teuer und Erfolglos In: Spiegel 2009
  4. Sozialverband Deutschland zum Thema Inklusion
  5. Am Ende des Sonderwegs. Zeit Online, 23. Dezember 2008, abgerufen am 31. Dezember 2008.
  6. Max-Traeger-Stiftung: Gutachten zu den völkerrechtlichen und innerstaatlichen Verpflichtungen aus dem Recht auf Bildung nach Art. 24 des UN-Abkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und zur Vereinbarkeit des deutschen Schulrechts mit den Vorgaben des Übereinkommens S.60 http://www.gew.de/Binaries/Binary42647/080919_BRK_Gutachten_finalKorr.pdf
  7. Bildungsportal des Landes Nordrhein-Westfalen, Verordnung über die sonderpädagogische Förderung,den Hausunterricht und die Schule für Kranke (Ausbildungsordnung gemäß § 52 SchulG – AO-SF), April 2005
  8. Schlack, Hans (1995): Lebenswelten von Kindern. In Schlack, Hans (Hrsg.): Sozialpädiatrie – Gesundheit – Krankheit – Lebenswelten. Stuttgart/Jena/NewYork: Gustav Fischer Verlag, ISBN 3-437-11664-9, S. 90/91
  9. Thorsten Stegemann. 08.November.2007. „Vererbte Chancenlosigkeit“ http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26561/1.html
  10. Deutscher Bundestag. Wissenschaftliche Dienste: Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. 21. Juli 2009. S. 2
  11. Matthias Bartsch: Ende des Aussortierens. Der Spiegel. Ausgabe 50/2009. 7. Dezember 2009. S.47
  12. Individuals with Disabilities Education Act;IDEA (The Individual with Disabilities Education Act); Teachers – Special Education
  13. Children and students served under IDEA
  14. K12 Academics

Siehe auch