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Profitrate

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Der Begriff der Profitrate ist eine im Wesentlichen von Karl Marx (1818-1883) geprägte ökonomische Kategorie. Sie drückt den Verwertungsgrad des angewandten Kapitals aus.

Ein entscheidender Unterschied zur Gewinnrate/Profitrate, wie sie in den ökonomietheoretischen 'Denkschulen' der Klassik/Neoklassik und des Keynesianismus aufgefasst wird, liegt in der verschiedenen Bezugnahme zur Referenzgröße Kapital. Während dort im Quotienten der Gleichung der Kapitalstock (Bauten,Produktionsanlagen u. Maschinerie, oder buchhalterisch: Anlagevermögen) verwendet wird, bezieht sich die Marx'sche Profitrate auf einen weiter gefassten Kapitalbegriff, in den darüber hinaus das Umlaufvermögen (konstantes zirkulierendes Kapital bei Marx) als auch die Wertsumme für die ausgezahlten Löhne+Gehälter, das variable Kapital, eingehen. Die einzelnen individuellen Profitraten wirken kapitalmassengewichtet auf die Bildung einer allgemeinen, gesellschaftlichen Durchschnittsprofitrate ein.


Die Profitrate (im Sinne der Kapitalanalyse von Karl Marx) drückt das Verhältnis aus von erzeugtem Mehrwert (m) und dem zu dieser Erzeugung notwendigen Einsatz von konstanten Kapital (c), (also Maschinerie, Bauten, Roh-u. Hilfsstoffe, Halbfabrikate) als auch von menschlicher Arbeitskraft, was sich wertmäßig als variables Kapital (v) ausdrückt, der Lohnsumme für diese Menge Arbeitskraft.

Formal ausgedrückt in:

            Profitrate 

zeigt sie den Grad der Verwertung dieses Kapitals (C=c+v) an.

Der Profit ist die innerste Triebkraft der kapitalistischen Produktionsweise, d.h. es wird nur das und nur dann produziert, wenn die Produktion einen höheren Wert abwirft, als zu ihrer Herstellung an Werten notwendig war. Dieses 'mehr' an Werten ist der Mehrwert (der sich in die verschiedenen Teile des Profits verwandelt, nämlich Unternehmergewinn, Zins, Bodenrente), welcher aus der unbezahlten Mehrarbeit resultiert.

Der tendenzielle Fall der Profitrate drückt folgendes aus:

Die Akkumulation von Kapital, d.h. die permanente Erweiterung der stofflichen wie wertmäßigen Basis der Produktion, vollzieht sich in einer stärkeren Ausdehnung des konstanten Kapitals im Verhältnis zur Erweiterung des variablen Anteils des Gesamtkapitals. (Die organische Zusammensetzung des Kapitals, das Verhältnis c zu v, wächst).

Da die Wertübertragung (von konstantem Kapital) und die Erzeugung neuen Werts (des variablen Kapitals und des Mehrwerts) ausschließlich durch die lebendige Arbeitskraft innerhalb des Arbeitsprozesses erfolgt, müsste bei erhöhtem Einsatz von konstantem Kapital die Arbeitskraft im selben Verhältnis ihre Arbeitsproduktivität erhöhen, damit die vergrößerte Masse Gesamtkapital sich in demselben Verhältnis verwerten kann wie vor der Akkumulation. Da dies Verhältnis nicht oder nur unzureichend eingehalten werden kann, kommt es zur fallenden Tendenz der Profitrate (Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate).

Der permanente Zwang zur Erweiterung des Kapitals (technische Verbesserungen um sich im Konkurrenzkampf mit anderen Einzelkapitalen durchzusetzen) schreibt diese gesamtökonomische Tendenz fort.

Zur Definition von Profit und Profitrate im Einzelnen (Beispiel):

Zu Beginn eines „Jahres“ (es kann auch eine andere Periodenlänge gewählt werden, dann ergeben sich andere Zahlenwerte) muss der Kapitalist einen bestimmten Kapitalbetrag investieren.

Er muss z. B. investieren:

100 € für Löhne (variables Kapital v)

Außerdem muss er für konstantes Kapital c investieren:

100 € für Produktionsmaterial

100 € für Geräte (mit einer Lebensdauer von 2 Jahren)

100 € für Maschinen (mit einer Lebensdauer von 4 Jahren)

100 € für eine Produktionsanlage (mit einer unendlich langen Lebensdauer).

Insgesamt investiert er also zu Jahresbeginn 500 €.

Während des Jahres werden Waren im Wert von 300 € produziert und verkauft. Von diesem Umsatz müssen aber die Kosten abgezogen werden, die während des Jahres anfallen.

Das sind für zirkulierendes Kapital, also Ausgaben für Produktionsmittel und Arbeitskraft, die noch während des Jahres wieder verbraucht werden:

100 € Lohnkosten (variables Kapital)

100 € Ausgaben für Produktionsmaterial.

Kosten für fixes Kapital (Abschreibungen). Der Wert von Produktionsmittel, die über mehrere Jahre hinweg zum Einsatz kommen, stellt fixes Kapital dar: Der Kapitalist muss berücksichtigen, dass seine Geräte und Maschinen nicht ewig halten, sondern nach Abnutzung ersetzt werden müssen. Er muss also von den Erlösen jährlich etwas zurücklegen (Abschreibungen), um zum Lebensende der Geräte und Maschinen gleich die Ersatzinvestitionen tätigen zu können.

Je Jahr muss er von den Geräten 50 € abschreiben (100 € Anschaffungskosten dividiert durch Lebensdauer von 2 Jahren, es ist lineare Abschreibung unterstellt) und von den Maschinen 25 € (100 € Anschaffungskosten dividiert durch Lebensdauer von 4 Jahren). Von der Produktionsanlage muss er nichts abschreiben, weil diese in diesem Beispiel ewig hält.

Insgesamt betragen die Kosten je Jahr also 275 €. Zieht man vom Umsatz von 300 € diese Kosten ab, verbleibt ein Profit von 25 € (hier gleich dem Mehrwert m). 25 € bezogen auf einen Kapitaleinsatz von 500 € ergeben eine jährliche Profitrate von 5 %.

Besonderheiten:

In diesem Beispiel wurde angenommen dass die Löhne vorschüssig, also zu Jahresbeginn gezahlt werden. Werden sie nachschüssig, erst zu Ende des Jahres gezahlt, sind sie nachwievor vom Umsatz als Kosten abzuziehen, sie gehen aber nicht mehr in den Kapitaleinsatz zu Jahresbeginn ein. Die Profitrate hat dann einen anderen höheren Wert.

Im Beispiel wurde angenommen, dass die Umschlagsperiode der Produktionsmittel ein Jahr beträgt. Die 100 € müssen also zu Jahresbeginn vorgehalten werden. Können dagegen die Produktionsmittel laufend während des Jahres nachgekauft werden (Kapitalumschlagsperiode für Produktionsmittel kleiner als ein Jahr), dann muss weniger Kapital für sie vorgehalten werden. Die Profitrate ist entsprechend höher. Ähnliches gilt auch für die Löhne. Werden diese laufend als Monats-, Tages- oder Stundenlohn ausgezahlt, muss der Kapitalist für Löhne weniger Kapital vorhalten.

Moralischer Verschleiß:

Im Beispiel bestimmte sich die Lebensdauer des fixen Kapitals durch den physischen Verschleiß, durch die physische Abnutzung im Produktionsprozess. Karl Marx nennt daneben auch den moralischen Verschleiß, die Entwertung von fixem Kapital, weil neuere Produktionsmittel mit höherer Profitrate sich ausbreiten und die alten Produktionsmittel entwerten. In obigem Beispiel könnte beispielsweise der Wert der physisch ewig haltenden Anlagen nach vier Jahren wegen technischen Fortschritts auf null absinken. Dann müssten auch die Anlagen jährlich mit 25 € abgeschrieben werden. Der Gewinn von 25 € ohne moralischen Verschleiß würde auf 0 € mit moralischem Verschleiß sinken. Im Kapitalismus besteht also eine Rationalitätenfalle in dem Sinne, dass die Anschaffung neuer Anlagen mit höherer Profitrate dem Kapitalisten einen Konkurrenzvorteil verschafft, verbreiten sich jedoch diese neuen Anlagen auf die Gesamtwirtschaft, geben sie die Norm vor und entwerten alte bestehende Produktionsmittel. Diese Entwertung gehört zu den Kosten und vermindert die Profite.