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Klavierkonzert (Schumann)

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Das Klavierkonzert a-Moll op. 54 ist ein romantisches Solokonzert für Klavier und Orchester von Robert Schumann. Er vollendete das Konzert 1845 und führte es im Dezember des Jahres erstmals auf. Das Konzert, welches während der Hochromantik entstand, trägt viele Eigenschaften der romantischen Epoche. Ebenso wie einige andere Klavierkonzerte des 19. Jahrhunderts hat das a-Moll-Konzert einen sinfonischen Charakter. Da das Werk zunächst als Phantasie konzipiert war, steht das gesamte Konzert unter romantisch-phantastischen Eindrücken.[1] Schumann benötigte für die verzögerte Fertigstellung über fünf Jahre. Auf dem Titelblatt des Autographs weist Schumann auf die unterschiedlichen Entstehungszeiten der Sätze hin.

Entstehung

Robert Schumann 1839

Schumann hatte zuvor bereits einige Kompositionsversuche von Klavierkonzerten unternommen. 1828 begann er ein Konzert in Es-Dur und von 1829 bis 1831 arbeitete er an einem Konzert in F-Dur, aber keine dieser Arbeiten wurde vollendet. Bereits am 10. Januar des Jahres 1833 äußerte Schumann erstmals den Gedanken, ein Klavierkonzert in a-Moll zu schreiben. In einem Brief an seinen zukünftigen Schwiegervater Friedrich Wieck formulierte er: „Ich denke mir das Klavierkonzert müsse aus C-Dur oder a-Moll gehen.“[2] 1841 entstand schließlich vom 17. bis 20. Mai die Phantasie für Klavier und Orchester a-Moll. [3] Schumann versuchte erfolglos dieses einsätzige Werk bei Verlegern anzubringen. Der mit Allegro affettuoso für Pianoforte mit Begleitung des Orchesters op. 48 bezeichnete Satz ließ sich alleinstehend bei keinem Verleger verkaufen. Im August 1841 sowie im Januar 1843 überarbeitete Schumann den Satz, blieb jedoch erfolglos. So entschloss er sich, das Werk zu einem Klavierkonzert zu vergrößern. 1845 fügte Schumann ein Intermezzo und ein Rondo hinzu und vollendete das Klavierkonzert.

Das Werk wurde in Leipzig am 4. Dezember 1845 [4] mit seiner Frau Clara Schumann am Klavier und Ferdinand Hiller als Dirigent uraufgeführt. Es wurde anders als viele Klavierkonzerte der Romantik mit Begeisterung aufgenommen. Clara Schumann schrieb nach der Uraufführung: "... wie reich an Erfindung, wie interessant vom Anfang bis zum Ende ist es, wie frisch und welch ein schönes zusammenhängendes Ganze!"

Intention

Trotz seiner Dreisätzigkeit hat das Werk den Charakter einer Phantasie behalten. Die Grundgedanken des Werkes sind Sehnsucht und das Glück zweier sich liebender Menschen. Schumann setzt in diesem Werk seinen Kampf um Clara Wieck musikalisch um. [3] Das Hauptthema des ersten Satzes ähnelt der Melodie der Florestan-Arie aus Beethovens Oper Fidelio. Kongruent zu Beethoven, steht dieses Thema auch bei Schumann für Gattentreue und Freiheitskampf. Ein besonderes Anliegen ist Schumann in all seinen Werken auch der Kampf gegen das Philistertum. Auch in seinem a-Moll Konzert wird der Kampf gegen philisterhafte Eigenschaften musikalisch ausgefochten.

Besetzung

Schumann wählt für sein Klavierkonzert a-Moll die übliche Besetzung für Konzerte der Frühromantik. Das Orchester besteht aus paarweisen Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotten, Hörnern und Trompeten. Hinzu kommen Pauken und ein Streichorchester von mittlerer, aber durchaus sinfonischer Größe. Die Aufführungsdauer des Konzertes beträgt je nach Interpretation etwa 35 Minuten.

Verschmelzungsprinzip

Während das barocke Solokonzert eher den Kontrast zwischen Orchester und Soloinstrument (Tutti und Solo) im Wechselspiel herausarbeitet, zeigen die Solokonzerte von Mozart und speziell Beethoven zunehmende Tendenzen zur Verzahnung von Soloinstrument und Orchester. Zur Zeit Schumanns hatten sich dann zwei Arten von Solokonzerten herausgebildet.

Einerseits sogenannte Virtuosenkonzerte mit extrem virtuosem, solistischen Anspruch (wie beispielsweise die beiden Klavierkonzerte Chopins), in welchen das teilweise recht undifferenziert gestaltete Orchester hauptsächlich eine begleitende Umrahmung darstellt. In den wirklichen thematischen Dialog mit dem Soloinstrument tritt es jedoch kaum ein.

Andererseits fast sinfonische Konzerte, in denen das Soloinstrument stärker in das musikalische Geschehen und die motivische Arbeit einbezogen ist. Es kann die Stärken und Charakteristika seiner einzelnen Untergruppen angemessener verwirklichen. Das Kontrastprinzip der klassischen Solokonzerte weicht hier einem Verschmelzungsprinzip. [5]

Gegen das in der ersten Art von Konzerte zur Schau getragene veräußerlichte Virtuosentum richtete Schumann wiederholt scharfe Angriffe. Für ihn war eher das zweite Modell zukunftsweisend.

„Und so müssen wir getrost den Genius abwarten, der uns in neuer glänzender Weise zeigt, wie das Orchester mit dem Klavier zu verbinden sei, daß der am Klavier herrschende den Reichtum seines Instruments und seiner Kunst entfalten könne, während das Orchester dabei mehr als das bloße Zusehen habe und mit seinen mannigfaltigen Charakteren die Szene kunstvoller durchwebe.“ [6]

Clara Schumann schrieb hierzu nach der Uraufführung:

„Das Klavier ist auf das feinste mit dem Orchester verwebt. Man kann sich das Eine nicht denken, ohne das andere. [...] Der Pianist ist in diesem Klavierkonzert nicht nur Solist, sondern auch Orchestermusiker“ [7]

Der Hauptsatz

Der Hauptsatz des a-Moll Konzertes hat die Bezeichnung Allegro affettuoso, deren Ursprung in der einsätzigen Phantasie lag, übernommen. Der Satz steht im 4/4-Takt. Wie die meisten Werke Schumanns steht das Konzert auch unter dem Eindruck des Konfliktes zwischen dem stürmischen Florestan und dem träumerischen Eusebius. Der monumentale Satz in a-Moll beginnt mit einem Dominantschlag des Orchesters. Auf diesen Expositionsakkord folgt eine abwärtsstürzende, rhythmisch prägnante, dem Ideal des Florestan entsprechende Akkordfolge des Soloklavieres. In Takt vier wird dann mit einem a-Moll-Akkord von Klavier und Orchester die Tonika erreicht. Erst danach erklingt, von den Holzbläsern vorgetragen, das dem Ideal des Eusebius entsprechende, träumerische Hauptthema im vierten Takt. Im Laufe des ersten Satzes variiert Schumann dieses Thema auf mannigfaltige Art und Weise. Nachdem die von der Oboe angeführten Holzbläser das Thema vollständig durchlaufen haben, übernimmt der Solist im 12. Takt. Während das Soloinstrument sich dem Hauptgedanken des Konzertes widmet, beginnen die Streicher ab dem 41. Takt einen florestanischen, mit Synkopen versehenen Seitengedanken zu intonieren. In der Folge wird dieser Gedanke dominierend, bis das Hauptthema in Takt 59 leise drängend in variierter Form wiederkehrt. Von Takt 67 bis 131 baut Schumann nun einen mit Animato bezeichneten Seitensatz ein. [8] Bis Takt 94 wird hierbei das Hauptthema fortgesponnen. Es folgt bis zum 111. Takt ein Dialog zwischen Oboe und Klavier, der mit einer ritardando-Zäsur endet. Bis zum Ende dieses Seitensatzes stellt Schumann nun ein zweites Thema vor, welches jedoch nicht den Rang des Hauptthemas erreicht. Melodische Einwürfe der Holzbläser und Tongemälde des Klaviers zeichnen gleichsam ein Bild der Geliebten. Mit einer impressiven Klage beginnt in Takt 156 die Durchführung des Hauptsatzes. Diese hat fast den Rang eines eigenständigen Mittelteils. In As-Dur wird das metrisch veränderte Hauptthema von Klavierarpeggien umspielt. Plötzlich unterbrechen jedoch Akkorde des Florestan-Themas den Frieden des Hauptthemas. Es kommt zu einem Kampf zwischen beiden Idealen, der die weitere Durchführung mit schnellen Wechseln von Soli und Tutti prägt. Mit weiteren Steigerungen und der Modulation nach a-Moll wird die Reprise hervorgebracht. Die im 259. Takt beginnende Reprise ist eine relativ genaue Wiederholung der Exposition. Die letzte spannungsgeladene Steigerung bringt eine Solokadenz von unglaublicher Größe und Virtuosität hervor. Sie ist zweifellos der Kulminationspunkt des Satzes. Zunächst wird in dieser im 402. Takt beginnenden Kadenz das Hauptthema auf polyphone Art und Weise verarbeitet. Anschließend führt der Verlauf der Kadenz, die für jeden Pianisten die höchste Schwierigkeitsstufe darstellt, leidenschaftlich vorandrängend zur Coda (Takt 458). Zunächst beherrscht ein pochender, geheimnisvoller 2/4-Rhythmus das Geschehen. Dieser wird jedoch wenig später in einen kämpferischen Davidsbündlermarsch verwandelt. Mit vier Tutti-Akkorden endet der 544 Takte umfassende Hauptsatz des Konzertes.

Rezeption

Die zeitgenössische Rezeption des Werkes war durchwegs positiv. Besonders hervorgehoben wurde die gekonnte, farbenreiche und selbständige Orchesterbehandlung, welche Klavier und Orchester gleichermaßen Raum lasse. So lobte die Leipziger Allgemeine Musikzeitung die Komposition am 31. Dezember:

"weil sie die gewöhnliche Monotonie der Gattung glücklich vermeidet und der vollständig obligaten, mit großer Liebe und Sorgfalt gearbeiteten Orchesterpartie, ohne den Eindruck der Pianoleistung zu beeinträchtigen, ihr volles Recht widerfahren läßt und beiden Theilen ihre Selbstständigkeit in schöner Verbindung zu wahren weiss." [9]

Die Dresdner Abendzeitung lobte die "durchaus selbstständige, schön und interessant geführte Orchesterbehandlung", und anerkennt, dass das starke "Zurücktreten der Klavierpartie in den Hintergrund" durchaus auch als Fortschritt gesehen werden könne.[10]

Einzelnachweise

  1. Juan Martin Koch: Das Klavierkonzert des 19. Jahrhunderts und die Kategorie des Symphonischen, Seite 213. Siehe auch Literaturangaben
  2. Hansjürgen Schaefer: Konzertbuch Orchestermusik P-Z, Seite 313. Siehe auch Literaturangaben.
  3. a b Hans Jürgen Schaefer: Konzertbuch Orchestermusik P-Z Seite 314. Siehe auch Literaturangaben Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Konzertbuch P-Z Seite 314“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  4. Hansjürgen Schaefer: Konzertbuch Orchestermusik P-Z, Seite 315. Siehe auch Literaturangaben.
  5. August Gerstmeier: Robert Schumann - Klavierkonzert a-Moll, op. 54, Wilhelm Fink Verlag, München, 1986, Seite 7
  6. Robert Schumann: Gesammelte Schriften über Musik und Musiker, Hrsg.: Martin Kreisig, Leipzig, 1914, Seite 386
  7. Rondo Klassik-Führer
  8. Abhandlung über Schumanns Klavierkonzert
  9. Kritik der Uraufführung, erschienen am 31. Dezember 1845 in der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung; zitiert nach August Gerstmaier: Robert Schumann - Klavierkonzert a-Moll, op. 54, Wilhelm Fink Verlag, München, 1986, ISBN 3770523431, Seite 40
  10. Kritik der Uraufführung vom 4. Dezember 1845 in der Dresdner Abendzeitung; zitiert nach August Gerstmaier: Robert Schumann - Klavierkonzert a-Moll, op. 54, Seite 39

Literatur

  • Hansjuergen Schaefer: Konzertbuch Orchestermusik P-Z, VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1958
  • Juan Martin Koch: Das Klavierkonzert des 19. Jahrhundert und die Kategorie des Symphonischen, Studio-Verlag, 2001 ISBN 3-89564-060-3
  • August Gerstmeier: Robert Schumann - Klavierkonzert a-Moll, Wilhelm Fink Verlag, München 1986 ISBN 3-77052-343-1