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Lanze von Lehringen

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Die Lanze von Lehringen ist eine 1948 nahe Lehringen (Niedersachsen) entdeckte Holzlanze aus dem Mittelpaläolithikum. Heute wird die Lanze im Historischen Museum Verden gezeigt. Eine Nachbildung findet sich im Niedersächsischen Landesmuseum in Hannover.

Fundsituation

1948 wurden beim Abtragen einer Mergelgrube nahe Lehringen zunächst das Skelett eines großen Tieres, dann auch Steinartefakte und eine hölzerne Lanze entdeckt. Bergung und Dokumentation waren mangelhaft. So wurden weder Lagepläne noch Fotos angefertigt. Zudem wurden Teile des Fundes vom Schaulustigen mitgenommen.

Archäologische Interpretation

Die Skelettreste wurden als die eines ausgewachsenen Waldelefanten identifiziert. Zwischen seinen Rippen steckte eine Lanze aus Eibenholz. Die Spitze aus dem gleichen Material war leicht versetzt angebracht worden. Sie muss dem Waldelefanten von vorne in den Brustkorb getrieben worden sein. Durch das Gewicht des darauf stürzenden Waldelefanten war die 2,40 m lange Lanze bei der Bergung halbkreisförmig gebogen, plattgedrückt und in mehrere Teile zerbrochen. Gebrauchs- und Politurspuren weisen darauf hin, dass die Lanze schon vor dem Ereignis vermutlich zu verschiedenen Zwecken benutzt worden war.

Bei den mindestens 28 gefundenen Steinartefakten handelt es sich um Abschläge aus baltischem Feuerstein. Auffällig ist das Fehlen von unbearbeitetem Feuerstein (Rohknollen) und fertigen Steinwerkzeugen. Mikroskopische Gebrauchsspurenanalysen wiesen an drei Abschlägen Fleischpolitur auf. Wahrscheinlich wurden die Abschläge vor Ort genutzt um den Waldelefanten zu zerlegen, es scheint sich aber nicht um einen Lagerplatz zu handeln.

Pollenanalysen wie auch der Waldelefant selbst weisen das Jagdereignis in das letzte Interglazial vor 128.000 bis 115.000 Jahren BP. Dieses Interglazial wird auch als Eem-Warmzeit bezeichnet und datiert in die Sauerstoff-Isotopenstufe 5e. Kulturell ist dies die Zeit des Mittelpaläolithikums, in der in Europa vor allem der Neandertaler auftritt.

Durch das Jagdinventar von Lehringen konnte das erste Mal nachgewiesen werden, dass der Neandertaler aktiv Großwild jagte und sich dazu hölzerner Lanzen bediente.

Literatur

  • K. D. Adam: Der Waldelefant von Lehringen – eine Jagdbeute des diluvialen Menschen. Quartär 5, 1951, S. 79–92.
  • H. Thieme, S. Veil: Neue Untersuchungen zum eemzeitlichen Elefanten-Jagdplatz Lehringen, Ldkr. Verden. Die Kunde 36, 1985, S. 11–58.