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European Remote Sensing Satellite

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ERS Satellit über dem Südpol (künstl. Darst.)

Die ESA-Satelliten ERS-1 und ERS-2 (European Remote Sensing Satellite) dienen der Fernerkundung der Erdoberfläche und umkreisen unseren Planeten seit 1991 und 1995. Sie sind mit jeweils mehreren ("multidisziplinären") Messtechniken für Mikrowellen ausgerüstet.

Satellitenbahnen und Bildspuren

Die ERS-Satelliten umrunden die Erde in etwa 100 Minuten und laufen auf nahezu polaren Umlaufbahnen, wodurch sie sonnensynchron ausgelegt werden konnten. Das bedeutet, dass die Bahnebenen immer im selben Winkel zur Sonne stehen und die aufgenommenen Bildstreifen auch zu verschiedenen Zeiten etwa dieselben Verhältnisse bei Beleuchtung und Kontrast aufweisen.

Streifenartiges Scannen der Erde

Die Satellitenbahnen sind so ausgelegt, dass sie in 35 Tagen fast jede Stelle der Erde zumindest einmal mit ihren Sensoren überstreichen. ERS-1 ist zwar seit 4 Jahren nicht mehr aktiv, übertraf aber die geplante Nutzungsdauer um das Doppelte.

Dieses streifenförmige Überfliegen kommt durch zwei Effekte zustande: die Erdrotation und die Präzession der Bahnebenen.
Die Bahnen von Satelliten stellen Ellipsen oder Kreise dar und verlaufen genähert nach den Kepler-Gesetzen. Ihre Ebenen bleiben im umgebenden Raum (Bezugssystem der Sterne) weitgehend raumfest, sodass sich unser Heimatplanet unter diesen Bahnen "unbeirrt" hinwegdreht. Das hat zur Folge, dass ERS- und ähnliche Satelliten die Erdoberfläche nach und nach in zusammenhängenden Bildstreifen abtasten können.

Würde ein polarnaher Satellit (Nord-Süd fliegend) nun genau 14-mal täglich die Erde umkreisen, käme er nach jedem Tag fast zum denselben Streifen zurück. Hätte also z.B. ERS-2 diese Umlaufzeit von 102,86 Minuten, könnte er die Erdoberfläche zwar täglich entlang gewisser Meridiane beobachten, die dazwischen liegenden Gebiete aber nicht. Man ändert und stabilisiert die Bahnen daher so, dass sie jeden Tag in einem gewissen Abstand vom vorigen verläuft.

Sonnensynchron und Monatsrhythmus

Eine sonnensynchrone Bahn erreicht man hingegen durch eine Besonderheit der Himmelsmechanik. Sie wird auch bei anderen geodätisch-geografischen Satelliten ausgenützt und hängt mit der Erdabplattung (engl. flattening) f zusammen - der Abweichung des Meeresspiegels von der Kugelform:

Verläuft eine Bahn genau über Nord- und Südpol (Bahnneigung 90°), hat f keinen Effekt auf die Bahn. Ist sie hingegen schräg zum Erdäquator (z.B. i = 45°), weicht die Bahnebene wie bei leichter Kippung einer Kreiselachse etwas zur Seite aus. Diese Präzession kann bis zu 8° täglich ausmachen.
Bei sehr steilen Bahnen kann man sie auf 360°/365,24 = 0,9856° pro Tag hintrimmen - jenen Winkel, um den die Sonne scheinbar unter den Sternen weiterwandert. Bei 800 km Bahnhöhe ergeben die Formeln i = 98,5°, also eine Umlaufbahn, die etwa 900 km an den Polen vorbeiführt.

Durch entsprechende Feinabstimmungen kann der Planer eines solchen Projektes dann erreichen, dass der Satellit im Abstand gewisser Tage an eine frühere Bahnspur genau um soviel anschließt, wie breit seit Radar- oder Gesichtsfeld ist. Bei ERS-1 und ERS-2 ist diese Wiederholungsrate 35 Tage.

Instrumente der ERS-Satelliten

Das wichtigste Messgerät ist ein C-Band SAR mit einer Bodenauflösung von 30x30 Meter. Während ERS seine Spur zieht, schwenkt es um 12° nach links und rechts und misst so einen 100 km breiten Streifen aus. Auf der Sonnenseite kommt er immer zur selben Tageszeit, auf der Schattenseite zur selben Nachtzeit. So liefert er - unabhängig vom herrschenden Wetter - Bilder des Festlandes und Ozeans, der Küsten und des Polareises.

ERS-2 hat zusätzlich zum Instrumentarium des ERS-1 noch das Spektrometer GOME. Weitere Messgeräte sind:

  1. Radar-Altimeter zur Höhenmessung über Meer oder Eisflächen: ein Ku-Band Sender mit 13.8 GHz, der senkrechte Mikrowellen abstrahlt und die Laufzeit ihres Echos misst. Nach detaillierter Analyse ergibt sich Wellenhöhe, Wind, Meerespiegelhöhe und Geoid, Gezeiten und Daten von Eisflächen.
  2. ATSR (Along-Track Scanning Radiometer): ein abbildendes Infrarot-Radiometer (IRR) kombiniert mit einer passiven Mikrowellen-Sonde (MWS). Das IRR misst in 4 Kanälen für die Wolken- und Meerestemperatur auf ¼ bis ½ Grad. So lässt sich außer Wetter und Klimaänderung auch die Wolkenhöhe oder ein Waldbrand erfassen.
    1. ERS-2 misst zusätzlich zum IR auch mit Licht, um Vegetation zu analysieren.
    2. Das MWS hat zwei Kanäle für den Gesamt-Wassergehalt der Atmosphäre über einer Bodenspur von 20 km Breite.
  3. GOME (Global Ozone Monitoring Experiment) ist ein Spektrometer für UV und Licht. Seit 1996 liefert die ESA über CD-ROM oder Internet 3-Tages-Datensätze zu Ozon, Stickstoffdioxid und Bewölkung. GOME kann auch einige Spurengase in der Luft aufspüren und Aerosole messen.
  4. MWS/MWR (Microwave Sounder & Radiometer): passives Radiometer (23,8 und 36,5 GHz) für Wasserdampf der Atmosphäre, um die Altimetrie (1) genau reduzieren zu können (Dampf und Wassertropfen "verlängern" den scheinbaren Weg des Echosignals).
  5. SAR (Synthetic Aperture Radar): AMI (Aktive Miklrowelle) mit zwei Modi: Im Abbildungsmodus detailreiche Bilder der Erdoberfläche (100 km-Streifen), im Wellenmodus für Meereswellen, kombiniert mit dem Windscatterometer (s.unten).
    1. WS: Windrichtung und -Geschwindigkeit für Wetter, Statistiken und Klimamodelle. Das Scatterometer misst die veränderte Rückstrahlung des Meeres, die von den kleinen Rippelwellen und ihrer Windenergie abhängt.
  6. PRARE (Precise Range and Range Rate Equipment): Allwetter-Distanzmessung für die hochpräzise Bahnbestimmung und für Satellitengeodäsie - z.B. zur Analyse des Erdschwerefeldes oder der Plattentektonik.
  7. LRR (Laser-Retroreflector): ein Infrarot-Reflektor für gepulste Laserstrahlen spezieller Bodenstationen, welche die zugehörigen Messgeräte zur Vermessung der Bahn haben.

Innovation durch Kombination

Als Innovation konnten ERS-1 und ERS-2 zusammen aktive Interferometrie betreiben: leicht verschiedene Orbits führen zu etwas anderem "Blickwinkel" der Satelliten. Durch rechnerische Kombination der Unterschiede konnte man Bewegungen der Erdkruste auf einige Zentimeter erfassen und farbkodiert sichtbar machen.

So lieferten die Satelliten Daten über Veränderungen, welche die Erdoberfläche vor oder nach einem Vulkanausbruch oder durch Erdbeben erleidet. Die Expansion einer Lavakammer des Ätna, oder die Vorhersage der Schlammlawine eines Vulkans in Island waren sehr nützliche Anwendungen, aber auch "weniger gefährliche" Daten sind den Wissenschaftlern willkommen.