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Aktiengesellschaft

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Eine Aktiengesellschaft (kurz AG) ist eine privatrechtliche Vereinigung. Es handelt sich um eine Kapitalgesellschaft, bei der das Grundkapital in Aktien zerlegt ist. Die Aktiengesellschaft ist eine international bedeutsame Unternehmensform.

Natur der Aktiengesellschaft

Die Aktiengesellschaft ist eine Gesellschaftsform, die in der Regel den Betrieb eines Unternehmens zum Gegenstand hat. Sie gilt als typische Unternehmensform von Wirtschaftsunternehmen mit großem Kapitalbedarf. Bei der Aktiengesellschaft stellt sich die kapitalgesellschaftliche Konzeption, die auf Vermögensvereinigung und Vermögensmehrung gerichtete Zielsetzung am deutlichsten dar. Die Aktiengesellschaft zeichnet sich insbesondere durch folgende Eigenschaften aus:

  • Sie ist eine Körperschaft, also eine auf Mitgliedschaft beruhende, aber als Vereinigung selbständig rechtsfähige rechtliche Einheit, die selbst als Träger von Rechten und Pflichten auftritt und vor Gericht klagen und verklagt werden kann.
  • Sie ist Kapitalgesellschaft, also auf ein bestimmtes Grundkapital in der Weise gestützt, dass die Haftung der Mitglieder, also der Aktionäre, auf dieses Kapital beschränkt ist.
  • Das Grundkapital ist in Aktien zerlegt. Diese sind heute selten in Aktienurkunden verbrieft. Börsennotierte AGs verbriefen ihre Aktien oft nur in einer Globalurkunde, die bei der Clearstream International S.A. hinterlegt wird.
  • Im Regelfall sind die Aktien übertragbar (fungibel). Es gehört allerdings nicht zu den notwendigen Wesensmerkmalen einer Aktiengesellschaft, dass die Aktien an einer Börse gehandelt werden.

Die Aktiengesellschaft vereint in der Regel eine große Anzahl von (vielfach passiven) Aktionären, die ihr Kapital in die Unternehmung investiert haben, um Erträge zu erwirtschaften. Die Aktionäre nehmen ihre mitgliedschaftlichen Rechte in der Regel in Aktionärsversammlungen durch Ausübung ihres Stimmrechts wahr. Die Geschäfte der Gesellschaft werden aber von besonderen Organen geführt, wobei die Details je nach Land unterschiedlich sind.

Bedeutung

Die Aktiengesellschaft ist aus dem heutigen Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken. Deshalb kommt ihr auch eine wichtige Bedeutung zu.

  • Aktiengesellschaften können sich durch Ausgabe neuer Aktien oder durch die Begebung von Anleihen leichter neues Kapital beschaffen, als dies bei vielen anderen Unternehmensformen der Fall ist, vor allem dann, wenn die Gesellschaft an der Börse gehandelt wird. Deshalb ist die Aktiengesellschaft die Unternehmensform der Wahl für Großunternehmen, aber auch für Unternehmen, die schnell wachsen, etwa in neuen Wirtschaftszweigen.
  • Der Bestand des Unternehmens wird von seinen Eigentümern unabhängig, anders als etwa bei einer Einzelunternehmung oder OHG. Damit wird die Existenz dauerhafter.
  • Vor allem bei börsennotierten Unternehmen oder bei Mitarbeiterbeteiligungen besteht die Möglichkeit, dass sich auch Kleinanleger beteiligen und somit am Unternehmenserfolg teilhaben. Bei Misserfolg des Unternehmens besteht das Risiko des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals, jedoch in der Regel keine darüber hinausgehende Nachschusspflicht.

Die Aktiengesellschaft in verschiedenen Ländern

Vollständige Bezeichnungen

Zu den Details der Aktiengesellschaften in den deutschsprachigen Ländern siehe die folgenden länderspezifischen Artikel:

Zu Formen der Aktiengesellschaft in anderen Ländern siehe die folgenden Artikel:

Abkürzungen

Abkürzung Land Bezeichnung Bemerkungen
AE Griechenland Anonimi etairia
AB Schweden Aktiebolag Als Unternehmensnamensbestandteil, wird die Rechtsform gebeugt (z. B. aktiebolaget).
AD (АД) Bulgarien Akzionerno druschestwo (Акционерно дружество)
AD (АД) Mazedonien Akcionersko društvo (Акционерско друштво)
A.D. (А.Д.) Serbien und Montenegro Akcionarsko društvo (Акционарско друштво)
AG Österreich Aktiengesellschaft Mindestkapital 70.000 EUR
AG Deutschland Aktiengesellschaft Mindestkapital 50.000 EUR
AG Schweiz Aktiengesellschaft Mindestkapital 100.000 CHF
d.d. Kroatien Dioničko društvo
A/S Dänemark and Norwegen Aktieselskab
A.Ş. Türkei Anonim Şirketi Mindestkapital 50.000 TRL
a. s. Tschechische Republik Akciová společnost
a. s. Slowakei Akciová spoločnosť
BAT Ukraine Vidkryte Aktsionerne Tovarystvo Вiдкритe Акцiонерне Тoвариство
Snd Bhd Malaysia Sendirian Berhad auch: Berhad
K.K. Japan Kabushiki kaisha (株式会社) Die häufigste Unternehmensform in Japan; die einzige die an der Börse gehandelt werden kann
LTD Australien Limited
LTD Vereinigtes Königreich Limited
LTD Vereinigte Staaten Limited
LTD Neuseeland Limited
LTD Indien Limited
LTD Pakistan Limited
N.V. Belgien und Niederlande Naamloze Vennootschap
OAO Russland Otkrytoje akzionernoje obschtschestwo Открытое акционерное общество
OYJ Finnland

Julkinen osakeyhtiö

Rt. Ungarn Részvénytársaság
S.A. Spanien Sociedad Anónima Mindestkapital 60.101,21 €
S.A. Brasilien Sociedade Anônima
S.A. de C.V. Mexiko Sociedad Anónima de Capital Variable
S.A. Portugal Sociedade Anónima
S.A. Frankreich Société Anonyme
S.A. Schweiz Société Anonyme Società Anonima (see AG above)
SpA Italien Societa per Azioni Mindestkapital 120.000 EUR
S.A. Rumänien Societate pe Acţiuni
S.A. Polen Spółka Akcyjna Mindestkapital 500.000 PLN (ca. 130.000 EUR)
SE Europa Societas Europaea Mindestkapital: 120.000 EUR
ZAO / SAO Russland Sakrytoje akzionernoje obschtschestwo Закрытое акционерное общество (weniger als 50 Aktionäre)

Europäische Aktiengesellschaft / societas europaea

Im Zuge weitergehender Harmonisierungsbestrebungen wurde auf europarechtlicher Grundlage eine neue Gesellschaftsform geschaffen, die Europäische Aktiengesellschaft (lat. societas europaea, SE).

Geschichte

Erste Vorläufer des Prinzips der Anteilsteilung sind bereits zu Zeiten des Römischen Reiches zu finden, wo sich verschiedene Händler zusammenschlossen, um teure Handelsreisen vorzufinanzieren. Diese Finanzbündnisse bestanden damals jedoch nur bis zum Abschluss der Handelsreise und gingen nicht über diese hinaus.

Im 14. und 15. Jahrhundert schlossen sich in Preußen ebenso wie in der heutigen Steiermark Österreichs Erzabbau- und Erzverarbeitungsunternehmer zusammen, um die kostspieligen Untertageunternehmen gemeinsam langfristig zu finanzieren. So wurden 1415 in Leoben und bald im ganzen deutschen Sprachraum Genossenschaften (Gewerkschaften) gegründet, die sich durch Anteile, sogenannte Kuxe, finanzierten. Diese Kuxe wurden zunächst nur von Industriepartnern, später jedoch auch an industriefremde Kaufleute, Adel und Klöster ausgegeben und gehandelt und stiegen und fielen in ihrem Wert.

Im Jahr 1407 wurde in Genua die St. Georgsbank (Banco di San Giorgio) gegründet, die oft auch als erste „wirkliche“ Aktiengesellschaft bezeichnet wird.[1]

Die erste als moderne Aktiengesellschaft organisierte Unternehmung war die 1602 gegründete Niederländische Ostindien-Kompanie (Vereenigde Oostindische Compagnie; abgekürzt: V.O.C. bzw. VOC oder Kompanie (Compagnie).[2]

Gründung von Aktiengesellschaften

Bis in das 19. Jahrhundert hinein war die Gründung einer Aktiengesellschaft nur durch hoheitlichen Akt möglich (Oktroisystem). Mit der Einführung moderner Handelsrechtsgesetze (z. B. Aktiengesetz von 1843 in Preußen oder ab 1861 ADHGB) wurde ein standardisiertes Recht für alle Aktiengesellschaften geschaffen. Doch die Gründung bedurfte weiterhin der staatlichen Genehmigung (Konzessionssystem). Heute erfolgt die Gründung der AG von Rechts wegen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ohne dass es einer staatlichen Genehmigung bedarf (Normativsystem).

Siehe auch

Literatur

  • Ek, R., Hoyen
Wiktionary: Aktiengesellschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Walther Hadding/Erik Kießling: Anfänge deutschen Aktienrechts: Das Preußische Aktiengesetz von 1843 (S. 161)
  2. Andreas Exenberger: Globalisierungsgeschichte – Skizzen von Globalisierungen in fünf Jahrtausenden (Seite 67 ff)