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Castelberger Lesekreis

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Der Castelberger Lesekreis war ein nach seinem Initiator Andreas Castelberger benannter Zürcher Bibelkreis, dessen Gründung um 1522/1523[1] erfolgte. Er gehörte zu den Ausgangspunkten der Täuferbewegung.

Hintergrund

Vorbild des Castelberger und anderer Bibellesekreise waren vermutlich die von Conrad Celtis ins Leben gerufenen humanististisch orientierten Sodalitäten, die durch Vermittlung der Celtis-Schüler Huldreich Zwingli und Joachim Vadian auch in Zürich Fuß fassten. Sie waren nach dem Vorbild der Platonischen Akademie konzipiert[2], verstanden sich als Lerngemeinschaft und zielten darauf ab, außerhalb der noch am Althergebrachten orientierten Universitäten, humanistisches Bildungsgut zu verbreiten.

Zu Zwinglis Sodalität, die spätestens im Frühsommer 1520 gegründet worden sein muss,[3] gehörte auch Konrad Grebel, der spätere Mitbegründer der Zürcher Täufergemeinde. In einem Brief an Vadian vom 15. September 1520 teilte Grebel mit, dass er gemeinsam mit diesem Kreis Griechisch und in diesem Zusammenhang vor allem auch Platon studiere. Felix Manz, ein weiterer Mitbegründer der Zürcher Täufegemeinde, nahm vermutlich ab 1522 an einem Hebräisch-Kurs teil, den Zwingli innerhalb seiner Sodalität anbot und bei dem es um das Studium der Psalmen ging.[4] Ein weiteres Mitglied der Sodalität, das später den Täufern angehörte, war Simon Stumpf, der 1523 gegen den von der Kirche erhobenen Zehnten predigte und noch im selben Jahr gemeinsam mit Grebel und Mantz von Zwingli eine radikalere Durchführung der Reformation forderte.[5]

Dass mindestens die drei genannten Männer und späteren Täufer sowohl zu Zwinglis Sodalität als auch zum späteren Castelberger Lesekreis gehörten, macht die Verflechtung beider Gruppen deutlich. Ob auch Andreas Castelberger, in dessen Haus sich der Lesekreis versammelte, Mitglied der Sodalität war, ist nicht eindeutig zu belegen, nach Andrea Strübind aber von "hoher Wahrscheinlichkeit".[6]

Zwischen beiden Gruppen gab es auffällige Gemeinsamkeiten. Beide Kreise trafen sich nicht im öffentlichen Raum, sondern in Privathäusern. Die entscheidenden thematischen Impulse gab ein "Lehrer" (Sodalität) beziehungsweise ein "Leser" (Lesekreis)[7]. Die Textauslegung, das freundschaftliche Gespräch über das Gehörte sowie gemeinsame Mahlzeiten in familiärer Atmosphäre gehörten zum fixen Programm beider Kreise.[8] Auch die "Organisationsstrukturen von Sodalität und Lesekreis lassen Gemeinsamkeiten erkennen; sie waren - stichwortartig formuliert - antihierarchisch und nichtklerikal.

Trotz dieser Ähnlichkeiten unterschieden sich Sodalität und Lesekreis in wesentlichen Punkten. Während sich die humanistische Lerngemeinschaft mit biblischen und philosophischen Texten gleichermaßen beschäftigte, richtete der Lesekreis sein Interesse vor allem auf die Bibel.

Mitglieder

Praxis

Wirkungen

Literatur

Einzelnachweise

  1. Vgl. Andrea Strübind: Eifriger als Zwingli, a.a.O., S. 129: "Die präzise Datierung und der konkrete Anlass der Entstehung [...] ist nicht eindeutig zu belegen. Nach allen Recherchen bleibt der vage Zeitraum von 1522 bis Anfang 1523 am wahrscheinlichsten."
  2. Andrea Strübind: Eifriger als Zwingli, a.a.O., S. 133
  3. Dieses Datum lässt sich aus einem Schreiben Oswald Myconius' vom 10. Juni 1520 ableiten, in dem Myconius der Sodalität Zwinglis Grüße ausrichten lässt. Siehe dazu Andrea Strübind: Eifriger als Zwingli, a.a.O., S. 135
  4. Ekkehard Krajewski: Leben und Sterben des Zürcher Täuferführers Felix Mantz. Über die Anfänge der Täuferbewegung und des Freikirchentums in der Reformationszeit, Kassel 1958, S. 22f
  5. Homepage des Schleitheimer Museums: Vom Beginn bis zum Schleitheimer Bekenntnis; eingesehen am 22. Februar 2010
  6. Andrea Strübind: Eifriger als Zwingli, a.a.O., S. 138
  7. Vgl. dazu Heinold Fast: Vom Amt des Lesers zum Kompilator des sogenannten Kunstbuches. Auf den Spuren von Jörg Maler, in: Quellen zur Geschichte der Täufer, XVII. Band, Gütersloh 2007, S. 42 - 71
  8. Vgl. dazu Emil Egli: Actensammlung zur Geschichte der Zürcher Reformation, Zürich 1879, Nr. 623, S. 276 - 278