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City-Galerie Siegen

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City-Galerie
City-Galerie
"City-Galerie", Siegen
Basisdaten
Standort: Bahnhof Siegen
Eröffnung: 14. Oktober 1998
Verkaufsfläche: 23.500 m²
Geschäfte: 100
Eigentümer: ECE Projektmanagement
Website: www.city-galerie-siegen.de
Verkehrsanbindung
Bahnhof: Bahnhof Siegen
Omnibus: zahlreiche Anschlüsse, da ZOB unmittelbar vor der Türe
Parkplätze: 1.200 für PKW, 16 für Fahrräder
Technische Daten
Baustil: international

Die City-Galerie ist ein Einkaufszentrum in Siegen, Nordrhein-Westfalen. Es wurde im Oktober 1998 eröffnet und entstand als Ergebnis der Überlegung, das Stadtzentrum an einen konsumangepaßteren Ort zu verlegen. Seine Entstehung folgte ausschließlich ökonomischen, renditegeleiteten Überlegungen und resultierte nicht aus einem allgemeinen Konzept der Stadtentwicklung und -gestaltung. Es veränderte das Stadtbild, die städtische Struktur und die Stadtkultur grundlegend.

Historisches Zentrum Oberstadt

Bis zur Errichtung dieses neuen Zentrums hatte sich der Mittelpunkt der Stadt wie schon zum Zeitpunkt ihrer Entstehung (erste Erwähnung 1079) in der „Oberstadt“ auf dem Siegberg befunden. Die Verlegung führte zu einer bis heute anhaltenden Verödung des historischen Mittelpunkts durch die großflächige Beseitigung traditioneller Anziehungspunkte. An die Stelle rückten dort - soweit die Lücken nicht offen und die Ladengeschäfte und gastronomischen Angebote nicht geschlossen blieben - vor allem Billigläden, Tatoostudios und ähnliches. Der historische Mittelpunkt hat inzwischen seine Funktion aufgeben müssen und Peripheriecharakter.

Die Verödung des historischen Zentrums durch den mit der Errichtung eines konkurrierenden Zentrums in der Unterstadt eintretenden Verdrängungswettbewerb wurde bereits in der Planphase vorhergesagt. Von den Investoren wie auch von der lokalen Politik wurde diese Prognose mit der Annahme zurückgewiesen, es sei eine allgemeine Belebung zu erwarten, es werde die Neuansiedlung allen Einzelhandelsgeschäften und Dienstleistern in der Stadt erhöhte Umsätze bringen. Diese Annahme, wie sie von den Investoren an allen Investitionsorten vorgetragen wurde, erwies sich auch in Siegen als unzutreffend. Nur im seltenen Ausnahmefall hat sie sich überhaupt bewahrheitet.

"Neue Mitte": Lage, Anbindung, Ausgestaltung

Die "City-Galerie" ist Teil eines als "Neue Mitte" bezeichneten städtischen Konsumraums, wie er in Form überdachter Großzentren seit den ausgehenden 1990er Jahren an zahlreichen Orten entweder in alte Strukturen hineingesetzt wurde oder ganz neu entstand. Unmittelbar benachbart ist der wenig später errichtete ebenfalls überdachte Großkomplex „Sieg Carré“ mit ebenfalls Einzelhandel und Gastronomie. Beide befinden sich in der Siegener Unterstadt in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs, des Zentralen Busbahnhofs (ZOB) und der Stadtautobahn, die eine Auffahrt speziell für die neu angelegten Kaufzentren erhielt. Entgegen dem Wort von der "Neuen Mitte" liegen sie damit anders als die Oberstadt an der städtischen Peripherie.

Visuell tritt die "City-Galerie" durch ihre großbunkerartige Erscheinung beherrschend ins Bild. Im Innern ist sie schlauchartig. Von den Gehflächen zweigen nach außen Läden und Gastronomie ab. Ein zentriertes Rollwegsystem verbindet drei Ebenen miteinander. Es gibt nur sehr wenige nichtkommerzielle Sitzflächen, aber zahlreiche gastronomische Zonen. Die kostenfreien Sitze finden sich bis auf eine vereinzelte Bank im Erdgeschoss im für die Gastronomie unattraktiven Tiefgeschoss. Angestellte privater Ordnungsdienste verdeutlichen, dass der Besucher sich nicht in öffentlichem, sondern in privatem Raum bewegt.

Das „Sieg Carré“ folgt der "City-Galerie" zumindest in seiner Außenwirkung. Gemeinsam bilden beide "Großbauten" (Eichenauer), die für das Stadtbild untypisch sind, einen massiven solitären Komplex. Sowohl in der äußeren Gestalt wie auch in ihrer inneren Gliederung und Ästhetik repräsentieren sie eine unter der Bezeichnung „Mall“ international verbreitete zeitgenössische Großstadt- und Konsumarchitektur (vgl. z. B. City-Galerie (Augsburg), City-Galerie (Aschaffenburg). Sie wiederholen "Baustile und Bautypen der traditionellen europäischen und der neuen internationalen Architektur“, mit dem Ergebnis „uniformer Baugestalt und Nutzungen, die so auch in anderen Städten im In- und Ausland anzutreffen“ sind.[1] Die Unternehmen im Gesamtkomplex sowohl des "City-Carrés wie der "City-Galerie" sind nahezu ausnahmslos national oder - meist - international agierende Großfilialisten. Die wenigen Ausnahmen sind vornehmlich Kleinbetriebe vom Zuschnitt des Zeitungskiosks oder des Eisstands. Das Nutzerbild der Verkaufsflächen illustriert die Verdrängung der kleinen lokalen und regionalen Unternehmen durch große nichtregionale, die anders als die ersten in der Lage sind, die ökonomischen Zugangsbedingungen der Großbetreiber zu erfüllen.

Die Stadt Siegen und ihre "Neue Mitte" sind nach dem Umbau der Innenstadt zum exemplarischen Fall geworden. Sie gelten als Beispiel für eine "durch externe Kräfte" "fremdbestimmte" nur verwertungsorientierte Verwendung von Stadtflächen, die der nachhaltigen Bereicherung des Stadtbilds im Sinne von Urbanität entgegengesetzt ist.[2]

Siegen bildet im südwestfälischen Verdichtungsraum für etwa 585.000  Menschen, die zum weiteren Einzugsgebiet (Anfahrtszeit bis 45 min) zählen, ein Oberzentrum. Die Stadt liegt bei abnehmender Bevölkerungszahl knapp oberhalb der Grenze zur Großstadt (100.000 Bewohner).[3] Im direkten Umfeld (Anfahrtszeit bis 5 min) leben ungefähr 44.000 Menschen. Per Auto ist das neue Großzentrum über die A 45 und die Hüttentalstraße sowie die Morleystraße zu erreichen. Der ZOB direkt vor dem Einkaufszentrum wird von 40 Buslinien angefahren. Unmittelbar angeschlossen finden sich ein großformatiges Parkhaus, 16 Fahrradstellplätze und Rollstühle zum Ausleihen.

Errichtung und Eigentümer

Entwickelt und realisiert wurde das Einkaufszentrum von der Firma ECE Projektmanagement. Eigentümerin der City-Galerie ist ein City Center Immobilienfonds, ein geschlossener Immobilienfonds der DB Real Estate, einer Tochter der Deutschen Bank. Die investierenden Unternehmen errichteten zahlreiche andere derartige Großzentren, die überall - wie generell derartige urbane Orte - aus gesamtwirtschaftlicher, stadtkultureller und -architektonischer Sicht äußerst umstritten sind.

„Das Ergebnis des historisch einzigartigen Eingriffs deckt sich nicht nur nicht mit den Ergebnissen der Bürgervoten zu Beginn dieses Prozesses. Es ist das offensichtliche Gegenteil.“[4] Die Entscheidungen wurden zwischen Betreibern und Politik und innerhalb städtischer Gremien getroffen. Eine intensive stadtgesellschaftliche Diskussion oder Bürgerbefragungen zur Stadtentwicklung auf Initiative administrativer oder parlamentarischer Gremien, wie es sie regelmäßig bis in die 1990er Jahre hinein gegeben hatte, gab es nun nicht.

Weitere Ansichten

Einzelnachweise

  1. Hartmut Eichenauer: Exzentrisch und verschlossen – Raumwirksame Folgen junger Umbauprozesse für Gestalt und Gefüge der Siegener Innenstadt. In: Siegener Beiträge. 5 (2000), S. 69–92, hier: S. 83.
  2. Hartmut Eichenauer: Exzentrisch und verschlossen – Raumwirksame Folgen junger Umbauprozesse für Gestalt und Gefüge der Siegener Innenstadt. In: Siegener Beiträge. 5 (2000), S. 69–92, hier: S. 82f.; der Braunschweiger Stadtarchitekt Holger Pump-Uhlmann: „Vor allem wenn sie zu groß ausfallen und nicht direkt an das Stadtzentrum angelehnt sind, können sie gewachsene Stadtstrukturen kaputt machen und zur Verödung ganzer Straßenzüge beitragen. Bis dahin gute Geschäftslagen in einer Stadt gehen dann den Bach runter. ... Leider bevorzugten die Investoren aber häufig große, geschlossene Objekte, die zu „Städten in den Städten“ würden. Solche Beispiele könne man in Hamm und Siegen besichtigen." Zit. nach: Der Patriot. Lippstädter Zeitung, 15. September 2007; [1] oder [2], [3], [4], "Von Essen, Siegen bis Passau haben sich so Kommunen neben geeigneten Gutachten über's Ohr hauen und beeinflussen lassen.".
  3. Bianka Martolock/Ernst Kistler/Falko Trischler, Die demographische Entwicklung in der Region Siegen-Wittgenstein (Gesunde Arbeitswelten im demografischen Wandel, Arbeitspapier 1), in: [http://www. bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-0A000F0A-F39E3314/bst/hs.xsl/6555_16354.htm.
  4. Stadtbildentwicklung – Stadtkulturentwicklung, in: Ulrich Friedrich Opfermann/Bernd D. Plaum/Kurt Schilde, Leben, Arbeit und Mentalität im Siegerland. Zusammenfassung von vorliegenden Erkenntnissen (im Auftrag der Sparkasse Siegen), o. O. o. J. (Siegen 2007)

Literatur

  • Walter Brune/Rolf Junker/Holger Pump-Uhlmann, Angriff auf die City. Kritische Texte zur Konzeption, Planung und Wirkung von integrierten und nicht integrierten Shopping-Centern in zentraler Lage, Düsseldorf 2006
  • Hartmut Eichenauer: Exzentrisch und verschlossen – Raumwirksame Folgen junger Umbauprozesse für Gestalt und Gefüge der Siegener Innenstadt. In: Siegener Beiträge. 5 (2000), S. 69–92
  • Rolf Junker/Gerd Kühn/Christina Nitz/Holger Pump-Uhlmann, Wirkungsanalyse großer innerstädtischer Einkaufscenter (= Deutsches Institut für Urbanistik - Edition Difu - Stadt Forschung Praxis, Bd. 7), Berlin 2008 [zu Siegen: S. 81-88, 169-182]
  • Gerd Kähler, Die ECE-Formel. Nach der „grünen Wiese“ werden nun auch die Innenstädte verbaut – zu Lasten des öffentlichen Raums, in: Süddeutsche Zeitung vom 6. Oktober 2006
  • Martin Knobbe/Björn Lux/Frank Wache, Sag mir, wo die Kunden sind ..., in: stern 43 (2004), S. 28-36
  • Alexandra Latsch, Die Stadtentwicklung Siegens nach dem Zweiten Weltkrieg – Phasen und Leitbilder des Wiederaufbaus. Masterthesis. Universität Siegen, Fachbereich Architektur. Siegen 2004/2005
  • Ulrich Friedrich Opfermann/Bernd D. Plaum/Kurt Schilde, Leben, Arbeit und Mentalität im Siegerland. Zusammenfassung von vorliegenden Erkenntnissen (im Auftrag der Sparkasse Siegen), o. O. o. J. (Siegen 2007) [zugänglich im Archiv der Stadt Siegen]
  • Heinz Prinz/Drasch, Tobias (Bearbeiter, Econ-Consult Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Beratungsgesellschaft mbH & Co. KG, Köln), Einzelhandelsentwicklungskonzept 2003 Stadt Siegen (Fortschreibung 1998). Im Auftrag der Stadt Siegen, Köln 2003
  • Boris R. Rosenkranz, Oben schlaff, untenrum geliftet, in: taz, nrw report vom 28. September 2006, S. 3
  • Stadt Siegen (Hg.), Mittelpunkt Siegen. Attraktives Zentrum der Region. Stadtleitbild Siegen, Siegen 1995
  • Monika Walther, Shopping Center – Fluch oder Segen für die (Innen-)Stadtentwicklung?, o. O. 2006

Koordinaten: 50° 52′ 27″ N, 8° 0′ 54″ O