Zum Inhalt springen

Yelva, die russische Waise

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. Februar 2010 um 18:19 Uhr durch Summ (Diskussion | Beiträge) (Melodram und Vaudeville). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Yelva, die russische Waise (Yelva ou l’Orpheline russe) ist ein Theaterstück von Eugène Scribe, das am 18. März 1828 im Théâtre du Gymnase-Dramatique Paris uraufgeführt wurde. Es handelt sich um eines der populärsten Dramen des 19. Jahrhunderts. Das Stück gehört zugleich den Gattungen Vaudeville und Melodram an. Die Hauptrolle ist eine stumme Rolle.

Handlung

I. Akt

Einfache Wohnung in Paris: Der reiche Russe Tchérikoff hält um die Hand der charmanten Yelva an, die ebenso wie er aus Russland stammt. Von ihrer Gouvernante Mme Dutilleul muss er erfahren, dass Yelva stumm ist, seit sie als Kind den Tod ihres Vater erleben musste. Als Waisenkind ist sie in einer Pflegefamilie aufgewachsen. Dies hält Tchérikof jedoch nicht von seiner Bewerbung ab. Yelva findet ihn sympathisch, aber gibt ihm einen Korb, und Tchérikof muss bald erfahren, dass schon eine Hochzeit zwischen Yelva und Alfred geplant ist, dem Sohn aus ihrer Pflegefamilie, Großmütig verspricht Tchérikof, als Trauzeuge dabei zu sein. Plötzlich erscheint Yelvas Stiefmutter Mme de Césanne und erklärt ihr, dass ihr Mann in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei, die nur dadurch gelöst werden könnten, dass Alfred eine reiche russische Erbin heirate. Yelva verzichtet auf die Hochzeit und reist ab. Als Alfred mit der Hochzeitsgesellschaft erscheint, ohne die Braut anzutreffen, nehmen alle an, dass Tchérikof sie entführt habe.

II. Akt

Reicher russischer Landsitz: Tchérikof empfängt Alfred und seine Mutter. Es hat sich herausgestellt, dass Alfred Tchérikofs Cousine Foedora heiraten soll. Alfred hegt noch immer den Verdacht, dass Tchérikof Yelva entführt habe, aber fügt sich in sein Schicksal und bietet dem Rivalen ein zweites Mal an, Trauzeuge zu sein. Als Mme de Césanne allein ist, klopft Yelva an die Tür, die als russische Bäuerin verkleidet den Landsitz gefunden hat. Mme de Césanne nimmt Yelva unter ihre Obhut. Von Foedora erfährt Yelva von deren bevorstehender Hochzeit mit Alfred. Allein mit Tchérnikof entdeckt Yelva, dass ihr das Haus nicht unbekannt ist. Sie versucht ihm bedeuten, dass sie als Kind hier gespielt habe. Alfred ertappt die beiden und ist nun überzeugt, dass Tchérnikof ihn hintergangen habe. Ein Duell scheint unausweichlich. Inzwischen kann Yelva mit einem Medaillon nachweisen, dass die dort abgebildete Frau mit einem Gemälde identisch ist, das die verstorbene Hausherrin zeigt. Sie ist Tchérnikofs Schwester. Indem sie mit letzter Kraft „Alfred“ ruft, findet sie ihre Stimme wieder und kann die Duellierenden vom tödlichen Schuss abhalten.

Melodram und Vaudeville

Als Vaudeville sind in das Stück bekannte Melodien eingelegt, zu denen neue Texte gesungen werden. Yelva kann nicht singen und zur Musik nur eine Pantomime vollführen. Die bekannte Melodie deutet jeweils an, was Yelva sagen will. So erklingt die Melodie zu „Je t’aimerai toute la vie“ (ich werde dich das ganze Leben lieben), während sie Alfred ihrer Treue versichert (I/6), oder die Melodien „Balançons-nous“ (schaukeln wir) und „Un bandeau couvre les yeux“ (eine Binde deckt die Augen) ertönen zu ihren Versuchen, Tchérnikof zu erklären, dass sie an diesem Ort einst als Kinder gespielt hätten (II/13). Wer die Melodien erkennt, versteht Yelvas Gesten besser als ihr Bruder.

Der Gattung Melodram entsprechen die stumme Hauptrolle und die Bedeutung von Text- und Bildmedien innerhalb der Handlung. Briefe, Yelvas Medaillon und das Gemälde, das ihre Mutter zeigt, führen ein Erkennen (und zugleich die Überwindung ihrer Stummheit) herbei. Die Zuschauer identifizieren sich mit dieser Figur, weil sie während des Spiels ebenfalls stumm sind.

Aufführungen

Yelva wurde von Schauspielerinnen (wie Constance Le Gaye) ebenso wie von Tänzerinnen (wie Fanny Elssler oder später etwa Lucile Grahn) interpretiert. Das Stück hatte eine Bedeutung in der Entstehungszeit des klassischen Balletts.

Als wichtige Premieren sind zu erwähnen: Hofoper Dresden 1828 (deutsch von Theodor Hell, Musik von Carl Gottlieb Reißiger), Theater in der Josefstadt Wien 1829 (deutsch von Margarethe Bernbrunn, Musik von Franz de Paula Roser), Covent Garden London 1829 (Musik von Henry Bishop, Burgheater Wien 1830, Bad Pyrmont 1832 (Musik von Albert Lortzing).

Literatur

" Eugène Scribe: Œuvres complètes, nouvelle édition, Bd. 3, Paris: Delahays 1858, S. 59–72.