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Attentat vom 20. Juli 1944

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Die Ereignisse vom 20. Juli 1944 sind die größte Erhebung von Deutschen gegen ihren Diktator Adolf Hitler. Die Beteiligten stammen aus vielen Schichten der Bevölkerung. Unter den 200 nach der Erhebung Hingerichteten sind 19 Generäle, 26 Obersten, zwei Botschafter, sieben Diplomaten, ein Minister, drei Staatssekretäre sowie der Chef der Reichskriminalpolizei; des weiteren mehrere Oberpräsidenten, Polizeipräsidenten und Regierungspräsidenten. Zum Ausgangspunkt des Machtwechsels wurde ein Mordanschlag auf Hitler gemacht. Die von Claus Schenk von Stauffenberg platzierte Bombe tötete Hitler jedoch nicht. Diese Tatsache brachte den gesamten Plan zum Scheitern.

Irrtümer

Die Ereignisse vom 20. Juli 1944 sind keineswegs ein reiner Militärputsch. Dieses Interpretation wurde von Hitler lanciert und von den Alliierten aufgegriffen; durchaus mit unterschiedlichen Motiven.

Sofort nach dem missglückten Attentat ließ Hitler immer wieder erklären: "Eine kleine Clique ehrgeiziger Offiziere ..." seien die Verbrecher gewesen. Er verbot, Todesanzeigen zu veröffentlichen und die Namen der Beteiligten zu nennen. Das Ereignis wurde bis auf eine kurze Phase propagandistischer Ausbeutung in Deutschland tot geschwiegen. Auch die Alliierten unterdrückten die Wahrheit. Winston Churchill, der von den Attentatsplänen im Voraus unterrichtet war, erklärte am 2. August 1944 im britischen Unterhaus, es handle sich lediglich "um Ausrottungskämpfe unter den Würdenträgern des Dritten Reiches". Die USA wiederholte die von Hitler vorgegebene Interpretation des Ereignisses. Die New York Times schrieb am 9. August 1944, dass das Attentat eher an die Atmosphäre einer finsteren Verbrecherwelt erinnere als an die, welche man normalerweise im Offizierscorps eines Kulturstaates erwarten würde. Die Alliierten wollten das angestrebte Ziel der Totalkapitulation nicht gefährden. Einen organisierten Widerstand durfte es in Deutschland nicht geben. Dass nicht alle Deutschen Nazis waren, konnten zumindest amerikanische Soldaten der ihrem Sturmgepäck beigelegten Erzählung "Das siebte Kreuz" von Anna Seghers entnehmen.

Die Ereignisse vom 20. Juli 1944 wurden nicht von eigentlich reaktionären Militärs herbeigeführt, um die unausweichliche Niederlage im 2. Weltkrieg abzuwenden. Diese Ansicht dient der Herabwürdigung der Ereignisse. Zum einen spricht hier die Opferliste eine deutliche Sprache. Zum anderen gibt eines Vorgeschichte, die bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten zurück reicht.

Vorgeschichte

Schon 1938 regte sich erster Widerstand in den Kreisen der Offiziere der Wehrmacht gegen die Kriegsvorbereitungen der regierende Nationalsozialisten. Anlass war die Entlassung des Reichskriegsministers General Werner von Blomberg und die Affäre um Werner von Fritsch im Frühjahr. Dies nutzte Adolf Hitler zur Entmachtung der Wehrmachtsführung und zur gezielten Vorbereitung eines Krieges. Im Herbst trat der Chef des Generalstabes der Wehrmacht Generaloberst Ludwig Beck angesichts der sich ankündigenden Sudetenkrise zurück. Beck hatte von Adolf Hitler Aufklärung über dessen außenpolitischen Ziele verlangt. Daraufhin war ihm von diesem beschieden worden, dass er "das Schwert zu führen habe, wo und wann immer er Hitler es ihm befehle". Der Weg war frei für das Besetzen wichtiger Positionen mit Hitler ergebenen Admiralen und Generalen.

Erwin von Witzleben, Kommandeur des Wehrkreises Berlin, und Graf Brockdorff-Ahlefeldt, Kommandant der Potsdamer Garnison wollten den Umsturz im September 1938 anführen. Eine Panzerdivision unter Generaloberst Erich Hoepner stand bereit für den Fall, dass die Leibstandarte eingreifen sollte. Geplant war eine militärische Aktion und die Gefangennahme Hitlers durch den Generalstabschef des Heeres Franz Halder. Des weiteren entschloss sich Major Hans Oster von der Abwehr, mit Staatssekretär Ernst von Weizsäcker im Auswärtigen Amt zu kooperieren. Der Bruder seines Vertrauten Erich Kordt, Dr. Theo Kordt war Botschaftsrat in London. Dieser hatte den Auftrag, mit dem englischen Außenminister Lord Halifax Verbindung aufzunehmen. Dann jedoch reiste der englische Premierminister Neville Chamberlaine im September 1938 nach München. Dort gaben er und seine Kollegen aus Frankreich und Italien im Münchner Abkommen das Sudetenland preis. Damit hatte der Widerstand seinen Rückhalt im Ausland verloren. Hitler erhielt auf friedlichem Wege, was er gewaltsam einnehmen wollte. Die Angesichts der Kriegsgefahr zögerlich gewordene deutsche Bevölkerung ergab sich mehrheitlich einer euphorischen Begeisterung für Hitler.

Vor der Polen-Krise im Sommer 1939 kam es zu einem neuen Versuch des Widerstandes. Graf Gerhard Schwerin, Leiter der Gruppe England/Amerika im Generalstab des Heeres, wurde nach London geschickt. Er überbrachte die Botschaft: "Schickt ein Flottengeschwader nach Danzig (...) Treibt den Militärpakt mit der Sowjetunion voran. Das einzige, was Hitler von weiteren Abenteuern abhalten kann, ist ein drohender Zweifrontenkrieg." Er scheiterte genau wie der Politiker Carl Friedrich Goerdeler, der es kurz nach ihm versuchte.

Im Juni 1942 brachte Adam von Trott zu Solz unter Lebensgefahr eine Denkschrift nach London. Der englische Außenminister Anthony Eden lehnt jedoch jede Antwort an die Leute ab, die er für Landesverräter hielt. Er bezeichnete eine Zusammenarbeit als unmöglich, "solange sie sich nicht decouvrieren und ein sichtbares Zeichen ihrer Absicht, bei der Entmachtung des Nazi-Regimes mitzuwirken, gaben".

Mehrere andere Versuche, Hitler zu beseitigen, schlugen fehl: 1943 versuchte der Offizier Henning von Tresckow, Hitler durch eine Sprengladung in dessen Flugzeug zu töten, der Zünder war jedoch defekt.

Im Juli 1944 gab es seitens Stauffenbergs mehrere Versuche, das Attenta auszuführen. Es wurde jedoch mehrmals verschoben, da entweder Göring oder Himmler nicht anwesend waren.

Donnerstag, 20. Juli 1944

Am frühen Morgen fliegt Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg zusammen mit seinem Adjutanten Oberleutnant Werner von Haeften von Berlin in das Führerhauptquartier "Wolfsschanze" bei Rastenburg (Ostpreußen). Haeften führt in einer Aktentasche zwei Sprengstoffladungen mit sich. Vor der Berichterstattung an Hitler gibt Stauffenberg vor, sich umziehen zu wollen. Da er als Einarmiger dazu Hilfe braucht, kann er gemeinsam mit Haeften die Sprengladung vorbereiten. Da er von hinzu Kommenden gestört wird, kann er jedoch nur ein Kilogramm statt der geplanten zwei Kilogramm Sprengstoff einsetzen. Stauffenberg verlässt die Besprechung unter dem Vorwand eines Telefonates. Kurz vor der Detonation wird die Tasche direkt unter den schweren Eichentisch gestellt, weil sie einen der Anwesenden störte. Etwa 12:45 Uhr detoniert die Bombe. Vier Personen werden getötet, fast alle Anwesenden werden verletzt. Hitler selbst wird jedoch nur leicht verletzt, da ihn der schwere Kartentisch schützt. Stauffenberg fliegt nach Berlin in der festen Überzeugung, dass Hitler tot ist.

In Berlin sollen unter dem Codewort "Walküre" alle Gestapo-, Partei- und SS- Dienststellen von der Wehrmacht besetzt werden. Es wird jedoch nur halbherzig vorgegangen. Stauffenberg muss nach seiner Ankunft im Berliner Bendlerblock, dem Oberkommando des Heeres und Verschwörerzentrale gegen 16:30 Uhr feststellen, dass außer der Alarmierung der Truppen des Ersatzheeres, welches die militärische und vollziehende Gewalt in Deutschland übernehmen soll, nichts unternommen wurde. Es fehlen zudem klare Nachrichten über den Erfolg des Attentates auf Hitler. Erst jetzt, und damit viel zu spät, gehen Befehle für den Staatsstreich heraus, die jedoch umgehend von der "Wolfsschanze" aus widerrufen werden. Es scheitern die Abriegelung des Berliner Regierungsviertels in der Wilhelmstraße, die Ausschaltung des Rundfunks in Berlin-Charlottenburg, die Verhaftung der SS-Führung in Lichterfelde und die Besetzung des Gestapozentrale in der Prinz-Albrecht-Straße. Noch vor Mitternacht gewinnen die Anhänger des Regimes die Oberhand.

In Paris und Wien gelingt es dagegen den Verschwörern, die lokale SS unter Kontrolle zu bringen und die Oberhand zu gewinnen.

Im Hof des Bendlerblocks werden noch am selben Tag Stauffenberg, Haeften, General der Infanterie Friedrich Olbricht und Oberst Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim standrechtlich erschossen. Generaloberst Ludwig Beck wird die Gelegenheit zum Selbstmord gegeben; als dieser misslingt wird er von einem Feldwebel erschossen.

Generaloberst Hoepner begeht ebenso Selbstmord wie Generalmajor Tresckow: sie ahnen, daß ein Schauprozeß bevorsteht.

Die Ermittlungen der Gestapo ziehen sich bis zum Kriegsende hin, und manche Widerständler, die schon länger auf der Abschußliste standen, werden im Zusammenhang mit dem 20. Juli hingerichtet.

Literatur

  • Marion Gräfin Dönhoff, Um der Ehre willen. Berlin 1994
  • Dieter Ehlers, Technik und Moral einer Verschwörung: 20. Juli 1944. Frankfurt am Main-Bonn 1964
  • Joachim C. Fest, Der lange Weg zum 20. Juli. Berlin 1994
  • Kurt Finker / Annerose Busse, Stauffenberg und der 20. Juli 1944 Berlin (Ost) 1984 (sechste Auflage)

Siehe auch: Liste der Beteiligten des Aufstandes vom 20. Juli 1944, Georg Elser, Widerstand gegen den Nationalsozialismus