Joy Division
Joy Division | |
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Allgemeine Informationen | |
Genre(s) | Post Punk Dark Wave Cold Wave New Wave Gothic Rock |
Gründung | 1977 als Warsaw 1978 als Joy Division |
Auflösung | 1980 |
Gründungsmitglieder | |
Ian Curtis († 1980) | |
Gitarre, Keyboard |
Bernard Sumner |
Peter Hook | |
Tony Tabac (1977) | |
Letzte Besetzung | |
Ian Curtis († 1980) | |
Gitarre, Keyboard |
Bernard Sumner |
Peter Hook | |
Stephen Morris (seit 1977) | |
Ehemalige Mitglieder | |
Steve Brotherdale (1977) |
Joy Division war eine englische Rockband, die sich im Jahre 1977 zunächst unter dem Namen Warsaw in Manchester zusammenfand. Der Name Warsaw geht auf den Song Warszawa von David Bowie zurück. Der spätere Name Joy Division leitete sich von einer angeblichen Prostituierten-Riege der deutschen Wehrmacht ab, die im Roman The House of Dolls des ehemaligen KZ-Häftlings Yehiel Feiner beschrieben wird. Joy Division waren eine der wichtigsten Bands der Post-Punk-Bewegung und des Dark Wave. Nach dem Suizid des Sängers Ian Curtis gründeten die drei verbliebenen Mitglieder (zusammen mit der Musikerin Gillian Gilbert) 1980 die Band New Order.
Geschichte
Die ersten Jahre
Die ursprüngliche Joy-Division-Besetzung gründete sich durch Inspiration während eines Sex-Pistols-Konzerts in Manchester im Juni 1976. Peter Hook, Bernard Albrecht (eigentlich Bernard Sumner, weiteres Pseudonym Bernard Dicken) und Terry Mason, die auf dem Konzert waren, beschlossen, eine Band zu gründen und gaben eine Anzeige auf. Ian Curtis meldete sich daraufhin als Sänger. Die Band sollte ursprünglich Stiff Kittens heißen, nannte sich dann jedoch Warsaw. Der wohl wenig talentierte Schlagzeuger Mason wurde gegen Tony Tabac und dieser später gegen Steve Brotherdale ausgetauscht. In dieser Besetzung, mit Hook am Bass, Albrecht an der Gitarre, Brotherdale am Schlagzeug und Curtis als Sänger, wurden die ersten Aufnahmen aus dem Juni 1977 eingespielt. Sie sind zu hören auf verschiedenen Bootlegs sowie als Zugabe auf der 1995 erschienenen CD Warsaw.
Das erste Konzert fand unter dem Namen Warsaw am 29. Mai 1977 in Manchester statt. Als erste Veröffentlichung erschien im Juni 1978 die EP An Ideal for Living, die musikalisch dem Punk Rock jener Zeit noch recht nahe stand. Die vier im Dezember 1977 aufgenommenen Tracks erschienen auf dem bandeigenen Label Enigma. Am Schlagzeug saß nun Stephen Morris, der wie zuvor Ian Curtis über eine Anzeige zur Band gestoßen war.
Um Verwechslungen mit der Londoner Band Warsaw Pakt zu vermeiden, benannten sich Warsaw im Januar 1978 in Joy Division um. Im März des Jahres wurden in den Arrow Studios von Manchester elf Stücke für ein Debütalbum aufgenommen, darunter frühere Versionen ihrer späteren „Meisterwerke“ Shadowplay und Transmission. Dieses Album wurde jedoch wegen Unstimmigkeiten zwischen Band und Produktionsteam, vor allem wegen der eingesetzten Synthesizer, nicht veröffentlicht. Auch diese Aufnahmen wurden erst auf der CD Warsaw (1995) offiziell veröffentlicht. Im Juni 1978 erschien mit At a Later Date das erste Stück unter dem Namen Joy Division auf dem Sampler Short Circuit – Live at the Electric Circus[1]. Im Januar 1979 folgten mit Digital und Glass zwei Lieder auf dem Sampler A Factory Sample des neu gegründeten Factory-Labels. Dies war ihre erste Zusammenarbeit mit ihrem Produzenten Martin Hannett, der Factory Records mitbegründet hatte.
Steigende Popularität
Zwischen Mitte 1978 und Anfang 1979 hatte sich die Band zu regionaler Bekanntheit gespielt, einen Auftritt in London absolviert und die Titelseite des NME geziert. Außerdem wurden für ein Unterlabel von Warner Brothers vier Demo-Tracks eingespielt, die jedoch erst auf der Compilation Heart and Soul (1997) zu finden sind. Am 31. Januar 1979 wurde die erste Peel Session mit vier Tracks aufgenommen und auf der BBC Radio 1 ausgestrahlt.
Ab Anfang des Jahres wurde die bei Ian Curtis diagnostizierte Epilepsie zum ständigen Problem für die Band, vor allem da sich die Krankheit bisweilen auch auf der Bühne äußerte. Doch insbesondere ihre eindrucksvollen Live-Shows und die charismatische Bühnenpräsenz von Ian Curtis sorgten für den Ruf von Joy Division in der Szene in und um Manchester. Einige der Konzerte waren von Prügeleien im Publikum begleitet.
Mit ihrem auf Factory Records erschienenen Album Unknown Pleasures, das im Juni 1979 veröffentlicht wurde, wandten sich Joy Division musikalisch endgültig vom Punk ab. Das Album wurde von Martin Hannett produziert, das Design übernahm Peter Saville, der bis heute fast alle Plattencover von Joy Division und New Order in einem sachlich-minimalistischen Stil entworfen hat; die Fotografien der Band stammten oft von Anton Corbijn. Im Gegensatz zur anfangs strikt ablehnenden Haltung der Musiker gegen Synthesizer wurden in einigen Songs dieses ersten offiziellen Albums elektronische Klänge integriert. Bis heute gilt unter Musikkritikern Unknown Pleasures als Meilenstein der Rockmusik.
Der größte Teil des Jahres 1979 verging mit gut 70 Konzerten, die mit einer einzigen Ausnahme (Paris) in Großbritannien stattfanden, die meisten davon in Manchester und Umgebung. Außerdem erschien die Single Transmission, die zweite Peel Session wurde aufgenommen und gesendet, und die Band trat mit zwei Songs, Transmission und She’s Lost Control, im Fernsehen auf BBC 2 auf.
Im Januar 1980 brach die Band zu einer einmonatigen Europatour auf, mit Konzerten in den Niederlanden, Belgien und Deutschland (am 15. Januar 1980 im Basement, Köln vor 150 Zuschauern und im Kantkino in Berlin[2]). Im März des Jahres veröffentlichten sie die Single Licht und Blindheit mit den Songs Atmosphere und Dead Souls, im April die Single Love Will Tear Us Apart. Diese blieb – wie alle vorausgehenden Veröffentlichungen – zunächst ohne nennenswerten kommerziellen Erfolg. Ebenfalls im März fanden in den Londoner Britannia Row Studios die Aufnahmen für das wiederum von Martin Hannett produzierte und von Peter Saville gestaltete zweite Album Closer statt. Außerdem wurde für den Frühsommer eine Amerika-Tour geplant.
Überraschendes Ende
Das Ende von Joy Division kam abrupt, als sich Ian Curtis im Mai 1980, zwei Tage vor der geplanten ersten Amerika-Tour, in seinem Haus in Macclesfield bei Manchester erhängte. Motive für diese Tat finden sich wahrscheinlich sowohl in seiner Krankheit als auch im persönlichen Umfeld begründet. Die Epilepsie war in den vergangenen Wochen verstärkt aufgetreten, die Anfälle wurden zudem bei Konzerten oft als besondere Einlage fehlinterpretiert. Darüber hinaus hatte er sich von seiner Frau, mit der er eine damals einjährige Tochter (Natalie) hatte, offenbar zunehmend entfremdet.
Die Single Love Will Tear Us Apart wurde nach Curtis' Tod, im Juni 1980, erneut veröffentlicht. Sie ist das bekannteste Beispiel für die musikalische Ausdruckskraft von Joy Division. Im Juli 1980 wurde die LP Closer veröffentlicht. Die ursprünglich für Mai 1980 geplante Veröffentlichung verzögerte sich und so erschien Closer postum nach Curtis' Tod. Das Album wurde ein beachtlicher kommerzieller Erfolg und wird wegen seiner stilistischen Vielfalt und reiferen Spieltechnik meist als Höhepunkt des Schaffens von Joy Division gefeiert.
Die Restmitglieder mit Albrecht als Sänger, der sich nun Sumner nannte, versuchten im Anschluss in der Neuformierung New Order noch kurze Zeit den für Curtis typischen tiefen Gesangsstil zu imitieren (unter anderem auf dem nachfolgendem New-Order-Singlealbum Ceremony), lösten sich aber bald von dem für Joy Division typischen Sound und fanden, nun ergänzt durch die Gitarristin und Keyboarderin Gillian Gilbert, zu ihrem eigenen, mehr von Synthesizern bestimmten Stil.
Philosophie
Insbesondere in der Anfangszeit wurden Joy Division immer wieder Vorwürfe wegen einer angeblichen geistigen Nähe zum Nationalsozialismus gemacht. Dazu trug zunächst die Benennung der Band nach einer Prostituierten-Riege in einem deutschen Konzentrationslager bei. Angeblich trug sogar der für englische Ohren sehr harte Klang von Bernard Sumners deutschem Pseudonym Albrecht dazu bei. Außerdem wurde, ähnlich wie bei der britischen Industrialgruppe Throbbing Gristle, die zu den Einflüssen von Joy Division zählte (Curtis selbst war mit Genesis P-Orridge befreundet)[3], auf Plattencovern und in Booklets (An Ideal for Living) sowie bei Konzerten mit Nazi-Ästhetik oder ähnlichen Designs „experimentiert“. Auf der Tonspur ihres ersten Videos befindet sich die Rede des Polizeichefs von Manchester, in der er die Einrichtung von Arbeitslagern für die vielen Arbeitslosen der Stadt fordert. Daran schließen sich gebrüllte Nazi-Parolen deutscher SS-Leute an. Die Band selbst reagierte Berichten zufolge auf die Vorwürfe kaum oder nur ausweichend bis ungeschickt. Diese Elemente, wie auch der Name Warsaw, werden heute meist als bitter-sarkastischer Kommentar zu Militarismus und Gewaltherrschaft interpretiert.
Doch handelt es sich bei dieser Art von Symbol- und Sprachgebrauch zu dieser Zeit und in diesem Umfeld um nichts Unübliches. Viele Punkbands verhielten sich ähnlich. Neuen Auftrieb für Gerüchte um die politischen Positionen der Bandmitglieder gab es, als sich die verbliebenen Musiker den neuen Namen New Order gaben, die englische Bezeichnung für Hitlers Neue Weltordnung. Der Name kann aber auch schlicht als „Neue Ordnung“ oder „Neue Richtung“ interpretiert und auf die musikalische Wandlung nach Curtis' Tod bezogen werden.
Nachwirkungen und Bedeutung
Die Musik von Joy Division nimmt auch heute noch einen bedeutenden Platz in der Geschichte der Rockmusik ein und beeinflusste etliche andere Bands. Die Musikszene Manchesters, mit Bands von The Smiths bis The Chemical Brothers, wurde von Joy Division – und auch von den Nachfolgern New Order – nachhaltig geprägt. In Frankreich legten die Alben von Joy Division den Grundstein für die Cold-Wave-Bewegung, aus der Anfang der 1980er zahlreiche Bands hervorgingen. Darüber hinaus gilt die Band als Inspirationsquelle für ungezählte Musikgruppen wie Interpol, Editors, Moby, Therapy? u.v.a. Auch viele der seit Mitte der 1990er Jahre aktiven Postrock-Bands, vor allem Mogwai, geben Joy Division als eine ihrer maßgeblichen musikalischen Inspirationsquellen an. Mittlerweile ist der Einfluss von Joy Division auch vereinzelt im Black Metal neuerer Bands auszumachen.[4][5]
Diskografie
- Warsaw –The Ideal Beginning 7”
- 1977 (Enigma) PSS 138
- A-Seite: Inside the Line
- B-Seite: Gutz/At a Later Date
- Warsaw – The Ideal Beginning 12”
- 1981 (AEPI) LP 663 Ltd. Collectors ITEM Rec.18.07.1977
- A limited edition release/For fans and collectors.
- A-Seite: Gutz
- B-Seite: At a Later Date/The Kill
Studioalben
- Unknown Pleasures (1979)
- „Unknown Pleasures“ ist das erste Album von Joy Division und wurde im Jahre 1979 veröffentlicht. Es wurde von Martin Hannett produziert und in den Strawberry Studios in Stockport, England aufgenommen. Das Bild auf dem Frontcover ist eine graphische Darstellung des ersten entdeckten Pulsars und wurde vom Gitarristen Bernard Sumner in einem Buch über Astrophysik gefunden. Die Bildbeschreibung war „100 consecutive pulses from the pulsar CP 1919“. Das Innencover zeigt die surreale Aufnahme einer Hand, die aus dem Buch The Somnambulist des amerikanischen Fotografen Ralph Gibson entnommen wurde. Eine Anspielung auf das Sujet verwendete die Band später in ihrem Video zu „Love Will Tear Us Apart”. Der Designer des gesamten Covers ist Peter Saville.
- Closer (1980)
- „Closer“ ist das zweite Album von Joy Division und erschien am 18. Juli 1980. Es ist auch das letzte reguläre Album von Joy Division, die sich nach dem Suizid des Sängers Ian Curtis in New Order umbenannten. Das Erscheinungsdatum des Albums war für den 8. Mai 1980 angesetzt, das Album erschien jedoch erst nach Curtis’ Tod im Juli. „Closer“ kam in Großbritannien anschließend in die Top Ten. Der Produzent des Albums war Martin Hannett. Das Cover, das ein Grabmal auf dem Friedhof Staglieno in Genua, Italien zeigt, wurde von Martyn Atkins und Peter Saville entworfen, die Fotografie stammt von dem französischen Fotografen Bernard Pierre Wolff, der auch die Coverfotografie für Love Will Tear Us Apart lieferte.
Kompilationen
- Still (1981) – halb unveröffentlichtes Material, halb live
- The Peel Sessions (12", 1986) – Aufnahmen vom 31. Januar 1979
- The Peel Sessions (12", 1987) – Aufnahmen vom 26. November 1979
- Substance 1977–1980 (1988)
- The Peel Sessions (1990)
- Permanent (1995)
- Warsaw (1995) – das unveröffentlichte erste Album plus ältere Demo-Aufnahmen von Warsaw
- Heart and Soul (4 CDs, 1997)
- The Complete BBC Recordings (2000)
- The Best Of (2 CDs, 2008)
Livealben
- Preston Warehouse 28 February 1980 (1999)
- Les Bains Douches 18 December 1979 (2001)
- University of London Union 8 February 1980 (2007)
Chartplatzierungen
- Singles
- Love Will Tear Us Apart
- Großbritannien Juni 1980 #13
- Großbritannien Okt.1983 #19 (re-entry)
- Großbritannien Juni 1995 #19 (remix)
- USA Club Play Singles 1980 #42
- Atmosphere
- Großbritannien Juni 1988 #34
- Love Will Tear Us Apart
- Alben
- Closer
- Großbritannien Juli 1980 #6
- Still
- Großbritannien Okt.1981 #5
- Substance 1977–80
- Großbritannien Juli 1988 #7
- USA 1988 #146
- Permanent: Joy Division 1995
- Großbritannien Juli 1995 #16
- The Best Of
- Großbritannien März 2008 #63
- Closer
Literatur
- Horst Puschmann: Joy Division – INsideOUT. Sonnentanz-Verlag Roland Kron, Augsburg 1992, ISBN 3-926794-09-7.
- Deborah Curtis: Aus der Ferne… – Ian Curtis und Joy Division. Die Gestalten Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-931126-02-1. (dt. Übersetzung von dies.: Touching From a Distance – Ian Curtis & Joy Division. Faber & Faber, London 1995.)
- Mick Middles: From Joy Division to New Order: The True Story of Anthony H. Wilson and Factory Records. Virgin Books, 2002, ISBN 0-7535-0638-6 (englisch)
- Mick Middles, Lindsay Reade: Torn Apart. The Life of Ian Curtis. Omnibus Press, 2007, ISBN 1-84609-754-1 (englisch)
Film
- 24 Hour Party People (Großbritannien/Frankreich/Niederlande, 2002, Regie Michael Winterbottom)
- Der niederländische Fotograf und Filmemacher Anton Corbijn veröffentlichte 2007 den Film Control über Joy Division und Ian Curtis als Verfilmung der Biografie Touching From a Distance von Deborah Curtis (dt. Übersetzung Aus der Ferne).
- Anfang November 2007 hatte ein zweiter Film seine Premiere, der sich mit Joy Division befasst. Der von anderen Dokumentarfilmen (Radiohead) bekannte Regisseur Grant Gee sieht seinen Film als Ergänzung zu Control. Die Filme haben insofern miteinander zu tun, als die Arbeit an Control für Gee den Anlass gab, auf die Bandmitglieder mit der Absicht zuzugehen, dass diese nun (endlich) ihr jahrzehntelanges Schweigen brechen sollten. Gees Film heißt schlicht "Joy Division".[6]
Quellen
- ↑ http://en.wikipedia.org/wiki/Joy_Division#Compilation_appearances; Titel des Samplers lt. Vinyl-Edition, 10", Virgin Records Ltd. 1978, OVED 170
- ↑ http://einestages.spiegel.de/external/ShowAuthorAlbumBackground/a5924/l0/l0/F.html#featuredEntry; "Zwischenreich des Post-Punk" von Michael Kloft
- ↑ Quelle: Dave Thompson / Kirsten Borchardt · Schattenwelt · Helden und Legenden des Gothic Rock · Seite 56 · 2004 · ISBN 3-85445-236-5
- ↑ nonpop.de: NONPOP > LIFELOVER: Pulver Rezension
- ↑ taakefrost.de: Taakefrost Reviews – Sektion J – Joyless/Wild Signs Of The Endtimes
- ↑ BBC: Joy Division premieres @ Doc Fest.
Weblinks
- Commons: Joy Division – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Joy Division-Diskografie
- Joy Division bei laut.de
- Joy Division Central
- Joy Division – The Eternal
- Eine subjektive Biographie zu Joy Division