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Versäumnisurteil

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Das Versäumnisurteil ist nach deutschem Zivilprozessrecht eine gerichtliche Entscheidung, die auf Grund einer mündlichen Verhandlung gegen eine Partei ergeht, die trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist oder die trotz Erscheinens nicht zur Sache verhandelt.

Säumnis des Beklagten

Erscheint der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht, so gilt dadurch das gesamte Vorbringen des Klägers - mit Ausnahme des Vortrags zur örtlichen Zuständigkeit - als zugestanden. Soweit dieser Tatsachenvortrag den Klageantrag rechtfertigt (Schlüssigkeit der Klage), ist nach dem Klageantrag durch Versäumnisurteil zu erkennen. Soweit auch bei Richtigkeit des Tatsachenvortrags ein Anspruch im Sinne des Klageantrags nicht gegeben ist, wird durch Klage durch sog. unechtes Versäumnisurteil zurückgewiesen.

Säumnis des Klägers

Erscheint zur mündlichen Verhandlung der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht oder verhandelt er nicht zur Sache, so wird seine Klage ohne Sachprüfung abgewiesen.

Inhalt des Versäumnisurteils

Das Versäumnisurteil besteht nur aus Rubrum und Tenor. Es bedarf keiner Abfassung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Vollstreckung voraussichtlich im Ausland zu erfolgen hat. Dann müssen auch Tatbestand und Entscheidungsgründe angefügt werden, weil nicht mit einer Begründung versehene Entscheidungen von den ausländischen Autoritäten sehr häufig nicht als Vollstreckungsgrundlage anerkannt werden.

Das unechte Versäumnisurteil ist dagegen kein Versäumnisurteil in diesem Sinne. Es ergeht gegen den anwesenden Kläger wegen seines unzureichendes Sachvortrags. Es ist daher zu begründen wie jedes andere Urteil auch.

Einspruch

Das (echte) Versäumnisurteil kann mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs angegriffen werden. Der Einspruch ist binnen zwei Wochen seit Zustellung des Versäumnisurteils schriftlich bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, einzulegen. Die Einspruchsschrift hat die Einspruchsbegründung zu enthalten. Wird die Einspruchsbegründung erst später gegeben, kann der Einsprechende mit seinem Vortrag ausgeschlossen (präkludiert) sein. Der unzulässige Einspruch wird durch ein Urteil, dem keine weitere mündliche Verhandlung vorausgeht, verworfen. Der zulässige Einspruch versetzt den Rechtsstreit in den Zustand vor der Säumnis zurück und führt deshalb in aller Regel zur Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung.

Mehrfache Säumnis

Erscheint die säumige Partei auch in dem auf den Einspruch einberaumten weiteren mündlichen Verhandlung nicht oder verhandelt sie dort nicht zur Sache, so wird der Einspruch durch ein technisch zweites Versäumnisurteil verworfen. Gegen dieses Urteil gibt es keinen neuen Einspruch, sondern nur das Rechtsmittel der Berufung, die allein darauf gestützt werden kann, dass eine schuldhafte Versäumung des zweiten Termins nicht vorgelegen habe. Umstritten ist, ob in der Berufung gegen das zweite Versäumnisurteil geprüft wird, ob das erste Versäumnisurteil zu recht ergangen ist, ob also die Klage tatsächlich schlüssig begründet worden war. Die herrschende Meinung und die Rechtssprechung in der Literatur lehnen das ab.

Säumnis in der Rechtsmittelinstanz

Die Säumnis des Berufungsbeklagten hat zur Folge, dass das zulässige tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers als zugestanden anzunehmen ist. Soweit es den Berufungsantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen, soweit dies nicht der Fall ist, muss die Berufung zurückgewiesen werden. Ist der Berufungskläger säumig, so wird seine Berufung ohne Sachprüfung zurückgewiesen. Entsprechendes gilt auch für die Säumnis im Revisionsverfahren.