Zum Inhalt springen

Melaten (Kölner Siechenhof)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. September 2006 um 23:20 Uhr durch Savin 2005 (Diskussion | Beiträge) (rv Verschlimmbesserung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Melaten-Friedhof ist der Zentralfriedhof von Köln und befindet sich im Stadtteil Lindenthal des gleichnamigen Stadtbezirks. Der Name „Melaten“ wurde vom französischen Wort für krank „malade“ abgeleitet. Das ursprünglich dort stehende Leprosenheim trug den Namen Maladen. Er wird südlich begrenzt durch die Aachener Straße, zu Zeiten der französischen Besatzung „Chaussée d'Aix la Chapelle“ genannt, im Osten durch die Piusstraße, westlich stellen die Oskar-Jäger-Straße und der Melatengürtel die Begrenzung und im Norden die Weinsbergstraße.

Grabkapelle am Hauptweg; Ruhestätte von Sophia Czory, einer angesehenen Frau aus Romakreisen

Struktur

Der Friedhof ist 435.000 m2 groß und rasterförmig angeordnet. Zwei Hauptwege führen von der Aachener Straße nach Norden. Diese werden von der Ost-West-Achse („Millionenallee“) gekreuzt. Dazwischen liegen die Flure und Felder. Er besteht heute aus dem Alten Ehrenfelder Friedhof, der ab 1888 in den Melaten-Friedhof integriert wurde, einem privaten, der Öffentlichkeit nicht zugänglichen jüdischen Friedhof und dem eigentlichen Melaten-Friedhof.

Die älteste Friedhofsmauer mit dem ehemaligen Haupttor (Tor II) stammt aus dem Jahre 1810 und befindet sich an der Aachener Straße. 1874 und 1887 wurden östlich und westlich vom Tor II zwei weitere Eingänge errichtet (Tor I und Tor III) und 1957 der neue Haupteingang an der Piusstraße. Der Friedhof ist auch über mehrere Nebeneingänge zugänglich.

Inschriften

Beim alten Haupteingang an der Aachener Straße befindet sich über dem Torbogen die Inschrift „Funeribus Agrippinensium Sacer Locus“ (Für die Leichen Kölns geheiligte Stätte). Weitere Inschriften seitlich des Tores lauten: „Ave In Beatius Aevum Seposta Seges“ (Gruß Dir, auf bessere Zukunft gesäte Saat) und „Transi Non Sine Votis Mox Noster“ (Geh nicht vorüber ohne fromme Gebete, Du, bald der Unsrige).

Geschichte

Leprosenheim

Melaten war das größte Leprosenheim im Mittelalter. Die erste überlieferte Quelle besagt, dass die Leprosenanstalt vor den Stadtmauern von Köln im Jahre 1180 entstanden ist. Wie aus urkundlichen Erwähnungen verschiedener nordwesteuropäischen Städten dokumentiert wird, geht man davon aus, dass Melaten früher entstand. Außer Melaten gab es drei weitere Siechenhäuser in Köln. Eines befand sich oberhalb des Bayenturms, ein weiteres am Judenbüchel („am toten Juden“ - in Kölsch „Dude Jüdd“), das dritte in Riehl. Wie es damals üblich war, wurden die Leprosenanstalten an belebten Ausfallstraßen und an Flussläufen vor den Stadtmauern erbaut.

Auf dem Grundstück befanden sich die Unterkünfte für die Patienten und für die Mägde und Knechte, eine Kapelle, ein Wirtshaus und ein kleiner Friedhof für die verstorbenen Patienten. Durch Spenden von Kölner Bürgern, Stiftungen und Testamente wurde die Leproserie sehr wohlhabend und verfügte über mehrere Ländereien und Häuser in Köln und Umgebung, so auch über den benachbarten Hof Melaten, im Volksmund auch „Rabenstein“ genannt.

Melaten nahm im Gegensatz zu anderen Anstalten auch auswärtige Erkrankte auf. Um die 16 bis 24 Leprakranke wurden dort untergebracht und ihnen wurde strikt untersagt, das Gelände zu verlassen. Einzige Ausnahme bildeten die Feiertage, an denen ihnen erlaubt wurde, in Begleitung eines Schellenknechtes in die Stadt zu gehen und um Almosen zu bitten. Die Patienten wurden angehalten eine auffällige Kleidung, bestehend aus einer Kniehose, einer Joppe, einem Siechenmantel, einem großen Hut und weißen Handschuhen, anzuziehen und mit einer Klapper in der Hand die Kölner Bürger auf sich aufmerksam zu machen.

Durch gefälschte Siechenbriefe, mit denen Angestellte der Leprosie sich ein Zubrot verdienten, bot das Heim einigen Unterschlupf, die nicht an Lepra erkrankt waren.

Als die Lepra in Europa weitgehend besiegt war, schloß das Asyl im Jahre 1767. Die Einkünfte wurden 1766 zur Errichtung eines Zucht- und Arbeitshauses in der Wahlengasse, später umbenannt in Waisenhausgasse, verwendet, das 1801 von Waisenkindern bezogen wurde.

Melaten als Hinrichtungsstätte

Im Mittelalter war der Hof Melaten auch eine der öffentlichen Hinrichtungsstätten der Stadt Köln. Die Verurteilten wurden auf einem sogenannten „Armsünderkarren“, der von der Leprosenanstalt gestellt wurde, nach Melaten gebracht. Am 28. September 1529 wurden hier zwei Protestanten, Peter Fliesteden und Adolf Clarenbach, wegen ihres Glaubens an Luthers Lehren verbrannt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurden im Wahn der Hexenverfolgungen über 30 Frauen und Mädchen getötet, bekanntestes Opfer war Katharina Henot. Erst am 13. Juli 1797 wurde mit dem Kirchenräuber Peter Eick der letzte Mensch auf Melaten hingerichtet. Sein Tod am Galgen fand viele Zuschauer.

Am 27. März 1979 wurde zum Gedenken an Adolf Clarenbach und Peter Fliesteden ein Gedenkstein in der Nähe des Haupteinganges an der Piusstraße eingerichtet.

Denkmal für die Gefallenen im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71; dahinter liegen Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft

Melaten unter französischer Besatzung

Mit der französischen Besatzung 1794 änderte sich für die Kölner neben vielem anderen auch das Begräbniswesen. Denn am 12. Juni 1804 erließ Napoleon das „Décret sur les sépultures“, welches zum Entsetzen der Kölner die Beerdigung in Städten, Dörfern und geschlossenen Gebäuden verbot. Vorbei die Zeit der Bestattung in Kirchen und auf dem Kirchhof. Die Nähe zum Altar bedeutete Nähe zu Gott, aber auch eine hohe Position in der sozialen Hierarchie. Diese Tradition fand zu Gunsten pragmatischer, vor allem hygienischer Erwägungen ein Ende.

Entstehung des Melatenfriedhofes

Die Stadtverwaltung kaufte ein Grundstück auf dem Gelände des ehemaligen Leprosenasyls und ließ die meisten Gebäude abreißen. Die Kapelle des Leprosenheimes wurde in den Friedhof integriert. Für die Gestaltung des Friedhofes ließ sich Ferdinand Franz Wallraf gewinnen, der sich den Pariser Friedhof Père Lachaise zum Vorbild nahm. Nach langen Verzögerungen wurde am 29. Juni 1810 der Melatenfriedhof durch den Dompfarrer Michael Joseph DuMont eingeweiht. Die Friedhöfe innerhalb der Stadt wurden geschlossen, Köln hatte einen zentralen Friedhof.

Offiziell wurde der Friedhof als „Gottesacker der Stadt Köln“ bezeichnet. Dieser war zunächst noch nicht für alle Bürger geöffnet: bis 1829 durften nur Katholiken dort bestattet werden. Die Protestanten wurden bis dahin auf dem alten Geusenfriedhof im Weyertal vor den Stadtmauern begraben. Auch die jüdischen Mitbürger blieben Melaten lange fern. Sie wurden bis zur Anlage des jüdischen Friedhofs 1903 in Deutz ebenfalls vor den Stadtmauern bestattet.

Trotz mehrerer Erweiterungen wurde mit der Zeit das Platzangebot ausgeschöpft. Zur Entlastung von Melaten wurde 1896 der Nordfriedhof, 1901 der Südfriedhof und 1917 der Westfriedhof eröffnet.

Schlichter Grabstein für Ferdinand Franz Wallraf und Johann Heinrich Richartz

Melaten und die Kriege

Melaten musste im Laufe der Geschichte mehrere erhebliche Zerstörungen verkraften. Das imposante Grabmal für Ferdinand Franz Wallraf und Johann Heinrich Richartz wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Heute erinnert ein schlichter Grabstein an die beiden Wohltäter. Die von Wallraf und 1850 durch Vincenz Statz instandgesetzte ehemalige Kapelle des Leprosenheimes wurde 1942 zerstört. Sie wurde 1952 vereinfacht wieder errichtet.

Der Melatenfriedhof heute

Der im Jahre 1980 unter Denkmalschutz gestellte Melatenfriedhof ist heute auch ein interessantes Ausflugsziel. Vor allem wegen der vielen Prominenten, die hier bestattet sind, wie auch wegen der interessanten Grabmale und des parkähnlichen Charakters der Anlage. Der Melatenfriedhof ist aber nicht nur ein Kölner Geschichtsbuch, sondern auch eine ökologische Nische mitten in einer Großstadt.

Die Bezeichnungen der Felder, Flure und Wege sind für manche Besucher verwirrend, da sie nicht konsequent eingehalten wurden. Die Feldsteine sind oftmals schwer zu entziffern. Das legt sich bei mehrfachem Besuch des Friedhofes.

Mehrmals jährlich werden an Wochenenden Führungen durch den Friedhof angeboten. In der Nacht oder den späten Abendstunden kommen Tierfreunde in den Genuss, die Tierwelt auf dem Melaten zu erkunden. Für ältere Mitbürger, die sich den Besuch zu den Gräbern ihrer Angehörigen nicht mehr zutrauen, gibt es einen kostenlosen Fahrservice, der sie bis zu den Gräbern bzw. so nah wie möglich fährt.

Melaten und der Karneval

Melaten ist nicht nur ein Ort der Trauer, sondern auch des Frohsinns. Der Friedhof beherbergt einige Größen des Kölner Karnevals, zum Beispiel Willi Ostermann. Während der "fünften Jahreszeit" wird der Friedhof einbezogen in die Narretei. Eine Führung führt quer durch den Friedhof zu bekannten Karnevalistengräbern und erzählt lebendig die Geschichte der Toten.

Patenschaftssystem

Der Sensenmann

Das von der Stadtkonservatorin Hiltrud Kier im Jahre 1981 angeregte eingeführte Patenschaftssystem (inzwischen von vielen Städten adaptiert), sorgt für die Restaurierung und den Erhalt vieler historischer Grabmale. Der Pate sucht sich ein denkmalgeschütztes Grabmal aus, dessen Nutzungsrechte abgelaufen sind, und ist verantwortlich für den Erhalt und die Restaurierung. Als Gegenleistung bekommt der Pate ein Anwartsrecht auf die Grabstelle. Erst wenn der Pate dort beerdigt wird oder beerdigen lässt fallen Nutzungsgebühren an. Bei manchen Grabsteinen werden die Namen der zuvor dort Beerdigten auf die Rückseite des Grabsteins eingraviert. Durch dieses einfache System wurden schon viele historische Grabmale erhalten.

Ein bekanntes Patenschaftsgrab und zugleich eines der bekanntesten Grabmale auf Melaten ist der von dem Bildhauer August Schmiemann erschaffene Sensenmann für den Kaufmann Johann Müllemeister. In der rechten Hand hält er eine Sanduhr und ehemals in der linken Hand eine Sense. Wann diese ihm abhanden gekommen ist und durch wen, ist nicht genau geklärt. Die Paten dieser Grabstelle, die Steinmetzfamilie Steinnus, ließen dort ihren kleinen Sohn Martin begraben. Sie schmückten die Grabstelle mit einem Frosch, in Anlehnung an den Spitznamen „Fröschlein“. Der Sensenmann befindet sich am westlichen Hauptweg, zwischen den Fluren 82 und 76 B.

Flora und Fauna

Flora

Anfangs war der Friedhof nur spärlich bepflanzt. Das änderte sich 1826 durch den Gartenarchitekten Maximilian Friedrich Weyhe. Sein Bepflanzungsplan wurde aus Kostengründen nur teilweise umgesetzt. Die Hauptwege und die Ost-Westachse für die teuersten Gräber wurden durch hohe, lichte Baumalleen, bestehend aus Platanen (antike Todesbäume oder Trauerbäume) aufgelockert, die Seitenwege durch mittelhohe Linden und Rosenstöcke. Später kamen im Zuge der Erweiterungen und in den einfachen Grabstätten unter anderem Lebensbäume, Ahorne, Birken, Trauerulmen, japanische Zierkirschen und Trompetenbäume dazu. Einige Fluren sind von Hecken umrahmt.

Halsbandsittich

Fauna

Auch die Tierwelt ist auf dem Melatenfriedhof stark vertreten. Über 40 Vogelarten leben und brüten hier. An eingerichteten Futterstellen und an den Wasserstellen kann man Grünfinke, Blaumeisen, Spechte, Amseln, Stare oder Dohlen, Rotkehlchen und Dompfaffe erblicken. Auch Halsband- und Alexandersittiche, deren Vorfahren vermutlich aus Zoohandlungen oder aus Zoos entflohen sind, haben sich (wie in vielen Kölner Grünanlagen) an die herrschenden Bedingungen angepasst. Fledermäuse, Eichhörnchen, Füchse und verwilderte Katzen runden das Tierspektrum ab.

Prominente auf Melaten (in Klammern die Flurangabe)

Bedeutungen: HWG = östlicher Hauptweg; wHWG = westlicher Hauptweg; MA = Ost-West-Achse, genannt „Millionenallee“; Lit. (Littera) = Buchstabe

A-H

Grabstein für Wolfgang Anheisser
Grabstein für Hans Böckler

I-P

Grabstein für Theo Burauen
Grabstein für Arno Faust

Q-Z

Grabstein für Maria Clementine Martin
Grabstein für Nicolaus A. Otto

Allgemeine Informationen

Der Melaten-Friedhof hat sechs öffentliche Eingänge, davon drei an der Aachener Straße und je einen an der Piusstraße, der Weinsbergstraße und dem Melatengürtel.

Kostenlose Führungen durch den Friedhof werden unter anderem von der Stadt Köln (die Termine können dem Veranstaltungskalender entnommen werden) angeboten. Weiterhin spezialisiert sich der Verein "NABU Köln" auf naturkundliche Melaten-Führungen auch außerhalb der allgemeinen Öffnungszeiten.

Literatur

  • Josef Abt und Wolfgang Vomm: Der Kölner Friedhof Melaten. 1986 - ISBN 3774301824
  • Josef Abt, Johann Ralf Beines und Celia Körper-Leupold: Friedhof Melaten: Kölner Gräber und Geschichte. Köln 1997, Greven Verlag - ISBN 3774303053
  • Hilde Cornelius und Cornelia Geiecke: Lebendige Vergangenheit: Künstler, Kunstwerke, Kölner auf dem Friedhof Melaten. ISBN 3929769433
  • Ayhan Demirci: Melaten: Mythos und Legenden. 1996 - ISBN 3879094799
  • Wolfgang Oelsner: Eine Führung durch den Kölner Karneval auf dem Friedhof Melaten. 1998 2. Auflage - ISBN 3980638405
  • Ilona Priebe: Friedhof Melaten zu Fuß. 2004 - ISBN 3761618069
  • Peter Guckel: Der Vogel mit dem Stein. Ein Grabmal auf dem Melatenfriedhof zu Köln, 2005 - ISBN 3934233031
  • Wolfgang Stöcker: Die letzten Räume. Sterbe- und Bestattungskultur im Rheinland seit dem späten 18. Jahrhundert, 2006 - ISBN 3412291056; mit Text- und Bildbeiträgen zum Melatenfriedhof
Commons: Melaten-Friedhof – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Vorlage:Koordinate Artikel