Die Welle (Künstlergruppe)
Die Künstlergruppe "Die Welle" war ein Zusammenschluss von sechs eigenständigen Künstlern, namens Bernhard Klinckerfuß, Paul Roloff, Emil Thoma, Hermann Müller-Samerberg, Friedrich Lommel und Paula Rösler, die nach einem Weg suchten „...ihre Bilder in ihrer persönlichen Eigenart und ihrem Wert am Besten zur Geltung...“ (Maler am Chiemsee S.35") zu bringen, 1921 die Gruppe gründeten.
Die Entstehungsgeschichte
Nach der Jahrhundertwende ließen sich viele Künstler am Chiemgau nieder, unter ihnen Kalr Hermann Müller-Samenberg, Emil Thoma, Bernhard Klinckerfuß und Paul Roloff. Sie lebten dort jeder für sich eng verbunden mit der Landschaft und den Leuten. Anfangs beschickten die Künstler Ausstellungen in der Stadt mit ihren Werken, da diese von den Kritikern allerdings als langweilig erachtet wurde, traten einige von ihnen in den 20er Jahren den Gruppen "Chiemgauer Künstlerbund" und "Frauenwörther" bei. Doch die Maler sehnten sich nach mehr Freiheit, so gründeten Klinckerfuß, Roloff, Thoma sowie Müller-Samerberg, Paula Rösler und der Bildhauer Friedrich Lommel 1921 eine "freie Vereinigung Chiemgauer Künstler", die auf den Vorschlag von Anette Thoma den Namen "Welle" erhielten. Dieser bezog sich auf die Lage des künftigen Ausstellungsgebäudes. Das Symbol dazu entwickelte Emil Thoma, Anettes Mann.
Mitglieder
Gründungsmitglieder
Gründungsmitglieder waren
die sozusagen der Motor der Gruppe waren, als auch
Wenig später hinzu kamen auch
Gastaussteller
Nicht nur die Gründungsmitglieder stellten regelmäßig ihre Kunstwerke aus, es war auch Gästen möglich ihre Werke auszustellen. Unter ihnen waren Malerin Lisbeth Lommel (von 1923-1934), Dr.Benno Eggert und Heinrich Hieke (1926), Maler Theodor Binter, Lucidus Diefenbach, Erich Vetter und der Stuttgarter Tiermaler Hans Molfenter (1927), Joseph Neumann und der bedeutende Kupferstecher Hans Otto Schönleber mit Graphiken, der Maler Prof.Theodor Hummel, der als besondere Bereicherung der Gruppe galt und E.E. Heinsdorff (1927-1933), Oskar Martin-Amorbach (1929-1933), der im In- und Ausland geschätzte Prof. Max Slevogt (1929), der der Welle große Erfolge brachte, Maler Fritz Kuithanund Ernst Kozics (1932) und Prof. Robert Engels (1933). Auch gab es immer wieder Sonderausstellungen. 1925 organisierte die Welle eine Gedächtnisausstellung mit Bildern von Franz Lechner, 1928 gab es eine Sonderschau mit einer großen Anzahl von Bildern des Prof. Karl Hagemeister, der Anlass war sein 80. Geburtstag und im Jahre 1931 fand eine Sammelausstellung des bekannten Karikaturisten Erich Wilke mit Arbeiten zur Zeitgeschichtlichen Politik und Kultur statt.
Die Geschichte der "Welle"
Errichtung des Ausstellungsgebäudes
Damit Ausstellungen überhaupt erst stattfinden konnten, musste erst einmal ein geeignetes Gebäude gefunden werden. Der anfängliche Versuch den Bibliothekssaal des ehemaligen Augustiner-Chorherrstifts als Kunstraum zu bekommen scheiterte, so beschloss man 1921 auf den Schären in Prien Stock ein eigenes Ausstellungsgebäude, auf eigene Kosten zu errichten. Diese verteilten sich auf die Gründungsmitglieder. („…“Jeder zahlt 10.000DM.“ (Paul Roloff)“ ) Darauf erhielt „Die Welle“ einen 10-jährigen Pachtvertrag, der am 01.April 1932 auslaufen sollte.
Den Bauentwurf lieferte Bernhard Klinckerfuß. Es entstand ein schlichter Pavillon, der in einem Vorraum, einen großen durch Dachfenster belichteten Hauptraum und in 2 Seitenkabinette aufgeteilt war. Die Verbindungswände vom Vorraum zum Hauptraum konnten auch zurückgeklappt werden, so dass ein großer Saal entstand. Zusätzlich gab es auch noch einen kleinen Büroraum, in dem man auch übernachten konnte.
Ausstellungen 1922-1934
Am 24. Juli 1922 fand dann die erste Ausstellung der “Welle“ in ihrem Pavillon statt, bei der jeder der neun ausstellenden Künstler seine eigene Wand hatte, für dessen Gestaltung er alleine zuständig war. Die Veranstaltung fand positiven Anklang bei der Allgemeinheit, außer bei der Priener Bevölkerung, die die Befürchtung hatten, dass das Heimatmuseum nicht mehr so zahlreich besucht werden könnte, da der Pavillon als neuer Anziehungspunkt, laut der Presse, galt. Durch die Inflation 1923 gerieten die Künstler allerdings in Geldnot. Nach der zweiten Ausstellung mussten somit 20% des eingenommenen Geldes durch Werke als Provision an die Gruppe abgegeben werden. Noch im selben Jahr wurde überlegt, wie man sich besser Vermarkten konnte, beziehungsweise man hatte eine neue Idee wie man ein breiteres Publikum ansprechen könnte. So fand 1923 das erste Konzert mit dem Pianisten Prof. August Schmid-Lindner im Welle-Gebäude statt.
Damit nicht nur die Menschen im Kreis Chiemsee an ihrer Kunst teilhaben konnten und um neue Gastaussteller zu werben organisierte die Gruppe 1926-1927 ihre erste Wanderausstellung, die angestrebten Stationen hierfür waren Heilbronn (Dezember 1926), Stuttgart (Januar 1927), Kunstverein Ulm (März 1927) und Kunstverein Würzburg (Mai 1927) Im letzten Jahr der Rundreise war noch eine Heimatvorstellung als Abschluss der Tour vorgesehen, diese konnte allerdings vorerst nicht stattfinden; der Grund: die Fenster und Glasverdachung des Pavillons wurden durch ein Hagelunwetter so zerstört, dass es nicht möglich gewesen wäre dort drinnen eine Ausstellung zu organisieren. Da das Gebäude nicht versichert war, mussten die „Welle“ Mitglieder viel Geld aufwenden um den Pavillon wieder aufzubauen.
Doch diese Investitionen und Bemühungen lohnten sich, wenige Wochen später konnte die Wiedereröffnung gefeiert werden. Ein Höhepunkt der „Welle“ Ausstellungen (bis zu diesem Zeitpunkt) folgte kurz nach dem Schock des zerstörten Gebäudes. Es war die Veranstaltung zu Ehren des 80.Geburtstags von Professor Karl Hagemeister. Der berühmte Landschaftsmaler Karl Hagemeister stammte aus Markt Brandenburg, sein Leben und seine Werke waren geprägt von dem intensiven Verhältnis zur Natur, ebenso wie das der „Welle“ Mitglieder [1]. Daher war es kaum verwunderlich, dass dieser Mann das Angebot einer Ausstellung in dieser Gesellschaft annahm. Seine Kunstwerke wurden für jedermann gut sichtbar im Hauptsaal aufgestellt. (1928)
Um dies noch zu steigern, und um weitere kunstinteressierte Personen anzuziehen, fand ein Jahr später (1929) ein fast ebenso bedeutender Event statt. Der bekannte und einer der bedeutendsten deutschen Künstler Anfang des 20. Jahrhunderts, [([Impressionist]] Professor Max Slevogt wurde eingeladen seine angefertigten Druckgraphiken der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dieser ehrenwerte Besuch brachte der „Welle“ viel Ruhm, Anerkennung und Erfolg.
Die Welle Mitglieder waren aber nicht nur offen gegenüber Gastausstellern sondern auch gegenüber Neuem. Als sie im Jahre 1923 das erste Konzert gaben, fand das großen Anklang bei der Bevölkerung, also versuchten sie dieses Erlebnis mit ihrer Kunst zu kombinieren und stellten noch im Jahre 1929 die erste „Musica Anima“ auf die Beine. „Musica Anima“, ein öffentliches Konzert, der etwas anderen Art. Der Versuch Kunst und Musik zu verbinden. Hinzu kam die neue Art der Musikübertragung über Boxen. Die Konzertbesucher waren begeistert was dazu führte, dass diese Veranstaltungen zur Regel wurden. Davon profitierte auch der Ort Prien, der nun Konzerte anzubieten hatte. Vor allem aber führte diese andere Art der Wahrnehmung verschiedener Künste dazu, dass man die Natur neu erleben konnte. Die Welle hatte nun so vielen Menschen die Kunst näher gebracht, dass sie am 28.Juni 1931 mit einigen Ehrengästen wie Senior Priens, Exzellenz von Bomhard, den Oberregierungsräten Esterer und Roth, dem Vorstand des Verkehrsvereins, dem 1.Bürgermeister von Rosenheim und im großen Kreis von Kunstinteressenten ihr 10-jähriges Bestehen feierte. Doch trotz des hohen Besuches und den zahlreichen Gästen kann man sagen, dass die „Welle“ immer „nur“ großen ideellen künstlerischen Erfolg hatte, aber nie wirklich materiellen Erfolg, da sie von Beginn an auf sich gestellt waren. Zwei Jahre später riefen die Mitglieder eine Sonderausstellung mit graphischen Arbeiten des Künstlers Robert Engels ins Leben. Noch im selben Jahr fand auch die 12.Kunstausstellung der Welle statt, hierzu erschien eine Hymne zur „Welle“ in der Chiemgauer-Zeitung.
Das Ende der Welle
Mit dem Jahr 1933 lief allerdings der Pachtvertrag für das Grundstück aus. Eine Verlängerung war von Seiten der Stadt nicht möglich. Somit ging das Gebäude mit allen Rechten an die Gemeinde Prien über. Am 10. Juni 1934 leitete man die letzte Ausstellung im Rathhaussaal der Stadt Rosenheim in die Wege. Laut Münchner-Augsburger-Zeitung ein großer Gewinn für Rosenheim, aber auch ein Verlust für Prien. Wenig später löste sich die Gruppe auf; teils wegen der Proteste der Rosenheimer Künstler, größten teils aber wegen der nationalsozialistischen Gleichschaltung der Künstlerschaft, für die eine freie, unabhängige Gruppe ein Dorn im Auge war.
Das Besondere an der Gruppe
Der Grund warum diese Gruppe dennoch auf jene Art und Weise bestehen konnte, war die aufrichtige Freundschaft untereinander. Kein Konkurrenzdenken, weder unter den Mitgliedern, noch gegenüber Künstlern die der Gruppe beitreten wollten. Im Gegenteil, „„…Kunstgenossen von ähnlichem Streben [wurden] immer wieder herzlich [aufgenommen]…““ (Münchner Neueste Nachrichten, 16. Juli 1927"). Jedem war es möglich frei zu arbeiten; wie er wollte. Damit dieses freie Arbeiten wirklich frei war, lebte jeder für sich in verschiedenen Landschaften, wodurch man sich nicht in die Quere kam. (Keine gleiche Farbpalette, keine selben Motive). Frei bedeutete auch kein Programm, keine Richtung, keiner Mode folgen. Wobei man aus heutiger Sicht sagen kann, dass die Gruppe eher dem Realismus zuzuordnen ist, mit einzelnen Ausnahmen wie Hermann Müller-Samerberg, der als Romantiker galt, Lisbeth Lommel und Theodor Hummel die dem Expressionismus folgten. Zeitgenössische Kunstauffassungen gingen nichtsdestotrotz an ihnen vorbei. Man könnte sagen, das was die Gruppe verbündete war keine Richtung sondern eher „„…Ehrfurcht vor der Natur und Redlichkeit des Sterbens.““ (Münchner Neueste Nachrichten, 1923") , wodurch ein Einklang der Werke entsteht, kein Ton stört. Zwölf Künstler in vier Räumen und jedes Bild trägt seinen Teil zur Harmonie bei, die Bilder vertragen sich so gut wie die Künstler.
Das Besondere an der Gruppe war auch der Ort an dem sie sich niederließen, so „„…[wirkte] der bloße Gang von Prien bis Stock […] als Vorbereitung…““ (Münchner Neueste Nachrichten,16.Juli 1927") auf die Ausstellung. Aber das was man ihnen am höchsten anrechnen kann ist, dass sie sich nie entmutigen ließen, auch wenn sie keinen materiellen Erfolg hatten, erlangten sie doch immerhin großen ideellen Erfolg.
Ziele der Künstlergruppe
Die Künstlervereinigung wollte „„…aus dem herkömmlichen Massenausstellungswesen im Glaspalast oder anderen Ausstellungen in Großstädten herauskommen; lieber [wollten sie] eine kleine aber innerlich harmonische Ausstellung [auf die Beine stellen], in der nicht ein Bild das andere stört, sondern jedes das andere und das Ganze…““ (Maler am Chiemsee, 1983") ergänzt und komplett macht. Das Ziel einer Ausstellung ist erreicht, wenn der Besucher einen Teil der Freude genießt, die die Künstler beim schaffen verspürten.
Literatur
- Fritz Aigner: Maler am Chiemsee,Markt Prien 1983
- Karl J. Aß: "Die Welle" "Freie Vereinigung Chiemgauer Künstler" 1922-1934. Marktgemeinde Prien 1997