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Kurden in Syrien

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Kurden in Syrien (Syrien)
Kurden in Syrien (Syrien)
Qamischli ohne Koordinaten
Al-Hasaka ohne Koordinaten
Ain al-Arab ohne Koordinaten
Afrin ohne Koordinaten
Damaskus (Hauptstadt) ohne Koordinaten
Aleppo ohne Koordinaten
Einige Städte im kurdisch besiedelten Teil Syriens.

Die Kurden sind die größte ethnische Minderheit in Syrien und machen etwa 10 % der Bevölkerung aus.[1] Die meisten sind sunnitische Muslime, es gibt auch jesidische Kurden in Syrien. Eine sehr kleine Zahl sind Christen und Nusairier.

Demografie

Syriens Kurden leben hauptsächlich entlang der Grenze zur Türkei in Nordostsyrien, diese Region erstreckt sich über den größeren Teil des Gouvernements Al-Hasaka. Die größten Städte der Region sind Qamischli und al-Hasaka. Eine andere Region mit einer signifikanten kurdischen Bevölkerung ist Ain al-Arab (Kobanî) in Nordsyrien in der Nähe der Stadt Jarabluss und Kurd Dagh im Nordwesten, rund um die Stadt Afrin im Gouvernement Aleppo. Die Region Kurd Dagh erstreckt sich bis zu den türkischen Landkreisen İslahiye und Kırıkhan. Auch leben viele Kurden in den Großstädten wie Aleppo und Damaskus.[1] Die kurdisch bewohnten nördlichen und nordöstlichen Teile Syriens werden auf kurdisch "Kurdistana Binxetê" (Kurdistan unter der Grenze) genannt.

Geschichte

Die Geschichte der syrischen Kurden beginnt mit der Spaltung des Osmanischen Reiches nach 1918 und der Gründung Syriens, das erst ein französisches Mandat war und 1946 unabhängig wurde.

KDPS, Dschasira und Barzani

Osman Sabri und andere kurdische Politiker gründeten 1957 die Demokratische Partei Kurdistan-Syrien. Die Ziele der DPKS waren die Förderung der kurdischen kulturellen Rechte, wirtschaftlicher Fortschritt und demokratischer Wandel. Die DPKS wurde vom Staat nie legal anerkannt und blieb eine Untergrundorganisation, besonders nach einer Razzia 1960 bei der einige der Führer verhaftet, wegen Separatismus angeklagt und eingesperrt wurden.

Nach dem Scheitern der Union mit Ägypten 1961 erklärte sich Syrien laut Verfassung zu einer Arabischen Republik. Am 23. August 1962 führte die Regierung eine außergewöhnliche Volkszählung in der Dschasira durch. Als Ergebnis wurden 120.000 Kurden in der Dschasira zu Ausländern erklärt. Tatsächlich hatten die Bewohner syrische Ausweise und ihnen wurde gesagt, die Ausweise auszuhändigen, um sie zu erneuern. Jene Kurden die das taten aber bekamen nichts zurück. Eine Medienkampagne gegen die Kurden mit Slogans wie Rettet das Arabertum in der Dschasira! und Bekämpft die kurdische Bedrohung! wurde gestartet.

Diese Politik fiel mit dem Aufstand Mustafa Barzanis in Irakisch-Kurdistan und der Entdeckung von Ölreserven in den kurdischen Gebieten Syriens zusammen. Im Juni 1963 nahm Syrien an einer Militäraktion der Iraker gegen die Kurden teil und sorgte für Flugzeuge, gepanzerte Fahrzeuge und 6000 Mann. Syrische Truppen überquerten die irakische Grenze und bewegten sich auf Zaxo zu, um Barzanis Kämpfer zu verfolgen.[2]

Arabischer Gürtel

1965 entschied die syrische Regierung einen Arabischen Gürtel (al-hizām al-ʿarabi) in der Dschasira entlang der türkischen Grenze zu errichten. Der Gürtel war 300 km lang und 10-15 km breit und erstreckte sich von der irakischen Grenze im Osten bis nach Ra's al-'Ayn im Westen. Die Durchführung des Planes begann 1973 und es wurden beduinische Araber in den kurdischen Gebieten angesiedelt. Die Toponymie des Gebietes wie zum Beispiel die Dorfnamen wurden arabisiert. Gemäß dem ursprünglichen Plan müssten etwa 140.000 Kurden in die südlichen nahen Wüsten bei Al-Raad deportiert werden. Obwohl die kurdischen Bauern enteignet wurden, weigerten sie sich wegzuziehen und ihre Häuser aufzugeben. Unter diesen Bauern durften diejenigen, die man zu Ausländern erklärte kein Besitz haben, keine Häuser reparieren oder neue Häuser bauen.[3]

Die 1986-Demonstrationen

Im März 1986 versammelten sich tausende Kurden in traditionellen Kostümen im kurdischen Viertel von Damaskus um das Frühlingsfest Nouruz zu feiern. Die Polizei warnte sie, dass das Tragen kurdischer Trachten verboten sei und feuerte in die Menge wobei eine Person starb. An der Beerdigung in Qamischli nahmen rund 40.000 Kurden teil. Auch in Afrin wurden drei Kurden während der Newrozdemonstrationen getötet.[4]

Die Unruhen im März 2004

Nach einem Zwischenfall in einem Fußballstadion in Qamischli starben bei den Unruhen, die am 12. März begannen, 30 Leute und 160 wurden verletzt. Kurdische Quellen deuteten an, dass syrische Sicherheitskräfte scharfe Munition gegen Zivilisten benutzten, nach Zusammenstößen während eines Fußballspieles zwischen örtlichen kurdischen Fans der Heimmannschaft und arabischen Fans der Mannschaft aus der Stadt Dair az-Zaur. Die internationale Presse berichteten über neun Tote vom 12. März. Gemäß Amnesty International wurden hunderte Menschen meist Kurden nach den Unruhen verhaftet. Kurdische Häftlinge berichteten über Folter und Misshandlungen. Einige kurdische Studenten wurden von ihren Universitäten verwiesen, weil sie an friedlichen Protesten teilnahmen.[5]

Volkszählung

1962 wurden 20 % der syrischen Kurden ihre Staatsbürgerschaft nach einer höchst kontroversen Volkszählung, die bei vielen Menschenrechtsgruppen Bedenken verursachte, entzogen.

Begründung

Die syrischen Regierung begründete die außerordentliche Volkszählung damit, dass Kurden aus den Nachbarländern, besonders der Türkei illegal die Grenze überschritten haben sollen. Weiterhin behauptet sie, dass diese Kurden sich niederließen und nach und nach so die Mehrheit in Städten wie Amude und Qamischli ausmachten. Auch sagt sie, dass viele Kurden es schafften sich illegal in die syrischen Einwohnerregister einzuschreiben. Des weiteren spekuliert die Regierung, dass Kurden vorhatten sich anzusiedeln und Besitz zu erwerben, besonders nach der Frage der landwirtschaftlichen Gesetzesreformen, damit sie von der Neuverteilung der Ländereien profitieren konnten.[6]

Wegen dieser wachsenden illegale Einwanderung führte die Regierung am 5. Oktober 1962 die Volkszählung durch, mit dem Ziel die Register zu reinigen und die illegalen Einwanderer zu identifizieren. Am Ende wurden 100.000 Kurden wurden als Fremde identifiziert und in speziellen Registern geführt.[6] Die restlichen überprüften Bürger wurden in neue zivile Melderegister übertragen. Mittlerweile ist die Zahl der staatenlosen Kurden in Syrien auf mehr als 200.000 angestiegen.[7]

Kritik

Nach Human Rights Watch soll nach einigen Aussagen die außergewöhnliche Volkszählung in einer willkürlichen Art, die die Mitglieder der gleichen Familie unterschiedlich eingestufte, durchgeführt worden sein. Die HRW behauptet, dass einige Kurden aus der gleichen Familie Bürger wurden, während andere zu Fremden deklarierte wurden, was eine Ungenauigkeit des Vorgangs nahe legt; die HWR behauptet auch, dass einige der Kurden, die den Wehrdienst geleistet haben, ihre Staatsbürgerschaft verloren haben, während andere, die die Beamten bestochen hatten, es behalten haben.[6] So soll die syrische Regierung gemäß Human Rights Watch viele ursprüngliche kurdische Einwohner zu Fremden erklärt haben, und als folge dessen ihre Menschenrechte verletzt haben als sie ihnen die syrische Staatbürgerschaft entzog.[6] Staatenlose Kurden haben nicht die Möglichkeit legal in ein anderes Land auszuwandern, weil sie keine Reispapiere haben. In Syrien dürfen sie nicht in staatlichen Behörden und Firmen beschäftigt werden; sie dürfen legal keine syrischen Bürger heiraten. Kurden mit dem Status eines Ausländers haben nicht das Recht zu wählen oder sich zu Wahl zu stellen.

Nach einigen Quellen soll Syrien gegenwärtig planen, diesen Kurden die Staatsbürgerschaft zu geben. Trotzdem gibt es bislang keine Umsetzung der Pläne.

Die Berichte von Amnesty International und HRW

Amnesty International behauptet, dass kurdische Menschenrechtsaktivisten misshandelt und verurteilt wurden.[8] Nach Human Rights Watch können die Kurden in Syrien die kurdische Sprache nicht benutzen, und ihren Kindern keine kurdischen Namen geben, keine Geschäfte unter nichtarabischen Namen eröffnen, keine privaten kurdischen Schulen gründen und keine kurdischen Bücher oder andere Materialen veröffentlichen.[6][9]

Bekannte Kurden

Bekannte syrische Kurden, die teilweise zur Zeit des Osmanischen Reiches geboren wurden, sind:

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Daten über Syrien aus dem CIA-Factbook
  2. Îsmet Şerîf Wanlî: S.151-152
  3. Îsmet Şerîf Wanlî: S. 157, 158 und 161
  4. Îsmet Şerîf Wanlî S.163-164
  5. Syria: Address Grievances Underlying Kurdish Unrest, Bericht der HRW vom 19. März 2004.
  6. a b c d e Syria: The silenced kurds Bericht der HRW vom Oktober 2006
  7. Syria's Kurds Struggle for Rights Artikel der voanews.com vom 2. September 2005
  8. Syria: End persecution of human rights defenders and human rights activists Artikel vom 7. Dezember 2004 von der Seite amnestyusa.org
  9. Worldreport 2005 Syria Bericht der HRW von 2005

Literatur

  • Îsmet Şerîf Wanlî: The Kurds in Syria and Lebanon, In The Kurds: A Contemporary Overview, Editiert von P.G. Kreyenbroek und S. Sperl, Kapitel 8, Verlag Routledge, 1992, ISBN 0415072654