Vareler Nebenbahnen
Als Vareler Nebenbahnen bezeichnet man ein Netz von Eisenbahnstrecken in Deutschland rund um die Stadt Varel am Jadebusen. Es handelt sich dabei ausschließlich um normalspurige Nebenbahnen, die zwischen 1893 und 1896 eröffnet wurden. Keine von ihnen wird heute mehr befahren, und fast alle Strecken sind komplett abgebaut.
Vorgeschichte
Die Stadt Varel war bereits im Jahr 1867 durch die Hauptstrecke Wilhelmshaven (damals: Heppens) - Oldenburg an das Eisenbahnnetz der Großherzoglich Oldenburgischen Eisenbahn (GOE) angebunden worden.
In den Folgejahren wurden die Stimmen lauter, die auch eine Anbindung der westlich Varels gelegenen Friesischen Wehde forderten. Grund hierfür waren unter anderem die Textil- und Klinkerindustrie sowie die Landwirte, deren Erzeugnisse über etliche Kilometer mühsam mit Fuhrwerken zum nächsten Bahnhof gebracht werden mußten. Zwar hatte Bockhorn damals in Ellenserdamm bereits einen Bahnhof an der Hauptstrecke nach Wilhelmshaven, jedoch lag dieser Bahnhof fünf Kilometer vom Ort entfernt und war somit recht unattraktiv.
Auch benötigten die schnell wachsenden Dörfer Zetel, Bockhorn und Neuenburg eine Verbindung in den von Preußen 1854 gegründeten Marinestützpunkt Wilhelmshaven. Anfang der 1890er Jahre begannen schließlich die Bauarbeiten, und 1896 war mit dem Anschluß Neuenburgs das Netz der Vareler Nebenbahnen vollständig.
Strecken
| Streckenverlauf | Länge (km) | Eröffnung1 | Stillegung PV | Stillegung GV | Zustand |
| Ellenserdamm - Bockhorn | 5,42 | 1. Januar 1893 | 1959 | 1992 | Abgerissen, keine Spuren mehr erkennbar |
| Varel - Bramloge | 7,63 | 1. Januar 1893 | 1954 | 1992/2002 | Strecke von Varel bis zur Verladerampe Langendamm von DB zur Übernahme ausgeschrieben; restliche Strecke abgerissen; Bahndamm zwischen Borgstede und Bramloge Wanderweg |
| Varel - Varelerhafen | 1,60 | 15. Mai 1893 | nur GV | 1992 | Abgerissen; Bahndamm teilweise zum Fußweg umgebaut |
| Bockhorn - Grabstede | 2,88 | 1. November 1893 | 1959 | 1992 | Abgerissen; Bahndamm südlich B 437 vorhanden |
| Borgstede - Bockhorn | 7,00 | 1. Dezember 1893 | 1954 | 1992/97 | Abgerissen; in Bockhorn teilweise überbaut |
| Ellenserdamm - Ellenserdammersiel | 1,40 | 15. April 1894 | nur GV | 19?? | Abgerissen; keine Spuren mehr sichtbar |
| Bockhorn - Zetel | 3,63 | 10. Mai 1894 | 1954 | 1992 | Abgerissen; Bahndamm noch vorhanden |
| Zetel - Neuenburg | 4,37 | 1. April 1896 | 1954 | 1992 | Abgerissen; in Zetel teilweise überbaut; Bahnhofsgebäude in Neuenburg und Zetel gut erhalten |
Die Strecken Varel - Rodenkirchen (1913 eröffnet) und Grabstede - Ocholt (1904/05 eröffnet), werden oft nicht dazugezählt.
1 entnommen aus: Lioba Meyer: Ganz ohne Eile. Die Großherzoglich Oldenburgische Eisenbahn (G.O.E.) 1867 - 1920. Stadtmuseum Oldenburg, 1992. ISBN 3-89442-127-4.
Bahnhöfe und Haltepunkte
Falls vorhanden: Angabe der Kursbuchstreckennummer von 1935 hinter den Stationsnamen
- Bockhorn - 199c, 199n
- Borgstede - 199n
- Bramloge - 199n
- Ellenserdamm - 199, 199n
- Ellenserdammersiel
- Grabstede - 199c
- Kranenkamp - 199n
- Langendamm - 199n
- Neuenburg - 199n
- Rahling - 199n
- Schweinebrück - 199n
- Steinhausen - 199c
- Varel - 198g, 199, 199n
- Varelerhafen
- Zetel - 199n
Entwicklung

Güter- und Personenverkehr entwickelten sich nach der Eröffnung der Strecken positiv. Klinker, Textilien und landwirtschaftliche Produkte wurden auf den zahlreichen Stationen in großem Umfang verladen. Arbeiter nutzten die Personenzüge von Neuenburg über Bockhorn nach Wilhelmshaven. Wenige Jahre vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wiesen die Strecken teilweise eine für Nebenbahnen erstaunlich hohe Zugdichte auf.
Nach dem Krieg erlebten die Vareler Nebenbahnen noch eine kurze Blüte, bis Anfang der 50er Jahre die Konkurrenz durch Busse und Autos stärker wurde. Verstärkt wurde der Niedergang durch die langen Fahrzeiten, da der Schienen und Gleisbett vielerorts zuletzt in den 20er Jahren überarbeitet worden und somit ausbesserungsbedürftig waren. Bis 1960 war der Personenverkehr auf dem gesamten Netz eingestellt. Der Güterverkehr spielte durch die Bedienung zahlreicher Klinkerwerke und Genossenschaften sowie einer Kartonfabrik und eines Militäranschlusses in Varel noch längere Zeit eine bedeutende Rolle und wurde erst zwischen 1992 und 2002 in mehreren Schritten stillgelegt.